Herzlich - Städtisches Meerbusch-Gymnasium

Schulpolitik
LUFTSPRÜNGE
FÜR ROLLE RÜCK-
WÄRTS
VON Gudrun Wagner
Unsere Landesregierung
verteilt Geschenke: Ab Frühjahr
2011 kann jedes Gymnasium
selbst entscheiden, ob es „G8“
oder „G9“ sein will.
Ich freu mich! Meine Kinder sind
jenseits der Einstiegshürde und
werden – wie inzwischen die
meisten anderen Gymnasiasten
in Deutschland - ihr Abitur nach
8 Jahren Reifezeit bekommen.
Das Problem des „Doppeljahrgangs“
ist bis dahin erledigt;
vielleicht könnte ein Kind vom
zu erwartenden „Nulljahrgang“
profitieren!?
Ich freu mich gewaltig!! Als
meine Kinder in das Gymnasium
kamen, hatten sehr viele
Eltern und noch sehr viel mehr
Lehrer bereits sehr, sehr viele
Stunden mit dem „Wie soll das
denn gehen?“ für G8 verschwendet.
Die Suppe, die wir
heute löffeln, war immerhin
schon fertig. Und die tausenden
von Stunden, die die damals
Verantwortlichen von ihrer Lebenszeit
gegeben haben, sind
längst vergeben und vergessen.
Immerhin können diejenigen,
die sich jetzt auf den Weg nach
„G9“ machen, noch von deren
Erfahrungen profitieren, vorausgesetzt
sie finden jemanden,
der noch Lust hat, dieses
Thema zu erörtern.
Ich freu mich ehrlich!!! Unser
Beruf erfordert „Residenzpflicht“.
Die Aussicht, umziehen
zu müssen und dann mit dem
Pendel auszuloten, ob Klasse 8
in G8 der Klasse 9 in G9
entspricht, kann mich nicht erschrecken.
Es darf nur nicht der
Wunsch nach einem Wechsel
auf eine nicht kompatible
Nachbarschule auftauchen …
Ich freu mich riesig!!!! Gerade
erst habe ich viele druckfrische
Bücher „G8-NRW“ in Klarsichtfolie
gehüllt, damit spätere
Generationen sie noch nutzen
können. Worüber sollten wir in
den kommenden Jahren in den
Fachkonferenzen sprechen,
wenn wir das Thema „G8/G9-
Lehrplan“ und „Anschaffung
neuer Bücher“ nicht mehr hätten?
Wovon sollten Schulbuchautoren
und Verlage leben?
Vielleicht stellt die Landesregierung
alle Bücher online, um
sich aktuell stets auf die
Bedürfnisse der Schulen umstellen
zu können? Das schont
die Umwelt und den Schülerrücken!
Ich freu mich kolossal!!!!! Schon
mit der Schulzeitverkürzung gibt
es in allen Jahrgängen Stundenausfälle.
Wie schön, wenn die
Kinder dank der Schulzeitverlängerung
noch weniger Unterricht
erhalten – denn dass mehr
Lehrer eingestellt werden als
aus dem Dienst scheiden, hat
es wohl noch nie gegeben. Und
die Aussicht, dass noch mehr
Lehrer wegen Zermürbung ihren
Dienst quittieren oder in innere
Emigration gehen, kann man als
Prozess des „Survival of the fittest“
nur begrüßen.
Die Freude, möglicherweise
über die Einrichtung einer Gemeinschaftsschule
(oder wie
heißt diese neue, sechste
Schulform korrekterweise) mit
entscheiden zu können, macht
mich sprachlos. Wenn ich dann
noch an die Anschlussmöglichkeit
denke, ein deutschlandweit
einheitliches Schulsystem
einzuführen, wird mir ganz
schwindelig….
Ich bin richtig froh! Ich habe
mein Abitur schon seit 25
Jahren in der Tasche.
Impressum
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Auflage: 1300
Ausgabe 31 vom November 2010