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ChamberlainHoustonStewart-DieGrundlagenDes19.Jahrhunderts-IUndIi19121258S.

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608 Die Erben. Der Eintritt der Germanen in die Weltgeschichte.<br />

wenn er sagt, es sei Zufall, dass die Goten der Sekte der Arianer,<br />

nicht der der Athanasier zugeführt wurden; doch der Zufall hört<br />

dort auf, wo die Treue anfängt. Dank dem grossen Wulfila<br />

besassen die Goten die ganze Bibel in ihrer heimatlichen Sprache,<br />

und Dahn‘s Spott über die geringe Beanlagung dieser rauhen<br />

Männer für theologische Dispute ist wenig am Platze der<br />

Thatsache gegenüber, dass die Quelle ihres religiösen Glaubens<br />

ihnen aus diesem lebendigen Buche floss, was nicht jeder Christ<br />

des 19. Jahrhunderts von sich behaupten könnte.¹) Und nun<br />

kommt das wirklich Entscheidende — nicht der öde Streit über<br />

Homousie und Homöusie, den schon Kaiser Konstantin für<br />

„müssig“ erklärt hatte — sondern das treue Festhalten an dem<br />

einmal Erwählten und die Betonung der germanischen Eigenart<br />

und des Rechtes der Selbstbestimmung dem Fremden gegenüber.<br />

Wenn die Germanen wirklich so willenlose Barbaren gewesen<br />

wären, wie Dahn sie darstellt, eben so bereit, den Osiriskult<br />

anzunehmen wie irgend einen anderen Glauben, wie kommt es,<br />

dass sie im 4. Jahrhundert alle (Langobarden, Goten, Vandalen,<br />

Burgunder u. s. w.) den Arianismus annahmen und, während er<br />

anderswo kaum fünfzig Jahre sich behauptete, ihm, allein unter<br />

allen Menschen, Jahrhunderte lang treu blieben? Theologisches<br />

erblicke ich gar nicht darin, auch lege ich nicht den geringsten<br />

Wert auf jene Spitzfindigkeiten, die man aus Allem und Jedem<br />

herausklügeln kann, um eine vorgefasste These durchzuführen,<br />

sondern ich richte mein Augenmerk einzig auf die ganz grossen<br />

Charakterthatsachen, und ich sehe hier wiederum Treue und<br />

Unabhängigkeit. Ich sehe hier die Germanen die Lossagung von<br />

Rom tausend Jahre vor Wyclif instinktiv durchführen, zu einer<br />

Zeit, wo Rom als Kirche sich vom Kaiseramte noch gar nicht klar<br />

geschieden hatte,<br />

—————<br />

¹) Wie charakteristisch gerade das Bibelstudium für die Goten war, kann<br />

man bei Neander: Kirchengeschichte, 4. Auflage, III, 199 lesen. Neander citiert<br />

u. a. einen Brief, in welchem Hieronymus sein Erstaunen darüber ausspricht,<br />

wie „die barbarische Zunge der Goten nach dem reinen Sinne der hebräischen<br />

Urschrift forsche“, während man im Süden „sich gar nicht darum kümmere“.<br />

Das war schon im Jahre 403!

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