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Arbeisplatz als Lebensraum - richarz-kommunikation.de

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Fachveranstaltung – Arbeitsplatz <strong>als</strong> <strong>Lebensraum</strong> ?<br />

Festvortrag, 20. September 2002, 10:20 Uhr<br />

Franz-Gerd Richarz, Inhaber Richarz Kommunikation<br />

„Das Spannungsfeld Unternehmensführung zwischen neuen Anfor<strong>de</strong>rungen an<br />

die Kommunikation und die Renaissance von Machtstrukturen - mit Ethik und<br />

Werteorientierung Wachstum an<strong>de</strong>rs <strong>de</strong>finieren<br />

(Es gilt das gesprochene Wort)<br />

Sehr verehrte Frau Ministerin Lautenschläger,<br />

verehrter Herr Ulrich,<br />

meine sehr verehrten Damen und Herren,<br />

Sie erwarten jetzt - und das steht so im Programm ausgedruckt - einen<br />

Festvortrag, doch <strong>de</strong>n will ich eigentlich nicht halten. Sie alle haben aber<br />

selbstverständlich das Recht darauf zu erfahren, warum dies so ist.<br />

Das Spannungsfeld Unternehmensführung - und dies zwischen neuen<br />

Anfor<strong>de</strong>rungen an die Kommunikation und <strong>de</strong>r Renaissance von<br />

Machtstrukturen – um daraus mit Ethik und Werteorientierung Wachstum<br />

an<strong>de</strong>rs <strong>de</strong>finieren, ich bin mit diesem Titel in <strong>de</strong>r Vorbereitung ganz eng ins<br />

Gericht gegangen um Grün<strong>de</strong> dafür zu fin<strong>de</strong>n, warum gera<strong>de</strong> ich diese große<br />

Ehre habe, diesen Spannungsbogen für Sie zu beschreiben.<br />

Selbstverständlich ist mir im Laufe meines Lebens Unternehmensführung in<br />

manchen Bereichen begegnet. Ich habe über viele Jahre in einem <strong>de</strong>utschen<br />

Industrieunternehmen verantwortlich das Thema Öffentlichkeitsarbeit<br />

begleitet. Nunmehr arbeite ich seit fast einem Jahrzehnt mit meinem Büro <strong>als</strong><br />

Berater für Fragen <strong>de</strong>s Marketings und <strong>de</strong>r Öffentlichkeitsarbeit und ich bin<br />

1


letztendlich selbst Unternehmer, <strong>de</strong>r im eigenen Büro Führungsverantwortung<br />

hat.<br />

Dabei habe ich sicher Vieles an Erfahrungen sammeln können, aber all das,<br />

was mir in dieser Zeit begegnet ist, kann sicher nur holzschnittartig einer<br />

Darstellung dienen. Deshalb wür<strong>de</strong> ich <strong>de</strong>n Begriff Festvortrag viel lieber<br />

durch Zustands- o<strong>de</strong>r Ausschnittsbeschreibung ersetzen.<br />

Und wenn es eines zweiten Grun<strong>de</strong>s bedarf um die Diktion zu verän<strong>de</strong>rn,<br />

dann bin ich im Laufe meiner Vorbereitungen sehr schnell auf Zahlen<br />

gestoßen, die uns alle eigentlich weniger festlich und eher nach<strong>de</strong>nklich<br />

stimmen sollten.<br />

Sie stammen von Rupert Lay und damit einem Mann, <strong>de</strong>r sicher mehr und<br />

Besseres zu diesem Thema sagen könnte, <strong>als</strong> ich es je kann. Aber sie werfen<br />

ein Schlaglicht auf die Leitfrage unserer heutigen Veranstaltung „Arbeitsplatz<br />

<strong>als</strong> <strong>Lebensraum</strong>“.<br />

Rupert Lay sagt: „Fast 60 Prozent aller erwerbsfähigen Deutschen haben<br />

irgendwelche berufsbezogenen Ängste. Rund 68 Prozent aller abhängigen<br />

Beschäftigten nennen die Angst, ihren Job zu verlieren, an erster Stelle. Die<br />

Angst, Fehler zu machen beschleicht 59 Prozent und die Angst,<br />

Wertschätzung und Anerkennung zu verlieren, immerhin noch 51 Prozent“.<br />

Und Rupert Lay sieht auch die Folgen: Elf Millionen Deutsche lei<strong>de</strong>n unter<br />

typischen Angststörungen wie Schlaflosigkeit, Denkblocka<strong>de</strong>n,<br />

Nie<strong>de</strong>rgeschlagenheit. Und fünf Millionen davon befin<strong>de</strong>n sich wegen dieser<br />

Störungen regelmäßig in ärztlicher o<strong>de</strong>r psychotherapeutischer Behandlung.<br />

Dies alles sind Zahlen, die tatsächlich die Paranthese Arbeitsplatz gleich<br />

<strong>Lebensraum</strong> mit einem großen Fragezeichen versehen. Also hier dann <strong>de</strong>r<br />

2


zweite Grund dafür, dass Sie von mir keinen Festvortrag, son<strong>de</strong>rn eher<br />

Nach<strong>de</strong>nkliches erwarten dürfen.<br />

Zum Glück aber steht unter <strong>de</strong>r Ankündigung in Ihrer Einladung hinter <strong>de</strong>m<br />

Bin<strong>de</strong>strich etwas, das Hoffnung gibt: Ethik und Werteorientierung. Diese sind<br />

heute mehr <strong>de</strong>nn je wichtige Bestandteile <strong>de</strong>r Unternehmensführung, und da<br />

gibt uns ein Zitat von Albert Schweitzer auch gleich <strong>de</strong>n Sinnzusammenhang:<br />

„Wo das Bewusstsein schwin<strong>de</strong>t, dass je<strong>de</strong>r Mensch uns <strong>als</strong> Mensch etwas<br />

angeht, kommt Kultur und Ethik ins Wanken“.<br />

Mit <strong>de</strong>m Blick auf <strong>de</strong>n einzelnen Menschen im Unternehmen schaffen wir ein<br />

Spiegelbild <strong>de</strong>r gesamten Organisation. Denn trotz <strong>de</strong>r Gewaltigkeit <strong>de</strong>r<br />

Zahlenwerke, Unternehmen sind letztendlich fragile Größen.<br />

Unternehmen sind wie Menschen Persönlichkeiten mit Seele und Charakter.<br />

Und wie diese Persönlichkeit daherkommt, das entschei<strong>de</strong>t über <strong>de</strong>n Erfolg<br />

o<strong>de</strong>r Misserfolg.<br />

Unternehmen haben ebenso wie Menschen einen Lebenslauf und eine<br />

Biografie. Sie können auch sterben. Darüber re<strong>de</strong>n wir zwar nicht gerne, aber<br />

es ist so und die ganz aktuellen Zahlen von <strong>de</strong>rzeit 40.000 Insolvenzen in<br />

Deutschland bis zu diesem Tage sind nicht zu verleugnen.<br />

Wie lange die Spanne <strong>de</strong>r Zeit aber ist, die zwischen Geburt und Tod eines<br />

Unternehmens liegt, und da bin ich mir sicher, ist vor allem von <strong>de</strong>r<br />

entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Frage <strong>de</strong>s Bewusstseins abhängig. Da wird Führung zu<br />

einem Thema <strong>de</strong>r Unternehmenssicherung durch Unternehmenskultur, und<br />

die sieht sich heute vor große Herausfor<strong>de</strong>rungen gestellt.<br />

3


Globalisierung heißt das Schreckgespenst, das allerorten für wirtschaftliche<br />

Schräglagen verantwortlich gemacht wird. Sie scheint gleichsam einer Büchse<br />

<strong>de</strong>r Pandora in unserer mo<strong>de</strong>rnen Zeit entsprungen. Wir vergessen dabei,<br />

dass Globalisierung eine lange Tradition hat. Als <strong>de</strong>r erste Phönizier vor<br />

einigen tausend Jahren sein Papyrusboot ins Mittelmeer stieß, um damit<br />

Han<strong>de</strong>l zu treiben, begann dieser Prozess. Der mo<strong>de</strong>rne Mensch hat <strong>de</strong>n<br />

Segen durch die Möglichkeit mit fernen Län<strong>de</strong>rn zu han<strong>de</strong>ln, gerne in<br />

Anspruch genommen.<br />

Dass heute Globalisierung zur Zweibahnstraße gewor<strong>de</strong>n ist und damit <strong>de</strong>r<br />

internationale Wettbewerb vielerorts vor unsere Haustüre gerückt ist, hätte<br />

man eigentlich erwarten müssen.<br />

Das, was die Dinge in Wirtschaft und Gesellschaft im letzten Jahrzehnten aber<br />

wirklich revolutionär durcheinan<strong>de</strong>rwirbelt, sind die Auswirkungen <strong>de</strong>r<br />

mo<strong>de</strong>rnen Informations- und Kommunikationstechnik. Hier liegt eigentlich für<br />

die Führung eines Unternehmens <strong>de</strong>r Risikobereich. Segen und Fluch sind<br />

dabei oftm<strong>als</strong> zwei Seiten ein- und <strong>de</strong>rselben Medaille.<br />

Die Chance, heute weltweit je<strong>de</strong>rzeit mit je<strong>de</strong>m an je<strong>de</strong>m Ort zu<br />

kommunizieren, die Grenzenlosigkeit <strong>de</strong>s Himmels für Informationen, hat ganz<br />

entschei<strong>de</strong>nd dazu beigetragen, dass sich unsere Welt völlig verän<strong>de</strong>rt hat.<br />

Der Aufbruch <strong>de</strong>r alten politischen Machtstrukturen, das En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r<br />

Konfrontation zwischen Ost und West, die Öffnung von Län<strong>de</strong>rn wie China, all<br />

dies ist eine Folge <strong>de</strong>r neuen Kommunikationsmöglichkeiten. Sie lassen sich<br />

nicht durch Mauern aufhalten und die Verfügbarkeit von einer Vielzahl von<br />

Informationen für alle Menschen bewirkt einen umfassen<strong>de</strong>n<br />

Demokratisierungsprozess.<br />

4


Der Rückschlag folgt auf <strong>de</strong>m Fuß. Die Ereignisse <strong>de</strong>s 11. September in New<br />

York mit ihren einschnei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Auswirkungen weltweit auf Wirtschaft und<br />

Gesellschaft waren nur möglich, durch mo<strong>de</strong>rne<br />

Kommunikationstechnologien. In <strong>de</strong>n Hän<strong>de</strong>n fundamental rückwärts<br />

gewandter Kräfte war dies die Grundlage für die Vorbereitung und<br />

Durchführung eines so nie da gewesenen Aktes <strong>de</strong>r Zerstörung. Und die<br />

Folgen, meine sehr verehrten Damen und Herren, erreichen auch das Medium<br />

selbst.<br />

Haben wir vor einem Jahr in Unternehmen mehr über die grenzenlosen<br />

Möglichkeiten <strong>de</strong>r Informations- und Kommunikationstechnologie diskutiert, so<br />

diskutieren wir heute eher über ihre Eingrenzung. Fragen <strong>de</strong>r Sicherung <strong>de</strong>r<br />

Systeme, und das Thema Abschottung, Abgrenzung, und damit ein Verlust<br />

<strong>de</strong>r Freiheit, stehen auf <strong>de</strong>r Agenda.<br />

Aber, über die großen Ereignisse hinaus, wo zeigt sich noch im inneren<br />

Gefüge von Unternehmen das zu <strong>de</strong>finieren<strong>de</strong>s Spannungsfeld. Hier darf ich<br />

nochm<strong>als</strong> auf die Zahlen von Rupert Lay verweisen. Sie zeigen, dass<br />

Menschen ganz offensichtlich Angst haben und dass damit <strong>de</strong>n Homo<br />

Sapiens seiner wichtigsten Fähigkeit teilweise beraubt wird, nämlich <strong>de</strong>r<br />

Fähigkeit zu gestalten, zu schaffen, und dies mit Spaß, Lust und Freu<strong>de</strong>.<br />

Und bei näherem Hinsehen zeigt sich auch ein wichtiger Auslöser dafür in <strong>de</strong>r<br />

Führungs- und Kommunikationskultur in Unternehmen, es ist <strong>de</strong>r Umgang mit<br />

<strong>de</strong>r Macht.<br />

Macht, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist das Wort unserer Zeit.<br />

Mit <strong>de</strong>m Blick auf <strong>de</strong>n aktuell laufen<strong>de</strong>n Wahlkampf begegnet sie uns nahezu<br />

auf allen Titelseiten.<br />

5


Und <strong>de</strong>r Machtkampf in <strong>de</strong>r Politik nimmt dabei, Sie erlauben mir bitte jetzt die<br />

einzige Kommentierung dazu, schon seltsame Züge um seiner selbst Willen<br />

an.<br />

In einer parlamentarisch verfassten Demokratie gelingt es <strong>de</strong>r Macht und <strong>de</strong>m<br />

Streben nach ihr, scheinbar sogar die Verfassung verän<strong>de</strong>rn zu wollen. Nur so<br />

ist es zu erklären, dass Duelle zwischen Kandidaten ausgefochten wer<strong>de</strong>n,<br />

um damit Positionen zu besetzen, <strong>de</strong>ren Wahl durch das Volk gar nicht direkt<br />

vorgesehen ist.<br />

Macht, das ist wichtig, hat Konjunktur, sie manifestiert sich neu und teilweise<br />

ungeniert. In Zeiten einer weltweiten Rezession wird sie uns lei<strong>de</strong>r häufig auch<br />

in Unternehmen in fragwürdigen Beispielen vorgeführt. Ein Top-Management<br />

bedient sich über Abfindungen aus Kassen, und die, die Wein trinken,<br />

empfehlen <strong>de</strong>m staunen<strong>de</strong>n Publikum dann das Wasser.<br />

Wir erleben tatsächlich heute in Unternehmen eine Renaissance alter<br />

Machtstrukturen. Renaissance ist dabei genau das richtige Stichwort. Die<br />

damit beschriebene Zeit beruht auf <strong>de</strong>m Begriff Renesita, <strong>als</strong>o Wie<strong>de</strong>rgeburt.<br />

Und was ihr berühmtester Sohn, Machiavelli in seinem Standardwerk „Il<br />

principe“ - <strong>de</strong>r Fürst - 1513 beschrieb, war eine Reaktion auf Scholastik und<br />

Mystik, die Rückbesinnung auf die klaren Prinzipien antiker Macht.<br />

Auch heute sind wie dam<strong>als</strong> viele Dinge nicht mehr durchschaubar, die<br />

Komplexität <strong>de</strong>r Systeme steigt. Das, was wir <strong>als</strong> Fortschritt erfahren, ist auch<br />

in <strong>de</strong>r Gesellschaft oftm<strong>als</strong> die Übertragung von gewohnten Autoritäten, wie<br />

Gemein<strong>de</strong>n und Nation<strong>als</strong>taaten nach oben, ins Transnationale.<br />

Der amerikanische Historiker Paul Kennedy beschreibt es in seinem Blick auf<br />

das 21. Jahrhun<strong>de</strong>rt, in<strong>de</strong>m er voraussieht, dass sich dort Bewegungen zu<br />

6


sammeln scheinen, die Kräfte mobilisieren, welche in die Vergangenheit<br />

zurückmarschieren. Und dabei liegt er keineswegs f<strong>als</strong>ch.<br />

Der mo<strong>de</strong>rne Staat - und nur <strong>de</strong>r macht unser heutiges Wirtschaftssystem<br />

möglich - entstand nach <strong>de</strong>m dreißigjährigen Krieg. Diese Staaten sind<br />

allesamt Kunstprodukte. Sie existieren nur aus sich selbst heraus, sie sind<br />

einzig und allein vom gemeinsamen Willen zu ihrer Existenz abhängig.<br />

Das, worauf die globalisierte Welt aber zusteuert, erinnert eher an <strong>de</strong>n<br />

Vorrang <strong>de</strong>s Individuums, <strong>de</strong>s Privilegs und <strong>de</strong>s Personenverban<strong>de</strong>s in Form<br />

multinationaler Konzerne. Dahinter steht oft <strong>de</strong>r zwanghafte Wille zur<br />

Expansion. Und <strong>de</strong>r ist, wenn ich auf meine Anfangsthese zurückverweisen<br />

darf, dass Unternehmen nämlich genauso wie Menschen Persönlichkeiten mit<br />

Seele und Lebenslauf sind, zuwenig, um daraus Zukunft zu schaffen.<br />

In diesem Zusammenhang wird es wichtig, eine weitere Zahl zu nennen.<br />

Gera<strong>de</strong> weil bloßer Expansionswille offensichtlich nicht das Lebenselixier ist,<br />

haben Studien auch ergeben, dass Multinationales in <strong>de</strong>r Wirtschaft<br />

durchschnittlich nur 36 Jahre alt wird.<br />

Und obgleich dies nun keine langfristige Perspektive ist, befassen sich heute<br />

doch viele Publikationen mit <strong>de</strong>n Erfolgsstories dieser großen<br />

Wirtschaftslenker. Sie wer<strong>de</strong>n oft wenig hinterfragt <strong>als</strong> Vorbild dargestellt. Es<br />

ist ganz offensichtlich: Dort strukturiert sich eine Machtelite neu und sie kann<br />

sich dabei auf eine zweite Führungsebene, eine Funktionselite, verlassen, und<br />

die dient treu in <strong>de</strong>r Gefolgschaft.<br />

Auch dieses Bild ist uns aus <strong>de</strong>r Geschichte vertraut. Macht hat sich schon<br />

immer mit entsprechen<strong>de</strong>n Beratern versehen. Der römische Kaiser Augustus<br />

7


konnte sich dabei auf Vitruv verlassen. Dieser hat in seinen zehn Büchern zur<br />

Architektur auch das äußere Gesicht <strong>de</strong>r Macht ganz genau beschrieben.<br />

Geboren sind seine I<strong>de</strong>en ursprünglich aus <strong>de</strong>r Musiktheorie <strong>de</strong>s Aristoteles<br />

und <strong>de</strong>ssen Suche nach Harmonie. In<strong>de</strong>m sich dann ein römischer Militär, und<br />

das war Vitruv, <strong>de</strong>r Sache annahm, hat später die Renaissance daraus schnell<br />

die Theorie <strong>de</strong>r Treppen <strong>de</strong>s Paladios gemacht.<br />

Wie weit ein Fürst seinen Untergebenen auf dieser Treppe entgegenkommt,<br />

entschei<strong>de</strong>t über <strong>de</strong>n Grad <strong>de</strong>r Macht o<strong>de</strong>r Ohnmacht. Heute ist diese Treppe<br />

virtuell. Denn die IT-Netzwerke wer<strong>de</strong>n von oben bestimmt. Die<br />

Zugangsmöglichkeiten für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben ganz<br />

genaue Grenzen. Herrschen ist Fragen, Gehorchen ist Antwort geben. Neuere<br />

Untersuchungen zeigen ein Stimmungsbild aus <strong>de</strong>m Innenleben unserer<br />

Wissensgesellschaft. Der Untergebene berichtet <strong>de</strong>m Höherstehen<strong>de</strong>m,<br />

Antwort geben ist Rechtfertigung, Berichten entzieht Spielraum. Mit regen<br />

Mailanfragen herrscht <strong>de</strong>r Boss, Mobbing inklusive. Zwar stimmt <strong>de</strong>r Satz,<br />

dass sich <strong>de</strong>r mo<strong>de</strong>rne Führer längst vom Informationskeeper zum<br />

Informations<strong>de</strong>aler gewan<strong>de</strong>lt hat, aber auch dieser Händler bestimmen <strong>de</strong>n<br />

Preis seiner Ware.<br />

Mit <strong>de</strong>m Blick in einen Konzern <strong>de</strong>r Automobilindustrie und mit <strong>de</strong>m mir<br />

gleichzeitig möglichen Blick auf die Investitionen, die dort im Bürobereich<br />

getätigt wer<strong>de</strong>n, wird Vieles schlagartig klar.<br />

Für einen Konferenzraum mit Virtual Reality Installationen, zur 3D-Entwicklung<br />

im Maßstab 1:1 und damit für einen ein<strong>de</strong>utigen Thronsaal <strong>de</strong>r Zukunft, stehen<br />

zweistellige Millionenbeträge bei <strong>de</strong>r Anschaffung zur Verfügung. Die rund<br />

1.000 Arbeitsplätze <strong>de</strong>r Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter waren für einen<br />

Bruchteil dieser Summe zu haben.<br />

8


Und, meine sehr verehrten Damen und Herren, auf <strong>de</strong>n neuen virtuellen<br />

Treppen <strong>de</strong>s Paladios zeigt Macht einen ihr ureigensten Mechanismus, die<br />

Kontrolle nämlich.<br />

Untersuchungsergebnisse aus <strong>de</strong>n Vereinigten Staaten zeigen uns, dass dort,<br />

und das sind Zahlen, die vor mehr <strong>als</strong> zwölf Monaten erhoben wur<strong>de</strong>n, 14<br />

Millionen Arbeitnehmer mit Online-Anschluss lückenlos elektronisch<br />

überwacht wer<strong>de</strong>n. Weltweit betraf dam<strong>als</strong> diese Zahl 27 Millionen.<br />

Automatische Suchsoftware mit so bezeichnen<strong>de</strong>n Namen wie Mindsweaper,<br />

Investigator o<strong>de</strong>r Little Boy sind Teile einer neuen Alchimie, einer neuen<br />

Geheimwissenschaft, über die eine Führungselite verfügt. Das alles trägt<br />

sicher nicht dazu bei, dass sich Menschen am Arbeitsplatz wohlfühlen.<br />

Gera<strong>de</strong> dieser Aspekt ist aber von eminenter Be<strong>de</strong>utung. Denn neben <strong>de</strong>r<br />

materiellen Subsistenz, die wir uns über unsere Arbeit schaffen, muss uns<br />

unser Tun auch Sinn vermitteln. Denn nur so wer<strong>de</strong>n wir die großen<br />

Herausfor<strong>de</strong>rungen an die Unternehmensführung lösen.<br />

Märkte entwickeln sich global, Unternehmen multinational, tradierte Grenzen<br />

verlieren an Be<strong>de</strong>utung. Der Wettbewerbsdruck wird stärker. Produkte mit<br />

ihren Ingenieurleistungen und ihrer Qualität wer<strong>de</strong>n zunehmend i<strong>de</strong>ntisch und<br />

damit austauschbarer. Nicht länger die harten Faktoren bestimmen <strong>de</strong>n<br />

wirtschaftlichen Erfolg, es kommt darauf an, die Weichen perfekt zu steuern.<br />

Führung heißt in Zukunft die Fähigkeit zum Kulturtransfer und das be<strong>de</strong>utet<br />

das sensible, wechselseitige Reagieren auf einen umfassen<strong>de</strong>n<br />

Wandlungsprozess innerhalb und außerhalb eines Unternehmens.<br />

Es wird die wichtigste Führungs- und Kommunikationsaufgabe <strong>de</strong>s<br />

Managements, <strong>de</strong>n Ausgleich zwischen <strong>de</strong>r Gesamtkultur und <strong>de</strong>r<br />

9


Unternehmenskultur herzustellen. Und diese Herausfor<strong>de</strong>rung nimmt immer<br />

schärfere Züge an.<br />

Die seit langem von Zukunftsforschern propagierte neue Arbeitsethik ist<br />

gekennzeichnet durch einen Wan<strong>de</strong>l zunächst <strong>de</strong>r Wertehierarchie und dann<br />

<strong>de</strong>s Wertebewusstseins. Weg von materieller Orientierung hin zu ethischen<br />

Maßstäben, das wird zweifelsohne unter <strong>de</strong>m Druck <strong>de</strong>r heutigen<br />

wirtschaftlichen Rahmenbedingungen schneller stattfin<strong>de</strong>n müssen.<br />

Arbeit muss <strong>als</strong>o Sinn vermitteln und Leistung darf dabei trotz<strong>de</strong>m Spaß<br />

machen. Eine Unternehmensführung, <strong>de</strong>r es gelingt, diese Verän<strong>de</strong>rung weg<br />

von <strong>de</strong>n alten äußerlichen Werten <strong>de</strong>r Arbeitsmoral wie Disziplin, Anpassung,<br />

Leistungsdruck, hin zu einer inneren Orientierung wie Arbeitsfreu<strong>de</strong>, zu<br />

begleiten, die wird auf Dauer auch erfolgreich sein.<br />

Führung, die einen solchen Ansatz verfolgt, zeigt sich eigentlich nur in<br />

mehrdimensionalen Unternehmen. Das sind Unternehmen, die eine<br />

Verantwortung übernehmen, die über die rein wirtschaftliche hinausgeht. Für<br />

solche Unternehmen ist es eine Selbstverständlichkeit, auf verschie<strong>de</strong>nen<br />

Ebenen und in verschie<strong>de</strong>nen Richtungen einen Beitrag zu liefern und die<br />

Gesellschaft mitzugestalten. Und die Unternehmen leben in <strong>de</strong>r Regel lange<br />

und glücklich, weil sie sich nachhaltig entwickeln.<br />

Ein Hauptgrund dafür ist, dass sich wirtschaftliche und ethische Verantwortung<br />

keinesfalls ausschließen, son<strong>de</strong>rn dass Ethik und Wirtschaften eng<br />

miteinan<strong>de</strong>r verbun<strong>de</strong>n sind.<br />

Bei allem ökonomischen Denken dürfen wir nicht vergessen, dass Märkte vor<br />

allem auch moralische Güter sind. Denn sie beruhen auf Vertrauen, das eine<br />

Gesellschaft und die Marktbeteiligten entwickeln müssen.<br />

10


Ohne Vertrauen wären Handlungen am Markt nicht möglich o<strong>de</strong>r so<br />

kostspielig, dass nur wenige Güter marktfähig wären.<br />

Der Markt ist ein Vertrauensgut ersten Ranges. Deutlich wird das heute täglich<br />

an <strong>de</strong>n Devisenbörsen <strong>de</strong>r Welt und ein Vertrauensverlust hat dort<br />

katastrophale Folgen.<br />

Mit einem Blick in die Geschichte lässt sich das leicht zeigen. Dort war man<br />

sich bereits früh im Klaren, wie wichtig das Vertrauen auch für einfaches<br />

Marktgeschehen ist und <strong>de</strong>shalb hatte man zum Beispiel <strong>de</strong>n Vertrauensbruch<br />

mit drakonischen Strafen verbun<strong>de</strong>n.<br />

So stammt <strong>de</strong>r Begriff <strong>de</strong>s Schlitzohres aus <strong>de</strong>m Mittelalter und er ist ganz<br />

wörtlich zu nehmen. Die Zugehörigkeit zu einer Zunft manifestierte sich in<br />

einem Ohrring und <strong>de</strong>r wur<strong>de</strong> eben bei Verfehlungen herausgerissen.<br />

Die großen Han<strong>de</strong>lsbün<strong>de</strong>, wie etwa die Hanse, besaßen einen strikten<br />

Moralko<strong>de</strong>x und die moralische Qualität beruhte früher wie heute auf Ethik.<br />

Ethik durch Kultur begrün<strong>de</strong>t und weitergereicht ist sozusagen im täglichen<br />

Geschäft das Bin<strong>de</strong>mittel. Dieses macht eine hochverflochtene, sensible<br />

Wirtschaft überhaupt möglich.<br />

Hier liegt eine große Führungsaufgabe. Folgt man <strong>de</strong>r jüngst erschienenen<br />

Studie <strong>de</strong>r BAT Freizeitforschung mit <strong>de</strong>m Titel, „Wovor die Deutschen Angst<br />

haben“, dann äußert sich dort die Hälfte <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sbürger dahingehend, dass<br />

man an<strong>de</strong>ren Menschen nicht trauen kann.<br />

Scheinbar nicht zu Unrecht, <strong>de</strong>nn wem kann man noch vertrauen, wenn<br />

getrickst und geschummelt wird. Und „wenn <strong>de</strong>r ehrliche <strong>de</strong>r Dumme ist“, wie<br />

es Ulrich Wickert in seinem gleichnamigen Buch schreibt.<br />

11


Genau in dieser Situation erreicht unsere Gesellschaft und unsere Wirtschaft<br />

einen Punkt, in <strong>de</strong>r neue Formen <strong>de</strong>s Zusammenlebens <strong>de</strong>r Kommunikation<br />

und <strong>de</strong>r Organisation entstehen müssen. Wir müssen lernen, besser mit <strong>de</strong>n<br />

Notwendigkeiten <strong>de</strong>r Mobilität, <strong>de</strong>r Flexibilität und <strong>de</strong>r Geschwindigkeit<br />

umzugehen.<br />

Folgt man <strong>de</strong>n Erkenntnissen <strong>de</strong>r siebten <strong>de</strong>utschen Trendtage, dann beruhen<br />

diese neuen Gemeinschaften auf einem neuen Prinzip, <strong>de</strong>m Sofort-Vertrauen.<br />

Wir kennen sie alle, die neuen Communities, und das sind Netzwerke auf<br />

freiwilliger Basis. Sie haben das Ziel, das Leben für <strong>de</strong>n Einzelnen wie<strong>de</strong>r<br />

überschaubarer zu gestalten.<br />

Das Sofortvertrauen dieser privaten Communities basiert auf drei<br />

wesentlichen Maximen. 1. Der Bereitschaft, sich gegenseitig aktiv und ständig<br />

zu informieren, dabei 2. permanent in Verbindung zu bleiben und 3. <strong>de</strong>r<br />

freiwilligen Selbstverpflichtung auf Zeit, im Rahmen bestimmter Normen im<br />

Sinne <strong>de</strong>r Gemeinschaft zu han<strong>de</strong>ln.<br />

Was hier so scheinbar revolutionär neu daher kommt, ist nichts an<strong>de</strong>res <strong>als</strong><br />

die Suche <strong>de</strong>s Menschen nach Halt und Orientierung. Dafür übernehmen<br />

zukünftig in Unternehmen die Führungskräften Verantwortung.<br />

Führung heißt Vorbild sein in Handlung und Haltung.<br />

Und die Führungskraft <strong>de</strong>r Zukunft beschäftigt sich <strong>de</strong>shalb neben<br />

Prozessoptimierung mit Kulturrückgewinnung. Der Manager wird zum<br />

Kulturingenieur. Die Begründung liegt in <strong>de</strong>n Möglichkeiten <strong>de</strong>r mo<strong>de</strong>rnen<br />

Informations- und Kommunikationstechnologie.<br />

12


Wur<strong>de</strong>n über lange Zeit Computer nur <strong>als</strong> Maschinen benutzt, so übernehmen<br />

elektronische Netzwerke heute komplett die Bearbeitung von<br />

Standardabläufen. Wertschöpfung fin<strong>de</strong>t dann immer häufiger durch <strong>de</strong>n<br />

Menschen in <strong>de</strong>r Bewältigung von Ausnahmesituationen statt.<br />

Die so zu <strong>de</strong>finieren<strong>de</strong>n Informationsarbeiter fin<strong>de</strong>n sich dabei eigentlich in<br />

einer vorindustriellen Situation wie<strong>de</strong>r. Sie sind eher mit einem Handwerker zu<br />

vergleichen, <strong>de</strong>r jeweils individuelle Werkstücke schöpft, und dies mit <strong>de</strong>m<br />

Status <strong>de</strong>s selbstständigen Kreativen.<br />

Dieser schnelle Wan<strong>de</strong>l hin zum Mobile Business führt zu Ratlosigkeit und<br />

Angst, und das wirkt auf die Organisation, die Unternehmen und die gesamte<br />

Gesellschaft zurück.<br />

Und Gesellschaft und Unternehmen wer<strong>de</strong>n neben High-Tech mit höchst<br />

menschlichen Fragen konfrontiert. Deutschland wird immer älter, im Jahre<br />

2050 wird es mehr <strong>als</strong> hun<strong>de</strong>rttausend Einhun<strong>de</strong>rtjährige geben und die Hälfte<br />

<strong>de</strong>r Bevölkerung hat das sechzigste Lebensjahr überschritten.<br />

Der Jugendkult, auch in <strong>de</strong>r Arbeitswelt, wird einem neuen Realismus<br />

weichen. Eine Vielzahl unterschiedlichster Bedürfnisse <strong>de</strong>r Menschen braucht<br />

jenseits <strong>de</strong>s Internets und oftm<strong>als</strong> ohne die spirituelle Klammer von Religion<br />

und Gemeinschaft neue Orte <strong>de</strong>r I<strong>de</strong>ntifikation.<br />

Unternehmen und ihre Kultur sind dann die Bezugspunkte, das ist die<br />

Kommunikations- und Kulturherausfor<strong>de</strong>rung an die Führung in <strong>de</strong>n nächsten<br />

Jahre.<br />

Dabei sind wir alle <strong>de</strong>m Verdrängungswettbewerb ausgesetzt, weil in <strong>de</strong>r Welt<br />

<strong>de</strong>r Waren und Dienstleistungen ein Überangebot besteht. Um zu überleben,<br />

versuchen Unternehmen eine häufig zu menschliche Strategie. Man passt sich<br />

an, das Management wird lean und Outsourcing fin<strong>de</strong>t allerorten statt. Hier<br />

13


wird auch regelmäßig <strong>de</strong>r Versuch gemacht, an <strong>de</strong>r Kultur zu sparen. Das ist<br />

aber schlechterdings unmöglich, <strong>de</strong>nn genauso wie man Kultur nicht kaufen<br />

kann, kann an ihr nicht gespart wer<strong>de</strong>n.<br />

Unternehmenskultur lässt sich nicht verordnen, Unternehmenskultur lässt sich<br />

auch nicht in <strong>de</strong>r Hochglanz-Imagebroschüre fassen. Dort eingesperrt, wird sie<br />

entwe<strong>de</strong>r hinaus wollen o<strong>de</strong>r aber sie verkümmert.<br />

Natürlich hat je<strong>de</strong>s Unternehmen eine Kultur, aber <strong>de</strong>r Begriff ist zunächst<br />

wertfrei. Als Ressource ist sie dann für Unternehmen nützlich, wenn<br />

Unternehmenskultur nach Höherem strebt.<br />

Dabei kann man Karl Jaspers zitieren: „Es ist eines Je<strong>de</strong>n Schicksal und<br />

Verantwortung, welchen Menschen - und hier können Sie Unternehmenskultur<br />

einsetzen - er in seinem Dasein begegnet, wo er wählt und gewählt wird, wo<br />

er mei<strong>de</strong>t o<strong>de</strong>r ausweicht.“<br />

Und in <strong>de</strong>r Tat, am En<strong>de</strong> einer über Jahrhun<strong>de</strong>rte unfreien, durch Stän<strong>de</strong><br />

geprägten Gesellschaft, haben wir heute zumin<strong>de</strong>st die theoretische<br />

Möglichkeit <strong>de</strong>s Zugangs Aller zu Wissen, Bildung und damit einer<br />

bürgerlichen, durchgängigen Gesellschaft. Unternehmen haben die Wahl <strong>de</strong>r<br />

Mitarbeiter, und Mitarbeiter haben auch die Wahl <strong>de</strong>s Unternehmens.<br />

Dabei wer<strong>de</strong>n wir bisweilen Gefangene einer Kant’schen Verwirrung. „Der<br />

Mensch muss mündig wer<strong>de</strong>n“. Dahinter steht für mich aber auch ein Begriff<br />

<strong>de</strong>r Toleranz, <strong>de</strong>r seine Grenzen hat. Denn in<strong>de</strong>m wir bereit sind, alles und<br />

je<strong>de</strong>s zu tolerieren, zeigen wir <strong>de</strong>m Gegenüber Ignoranz, <strong>de</strong>nn dann ist uns<br />

sein Schicksal schlicht egal.<br />

Wo diese Ignoranz letztendlich hinführt, was die Überbetonung <strong>de</strong>s eigenen<br />

Ichs, das Siegen-Wollen mit allen Mitteln in Unternehmen zu bewirken<br />

14


vermag, das sehen wir in <strong>de</strong>n Ergebnissen einer aus <strong>de</strong>n Fugen geratenen<br />

Wirtschaft <strong>de</strong>r letzten zehn Jahre.<br />

Bilanzfälschungen, Börsencrashs und Geldvernichtung in einer bislang nicht<br />

bekannten Größenordnung. Allein in <strong>de</strong>n USA stehen <strong>de</strong>rzeit die Ersparnisse<br />

von zwei Generationen im Risiko. Fast fünf Billionen Dollar, soviel wie das<br />

halbe US-Sozialprodukt. Offen bleibt dabei die Frage, was passiert, wenn<br />

Viele merken, dass ihre Reserven tatsächlich nicht mehr vorhan<strong>de</strong>n sind.<br />

Der Weg muss ein<strong>de</strong>utig in eine an<strong>de</strong>re Richtung führen.<br />

Wenn es uns gelingt, in <strong>de</strong>r Gesellschaft und in <strong>de</strong>n Unternehmen Menschen<br />

dahingehend zu führen, dass sie das gemeinsame Han<strong>de</strong>ln-Wollen vor das<br />

persönliche Haben-Wollen stellen, dann sind wir auf <strong>de</strong>r richtigen Spur.<br />

Wegweiser dafür kann die Deklaration <strong>de</strong>r Vereinten Nationen anlässlich <strong>de</strong>s<br />

Gipfels in Rio sein. Dort schuf man die Voraussetzungen für eine nachhaltige<br />

Entwicklung. Sie verlangen, ökonomische, ökologische und soziale Ziele<br />

<strong>de</strong>rart in Einklang zu bringen, dass die heute auf <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> leben<strong>de</strong>n<br />

Menschen ihre Bedürfnisse befriedigen können, ohne die<br />

Entwicklungsmöglichkeiten zukünftiger Generationen unangemessen zu<br />

beeinträchtigen.<br />

Führungsqualität, meine sehr verehrten Damen und Herren, zeichnet sich<br />

zukünftig darin aus Ziele zu setzen, die die Menschen und die Gesellschaft<br />

för<strong>de</strong>rn. Unternehmen, die diese Ziel haben, haben in einem engeren Sinne<br />

Kultur.<br />

Denn Kultur ist nichts an<strong>de</strong>res <strong>als</strong> die Achtung vor <strong>de</strong>r Schöpfung. Die<br />

Schöpfung aber zu achten, heißt, <strong>de</strong>ren Krone in <strong>de</strong>n Mittelpunkt all unserer<br />

unternehmerischen Tätigkeiten zu rücken. Und das be<strong>de</strong>utet für Menschen,<br />

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die Führen<strong>de</strong>n und die Geführten, <strong>de</strong>n wohldosierten Umgang mit <strong>de</strong>n<br />

Themen Macht und Ethik.<br />

Und weil ich dabei fest davon überzeugt bin, dass die heutige reine neue<br />

Führungslehre zu wenig ist, empfehle ich allen an diesem Prozess Beteiligten<br />

einen Blick in Geschichte und Religion.<br />

Der Heilige Benedikt, und damit <strong>de</strong>r Grün<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s gleichnamigen Or<strong>de</strong>ns aus<br />

Nursia, gibt gute Anweisungen im Umgang mit Macht, Führung und<br />

Kommunikation.<br />

Der Cellerar, und damit <strong>de</strong>r wirtschaftliche Leiter, das Management <strong>de</strong>r<br />

Klostergemeinschaft, braucht nach Benedikt nicht in erster Linie äußeres<br />

Wissen, son<strong>de</strong>rn Weisheit, und er muss in Berührung sein mit <strong>de</strong>r Wirklichkeit.<br />

Er braucht die Erfahrungen mit sich selbst und mit an<strong>de</strong>ren. Zum Führen taugt<br />

nach Benedikt nur <strong>de</strong>r Typ, <strong>de</strong>r verantwortlich Leben weckt in <strong>de</strong>n Menschen.<br />

Und <strong>de</strong>r Heilige will keine Gemeinschaft, die sich ängstlich an Normen<br />

klammert, son<strong>de</strong>rn eine, die Mut hat, etwas zu riskieren und neue Wege zu<br />

gehen.<br />

Dabei ist er sich einig mit Franz von Assisi, <strong>de</strong>r sagt: „Wir haben <strong>als</strong> Menschen<br />

die Verantwortung, das Wahre, das Wirkliche ins Leben zu beför<strong>de</strong>rn.“ Die<br />

Herausfor<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Führungs- und Kommunikationskultur heißt, das Wahre<br />

zum Leuchten zu bringen.<br />

In unserer säkularisierten Welt ist <strong>de</strong>m eigentlich nichts mehr hinzuzufügen,<br />

aber Vieles ist zur Nachahmung empfohlen.<br />

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bedanke mich für Ihre<br />

Aufmerksamkeit.<br />

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