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NFV_10_2009_Altliga RWD - Rot Weiss Damme

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Zeitungsforschung<br />

16<br />

Paul-Josef Raue, Chefredakteur der Braunschweiger Zeitung, referierte auf der diesjährigen Tagung der <strong>NFV</strong>-Kreispressewarte. Fotos (3): Neumann<br />

„Wer liest denn noch den Sportteil?“<br />

Kreispressewartetagung: Chefredakteur Paul-Josef Raue stellt digitale Methode zum<br />

Erfassen des Leseverhaltens vor – Zeitungen müssen Sport auch für Frauen machen<br />

Von MANFRED FINGER<br />

„Irre!“ – Mit diesem Ausruf betitelte<br />

die Braunschweiger Zeitung (BZ) Anfang<br />

Februar ihr Aufmacherfoto für den Sportteil<br />

am Montag. Das Bild, das fast die gesamte<br />

Seite einnimmt, zeigt einen jungen<br />

Mann, der nahezu nackt durch eine Landschaft<br />

aus Schlamm und Feuer rennt. Bekleidet<br />

ist er lediglich mit Schuhen und<br />

einem neongrünen Borat-Tanga, so dass er<br />

eher an den kasachischen Fernsehreporter<br />

bei einem Einsatz in Absurdistan als an<br />

einen Sportler im Wettkampf erinnert.<br />

Das „Einsatzgebiet“ des abgebildeten<br />

Mannes liegt im mittelenglischen Perton.<br />

Dort treffen sich jedes Jahr Hunderte von<br />

Sportler zum härtesten Rennen der Welt,<br />

der „Tough Guy Challenge“. Wer daran<br />

teilnimmt, bekommt es mit Schlamm,<br />

Stacheldraht, Feuer und Elektroschocks zu<br />

tun, wer darüber liest, mit außergewöhnlichen<br />

Bildern.<br />

Hinter der Entscheidung der Sportredaktion<br />

für dieses Motiv steckt dabei<br />

Methode. Ganz bewusst setzen die Braunschweiger<br />

Blattmacher, nicht nur im Sport,<br />

auf Bilder, die hoch emotional sind, auf<br />

Bilder, die, so Paul-Josef Raue, „die<br />

menschliche Seele berühren.“ Seit 2001<br />

leitet der 59-Jährige die Geschicke der<br />

Braunschweiger Zeitung. Unter seiner Führung<br />

entwickelte sich die zweitgrößte Zeitung<br />

Niedersachsens zu einer der innova-<br />

Oktober <strong>2009</strong><br />

tivsten Regionalzeitungen in Deutschland<br />

(siehe Zur Person auf Seite 18).<br />

Chefredakteure wie Raue interessieren<br />

sich vor allem für eine Frage: „Was<br />

wird gelesen und wie lange?“ Zu ihrer<br />

Beantwortung werden normalerweise<br />

Leserbefragungen per Interview oder<br />

Fragebogen durchgeführt. Seit 2004 gibt<br />

es aber dank moderner Technik eine<br />

neue Untersuchungsmethode, mit der<br />

sich exakter als bisher ergründen lässt,<br />

welche Vorlieben der Leser hat und<br />

welche nicht: ReaderScan.<br />

„Seit fünf Jahren wissen wir nun recht<br />

gut, was Menschen wirklich lesen“, sagte<br />

Paul-Josef Raue bei seinem Besuch in Barsinghausen.<br />

Auf Einladung von Jürgen<br />

Nitsche, beim <strong>NFV</strong> Vorsitzender der Medienkommission<br />

und bei der Braunschweiger<br />

Zeitung Leiter des Vertriebs, stellte er<br />

auf der diesjährigen Tagung der <strong>NFV</strong>-Kreispressewarte<br />

die ReaderScan-Methode und<br />

ihre Ergebnisse vor.<br />

Gaben sich Leser in Befragungen immer<br />

gerne kulturinteressiert, so zeigte die<br />

Wirklichkeit des Scanners, dass das Feuilleton-Ressort<br />

ein Signal zum Weiterblättern<br />

ist. Während die Kulturjournalisten nicht<br />

besonders verwundert gewesen sein dürften,<br />

traf es ihre Kollegen aus einem anderen<br />

Ressort eher unvermutet: „Das herausragende<br />

Ergebnis war das überraschend<br />

schlechte Abschneiden des Lokalsports“,<br />

verdeutlichte Michael Reinhard, Chef-<br />

redakteur der Main-Post, bereits nach der<br />

zweiten Untersuchungswelle.<br />

„Wer liest denn noch den Sportteil?“<br />

lautete deshalb der provokante Titel des<br />

Referats von Paul-Josef Raue, in dessen<br />

Mittelpunkt Beispielseiten aus Reinhards<br />

Main-Post standen. Als erste deutsche<br />

Tageszeitung hatten sich die Würzburger<br />

2004 entschieden, mit ReaderScan das<br />

Nutzerverhalten ihrer Leserinnen und Leser<br />

zu ermitteln.<br />

Die Untersuchungsmethode basiert<br />

auf einem elektronischen Stift (Scanner),<br />

der aussieht wie ein Textmarker und<br />

ähnlich zu handhaben ist. Mit dem Stift<br />

liest eine repräsentativ ausgewählte<br />

Gruppe von 120 Lesern drei Mal für<br />

jeweils vier Wochen wie gewohnt ihre<br />

Zeitung. Von hinten oder erst die Wirtschaft,<br />

jede Meldung oder nur den<br />

Bildtext.<br />

Durch Anstreichen markiert der Leser,<br />

welchen Artikel er bis zu welcher Stelle<br />

gelesen hat. Die Daten werden auf einem<br />

Chip gespeichert und über ein Modem in<br />

ein Rechenzentrum zur Auswertung gegeben.<br />

So ergibt sich eine Lesequote, die<br />

angibt, zu welchem Prozentsatz ein bestimmter<br />

Text von der Leserschaft im<br />

Durchschnitt gelesen worden ist. Eine<br />

Lesequote von <strong>10</strong>0 Prozent bedeutet,<br />

dass der Zeitungstext von sämtlichen<br />

Lesern vollständig gelesen wurde, eine<br />

Lesequote von 0 % dagegen, dass kein ➤

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