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Interview 18 „Als Spieler war ich z 416 Einsätze in der Bundesliga und fünf Länderspiele stehen in der Vita von HOLGER FACH. Als Trainer arbeitete er in Wolfsburg und zuletzt in Kasachstan. Ein Blick zurück. Als Jan Schlaudraff im April in Barsinghausen als „Niedersachsens Fußballer des Jahres“ geehrt wurde, gehörte zu den Gratulanten auch jener Mann, der dem heutigen Star von Hannover 96 einst den Weg ins Profigeschäft ebnete: Holger Fach. Als Trainer der Amateure von Borussia Mönchengladbach hatte er 2002 das damals 19-jährige Talent für die „Fohlenelf“ entdeckt. „Ich freue mich, dass ich an seiner Entwicklung ein bisschen teil haben durfte“, erklärte der 49-jährige Fußball-Lehrer bei der Ehrungszeremonie im Saal Niedersachsen des Sporthotel Fuchsbachtal. Beim anschließenden Bankett im Restaurant Pétit Renard lernte er NFV-Praktikantin Ariane Schäffer* kennen. Beide verabredeten sich zu einem Telefoninterview, in dem Fach unter anderem über seine Zeit als Cheftrainer beim VfL Wolfsburg sowie über das DFB-Pokalfinale von 1992 sprach. Damals vergab Holger Fach im Elfmeterschießen gegen Hannover 96. Fußball-Journal: Bei der Ehrung von Jan Schlaudraff wurden Sie als sein Entdecker bezeichnet. Sie selbst teilen diese Einschätzung aber nicht. Warum? Fach: Ich habe Jan zwar zu Borussia Mönchengladbach geholt, doch als seinen Entdecker sehe ich mich deshalb nicht. Wenn Sie so wollen, wurde er von einem Spielerberater entdeckt. Dieser kam eines Tages auf mich zu und schwärmte: „Ich habe den neuen Sebastian Deisler gefunden.“ Ich war zunächst sehr skeptisch, da die Spieler, die er mir in den Jahren zuvor empfohlen hatte, nicht unbedingt gut waren. Aber wie der Zufall im Leben nun einmal so spielt, kannte ich den Präsidenten von Jans damaligem Verein, Hassia Bingen. Als ich ihn anrief, wusste er sofort, von wem die Rede ist und sagte: „Der ist der Beste, den wir je hatten.“ Daraufhin habe ich mir Jan angeschaut und so kam das Ganze ins Rollen. Fußball-Journal: Sie wirken auf mich unglaublich gelassen und ruhig. Liegt das in Ihrem Naturell oder entwickelt man diese Tugenden auch durch das Trainergeschäft? Holger Fach (lacht): Danke, dass Sie nicht gefragt haben, ob sich dies durch mein Alter entwickelt hat ... Im Ernst: Ich meine, dass ich nicht so ruhig bin, wie sich Ihnen das bei der Ehrung dargestellt hat. Bei mir ist das eher die normale Mischung, wobei es ein bisschen mehr in Richtung Temperament geht. Das liegt Juli 2012 aber in meinem Naturell begründet und hat mit dem Beruf des Trainers nichts zu tun. Fußball-Journal: Bei einem Blick zurück auf Ihre Trainerstationen: Würden Sie heute alles noch einmal genauso machen? Holger Fach: Mit Sicherheit nicht! Ich habe zweimal den Fehler gemacht bei einem Verein zu bleiben, obwohl ich wusste: „Besser kann es nicht mehr laufen.“ Ich gebe Ihnen mal ein Beispiel: Ich habe Augsburg in der zweiten Liga als Abstiegskandidaten übernommen. Mit Ach und Krach haben wir den Klassenerhalt geschafft und standen in der darauf folgenden Saison am Ende der Hinrunde auf dem vierten oder fünften Tabellenplatz. Und das ohne große Verstärkungen. Trotzdem wusste ich in dieser Phase, dass meine Zeit in Augsburg zu Ende gehen wird. Ich hätte also nach der Hinrunde, als es gut lief, zurücktreten müssen. Wegen der Mannschaft habe ich es nicht gemacht. Auch weil der Kapitän mich gebeten hat, zu bleiben. Als die Ergebnisse dann wie von mir vorhergesehen schlechter wurden, kam es zur Trennung. Leider bleibt immer nur diese Phase haften. Fußball-Journal: Bereuen Sie sonst noch einen Schritt in Ihrer Karriere? Holger Fach: Ja, als Spieler war ich eigentlich zu nett (lacht). Man hat mir immer wieder angedichtet, dass ich nur meine Interessen verfolge. Fakt aber ist genau das Gegenteil. Denn ich war überall Kapitän und habe mich immer für meine Mannschaften eingesetzt, sehr sogar. Ich hatte einige Male die Möglichkeit zu wechseln, es aber nicht gemacht, weil ich nicht konsequent genug war, diesen Schritt wirklich umzusetzen. Wenn ich sehe, was der eine oder andere noch erreicht hat, der ihn gewagt hat, würde ich das heute sicherlich anders machen. Ganz klar: Bei zwei oder drei Angeboten hätte ich meine eigenen Interessen stärker durchsetzen müssen. Fußball-Journal: 2005 waren Sie für ein halbes Jahr Cheftrainer beim VfL Wolfsburg, mussten kurz vor Weihnachten aber zusammen mit dem damaligen Manager Thomas Strunz gehen. Wie beurteilen Sie rückwirkend Ihre Zeit bei den „Wölfen“? Bronze 1988 in Seoul: Holger Fach. Holger Fach: Gemeinsam mit Michael Oenning (Assistenztrainer; d. Red.) habe ich eine alternde Mannschaft übernommen, die wir in den internationalen Wettbewerb führen sollten – bei dem vorhandenen Spielerpotenzial eine unrealistische Zielsetzung. Man hat ja anschließend gesehen, dass auch mein Nachfolger Klaus Augenthaler dies nicht bewerkstelligen konnte und nur knapp am Abstieg vorbeigeschrammt ist. Uns standen nicht die finanziellen Mittel zur Verfügung, wie sie dann Felix Magath erhalten hat. Von Personen, die neu in der Führung waren und somit diesen Aufschwung ermöglicht haben. Aber ich hege überhaupt keinen Groll und bin über meine Zeit beim VfL nicht böse. Fußball-Journal: Im Jahr 1992 standen Sie mit Borussia Mönchengladbach gegen den krassen Außenseiter Hannover 96 im DFB-Pokalfinale. Dieses wurde im Elfmeterschießen verloren. Sie haben damals auch einen Elfer verschossen. War dies die bitterste Niederlage in Ihrer Karriere? Holger Fach (völlig gelassen): Nein, das passiert. Fußball-Journal: Gladbach spielte damals in der ersten, 96 in der zweiten Liga. Was ist in dieser Partie aus Ihrer Sicht schief gelaufen. Etwa, dass Sie den Gegner unterschätzt haben? Holger Fach: Um diese Frage zu beantworten, müsste ich Interna ausplaudern. Doch das will ich nicht. Fußball-Journal: Zuletzt waren Sie Trainer beim FK Lokomotive Astana. Weshalb haben Sie das Traineramt beim kasachischen Erstligisten übernommen? Holger Fach: Wenn man ein solches Amt übernimmt, spielen in erster Linie finanzielle Erwägungen eine Rolle. Das muss man offen und ehrlich sagen. Wir (mit Co-Trainer Sascha Franz; d. Red.) haben dort zwei Jahre gearbeitet, also sehr lange. Die meisten in meiner Umgebung sind bereits nach einigen Wochen wieder gegangen. Mein Nachfolger ist zum Beispiel nach sieben oder acht Spieltagen entlassen worden. Es war eine interessante und lehrreiche Zeit, die mit zwei Titeln in zwei Jahren zudem sportlich sehr erfolgreich war. Aber es reichte dann auch, ich wollte wieder nach Hause. Fußball-Journal: Warum? Holger Fach: Wenn man zwei Jahre nur mit ganz wenigen Menschen reden, kein Schild und keine Zeitung lesen kann und es sicherlich auch in der Heimat ein paar private Dinge gibt, denen man sich gerne widmen möchte, dann liegt es ➤
u nett“ i auf der Hand, dass man sagt: „Ich möchte jetzt mal wieder nach Hause und schaue dann weiter, was noch so kommt.“ Fußball-Journal: Wie sieht Ihr Alltag im Moment aus? Holger Fach: In der Phase, wo man nicht arbeitet, hat man die meiste Zeit zur Fortbildung. Ich kann mir das Training bei verschiedenen Mannschaften anschauen und unglaublich viele Spiele und somit auch Spieler sehen. Im Moment genieße ich die freie Zeit. Ich habe jetzt fast 31 Jahre am Stück im Fußballgeschäft gearbeitet. Deshalb ist es ganz nett, wenn man mal ein paar Monate Abstand bekommt. Fußball-Journal: Haben Sie schon Pläne für die Zukunft? Holger Fach: Nein, in diesem Geschäft ist es schwierig zu planen. Irgendwann ruft jemand an und man bekommt ein Angebot. Dann muss man sehen, ob man es annimmt oder nicht. Oder es ruft niemand an. In diesem Fall muss man sich eine Deadline setzen, bis zu der man sich entscheidet, ob man vielleicht doch noch einmal etwas ganz anderes machen möchte. Fußball-Journal: Haben Sie persönliche Ziele, die Sie noch erreichen möchten? Holger Fach: Nein, ich möchte eigentlich nur gesund bleiben. Ansonsten bin ich mit allem zufrieden. Fußball-Journal: Eine letzte Frage, die mich persönlich sehr interessiert, weil ich selbst aktive Fußballerin bin: Können Sie sich vorstellen, auch mal eine Frauenmannschaft zu trainieren? Holger Fach: Nein, im Moment nicht. Fußball-Journal: Schade, denn ansonsten hätte ich Sie gerne nach Föhrste in den Kreis Hildesheim eingeladen, um meiner Mannschaft eine Art Demonstrationstraining zu geben. Holger Fach: Das ist ja was anderes, das könnte man machen. Fußball-Journal: Das wäre super. Im vergangenen Jahr ist auf unserem Gelände das Sportheim mit Turnhalle abgebrannt – da steht nun nichts mehr. Wenn Sie dann tatsächlich vorbeikommen würden, könnten wir daraus ein Event machen, dessen Erlös der Vereinskasse zugute kommt. Holger Fach: Das hört sich gut an. Wir sollten im Juli noch einmal miteinander telefonieren. Fußball-Journal: Abgemacht. Vielen Dank für das Gespräch. ■ * = Ariane Schäffer (23) aus Everode bei Alfeld studiert in Wilhelmshaven Medienwirtschaft und Journalismus. An den Wochenenden schnürt sie für ihren Heimatverein TSV Föhrste, der in der Frauen-Kreisliga Hildesheim spielt, die Stiefel. Beim NFV absolviert Ariane von Februar bis Ende Juli ein Praxissemester. HOLGER FACH (49) Der gebürtige Wuppertaler bestritt zwischen 1981 und 1998 416 Bundesliga-Spiele (67 Tore). Mit Mönchengladbach gewann er 1995 den DFB-Pokal, mit der deutschen Olympiaauswahl 1988 Bronze. In der A-Nationalmannschaft kam er auf fünf Einsätze. Seine Trainerkarriere begann 2001 bei den Gladbacher Amateuren. Im September 2003 wurde er Cheftrainer der Profis (bis Oktober 2004). Von Juli bis Dezember 2005 wirkte er beim VfL Wolfsburg. Weitere Stationen: SC Paderborn (2007-2008), FC Augsburg (2008-2009), FK Lokomotive Astana (2010-2011). Interview Juli 2012 19
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