1-24 - Diemelbote
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Mit Ausdauer und Entschlossenheit die Aufgaben angenommen<br />
Westheim (ma). „Bier<br />
steigert die Lebensfreude<br />
– hoffentlich auch heute.“<br />
Mit diesen Worten leitete<br />
Josef Freiherr von Twickel<br />
das Fest zum 150-jährigen<br />
Bestehen der Brauerei<br />
Westheim am vergangenen<br />
Samstag ein. Er sollte<br />
Recht behalten. Die rund<br />
650 geladenen Gäste feierten<br />
in der Schützenhalle<br />
und dem angrenzenden<br />
Zelt ein rauschenden Fest.<br />
Zur guten Laune beigetragen<br />
und für Gesprächsstoff<br />
gesorgt hat dabei<br />
sicherlich auch der Festredner<br />
Georg Schneider<br />
vom Weisse Bräuhaus in<br />
Kehlheim, der Präsident<br />
der Freien Brauer, einem<br />
Zusammenschluss von 40<br />
mittelständischen Privatbrauereien<br />
in Deutschland,<br />
Österreich, Luxemburg<br />
und den Niederlanden, die<br />
konzernunabhängig und<br />
seit Generationen in Familienbesitz<br />
sind. Er betonte,<br />
dass es wohl nichts Schöneres<br />
geben könne, als<br />
Bierbrauer in der fünften<br />
bzw. sechsten Generation<br />
zu sein. Doch die Realität<br />
sei nicht immer einfach.<br />
„Jesus hat zwar viel<br />
gelitten, aber Bierbrauer<br />
war er nicht“, sei ein gern<br />
genutztes Zitat unter der<br />
Brauern. Die Brauerei<br />
Westheim habe aber immer<br />
wieder Mut gezeigt<br />
und Krisen, Zweifel oder<br />
Schicksalsschläge stets<br />
als Aufgabe angenommen.<br />
Der Lohn seien viele Auszeichnungen.<br />
Unter den<br />
zehn Bieren und zwei Likören<br />
sei beispielsweise<br />
das „Graf Stolberg dunkel“<br />
als eines der zehn besten<br />
Biere der Welt ausge-<br />
zeichnet worden. Große<br />
Freiheit, persönliche Verantwortung,<br />
einzigartige<br />
Vielfalt, höchste Qualität,<br />
saubere Umwelt, echte<br />
Tradition und gelebte Heimatverbundenheit<br />
das<br />
sind die sieben Werte der<br />
Freien Brauer. All diese<br />
Werte attestierte Georg<br />
Schneider der Brauerei<br />
Westheim. Zuvor hatte<br />
Bürgermeister Hubertus<br />
Klenner die Bedeutung der<br />
Brauerei Westheim für die<br />
Region hervorgehoben.<br />
Sie sei ein Aushängeschild<br />
von Marsberg. Jeder in der<br />
Region kenne und schätze<br />
dieses Bier, bzw. die verschiedenen<br />
Sorten. Mit<br />
Ausdauer und Entschlossenheit<br />
habe die Familie<br />
die Brauerei innerhalb<br />
von sechs Generationen<br />
zu dem gemacht, was sie<br />
heute sei. Wie gut das Bier<br />
aus Westheim sei, zeigten<br />
die vielen Auszeichnungen,<br />
die die verschiedenen Sorten<br />
schon erhalten haben.<br />
Dass Bier nebenbei auch<br />
noch gesund sei, belegte<br />
er anschließend mit neun<br />
Thesen. Dem folgte auch<br />
Bruno Wiemers, Vorsitzender<br />
des Kreisschützenbundes<br />
Büren: „Genuss,<br />
Geschmack, Spaß und<br />
Wohlbefi nden gehören<br />
zum Bier, da sollten wir uns<br />
von übereifrigen Gesundheitsaposteln<br />
nicht reinreden<br />
lassen“. Er hob die<br />
enge Verbindung der Brauerei<br />
mit dem Schützenwesen<br />
hervor. So sei die<br />
Brauerei Westheim schon<br />
beim ersten Kreisschützenfest<br />
in Bleiwäsche im<br />
Jahr 1958 dabeigewesen.<br />
Die Gratulation der<br />
Westheimer Bevölkerung<br />
überbrachte Ortsvorsteher<br />
Franz-Josef Weiffen. Der<br />
Ort habe der Brauerei viel<br />
zu verdanken, schon allein<br />
aufgrund der Arbeitsplätze.<br />
Auch der wunderschön<br />
gelegene 18-Loch-Golfplatz,<br />
einer von nur dreien<br />
in Deutschland, die in Vereinsbesitz<br />
sind, wäre ohne<br />
die Unterstützung der<br />
Familie von Twickel nicht<br />
möglich gewesen.<br />
Wie verbunden sich die<br />
Familie mit dem Dorf fühlt,<br />
zeigte sie auch, indem sie<br />
als Geschenke zum Jubiläum<br />
um Spenden für den<br />
Förderverein „Dorfgemeinschaft<br />
Unser Westheim“<br />
bat.<br />
Die Geschichte der<br />
Brauerei<br />
Im Jahr 1840 erwarb<br />
Joseph Theodor Graf zu<br />
Stolberg-Stolberg das Rittergut<br />
Westheim aus Kahlenbergschem<br />
Besitz und<br />
modernisierte den bereits<br />
bestehenden Brennereibetrieb.<br />
Als der Graf 1859<br />
starb, verpachtete seine<br />
Witwe Caroline das Gut<br />
an die Familie Döring aus<br />
Greifenstein bei Heiligenstadt<br />
für 15 Jahre. Spätestens<br />
seit 1862 wurde<br />
dann gewerblich Bier gebraut.<br />
Mit dem nächsten<br />
Pächter Wilhelm Arens<br />
aus Bredelar, und seinem<br />
Braumeister Mergell wurde<br />
die Brauerei immer mehr<br />
zu einem Unternehmen,<br />
das nicht nur für den eigenen<br />
Bedarf, sondern<br />
auch für Kunden braute.<br />
Allerdings war man von<br />
professioneller Organisation<br />
und Buchführung noch<br />
weit entfernt. Als die Gräfi n<br />
Caroline zu Stolberg-Stol-<br />
Bruno Wiemers, Moritz Freiherr von Twickel, Georg Schneider, Josef Freiherr<br />
von Twickel, Bürgermeister Hubertus Klenner und Franz-Josef Weiffen (v.li.).<br />
Gute Laune bei den Gästen. Fotos: Mander<br />
berg das Gut 1875 heruntergewirtschaftet<br />
aus der<br />
Pacht zurücknahm, folgte<br />
ein Schicksalsschlag. Ein<br />
Brand zerstörte fast alles.<br />
Ab 1876 baute Hermann<br />
Graf zu Stolberg-Stolberg,<br />
der Urgroßvater des heutigen<br />
Eigentümers, nach<br />
modernen Gesichtspunkten<br />
wieder auf. 1882 ließ er<br />
erstmals ein untergäriges<br />
dunkles Bier brauen. Es<br />
soll ein besonderes feines<br />
Malzaroma gehabt haben<br />
und sehr bekömmlich gewesen<br />
sein. Dieses dunkle<br />
Bier wurde fast fünfzig<br />
Jahre lang gebraut. Zu<br />
den Modernisierungsmaßnahmen<br />
in den folgenden<br />
Jahren zählten die Aufnahme<br />
des Flaschenbierverkaufs<br />
und die Errichtung<br />
eines neuen Sudhauses.<br />
1925 übernahm Joseph<br />
Graf zu Stolberg-Stolberg<br />
nach dem Tode seines<br />
Vaters Hermann Brauerei<br />
und Gut Westheim. Die<br />
erst kürzlich verstorbene<br />
Marie-Antonia Gräfi n zu<br />
Stolberg-Stolberg erbte<br />
nach dem Tode ihres Vaters<br />
Joseph 1941 Brauerei<br />
und Gut Westheim. Sie<br />
heiratete 1947 den Forstassessor<br />
Klemens Freiherr<br />
von Twickel, der von 1951<br />
bis zu seinem frühen Tod<br />
1960 die Geschäfte leitete.<br />
Der Sohn, Josef Freiherr<br />
von Twickel, ist heute Inhaber.<br />
Er trat 1978 in das<br />
Unternehmen ein, führte<br />
es seit 1980 und bekam es<br />
schließlich 1994 von seiner<br />
Mutter übereignet. Sein<br />
Sohn Moritz, eines von drei<br />
Kindern, ist bereits als Juniorchef<br />
in das Unternehmen<br />
eingetreten. Heute<br />
hat die Brauerei 35 Mitarbeiter.<br />
Vater und Sohn sind<br />
davon überzeugt, dass<br />
ein ausgezeichnetes Bier<br />
auch unter schwierigen<br />
wirtschaftlichen Rahmenbedingungen<br />
eine Zukunft<br />
hat.