„Geschockt" über das Vorgehen der Medien - Sozialdienst kath ...
„Geschockt" über das Vorgehen der Medien - Sozialdienst kath ...
„Geschockt" über das Vorgehen der Medien - Sozialdienst kath ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
̮=̮ ″<br />
Cäcilia Kaufmann (links) und Elisabeth May (rechts) vom SkF-Vorstand wehren sich gegen die Vorwürfe. Mit Stephan Scheffel<br />
(2. von rechts) befasst sich auch ein Rechtsanwalt mit <strong>der</strong> Sache. Er stand bereits mit dem Anwalt <strong>der</strong> Vermieterin in Kontakt,<br />
die Betreuer Hubert Weber (2. von links) für den Zustand <strong>der</strong> Wohnung verantwortlich macht. Foto: Thomalla<br />
„Geschockt" <strong>über</strong> <strong>das</strong><br />
<strong>Vorgehen</strong> <strong>der</strong> <strong>Medien</strong><br />
诲诲诲诲 眩 眩<br />
<strong>Sozialdienst</strong> soll für zugemüllte Wohnung verantwortlich sein und wehrt sich<br />
Kamerateam und Vermieterin wegen Hausfriedensbruch angezeigt<br />
Von Eva Thomalla<br />
WERL Der <strong>Sozialdienst</strong> kat<br />
h o l i s c h e r F r a u e n ( S k F )<br />
wehrt sich gegen die Vorwürfe,<br />
bei <strong>der</strong> Betreuung eines<br />
Werlers geschlampt und so<br />
ermöglicht zu haben, <strong>das</strong>s eine<br />
Wohnung total zugemüllt wurde.<br />
Die „Bild"-Zeitung hatte am<br />
Dienstag <strong>über</strong> den Fall groß<br />
berichtet, verschiedene<br />
Fernsehsen<strong>der</strong> zeigten in<br />
den vergangenen Tagen<br />
Bil<strong>der</strong> von <strong>der</strong> mit Abfall, Essenwesten,<br />
Kot und Gerümpel<br />
zugedreckten Wohnung,<br />
aus <strong>der</strong> Werler Innenstadt.<br />
Immer mit dem Tenor, <strong>das</strong>s<br />
<strong>der</strong> <strong>Sozialdienst</strong> den „Messie"<br />
hierein gesetzt habe und<br />
sich jetzt vor den Kosten für,<br />
Entrümpelung und Renovierung<br />
drücke. Vorwürfe, die<br />
beim SkF für Entsetzen sorgen.<br />
„Das ist schon fast Rufmo<br />
r d ", s a g t C ä cil i a K aufmann<br />
vom Vorstand des Sozialdien<br />
stes. Betro ffen ist<br />
man auch <strong>über</strong> <strong>das</strong> <strong>Vorgehen</strong><br />
<strong>der</strong> Vermieterin und eines<br />
Kamerateams, <strong>das</strong> bereits am<br />
3. September „<strong>über</strong>fallartig"<br />
in die Räu me gestürmt sei<br />
und dort unerlaubt gefilmt<br />
habe. Der SkF rief daraufhin<br />
die Polizei, Anzeige wegen<br />
Hausfriedensbruchs und<br />
Nötigung wurde erstattet.<br />
D e r S o z i a l d i e n s t w i d e r -<br />
spricht den Vorwürfen: Dem<br />
Mieter sei ein gesetzlicher Betreuer<br />
zur Seite gestellt<br />
worden, „aber es ging hier<br />
nicht um die<br />
Personensorge", erläutert<br />
Rechtsanwalt Stephan Scheffel.<br />
Der Betroffene bleibe ein<br />
selbstständig rechtsfäh i g<br />
h a n d e l n d e r M e n s c h .<br />
Selbstständig hatte <strong>der</strong> Mann<br />
auch die Wohnung<br />
angemietet. Der SkF hatte<br />
- an<strong>der</strong>s als in <strong>über</strong>regionalen<br />
<strong>Medien</strong> berichtet - die Räume<br />
nicht vermittelt. Der SkF<br />
hatte auf Bitte des Mannes die<br />
Kaution angewiesen und sich<br />
darum gekümmert, <strong>das</strong>s <strong>der</strong><br />
Sozialhilfeträger Miete<br />
zahlt. Der Prozess des<br />
Verkommens <strong>der</strong> Wohnung<br />
wurde später thematisiert;<br />
<strong>das</strong> Gericht wurde informiert,<br />
<strong>das</strong> vom Landschaftsverband<br />
finanzierte „Betreute -<br />
Wo hn en" ein geschaltet.<br />
Der Betroffene lehnte die<br />
Hilfe jedoch ab, ließ<br />
niemanden mehr in die<br />
Wohnung, suchte den Dienst<br />
aber für Beratungen weiter auf.<br />
„So etwas ist einfach nicht<br />
immer zu verhin<strong>der</strong>n", sagt<br />
Cäcilia Kaufmann. Die Sache<br />
sei dem SkF sicherlich nicht<br />
egal, „aber wir können d a<br />
n i c h t s t u n u n d s i n d a u c h<br />
nicht verantwortlich, weil wir<br />
nicht Mieter sind." Das<br />
Ganze sei auch kein<br />
Einzelfall -egal, ob die<br />
„Messie"-Mieter von<br />
sozialen Einrichtungen<br />
betreut werden o<strong>der</strong> nicht.<br />
Die Menschen seien krank,<br />
brauchten Hilfe. „Aber man<br />
kann diese Hilfe nicht<br />
verordnen, sie muss vom<br />
Klienten a n g eno mme n<br />
werden " , so Kaufmann. Man<br />
könne einen Betroffenen<br />
n ich t einfach „einliefern"<br />
lassen. Eine konkrete Gefahr<br />
für <strong>das</strong> Leben, die eine<br />
zwangsweise Unterbringung<br />
erlaube, habe nicht bestanden.<br />
„Mit <strong>der</strong> Einführung des<br />
Betreuungsgesetzes gibt es<br />
keine Entmündigung<br />
Soester Anzeiger<br />
vom 17.09.2009<br />
mehr", erläu tert Elisab eth<br />
May vom SkF-Vorstand die<br />
Problematik bei <strong>der</strong><br />
gesetzlichen Betreuung.<br />
Von <strong>der</strong> Kritik schwer getroffen<br />
ist <strong>der</strong> gesetzliche<br />
Betreuer Hubert Weber, <strong>der</strong> nun<br />
einem enormen öffentlichen<br />
Druck au sgesetzt ist. „Ich<br />
muss meinen Klienten<br />
schützen ", v erdeutlicht<br />
Web er, <strong>das</strong>s er sich weiter vor<br />
den B et ro ffenen st el l e,<br />
d e r in Werl seine Wurzeln<br />
hat und hier auch weiter<br />
leben möchte. „Ich bin<br />
geschockt dar<strong>über</strong>, wie<br />
Details seiner Geschichte<br />
jetzt nach außen getragen<br />
wurden."<br />
Bereits im April übrigens<br />
war <strong>der</strong> Mann aus <strong>der</strong><br />
Wohnung ausgezogen. Warum<br />
die Sache erst jetzt so groß<br />
öffentlich gemacht wurde,<br />
weiß beim SkF niemand. Die<br />
Vermieterin wollte dazu<br />
gestern keine Antwort<br />
geben. Sie habe mit einem<br />
Fernsehsen<strong>der</strong> einen Vertrag<br />
abgeschlossen. Anfragen<br />
müssten dort erfolgen, ließ sie<br />
wissen.<br />
Kommentar →
Kommentar<br />
Unfair und<br />
verletzend<br />
Dass die Vermieterin den Schaden<br />
hat, ist unbestritten. Dass sie<br />
versucht, jemanden haftbar zu<br />
machen, um nicht selbst auf den<br />
Kosten hängen zu bleiben, ist<br />
absolut nachvollziehbar. Dass sie<br />
aber diesen Versuch jetzt mit Hilfe<br />
öffentlichen Drucks auf dem Rücken<br />
des SkF und insbeson<strong>der</strong>e<br />
auf dem des Betreuers austrägt, ist<br />
nicht fair. Noch unfairer ist <strong>der</strong><br />
Umgang verschiedener <strong>Medien</strong><br />
mit dem SkF und dem Betreuer.<br />
Ohne Terminabsprache o<strong>der</strong><br />
Anmeldung schneit ein<br />
Kamera-Team mit <strong>der</strong><br />
Vermieterin in die Räume des<br />
<strong>Sozialdienst</strong>es. In Räume, in denen<br />
sich Menschen aufhalten, die in<br />
verschiedenen Lebenslagen Hilfe<br />
brauchen und diese geschützt<br />
bekommen sollen. Das Büro des<br />
betroffenen Betreuers wird mit<br />
laufen<strong>der</strong> Kamera „gestürmt". Der<br />
völlig <strong>über</strong>rumpelte<br />
Sozialarbeiter soll sich aus dem<br />
Stand äußern. Er will aber nichts<br />
sagen, er will seinen Klienten<br />
schützen. Viele Dinge, die seiner<br />
eigenen Verteidigung dienlich sein<br />
könnten, würden die Schweigepflicht<br />
verletzen. Denn es geht<br />
bei allem verständlichen Arger um<br />
die Wohnung hier auch um die<br />
Persönlichkeitsrechte eines<br />
kranken Mannes, dessen<br />
Hinterlassenschaften in diesen<br />
Tagen bundesweit auf den<br />
Mattscheiben zu begaffen sind.<br />
Die Privatsphäre des Mannes wird<br />
verletzt: und <strong>das</strong> nicht allein durch<br />
Bil<strong>der</strong>, son<strong>der</strong>n insbeson<strong>der</strong>e auch,<br />
weil Details seiner Kranken- und<br />
Lebensgeschichte öffentlich<br />
gemacht werden.<br />
Auch wenn diesem Mann vom<br />
Gericht eine Betreuung zur Seite<br />
gestellt wurde, sind nach dem<br />
Gesetz <strong>der</strong> Willen und die<br />
Lebensweise des Betroffenen zu<br />
respektieren. Er ist weiter ein<br />
selbstständig r e c h t s fähig<br />
h and el n d e r Mensch. Das mag<br />
angesichts des Chaos, <strong>das</strong> <strong>der</strong><br />
Mann angerichtet hat,<br />
merkwürdig und nicht<br />
nachvollziehbar klingen — es ist<br />
aber so. Nichts an<strong>der</strong>es als seine<br />
gesetzliche Vorgabe hat <strong>der</strong><br />
Betreuer befolgt — und parallel<br />
dazu versucht, durch <strong>das</strong><br />
Beauftragen des „Betreuten<br />
Wohnens" den Prozess des<br />
Verkommens <strong>der</strong> Wohnräume zu<br />
stoppen. Aber <strong>das</strong> ist kein leichtes<br />
Unterfangen, wenn <strong>der</strong> Betroffene<br />
nicht mitarbeitet, die Wohnung<br />
schließlich gar nicht mehr<br />
öffnet, auch wenn er in an<strong>der</strong>en<br />
Fragen Hilfe annimmt und den<br />
SkF regelmäßig weiter aufsucht.<br />
Ohne konkrete Gefährdung des<br />
Lebens wird niemand<br />
zwangsweise in die Psychiatrie<br />
eingewiesen. Mit <strong>der</strong> Einführung<br />
des Betreuungsgesetzes wurde die<br />
Entmündigung gestrichen. Die<br />
Handlungsmöglichkeiten sind sehr<br />
eingeschränkt.<br />
Der Zustand <strong>der</strong> Werler Wohnung<br />
ist lei<strong>der</strong> kein Einzelfall. Das ist<br />
traurig, aber wahr. Leidtragende<br />
sind neben den Erkrankten immer<br />
auch die Vermieter, die<br />
meistens auf den hohen Kosten<br />
sitzen bleiben. In diesem Fall soll<br />
<strong>der</strong> Betreuer des SkF als Schuldiger<br />
ausgemacht werden, damit Geld<br />
fließt. Letztlich wird wohl <strong>das</strong><br />
Gericht klären, ob <strong>der</strong> SkF Schuld<br />
trägt. Aber zuvor sollten sich<br />
<strong>Medien</strong> nicht schuldig machen,<br />
indem sie einen Betreuer<br />
öffentlich an den Pranger stellen,<br />
weil er die Privatsphäre und die<br />
Rechte seines Klienten geschützt<br />
hat. EVA THOMALLA