28.05.2013 Aufrufe

„Geschockt" über das Vorgehen der Medien - Sozialdienst kath ...

„Geschockt" über das Vorgehen der Medien - Sozialdienst kath ...

„Geschockt" über das Vorgehen der Medien - Sozialdienst kath ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

̮=̮ ″<br />

Cäcilia Kaufmann (links) und Elisabeth May (rechts) vom SkF-Vorstand wehren sich gegen die Vorwürfe. Mit Stephan Scheffel<br />

(2. von rechts) befasst sich auch ein Rechtsanwalt mit <strong>der</strong> Sache. Er stand bereits mit dem Anwalt <strong>der</strong> Vermieterin in Kontakt,<br />

die Betreuer Hubert Weber (2. von links) für den Zustand <strong>der</strong> Wohnung verantwortlich macht. Foto: Thomalla<br />

„Geschockt" <strong>über</strong> <strong>das</strong><br />

<strong>Vorgehen</strong> <strong>der</strong> <strong>Medien</strong><br />

诲诲诲诲 眩 眩<br />

<strong>Sozialdienst</strong> soll für zugemüllte Wohnung verantwortlich sein und wehrt sich<br />

Kamerateam und Vermieterin wegen Hausfriedensbruch angezeigt<br />

Von Eva Thomalla<br />

WERL Der <strong>Sozialdienst</strong> kat<br />

h o l i s c h e r F r a u e n ( S k F )<br />

wehrt sich gegen die Vorwürfe,<br />

bei <strong>der</strong> Betreuung eines<br />

Werlers geschlampt und so<br />

ermöglicht zu haben, <strong>das</strong>s eine<br />

Wohnung total zugemüllt wurde.<br />

Die „Bild"-Zeitung hatte am<br />

Dienstag <strong>über</strong> den Fall groß<br />

berichtet, verschiedene<br />

Fernsehsen<strong>der</strong> zeigten in<br />

den vergangenen Tagen<br />

Bil<strong>der</strong> von <strong>der</strong> mit Abfall, Essenwesten,<br />

Kot und Gerümpel<br />

zugedreckten Wohnung,<br />

aus <strong>der</strong> Werler Innenstadt.<br />

Immer mit dem Tenor, <strong>das</strong>s<br />

<strong>der</strong> <strong>Sozialdienst</strong> den „Messie"<br />

hierein gesetzt habe und<br />

sich jetzt vor den Kosten für,<br />

Entrümpelung und Renovierung<br />

drücke. Vorwürfe, die<br />

beim SkF für Entsetzen sorgen.<br />

„Das ist schon fast Rufmo<br />

r d ", s a g t C ä cil i a K aufmann<br />

vom Vorstand des Sozialdien<br />

stes. Betro ffen ist<br />

man auch <strong>über</strong> <strong>das</strong> <strong>Vorgehen</strong><br />

<strong>der</strong> Vermieterin und eines<br />

Kamerateams, <strong>das</strong> bereits am<br />

3. September „<strong>über</strong>fallartig"<br />

in die Räu me gestürmt sei<br />

und dort unerlaubt gefilmt<br />

habe. Der SkF rief daraufhin<br />

die Polizei, Anzeige wegen<br />

Hausfriedensbruchs und<br />

Nötigung wurde erstattet.<br />

D e r S o z i a l d i e n s t w i d e r -<br />

spricht den Vorwürfen: Dem<br />

Mieter sei ein gesetzlicher Betreuer<br />

zur Seite gestellt<br />

worden, „aber es ging hier<br />

nicht um die<br />

Personensorge", erläutert<br />

Rechtsanwalt Stephan Scheffel.<br />

Der Betroffene bleibe ein<br />

selbstständig rechtsfäh i g<br />

h a n d e l n d e r M e n s c h .<br />

Selbstständig hatte <strong>der</strong> Mann<br />

auch die Wohnung<br />

angemietet. Der SkF hatte<br />

- an<strong>der</strong>s als in <strong>über</strong>regionalen<br />

<strong>Medien</strong> berichtet - die Räume<br />

nicht vermittelt. Der SkF<br />

hatte auf Bitte des Mannes die<br />

Kaution angewiesen und sich<br />

darum gekümmert, <strong>das</strong>s <strong>der</strong><br />

Sozialhilfeträger Miete<br />

zahlt. Der Prozess des<br />

Verkommens <strong>der</strong> Wohnung<br />

wurde später thematisiert;<br />

<strong>das</strong> Gericht wurde informiert,<br />

<strong>das</strong> vom Landschaftsverband<br />

finanzierte „Betreute -<br />

Wo hn en" ein geschaltet.<br />

Der Betroffene lehnte die<br />

Hilfe jedoch ab, ließ<br />

niemanden mehr in die<br />

Wohnung, suchte den Dienst<br />

aber für Beratungen weiter auf.<br />

„So etwas ist einfach nicht<br />

immer zu verhin<strong>der</strong>n", sagt<br />

Cäcilia Kaufmann. Die Sache<br />

sei dem SkF sicherlich nicht<br />

egal, „aber wir können d a<br />

n i c h t s t u n u n d s i n d a u c h<br />

nicht verantwortlich, weil wir<br />

nicht Mieter sind." Das<br />

Ganze sei auch kein<br />

Einzelfall -egal, ob die<br />

„Messie"-Mieter von<br />

sozialen Einrichtungen<br />

betreut werden o<strong>der</strong> nicht.<br />

Die Menschen seien krank,<br />

brauchten Hilfe. „Aber man<br />

kann diese Hilfe nicht<br />

verordnen, sie muss vom<br />

Klienten a n g eno mme n<br />

werden " , so Kaufmann. Man<br />

könne einen Betroffenen<br />

n ich t einfach „einliefern"<br />

lassen. Eine konkrete Gefahr<br />

für <strong>das</strong> Leben, die eine<br />

zwangsweise Unterbringung<br />

erlaube, habe nicht bestanden.<br />

„Mit <strong>der</strong> Einführung des<br />

Betreuungsgesetzes gibt es<br />

keine Entmündigung<br />

Soester Anzeiger<br />

vom 17.09.2009<br />

mehr", erläu tert Elisab eth<br />

May vom SkF-Vorstand die<br />

Problematik bei <strong>der</strong><br />

gesetzlichen Betreuung.<br />

Von <strong>der</strong> Kritik schwer getroffen<br />

ist <strong>der</strong> gesetzliche<br />

Betreuer Hubert Weber, <strong>der</strong> nun<br />

einem enormen öffentlichen<br />

Druck au sgesetzt ist. „Ich<br />

muss meinen Klienten<br />

schützen ", v erdeutlicht<br />

Web er, <strong>das</strong>s er sich weiter vor<br />

den B et ro ffenen st el l e,<br />

d e r in Werl seine Wurzeln<br />

hat und hier auch weiter<br />

leben möchte. „Ich bin<br />

geschockt dar<strong>über</strong>, wie<br />

Details seiner Geschichte<br />

jetzt nach außen getragen<br />

wurden."<br />

Bereits im April übrigens<br />

war <strong>der</strong> Mann aus <strong>der</strong><br />

Wohnung ausgezogen. Warum<br />

die Sache erst jetzt so groß<br />

öffentlich gemacht wurde,<br />

weiß beim SkF niemand. Die<br />

Vermieterin wollte dazu<br />

gestern keine Antwort<br />

geben. Sie habe mit einem<br />

Fernsehsen<strong>der</strong> einen Vertrag<br />

abgeschlossen. Anfragen<br />

müssten dort erfolgen, ließ sie<br />

wissen.<br />

Kommentar →


Kommentar<br />

Unfair und<br />

verletzend<br />

Dass die Vermieterin den Schaden<br />

hat, ist unbestritten. Dass sie<br />

versucht, jemanden haftbar zu<br />

machen, um nicht selbst auf den<br />

Kosten hängen zu bleiben, ist<br />

absolut nachvollziehbar. Dass sie<br />

aber diesen Versuch jetzt mit Hilfe<br />

öffentlichen Drucks auf dem Rücken<br />

des SkF und insbeson<strong>der</strong>e<br />

auf dem des Betreuers austrägt, ist<br />

nicht fair. Noch unfairer ist <strong>der</strong><br />

Umgang verschiedener <strong>Medien</strong><br />

mit dem SkF und dem Betreuer.<br />

Ohne Terminabsprache o<strong>der</strong><br />

Anmeldung schneit ein<br />

Kamera-Team mit <strong>der</strong><br />

Vermieterin in die Räume des<br />

<strong>Sozialdienst</strong>es. In Räume, in denen<br />

sich Menschen aufhalten, die in<br />

verschiedenen Lebenslagen Hilfe<br />

brauchen und diese geschützt<br />

bekommen sollen. Das Büro des<br />

betroffenen Betreuers wird mit<br />

laufen<strong>der</strong> Kamera „gestürmt". Der<br />

völlig <strong>über</strong>rumpelte<br />

Sozialarbeiter soll sich aus dem<br />

Stand äußern. Er will aber nichts<br />

sagen, er will seinen Klienten<br />

schützen. Viele Dinge, die seiner<br />

eigenen Verteidigung dienlich sein<br />

könnten, würden die Schweigepflicht<br />

verletzen. Denn es geht<br />

bei allem verständlichen Arger um<br />

die Wohnung hier auch um die<br />

Persönlichkeitsrechte eines<br />

kranken Mannes, dessen<br />

Hinterlassenschaften in diesen<br />

Tagen bundesweit auf den<br />

Mattscheiben zu begaffen sind.<br />

Die Privatsphäre des Mannes wird<br />

verletzt: und <strong>das</strong> nicht allein durch<br />

Bil<strong>der</strong>, son<strong>der</strong>n insbeson<strong>der</strong>e auch,<br />

weil Details seiner Kranken- und<br />

Lebensgeschichte öffentlich<br />

gemacht werden.<br />

Auch wenn diesem Mann vom<br />

Gericht eine Betreuung zur Seite<br />

gestellt wurde, sind nach dem<br />

Gesetz <strong>der</strong> Willen und die<br />

Lebensweise des Betroffenen zu<br />

respektieren. Er ist weiter ein<br />

selbstständig r e c h t s fähig<br />

h and el n d e r Mensch. Das mag<br />

angesichts des Chaos, <strong>das</strong> <strong>der</strong><br />

Mann angerichtet hat,<br />

merkwürdig und nicht<br />

nachvollziehbar klingen — es ist<br />

aber so. Nichts an<strong>der</strong>es als seine<br />

gesetzliche Vorgabe hat <strong>der</strong><br />

Betreuer befolgt — und parallel<br />

dazu versucht, durch <strong>das</strong><br />

Beauftragen des „Betreuten<br />

Wohnens" den Prozess des<br />

Verkommens <strong>der</strong> Wohnräume zu<br />

stoppen. Aber <strong>das</strong> ist kein leichtes<br />

Unterfangen, wenn <strong>der</strong> Betroffene<br />

nicht mitarbeitet, die Wohnung<br />

schließlich gar nicht mehr<br />

öffnet, auch wenn er in an<strong>der</strong>en<br />

Fragen Hilfe annimmt und den<br />

SkF regelmäßig weiter aufsucht.<br />

Ohne konkrete Gefährdung des<br />

Lebens wird niemand<br />

zwangsweise in die Psychiatrie<br />

eingewiesen. Mit <strong>der</strong> Einführung<br />

des Betreuungsgesetzes wurde die<br />

Entmündigung gestrichen. Die<br />

Handlungsmöglichkeiten sind sehr<br />

eingeschränkt.<br />

Der Zustand <strong>der</strong> Werler Wohnung<br />

ist lei<strong>der</strong> kein Einzelfall. Das ist<br />

traurig, aber wahr. Leidtragende<br />

sind neben den Erkrankten immer<br />

auch die Vermieter, die<br />

meistens auf den hohen Kosten<br />

sitzen bleiben. In diesem Fall soll<br />

<strong>der</strong> Betreuer des SkF als Schuldiger<br />

ausgemacht werden, damit Geld<br />

fließt. Letztlich wird wohl <strong>das</strong><br />

Gericht klären, ob <strong>der</strong> SkF Schuld<br />

trägt. Aber zuvor sollten sich<br />

<strong>Medien</strong> nicht schuldig machen,<br />

indem sie einen Betreuer<br />

öffentlich an den Pranger stellen,<br />

weil er die Privatsphäre und die<br />

Rechte seines Klienten geschützt<br />

hat. EVA THOMALLA

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!