No Mans Land - Materialmappe - Staatstheater Braunschweig
No Mans Land - Materialmappe - Staatstheater Braunschweig
No Mans Land - Materialmappe - Staatstheater Braunschweig
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Junges <strong>Staatstheater</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
Spielzeit 2011/2012<br />
www.staatstheater-braunschweig.de<br />
Junges@staatstheater-braunschweig.de<br />
Tel. (0531) 1234 542<br />
<strong>No</strong> <strong>Mans</strong> <strong>Land</strong> 12+<br />
von Roel Adam<br />
Deutschsprachige Erstaufführung<br />
aus dem Niederländischen von Eva Maria Pieper<br />
Text der Rapsongs von Kay Knopf<br />
<strong>Materialmappe</strong><br />
»Verloren im Web«<br />
Ist es schädlich, wenn wir jeden Tag fünf Stunden im Web auf Facebook oder<br />
Skype abhängen? Was sind die Gefahren des Internets? Wie geht es einem<br />
wenn Eltern sich scheiden? Was tun wenn die Mutter Alkohol trinkt?
Nina El Karsheh (Mutter), Holger Foest (Vater), Lysann Schläfke (Nele)<br />
<strong>No</strong> <strong>Mans</strong> <strong>Land</strong> – <strong>Materialmappe</strong> 2
Herzlich Willkommen!<br />
Die unendlichen Weiten im Internet sind <strong>No</strong> <strong>Mans</strong> <strong>Land</strong>. Ein Ort, wo vielleicht<br />
jeder sich seine Träume erfüllen kann. Aber ein Ort ohne wirkliche Menschen,<br />
also noch einmal: <strong>No</strong> <strong>Mans</strong> <strong>Land</strong>. Das Theaterstück »<strong>No</strong> <strong>Mans</strong> <strong>Land</strong>« erzählt<br />
von Nele, einem 14 jährigen Mädchen. Nele ist sauer, weil ihre Eltern sich<br />
trennen. Papa zieht aufs <strong>Land</strong> und Mutter beginnt wieder zu trinken. Da begegnet<br />
ihr Kisho, ein perfekter Junge, im Internet und verspricht ihr, sie könnte<br />
auch perfekt und die Prinzesin Zelda sein. »Was ist Traum, was real und was<br />
ist es nicht« singt Nele nachdenklich.<br />
»<strong>No</strong> Manns <strong>Land</strong>« erzählt von der virtuellen Welt. Die Inszenierung arbeitet<br />
daher mit dem Einsatz von Film und Musik. Zum Teil werden verschiedene<br />
Realitäten gleichzeitig gezeigt und kommentieren sich so gegenseitig.<br />
In der Inszenierung sind drei große Themen enthalten: die virtuelle Welt im<br />
Internet, Scheidung der Eltern und Alkoholsucht. Zu allen Themen sind in<br />
dieser <strong>Materialmappe</strong> Vor- und Nachbereitungen enthalten.<br />
Ich freue mich über Gedanken und Meinungen zu dieser <strong>Materialmappe</strong> und<br />
wünsche Ihnen einen erlebnisreichen Theaterbesuch.<br />
Andreas Steudtner für das Junge <strong>Staatstheater</strong><br />
Das 2te Mal<br />
Das Junge <strong>Staatstheater</strong> spielt nicht nur »<strong>No</strong> <strong>Mans</strong> <strong>Land</strong>« für junge Zuschauer.<br />
Hier ein Blick in die Zukunft auf unsere nächsten Premieren:<br />
<strong>No</strong> und Ich 13+<br />
nach Delphine de Vigan / Uraufführung / ab 13.04.2012 / Haus Drei<br />
Die Geschichte einer Freundschaft zwischen Lou, einem hochbegabten Mädchen,<br />
und <strong>No</strong>, einem Mädchen das auf der Straße lebt.<br />
Die besseren Wälder 13+<br />
von Martin Baltscheid / ab 20.06.2012 / Haus Drei<br />
Eine Parabel über das Fremd-Sein im einem anderen <strong>Land</strong>. Der Wolfsjunge<br />
Ferdinand wird von zwei Schafen als Sohn adoptiert.<br />
<strong>No</strong> <strong>Mans</strong> <strong>Land</strong> – <strong>Materialmappe</strong> 3
Kontakte<br />
Junges@staatstheater-braunschweig.de<br />
Tel. (0531) 1234 542<br />
Leitung Junges <strong>Staatstheater</strong> und Dramaturgie<br />
AndreasSteudtner@staatstheater-braunschweig.de<br />
Tel. (0531) 1234 521<br />
Theaterpädagogik<br />
Jennifer Gaden@staatstheater-braunschweig.de<br />
Tel. (0531) 1234 541<br />
Organisation/Künstlerische Mitarbeit<br />
JudithZeitner@staatstheater-braunschweig.de<br />
Tel. (0531) 1234 542<br />
Impressum<br />
Herausgeber <strong>Staatstheater</strong> <strong>Braunschweig</strong>,<br />
Am Theater, 38100 <strong>Braunschweig</strong><br />
Generalintendant Joachim Klement<br />
Leiter Junges <strong>Staatstheater</strong> Andreas Steudtner<br />
Redaktion Andreas Steudtner<br />
Gestaltung Christoph Macha<br />
Fotos Karl-Bernd Karwasz<br />
Redaktionsschluss 30.11.2011<br />
Änderungen vorbehalten<br />
<strong>No</strong> <strong>Mans</strong> <strong>Land</strong> – <strong>Materialmappe</strong> 4
Besetzung<br />
Inszenierung Marie Rodewald – Bühne und Kostüme Caroline Schwarz –<br />
Dramaturgie Andreas Steudtner - Video Marat Burnashev und Gregor Dobiaschowski<br />
– Musik/Sounddesign Dennis Bäsecke – Rap Kay Knopf Choreographische<br />
Mitarbeit/Tanzvideo Jared Marks – Theaterpädagogik Jennifer<br />
Gaden<br />
Nele, Zelda Lysann Schläfke<br />
Mutter Nina El Karsheh<br />
Vater, Kisho, Anubis Holger Foest<br />
Statisterie Arne Ziegfeld – Special Effects Klaus-Michael Demian und Olaf<br />
Wilhelm – Spielleitung Marie Rodewald – Produktionsassistenz Christine<br />
Wagenleiter – Hospitanz Anna Sophia Schreiber (Kostüm), Janna Specht<br />
(Regie) – Ausstattungsleitung Ralf Wrobel – Technischer Direktor Heiner<br />
Heumann – Bühnentechnik, Ton, Beleuchtung Thoralf Kotlenga und Frank<br />
W. Rosenthal – Leitung der Requisite Peter Fligg – Leitung der Kostümabteilung<br />
Antonia Fietz – Chefmaskenbildner Nicolas Guth - Maske Lisa<br />
Widdeke – Leitung der Ausstattungswerkstätten Petra Röder – Produktionsingenieur<br />
Stephan Busemann – Tischlerei Peter Kranzmann – Schlosserei<br />
Armin Zühlke – Malsaal Sonja Bähr – Deko- und Möbelabteilung Axel<br />
Schneider<br />
Plüschtierproduktion (PraktikantInnen der Kostümabteilung) Julia Koos, Lea<br />
Brockmann, Farina Pusch, Sina Huchtemann, Julia Stoltze, Jan Mader,<br />
Hanna Mehlin, Larissa Siems, Evrensel Özçelik, Stina Ostrowski und Luzie<br />
Mülling<br />
Wir danken dem Phaeno Wolfsburg und dem Dessousgeschäft Hunkemöller<br />
in den Schloss Arkaden <strong>Braunschweig</strong> für die Drehgenehmigung.<br />
Lysann Schläfke ist Studierende der Hochschule für Musik und Theater Rostock.<br />
Aufführungsdauer ca. 75 Minuten, keine Pause – Premiere am 30. <strong>No</strong>vember<br />
2011 im Haus Drei – Aufführungsrechte Verlag der Autoren, Frankfurt<br />
am Main<br />
<strong>No</strong> <strong>Mans</strong> <strong>Land</strong> – <strong>Materialmappe</strong> 5
Nina El Karsheh (Mutter), Holger Foest (Vater), Lysann Schläfke (Nele)<br />
<strong>No</strong> <strong>Mans</strong> <strong>Land</strong> – <strong>Materialmappe</strong> 6
Themen<br />
In dem Stück »<strong>No</strong> <strong>Mans</strong> <strong>Land</strong>« werden mehrere Themen angesprochen, drei<br />
zentrale Themen nennen wir hier: »Das Internet – die virtuelle Realität«,<br />
»Scheidung der Eltern« und »Alkoholsucht«.<br />
Das Internet – die virtuelle Realität<br />
» Das Internet wird höchstens von sieben Leuten auf der ganzen Welt begriffen«<br />
Joseph Weizenbaum<br />
»Digital. Nicht echt. Ich habe sie nicht echt vernichtet.«<br />
Nele<br />
»Digital ist echt.«<br />
Kisho<br />
Scheidung der Eltern<br />
»Es ist keine Scheidung, es ist eine Abkühlperiode.«<br />
Vater<br />
Alkoholsucht<br />
»Alkohol ist eine gute Medizin«<br />
Nele<br />
<strong>No</strong> <strong>Mans</strong> <strong>Land</strong> – <strong>Materialmappe</strong> 7
Inhalt des Stücks<br />
Dieses Kapitel dient vor allem als Wissenshintergrund für die Lehrerinnen und<br />
Lehrer, die Schülerinnen und Schüler dürfen diese sehr detaillierte Inhaltsangabe<br />
vor dem Inszenierungsbesuch nicht kennen.<br />
Die Inszenierung arbeitet mit drei Ebenen: Erstens das Spiel der Schauspieler<br />
auf der Bühne, zweitens die virtuelle Realität projiziert als Film auf einem Vorhang<br />
und drittens erlebt der Zuschauer wie ein Teil der Filme hergestellt wird.<br />
Die Filme zeigen sowohl Kommentare zu dem Spiel der Schauspieler, als<br />
auch konkreter Spielpartner zum Beispiel die Figur Kisho.<br />
Die Fabel des Stücks: Nele singt zu Beginn des Stücks von ihrem Träumen<br />
und Ängsten und endet mit dem Gedanken »Was ist Traum, was real und was<br />
ist es nicht.«<br />
Der Vater kommt und erklärt Nele, dass er die Familie verlassen wird und aufs<br />
<strong>Land</strong> zieht. Nele will und kann das überhaupt nicht verstehen. Der Vater erklärt<br />
der Tochter, dass sie doch skypen können. »Heutzutage braucht man<br />
nicht mehr an einem Ort zu leben. Wir sind überall und immer miteinander<br />
verbunden, immer zusammen, digital sind wir so stark. Das ist das Schöne,<br />
die Freiheit von heute«, erklärt der Vater. Er geht. Nele läuft dem Vater nach.<br />
Die Mutter sucht und findet eine Flasche Alkohol. Sie beginnt zu trinken.<br />
Nele kommt zurück entreißt der Mutter die Flasche und schüttet den Inhalt<br />
fort. Die Mutter folgt Nele in ihr Zimmer und macht ihr Vorhaltungen. Sie soll<br />
schöne Kleider tragen und endlich mal einen Freund mit nach Hause bringen.<br />
Nele hofft, dass der Vater bald zurückkommt. Betrunken macht die Mutter ihrem<br />
Zorn Luft: »Vielleicht wenn er ausgebumst hat mit der blonden Bäuerin<br />
mit den Riesentitten.« Nele flüchtet und singt: »Ich machs. Is klar. Ich mach<br />
doch alles für euch.«<br />
Die Mutter fällt vom Sofa. Nele hilft. Sie sitzen zusammen auf dem Sofa. Ein<br />
Traum der Mutter, sie geht mit Nele shoppen entwickelt sich zum Alptraum in<br />
der die Bäuerin plötzlich die Verkäuferin ist und Nele mit ausgerissenem Herz<br />
dasteht. Das Skype-Signal ertönt der Vater erscheint auf der Leinwand. Er<br />
berichtet wie gut es ihm auf dem <strong>Land</strong> geht und wie toll er mit seiner Arbeit,<br />
der Entwicklung eines Computerspiels in Zusammenarbeit mit einer japanischen<br />
Firma, voran kommt. Er will Nele ein Foto vom Designer schicken, versendet<br />
aber ausversehen das Spiel an dem er arbeitet. Da er die Datei beim<br />
Versenden auch noch gelöscht hat ist er außer sich vor Wut. Er bittet Nele, die<br />
Datei mit dem Namen »Anubis« zurück zu senden. Nele tut das nicht und beendet<br />
das Gespräch.<br />
Die Mutter bietet Nele Asia-Nudeln zum Essen an. Nele will nicht gestört werden,<br />
sie macht Großreine, sagt sie, und malträtiert ihre Stoffhunde. Sie wendet<br />
sich ihrem Computer zu und löscht den Kontakt zu ihren Klassenkameraden,<br />
die sie gemobbt haben. Die Datei »Anubis« ist zu sehen, Nele öffnet sie,<br />
obwohl ihr Vater vor den unberechenbaren Gefahren, die in ihr schlummern,<br />
gewarnt hat. Zuerst passiert nichts, dann erscheint Kisho. Er beginnt um<br />
Neles Freundschaft zu werben, spricht vom unendlichen Glück. Er will Nele<br />
verführen Prinzessin Zelda zu werden und mit ihm glücklich zu werden. Kisho<br />
wird Nele unheimlich, sie sucht Hilfe bei Mutter oder Vater, aber keiner von<br />
beiden ist ansprechbar. Nele beendet die Verbindung.<br />
<strong>No</strong> <strong>Mans</strong> <strong>Land</strong> – <strong>Materialmappe</strong> 8
Die Mutter bietet zum wiederholten Mal die Asia-Nudeln an. Sie drängt Nele,<br />
andere Kleidung zu tragen oder einfach mal raus zu gehen. Nele soll ihr den<br />
Rücken massieren. »Das hier ist unser letzter Mutter-Tochter-Moment», stellt<br />
Nele klar. Kisho mischt sich ein und behauptet, die Mutter lügt.<br />
Der Vater skypt, die Mutter antwortet, er will aber mit Nele sprechen. Der Vater<br />
hat Angst, dass die Arbeitskollegen aus Japan dahinter kommen, dass<br />
Nele »Anubis« geöffnet hat. »Sind sie schon«, kommentiert Kisho heimlich zu<br />
Nele und warnt sie, nichts über ihn und ihre Freundschaft zu verraten. Ein<br />
großer Streit entsteht. Die Mutter verkündet, der Vater hätte immer einen Jungen<br />
und keine Tochter gewollt. Der Vater bezichtigt die Mutter, dass sie ihre<br />
Schwangerschaft als Unglück begriffen hat. Nele kann es nicht mehr ertragen<br />
und betritt die Welt von »Anubis«. Nele will Prinzessin Zelda werden: »Der<br />
Klang von hundert Posaunen und Tausenden von Trommeln. Zelda und Kisho<br />
vernichten alles und jeden, der ihnen feindlich gesinnt ist. Sie sprengen die<br />
Ketten, die sie in dieser Welt gefangen halten. Sie hassen die Welt voller Lügen<br />
und Betrug. Sie bauen einen Bunker aus Stahl um sich herum. Sie verlassen<br />
die Wirklichkeit.« Die Mutter kann Nele nicht aufhalten. Der Vater verkündet,<br />
dass er sofort nach Hausse kommt.<br />
Kisho verlangt von Zelda alles zu vernichten, was an die alte Identität erinnert.<br />
Nele soll Komplettvergesser werden. Nele schiebt alle alten Fotos und Dateien<br />
von sich im Computer in den Papierkorb-Ordner, doch eine Datei lässt sich<br />
nicht löschen. Gemeinsam mit Kisho öffnet Nele die Datei. Sie enthält ein Bild<br />
ihres Hundes »Flap«.<br />
Prinzessin Zelda erscheint auf dem Bildschirm. Nele hat fast alles vergessen,<br />
weiß nicht einmal mehr, wie sie heißt. Nele wird immer mehr zu Zelda. Kisho<br />
und Zelda tanzen.<br />
Es klingelt an der Tür, der Vater steht davor. Er will seine Datei »Anubis« von<br />
Nele zurück holen. Die Mutter empfängt ihn und behauptet sie hätten keine<br />
Tochter mehr. Nele habe ihr ganzes Zimmer zerstört, behauptet die Mutter<br />
weiter, den Computer auch und sie habe ihn in die Mülltonne geworfen. Der<br />
Müll ist aber bereits abgeholt. Der Vater versucht, in Neles Zimmer zu gelangen,<br />
wird aber von der Mutter daran gehindert. Erschöpft sinken beide aufs<br />
Sofa. Die Mutter möchte das es wieder so ist wie früher mit der kleinen Nele.<br />
Der Vater erinnert seine Frau daran, dass Nele vierzehn ist. Beide gehen<br />
schlafen.<br />
Der Vater taucht verkleidet als Anubis bei Nele auf und trägt sie in ihr Zimmer.<br />
Kisho versucht Anubis aufzuhalten aber der Vater schaltet mit seiner Fernbedienung<br />
Kisho den Ton ab. Er findet doch den Computer, gibt ihn aber seiner<br />
Tochter zurück als diese in Anubis ihren Vater erkennt. Bevor der Vater geht<br />
sagt er: »Lass nicht mit dir spielen, Mädchen. Und vertrau nie jemandem, der<br />
sein wahres Ich verbirgt.«<br />
Nele schaltet Kisho wieder ein. Sie möchte, das er »Ich liebe dich« zu ihr sagt.<br />
Das kann er nicht, er kann nur sagen »Kisho liebt Zelda«. Kisho ist in seiner<br />
Welt perfekt, aber Nele will nicht mehr perfekt sein: »Ich bin genauso lebendig<br />
wie du« sagt sie zum Publikum. Sie schaltet Kisho ab.<br />
Nele geht nach draußen. Vater und Mutter kommen auf die Bühne und öffnen<br />
den Vorhang. Der Vater findet Neles Computer aber alles, auch Anubis, ist<br />
gelöscht.<br />
<strong>No</strong> <strong>Mans</strong> <strong>Land</strong> – <strong>Materialmappe</strong> 9
Der Autor<br />
Roel Adam, geboren 1953 in Den Haag, lebt in Amsterdam. Von 1972 bis<br />
1976 absolvierte er eine Ausbildung an der Academie voor Ekspressie in Utrecht.<br />
Um 1975 gründete er mit anderen die Theatergruppe »Lijn Negen«, wo<br />
er bis 1983 als Schauspieler, Regisseur und Autor aktiv war. Weiterhin war er<br />
einer der Mitbegründer und von 1986 bis 1989 Mitglied der künstlerischen<br />
Leitung des Theaters »El Dorado«. Seit 1990 ist er künstlerischer Berater des<br />
Theaters »Huis aan de Amstel« in Amsterdam.<br />
Interview mit Roel Adam<br />
Warum hast du dem Stück den Titel »<strong>No</strong> <strong>Mans</strong> <strong>Land</strong>« gegeben?<br />
Nele ist den Menschen in der Welt, in der sie lebt, nicht gewachsen und isoliert<br />
sich in einer eigenen Welt; einer Welt ohne Menschen: <strong>No</strong> <strong>Mans</strong> <strong>Land</strong>.<br />
Doch begegnet sie dort Figuren, die menschlich scheinen und sich wie Menschen<br />
benehmen. Sind es Gespenster? Es sind doch sicher »<strong>No</strong>n-<br />
Menschen«: nochmals: <strong>No</strong> <strong>Mans</strong> <strong>Land</strong>. Und es ist natürlich auch ein Titel der<br />
sich gut anhört.<br />
Du nennst im Stück MSN, Skype, Facebook und Twitter. Wie ist dein Verhältnis<br />
zu digitalen Medien?<br />
Natürlich brauche ich Internet um mich zu informieren und E-Mail, wie jetzt,<br />
um Information auszutauschen, aber für wirkliche Kontakte bin ich doch am<br />
liebsten »live und leiblich« anwesend. So habe ich jetzt mehr das Gefühl in<br />
mir selbst zu reden als zu einem oder einer Person.<br />
»Anubis« ist eine Art digitaler Gott im Stück. Braucht ihrer Meinung nach die<br />
virtuelle, auf mathematische Codes basierende Welt einen Gott?<br />
Diese Frage verstehe ich eigentlich schwer. Die virtuelle Welt ist, vermute ich,<br />
mehr auf arithmetischen Codes basiert als auf mathematischen: 0,1,0,1 usw.<br />
bis ins Unendliche. In einer so einfachen Welt kann man Gott nicht finden,<br />
denke ich.<br />
Aber vielleicht kann man Anubis deuten als einen Deus Ex Machina und Zelda<br />
dann möglicherweise als eine Diabolos Ex Machina?<br />
Ich denke: die ganze Welt braucht einen guten Gott aber niemand weisst wo<br />
er sich versteckt. Die virtuelle Welt ist doch hoffentlich noch immer ein Teil der<br />
echte oder wahre Welt. Und als der gute Gott sich manifestieren wollte oder<br />
könnte (lass er es endlich mal versuchen!) dann würde das nur möglich sein in<br />
unserer Welt und nicht in der virtuelle. Und wenn er doch unverhofft in der<br />
Computerwelt erscheint, wird es sich zeigen dass er von Menschen gemacht<br />
ist; dann ist er also falsch und ein echter Teufel.<br />
Aber Anubis und Zelda sind doch Vater- und Mutterträume eines verwirrten<br />
Mädchen? Oder nicht? In der Schlussszene sind Nele und ihre Eltern durch<br />
eine Kameraübertragung miteinander verbunden. Bringen virtuelle Medien die<br />
Menschen einander näher?<br />
Ich weiß nicht, ob die Eltern verbunden sind mit Nele in der Schlussszene. Sie<br />
schaut sich vielmehr einen Film an. Eine Datei aus dem Computer ihrer Tochter.<br />
Es kann ein moderner Abschiedsbrief sein. Es ist unsicher, ob Maantje<br />
nach Hause zurück geht. In meinen Gedanken spielt sie für immer mit Flap an<br />
<strong>No</strong> <strong>Mans</strong> <strong>Land</strong> – <strong>Materialmappe</strong> 10
diesem Soapstrand. Aber sie tut endlich, was sie selbst will und die Eltern, auf<br />
ihrer Designercouch, gucken sich diese Soap erstaunt an.<br />
Ob virtuelle Medien die Menschen einander näher bringen? Ich denke vielmehr,<br />
dass sie die Menschen voneinander trennen. Man kann bequem und<br />
leicht sehr weit weg voneinander sein mittels Computer, I-Phone usw. Wie<br />
weit ist <strong>Braunschweig</strong> von Amsterdam entfernt? Und wie riecht oder duftet es<br />
da zum Beispiel? Scheinbar sind wir einander nah aber in der Realität wissen<br />
wir immer weniger voneinander und von was »hier und jetzt« passiert. Natürlich<br />
sind wir gut informiert, aber die echte Kommunikation hat an Ansehen und<br />
Wert verloren. Sie scheint nicht mehr nötig zu sein; man braucht nicht mehr<br />
über Berge zu reisen, um jemandem zu begegnen. Und in unseren Handys<br />
sagen wir nur noch wo wir sind und wir gucken die Rot-Blau-Grüne Pixelpünktchen<br />
auf unseren Bildschirmen an, weil sie uns informieren über das<br />
geben, was in der Welt geschieht.<br />
<strong>No</strong> <strong>Mans</strong> <strong>Land</strong> – <strong>Materialmappe</strong> 11
Nina El Karsheh (Mutter), Lysann Schläfke (Nele)<br />
<strong>No</strong> <strong>Mans</strong> <strong>Land</strong> – <strong>Materialmappe</strong> 12
Vorbereitung<br />
Die hier beschrieben Aufgaben sind als Auswahl gedacht. Alle Aufgaben sind<br />
auch bei einer Nachbereitung des Theaterbesuches denkbar.<br />
Nele wird ein Scheidungskind<br />
»<strong>No</strong> <strong>Mans</strong> <strong>Land</strong>« erzählt einen Abschnitt aus dem Leben des Mädchens Nele<br />
in dem Augenblick wo sich ihre Eltern trennen. Nele muss die Streitigkeiten<br />
der Eltern ertragen. Sie versucht zu vermitteln und zu helfen. Vergeblich –<br />
zumindest vorerst – wie sie bald spürt. Der Vater zieht aus und die Mutter<br />
greift zum Alkohol. Nele verschließt sich und flüchtet ins Internet.<br />
Um die Schüler auf den Theaterbesuch vorzubereiten sollte ein Gespräch zu<br />
diesem Thema geführt werden. Folgende Fragen wären dabei relevant: Nele<br />
ist ein Scheidungskind, was denkt ihr welche Probleme bringt das mit sich?<br />
Auf was muss Nele verzichten? Was denkt ihr unternimmt Nele als sie erfährt,<br />
dass die Eltern sich trennen? Wie verhält sich Nele wenn der Vater wirklich<br />
geht? Die Mutter beginnt Alkohol zu trinken, was tut Nele?<br />
Natürlich kann niemand vor dem Theaterbesuch wissen, was Nele denkt und<br />
tut. Nach dem Theaterbesuch könnt ihr überprüfen, welche eurer Vermutungen<br />
richtig war.<br />
Virtuelle Realität<br />
Organisiert eine »Stimmungsbild« zum Thema Virtualität, Neue Medien und<br />
dem Internet in eurem Klassenzimmer. Alle müssen aufstehen und sich entsprechend<br />
der Ansagen des Spielleiters im Raum zu Gruppen zusammen<br />
finden. Alle die häufig das Internet benutzen treffen sich in der linken Ecke,<br />
alle die es selten benutzen in der gegenüber liegenden Ecke. Der Spielleiter<br />
geht wie ein Reporter zu einzelnen der Gruppe und befragt sie: Wie oft benutzt<br />
Du das Internet? Was machst du im Internet? Nächste Runde: In der<br />
hinteren Ecke treffen sich alle die bei Facebook sind. Alle die keine Facebook-<br />
Seite haben treffen sich in der vorderen Ecke. Neue Frage Runde: Warum<br />
hast du eine Facebook-Seite oder warum nicht? Wozu benutzt du die<br />
Facebook-Seite? Was war dein letzter Eintrag? Usw. Nächste Runde: Wer auf<br />
seinem Computer spielt trifft sich in der rechten Ecke, wer gar nicht auf seinem<br />
Computer spielt, trifft sich hier vorne. Fragerunde: Warum oder warum<br />
nicht spielst Du? Welche Spiele spielst Du? Beschreibe die Spiele! Welche<br />
empfiehlst du den Anderen?<br />
Nächste Runde: Wer schon mal ein heimlich aufgenommenes Foto mit dem<br />
Handy oder Computer verschickt hat trifft sich in der einen Ecke. Wer so etwas<br />
nie machen würde, in der anderen Ecke. Und Fragerunde.<br />
Das »Stimmungsbild«-Spiel lässt sich beliebig ausbauen, wichtig ist die Rolle<br />
des Reporters, der schnell Einzelne in den sich bildenden Gruppen befragt.<br />
So erfahren wir viel über unseren Umgang mit dem Internet und der virtuellen<br />
Welt.<br />
Text kennen lernen<br />
Die Szene 9 stammt mitten aus dem Theaterstück. Ich habe sie zum Kennenlernen<br />
ausgewählt, weil hier die Begegnung zwischen realer und virtueller<br />
Welt stattfindet. Über das was davor geschah, möchte ich euch nicht mehr<br />
verraten. Lest den Ausschnitt in verteilten Rollen. Ihr lernt die Hauptfigur Nele,<br />
ein vierzehn Jahre altes Mädchen und Kisho, den schönen Jungen (ist er ein<br />
Geist?) aus dem Internet kennen.<br />
<strong>No</strong> <strong>Mans</strong> <strong>Land</strong> – <strong>Materialmappe</strong> 13
NELE Das hier ist das <strong>Land</strong>, in dem das Mädchen ohne Vater und<br />
Mutter und Freund oder Freundin wohnen muss. Alles Wertvolle<br />
ist wertlos. Alles abschneiden und abfackeln. Wirklich völlig<br />
sauber ganz neu anfangen. Mit einem Stein. Einer Streichholzschachtel.<br />
Einer Dose Cola-light. Nummer Eins Benno. Der beliebteste<br />
Junge der Klasse. Der Held der ersten E-Mail. »Es<br />
fängt mächtig an zu stinken, wenn du in die Klasse reinkommst.«<br />
Und im Anhang eine Deo-Reklame. Weg damit.<br />
Nummer Zwei. Patrick. Mit der Nachricht: »Wir alle sehen dich<br />
gern morgen auf dem Schulfest. Aber dann mit einer Plastetüte<br />
überm Kopf.« Verpiss dich. Shakira. Die im Internet Reklame<br />
für mich als die billigste Nutte des Dorfes machte. Hau ab.<br />
Fayad und Rosa, die fachgerecht mein Rad zerlegten. Und der<br />
Rest der Klasse, der das alles wahnsinnig witzig fand. Allesamt<br />
fröhliche Gesichter. Niemand will doch schlecht gelaunt auf ein<br />
Foto, oder? Weg damit.<br />
Der File von Anubis erscheint im Großformat auf dem Schirm.<br />
Aufmachen? Ja.<br />
Kisho erscheint. Das Bild scheint still zu stehen.<br />
Wer bist du? Meinem Vater zufolge müsste wenigstens die Welt<br />
explodieren. Aber der lügt ja immer wie gedruckt. Kennst du<br />
ihn? Stille. Stehst du still oder bewegst du dich? Ist das hier live?<br />
KISHO in schneller Trance<br />
Ist es nicht eine wunderbare Welt mit rosa Wolken und ewiger<br />
Sonne? Gibt es hier keine grasgrünen Weiden, auf denen man<br />
über den Horizont hinaus rennen kann? Keine lästig hochrutschenden<br />
Unterhosen oder stinkende Socken in schwitzenden<br />
Sneakern. Kein Sand in deinen Augen. Und schon gar kein harter<br />
Laternenpfahl, gegen den du aus Versehen läufst wegen der<br />
tränenden Augen. Aus Versehen, was ist das? Die Zeichnung,<br />
die du selbst machst, Mädchen. Setz deine Farben ein und den<br />
Radiergummi und fang neu an! Every second is the start of a<br />
new life! Das hier hat energy, weißt du, aber dann auch wieder<br />
plötzlich die Ruhe und den selbstbewussten Gang, als wärst du<br />
die Katze auf dem Catwalk. Und immer steht die Cola-Dose bereit,<br />
von der du ganze Kilos auf einmal abnimmst, weil du sie dir<br />
nur anschaust. Geldmangel? Mückenstiche? Seniorengymnastik?<br />
Du brauchst dir über nichts einen Kopf zu machen. Entspanne<br />
den gespannten Gummi deiner gerunzelten Stirn. Du<br />
hast ein Problem, weil du das Problem bist? Du bist das Problem,<br />
weil du ein Problem hast? Be real. Lass uns spielen.<br />
Stille.<br />
Sorry. Sollen wir spielen?<br />
NELE Ist das eine neue Form von MSN oder so?<br />
<strong>No</strong> <strong>Mans</strong> <strong>Land</strong> – <strong>Materialmappe</strong> 14
KISHO Willkommen in unserer Welt. Er macht eine tiefe Verbeugung<br />
vor dir. Ein Papierkorb voller Menschen, zu denen das Mädchen<br />
nein sagt. Er berichtet: Sie schneidet Fäden durch, die sie festhalten<br />
an allem, was sie hinunterzieht. Sie ist sehr stark.<br />
NELE Rede nicht über mich als ob du mich kennst.<br />
KISHO Du hast wunderschöne Augen.<br />
NELE Was weißt du denn von meinen Augen? Meine Kamera ist nicht<br />
an.<br />
KISHO Dennoch sieht er sie. Das Spiel hat angefangen. Also schaue alle<br />
sie an.<br />
Nele schaut sich um.<br />
NELE Will ich nicht! Das hier ist mein Leben. Niemand kommt hier<br />
rein. Ich habe genug von den Augen, die mich belauern. Ich habe<br />
die Tür abgeschlossen, weil ich Ruhe brauche. Ich hasse die<br />
Menschen.<br />
KISHO Das ist sehr gut. In Anubis muss man alles deleten, um ganz<br />
oben anzukommen.<br />
NELE Anubis? Wer ist das?<br />
KISHO Anubis ist, was sie will. Schließlich ist der Preis hervorragend<br />
und groß. Echte Freiheit.<br />
Fragen<br />
Was ist Nele für ein Mädchen?<br />
In welcher Situation befindet sich Nele?<br />
Wie geht es ihr?<br />
Was ist Kisho für ein Typ?<br />
Wie stellt ihr euch die Szene im Theater vor?<br />
Beschreibt die Szene wie sie auf der Bühne aussehen könnte!<br />
Was will Kisho?<br />
Was will Nele?<br />
Achtung: auch wenn ihr nicht viel über das Stück wisst, stellt eure Vermutungen<br />
an. Bei dem Theaterbesuch erlebt ihr, welche Vermutungen stimmen und<br />
welche nicht.<br />
<strong>No</strong> <strong>Mans</strong> <strong>Land</strong> – <strong>Materialmappe</strong> 15
Holger Foest (Kisho), Lysann Schläfke (Zelda)<br />
<strong>No</strong> <strong>Mans</strong> <strong>Land</strong> – <strong>Materialmappe</strong> 16
Theaterbesuch<br />
Bühne<br />
Die Bühne, von Caroline Schwarz entworfen, ist in drei Bereiche geteilt. Die<br />
Vorderbühne ist mit einem rosa Teppich ausgelegt – das ist der Bereich wo<br />
Nele sich hauptsächlich aufhält. Auf der rechten Seite liegt ein Berg aus Stoffhunden,<br />
die Nele gesammelt hat.<br />
In dem mittleren Bereich, kenntlich durch den weißen Fußboden, ist der Ort<br />
der Mutter, vielleicht das Wohnzimmer: Dort steht ein Sofa mit Tischchen und<br />
Goldfischglas.<br />
Im hinteren Bereich ist ein Art Studio aufgebaut, wo live Filmaufnahmen während<br />
der Aufführung gemacht werden. Es handelt sich um eine Blackbox, so,<br />
dass die Aufnahmen vor vorproduzierten Hintergründen gezeigt werden können.<br />
Das Zentrum der Bühne ist ein Fadenvorhang, der den Bereich der Mutter von<br />
dem von Nele trennt. Auf diesen Vorhang werden die Filme projiziert.<br />
Film<br />
Die Filme zeigen einerseits die virtuelle Welt: Kisho, Prinzessin Zelda, Anubis,<br />
und andererseits viele andere Situationen. In einigen Szenen zeigen die Filme<br />
Kommentare zu dem, was von den Schauspielern gleichzeitig gespielt wird<br />
oder sie zeigen Träume der Figuren. Die Filme stehen aber auch für den<br />
Fernseher im Wohnzimmer oder sind der Bildschirm wenn der Vater mit der<br />
Tochter skypt. Grundsätzlich gibt es zwei verschiedene Qualitäten von Filmen.<br />
Eine Anzahl von Filmen sind vorproduziert und andere entstehen live während<br />
der Aufführung. Die Filme wurden von Marat Burnashev, Gregor Dobiaschowski<br />
und der Regisseurin Marie Rodewald gedreht und bearbeitet.<br />
Musik<br />
Für »<strong>No</strong> <strong>Mans</strong> <strong>Land</strong>« hat Dennis Bäsecke die Musik und die Sounds entwickelt<br />
und komponiert. Die zwei Rapsongs wurden von Kay Knopf getextet und<br />
komponiert.<br />
<strong>No</strong> <strong>Mans</strong> <strong>Land</strong> – <strong>Materialmappe</strong> 17
Lysann Schläfke (Zelda und Nele)<br />
<strong>No</strong> <strong>Mans</strong> <strong>Land</strong> – <strong>Materialmappe</strong> 18
Nachbereitung<br />
Facebook<br />
Nele ist auch online: www.facebook/nelenomans<br />
Schreib ib Nele auf ihre Facebook Facebook-Seite einen kurzen Kommentar (maximal 500<br />
Zeichen) zu deinen Erlebnissen und poste ihn auf der Pinnwand.<br />
Wenn ihr keine Seite bei Facebook habt habt, schickt sie an uns per Mail Mail: Jun-<br />
ges@staatstheater<br />
ges@staatstheater-<strong>Braunschweig</strong>.de, wir leiten sie weiter.<br />
Virtuelle Realität<br />
Nele le findet ihr Glück für eine Zeit in der Verbindung zu Kisho. Sie selbst wird<br />
zur Prinzessin Zelda. Das Glück in der virtuellen Welt.<br />
Entwerft und beschreibt euren TTraumprinzen<br />
und eure Traumprinzessin<br />
Traumprinzessin. Ent-<br />
werft einen Steckbrief, schreibt eine Beschreibung oder eine Kurzg Kurzgeschichte<br />
von eurer urer ersten Begegnung mit der Prinzessin oder dem Prinzen Prinzen. Wenn ihr<br />
Zeit und Lust habt verkleidet euch oder einen Partner als Prinz oder Prinze Prinzessin<br />
und macht Fotos. Die Fotos könnt ihr auf Neles Facebook Facebook-Seite posten.<br />
Zur Anregung eeurer<br />
Fantasie findet ihr hier Fotos von Kisho und Ze Zelda.<br />
<strong>No</strong> <strong>Mans</strong> <strong>Land</strong> – <strong>Materialmappe</strong><br />
19
Das Internet – Spielsucht<br />
Im Folgenden findet ihr einen Artikel über Spielsucht als Hintergrundinformation.<br />
Er stammt von der Homepage www.internet-abc.de, auf der ihr zu vielen<br />
Fragen rund um das Internet Artikel findet.<br />
Diskutiert zum Beispiel folgende Fragen: Von wem wurde Nele zu dem Spiel<br />
»Anubis« verführt? Warum lässt sich Nele in die Welt von Kisho entführen?<br />
Was sind für Nele die Unterschiede zwischen der virtuellen Welt in »Anubis«<br />
und dem realen Leben? Welche Charaktereigenschaften hat Nele und welche<br />
Prinzessin Zelda? Welche Vorteile bietet die virtuelle Welt? Warum ist es<br />
schöner im Hier und Jetzt zu leben?<br />
Einen Test mit dem ihr feststellenkönnt ob ihr Internetsüchtig seid findet ihr<br />
unter www.stangltaller.at/ARBEITSBLAETTER/SUCHT/Internetsucht-<br />
Test.shtml.<br />
Spielsucht: Wenn Spiel und virtuelle Welt stärker werden als die reale<br />
Welt<br />
Das World Wide Web ist ein virtueller Raum ohne Grenzen und Hürden, ein<br />
Mekka für die Informationssuche, ein Raum in dem jeder seine individuellen<br />
Bedürfnisse, Phantasien und Träume ausleben kann und in dem kommunika<br />
tionsfreudige Menschen weltweit schnell und einfach miteinander Kontakte<br />
aufnehmen können.<br />
Wer den sich vollziehenden Wertewandel in unserer modernen Mediengesellschaft<br />
und somit auch weite Bestätigungsfelder unserer Kinder und Jugendlichen<br />
verstehen will, muss sich mit der Allgegenwärtigkeit des Internets in ihrem<br />
Leben auseinandersetzen. So gehört die tägliche vielseitige Computernutzung<br />
– zum Beispiel, um zu chatten, E-Mails zu schreiben, Informationen<br />
zu sammeln oder Spiele und Programme runterzuladen – zum Alltag Jugendlicher.<br />
Dabei handelt es sich jedoch in der Regel um eine »normale Nutzung«.<br />
Das WWW ermöglicht es dem Nutzer jedoch auch hinter einer »Maske« in die<br />
»Welt« zu treten, sich idealisiert darzustellen, sich einen Idealmenschen zu<br />
schaffen, virtuelle Freunde zu finden, Vorlieben und Perversionen auszuleben,<br />
abzutauchen und den Frust zu vergessen, zu entspannen und gleichzeitig<br />
scheinbar alles unter Kontrolle zu haben. Ein verführerisches Angebot, wie es<br />
das reale Leben in einer solchen Vielfalt und vor allem ohne das Risiko des<br />
Erlebens von Misserfolgen, kaum bietet.<br />
Merkmale der Sucht<br />
In den letzten Jahren ist der Bedarf an Beratung von Betroffenen mit exzessivem<br />
bzw. süchtigem Video- und Computerspielverhalten und deren Angehörigen<br />
im Kindes- und Jugendalter stark angestiegen und spiegelt den hohen<br />
Bedarf an Aufklärung und Hilfemaßnahmen wieder. Dabei scheint insbesondere<br />
der Computerspielsucht – entgegen dem weiter gefassten Begriff der<br />
sogenannten »Internetabhängigkeit« oder »Online-Sucht« – eine besondere<br />
Rolle zuzukommen.<br />
In diesem Zusammenhang ist es wichtig darauf hinzuweisen, dass eine häufige<br />
Computer- oder Konsolennutzung nicht immer gleich eine krankhafte süchtige<br />
Nutzung ist. So müssen mindestens drei Merkmale bzw. Kriterien einer<br />
Abhängigkeitserkrankung in Bezug auf das Nutzungsverhalten über einen<br />
längeren Zeitraum hinweg zutreffen.<br />
<strong>No</strong> <strong>Mans</strong> <strong>Land</strong> – <strong>Materialmappe</strong> 20
Zentrale Merkmale des Störungsbildes Video- und Computerspiel-Sucht sind:<br />
- Einengung des Verhaltensmusters<br />
Durch die herausragende Bedeutung wird das Computerspielen zur<br />
wichtigsten Aktivität des Betroffenen und dominiert sein Denken (andauernde<br />
gedankliche Beschäftigung, auch verzerrte Wahrnehmung<br />
und Gedanken in Bezug auf das Computerspielen), seine Gefühle (unstillbares<br />
und unwiderstehliches Verlangen) und sein Verhalten (Vernachlässigung<br />
sozial erwünschter Verhaltensweisen).<br />
- Regulation von negativen Gefühlszuständen (Affekten)<br />
Durch die beim Computerspielen verspürte Erregung (Kick- oder Flow-<br />
Erlebnisse) oder Entspannung (»Abtauchen«) werden negative affektive<br />
Zustände im Sinne einer vermeidenden Stressbewältigungsstrategie<br />
verdrängt.<br />
- Toleranzentwicklung<br />
Die gewünschte Wirkung durch das Computerspielen kann nur durch<br />
zunehmend häufigere oder längere Computerspielzeiten (möglicherweise<br />
auch durch immer extremere Spielinhalte) erzielt werden.<br />
- Entzugserscheinungen<br />
Bei verhindertem oder reduziertem Computerspielen treten diese in<br />
Form von Nervosität, Unruhe und/oder vegetativer Symptomatik (Zittern,<br />
Schwitzen etc.) auf.<br />
- Kontrollverlust<br />
Das Computerspielverhalten kann in Bezug auf zeitliche Begrenzung<br />
und Umfang nicht mehr kontrolliert werden<br />
- Rückfall<br />
Nach Zeiten der Abstinenz oder Phasen kontrollierten Computerspielverhaltens<br />
kommt es zu einer Wiederaufnahme des unkontrollierten,<br />
exzessiven Computerspielens<br />
- Schädliche Konsequenzen<br />
Durch eindeutig schädliche Konsequenzen für Schule/Beruf, soziale<br />
Kontakte und Hobbys aufgrund des exzessiven Computerspielens<br />
kommt es zu innerpsychischen Problemen beim Betroffenen und zwischenmenschlichen<br />
Konflikten mit der sozialen Umwelt.<br />
- Funktion und Wirkung exzessiver Computernutzung<br />
Das exzessive Computernutzungsverhalten hat als effektive (kurzfristig)<br />
jedoch unangemessene Stressverarbeitungsstrategie eine zur<br />
Suchtmittelwirkung vergleichbare Funktion. Grundsätzlich geht es darum,<br />
dass von den Betroffenen durch die intensive Computer-/Internet-<br />
Nutzung schnell und effektiv Gefühle im Zusammenhang mit Frustrationen,<br />
Ängsten und Unsicherheiten reguliert werden.<br />
Wenn also das Spielverhalten »umfunktionalisiert« wird, d.h. die Funktion<br />
muss über das Freizeitvergnügen hinaus gehen und eine Lücke füllen,<br />
wird die belohnende (stressabbauende, Situationen im realen Leben vermeidende,<br />
Selbstwert aufbauende) Wirkung des Computerspielens gelernt<br />
und entsprechend als eine solche (besonders potente bzw. im Verlauf<br />
dann noch einzig potente) Funktion im Gehirn abgespeichert. Bei den<br />
Spielern kann die Illusion entstehen, dass Aufgaben, die sozialen Fertigkeiten<br />
unterliegen, einfach und konfliktfrei lösbar sind. Erfolg und soziales<br />
Prestige sind in den virtuellen Welten für Jedermann erreichbar.<br />
Letztlich wird eine funktionale Parallelwelt zur Realität, in der die Spieler<br />
»abtauchen« und »abschalten« können, mit den Online-Rollenspielen angeboten.<br />
Je mehr die virtuelle Welt für den Spieler im Verlauf an Attraktivität<br />
zunimmt und der Selbstwertsteigerung dient, desto schwieriger wird es<br />
<strong>No</strong> <strong>Mans</strong> <strong>Land</strong> – <strong>Materialmappe</strong> 21
unter Umständen, sich mit den alltäglichen Problemen der realen Welt<br />
auseinander zu setzen und desto mehr verliert diese an Attraktivität gegenüber<br />
der virtuellen Welt. Zur Computernutzung alternative Verhaltensweisen<br />
um Gefühle zu regulieren (Stressverarbeitungsstrategien) werden<br />
verlernt bzw. gar nicht erst erlernt. Durch die herausragende Bedeutung<br />
wird das Computerspielen zur wichtigsten Aktivität des Betroffenen und<br />
dominiert Denken, Gefühle und Verhalten.<br />
Auswirkungen auf den Alltag<br />
Wie bereits oben erwähnt, sind Dauer und Häufigkeit der PC-Nutzung allein<br />
kein hinreichendes Kriterium für eine Suchtdiagnose, es muss auch auf die<br />
damit verbundenen Folgeerscheinungen geachtet werden um zu erkennen, ob<br />
jemand gefährdet ist, eine Computerspielsucht zu entwickeln. Ähnlich wie bei<br />
Alkohol oder Heroin kommt es zu zahlreichen Problemen:<br />
Nach und nach verändern Süchtige ihr Freizeitverhalten. Statt sich mit Freunden<br />
zu treffen oder Sport zu treiben, sitzen sie vor dem Computer.<br />
Die Leistungen in Schule oder Beruf leiden, ihr Denken kreist ständig um das<br />
Spiel und schließlich ziehen sie sich mehr und mehr von Familie und Freunden<br />
zurück.<br />
Gleichzeitig ist bei den betroffenen Jugendlichen oft die Einsicht in die Relevanz<br />
des Problemverhaltens und dessen Folgen herabgesetzt, da die Folgen<br />
im Kindes- und Jugendalter noch nicht als so belastend wahr genommen werden<br />
und somit zunächst kaum ein Leidensdruck entsteht. So verstehen Kinder<br />
und Jugendliche das Computerspielverbot oft als ein typisches »Elternverbot«.<br />
Eltern sollten z. B. besonders dann aufmerksam werden, wenn ihre Kinder<br />
aufgrund ihres Computernutzungsverhaltens deutliche Verhaltensveränderungen<br />
in den Bereichen schulische Leistungen, soziale Kontakte und Freizeitaktivitäten,<br />
Schlaf- und Ernährungsgewohnheiten, Kommunikation sowie emotionalem<br />
Erleben zeigen. Wichtig ist dann im Gespräch mit dem Betroffenen,<br />
den Computer nicht »zu verteufeln« und in endlosen Debatten neue Konflikte<br />
zu erzeugen, sondern den Betroffenen in offenen Gesprächen für sein Problemverhalten<br />
zu sensibilisieren und gegebenenfalls professionelle Beratung<br />
und Hilfe aufzusuchen.<br />
Das Internet<br />
Der folgende Artikel versucht die Dimension des Themas zu beleuchten. Er<br />
ist als Hintergrundinformation für die älteren Benutzer gedacht.<br />
Philosophische Welten: Blick jenseits des Realen<br />
von Wolfgang Bergmann<br />
Schon immer haben die Bilder die Menschen bewegt, und jede neue Bildtechnik<br />
hat ihre Phantasien und Träume durchdrungen und verändert. Solche<br />
tiefgreifenden Veränderungen sind nicht sofort augenfällig, man kann sie auch<br />
kaum oder nur unzureichend empirisch erfassen. Das macht die Debatten um<br />
die Wirksamkeit und die ästhetische Bedeutung der neuen Technologien für<br />
Einzelne und die Kultur so schwierig.<br />
In fast seltsam anmutender Weise wird die Wirkungskraft der digitalen Technologien<br />
verkannt. Jeder kennt die Schlagworte »Globalisierung« und »globale<br />
Wirtschaft«. Sie werden in der Alltagswelt kaum sichtbar. Das hat nicht zuletzt<br />
mit der technologischen Verfassung der digitalen Übertragungsräume zu<br />
tun. Eine globale Wirtschaft gäbe es nicht ohne das Internet, das unsere Lebensbedingungen<br />
bis in die »Falten des Alltags« verändert.<br />
<strong>No</strong> <strong>Mans</strong> <strong>Land</strong> – <strong>Materialmappe</strong> 22
Aber die Debatte um mediale Wirkungen klebt an Oberflächenphänomenen.<br />
»Machen Computerspiele aggressiv?« ist so eine geläufige, in Medien und<br />
Wissenschaften durchbuchstabierte Fragestellung, die nur auf dem Hintergrund<br />
komplexer gesamtkultureller und wirtschaftlicher Umwälzungen annähernd<br />
zu interpretieren wäre. Dasselbe gilt für die psychischen Aspekte. Entwicklungsgeschichtlich<br />
sollten die Veränderungen der seelischen Verhältnisse,<br />
des symbolischen Erfassens und Handelns, des tagträumenden Agierens<br />
im Netz entfaltet werden, bevor Folgeprobleme wie »Aggression« in quantifizierenden<br />
Studien vernünftig aufgenommen und sinnvoll interpretiert werden<br />
können.<br />
Grundlagen<br />
Das Zusammenwirken von wirtschaftlichen und kulturellen Veränderungen bis<br />
hin zu den Auswirkungen auf die Familien und auf die individuellen Wahrnehmungsordnungen<br />
und Symbolisierungsprozesse, auf Lernen und Kommunikationen<br />
ist freilich in Kürze nicht darzustellen. Ich greife daher zentrale Aspekte<br />
heraus.<br />
Beginnen wir mit den wirtschaftlichen Veränderungen, die es ohne das Internet<br />
nicht gäbe. Joseph Weizenbaum, einer der wichtigsten Vordenker und<br />
Konstrukteure des Internets, sagte mir einmal in einem privaten Gespräch:<br />
»Das Internet wird höchstens von sieben Leuten auf der ganzen Welt begriffen.«<br />
Ich bin sicher, dass er sich selbst dazu zählte. Mich eher nicht. Mit beiden<br />
Einschätzungen hatte er recht.<br />
Das heißt nun freilich, dass wirtschaftliche und globale Gesamtprozesse der<br />
kollektiven und individuellen Reflexion weitergehender entzogen sind als je<br />
zuvor in der Menschheitsgeschichte. Was unseren Arbeitsplatz sichert und<br />
gefährdet, was die Finanzmärkte reguliert und damit die Kapitalausstattung<br />
und langfristige Planung noch des kleinsten Handwerksbetriebs bestimmt<br />
ebenso die Verlagerung von Produktionsstätten aufgrund von extrem verbesserter<br />
Logistik oder Auslagerungen von Verwaltungen wie bei DaimlerChrysler,<br />
dies alles wäre ohne digitale Datenverflechtungen nicht machbar und wird<br />
gleichwohl von unserem individuellen Verstehen nicht durchdrungen. Wir sind<br />
auch in dieser Hinsicht nicht »Herr im eigenen Haus«. Damit stellen sich<br />
Grundfragen der Individualität und Selbstverantwortung und nicht zuletzt Fragen<br />
zu den Chancen von familiärer Erziehung, Vorbildwirkungen und zum<br />
Charakter moderner Bildungsprozesse ganz neu.<br />
Globale Wirtschaft - ich habe es in einer Analyse für eine deutsche Universität,<br />
in der es konkret um die kulturellen Hintergründe des sogenannten Zappelphilipp-Syndroms<br />
(ADHS) geht, zusammengefasst - ist folgendermaßen<br />
gekennzeichnet:<br />
»Die Finanzströme und damit die Kapitalausstattungen großer Konzerne<br />
ebenso wie vieler mittelständischer Unternehmen werden gleichsam in Nanosekunden<br />
rund um den Erdball geworfen, das Börsengeschehen, weltweit<br />
vernetzt, ist für den menschlichen Verstand kaum mehr fassbar und greift<br />
gleichwohl entscheidend in die Existenz großer und mittlerer Unternehmungen<br />
ein; der sog. Shareholder-Value, an dem sich der Aufbau und die Vernichtung<br />
von Arbeitsplätzen orientiert, ist eine unmittelbare Folge der digitalen Technologie<br />
und wäre ohne sie nicht möglich (ebenso die grotesken Summen, die<br />
manche Manager sich als Abfindungen von planvoll betriebenen, aber letztlich<br />
undurchschaubaren Prozessen selber zuerkennen). Nichts ist mehr sicher,<br />
und so mag man zu der Konsequenz gelangen, dass just der nervöse, hyperaktive,<br />
impulsiv in alle Himmelsrichtungen ausgreifende Charakter, der den<br />
ADHS-Kindern zugeschrieben wird, der Phänotypus des Erfolgreichen der<br />
Zukunft ist. Das Geld ist zu einem Abstraktum neuer Art geworden, >Geld<br />
heckt Geld< prognostizierte schon Marx, und so ist es gekommen – die Geld-<br />
<strong>No</strong> <strong>Mans</strong> <strong>Land</strong> – <strong>Materialmappe</strong> 23
ewegungen beziehen sich kaum mehr auf reale Werte, konkrete Produktionsstätten<br />
und Märkte, sondern in ihren wesentlichen Funktionen auf das immanente<br />
Finanzgeschehen. Die Börsen ähneln Computerspielen, vernichten<br />
Tausende von Arbeitsplätzen an einem und errichten ebenso viele an einem<br />
anderen Ort – wobei <strong>Land</strong>schaften und Orte immer austauschbarer, verwechselbarer<br />
werden –, sie wälzen die Lebensgrundlagen der Familien bis hin in<br />
die Bindung von Eltern und Kindern um. Kurzum, die Finanztransfers im digitalen<br />
Übertragungsraum, die die Nationalökonomien erschüttert haben, führen<br />
zu einer Abstraktifizierung der realen Dinge und einer Erschütterung der Alltagsvernunft«<br />
(Bergmann, 2007).<br />
Nein, wir sehen und erkennen solche Abhängigkeiten, in die wir alle verstrickt<br />
sind, in unserem Alltag nicht. Der Erwerb von Medienkompetenz durch Kinder,<br />
mit Effekten für ihre Zukunftsfähigkeit, ihre sozialen Kompetenzen, die in einer<br />
veränderten Welt gefragt sind, findet bis heute keinen Niederschlag in der Methodik<br />
und Didaktik unserer Schulen – von einigen randständigen Informatikkursen<br />
an Gymnasien und wohlbestallten Internaten einmal abgesehen. Auf<br />
Tagungen der Grundschullehrer wird nach wie vor das »richtige Atmen«, der<br />
plaudernde »Morgenkreis« vorgetragen und Wissensvermittlung im Wesentlichen<br />
formelhaft »eingeübt« (als gäbe es immer noch eine begrenzte, hierarchisch<br />
gegliederte Pyramide des Wissens, die man sorgfältig von unten nach<br />
oben ordnen und »erlernen« kann, statt den mittels digitaler Übertragungsräume<br />
unablässig anwachsenden Strom divergenter Wissensbestände zu<br />
analysieren, die ganz neue kognitive und emotionale Fähigkeiten erfordern).<br />
Die Kinder und Jugendlichen und jungen Erwachsenen schöpfen ihre Wirklichkeitserfahrungen<br />
weitgehend aus anderen Quellen, und meist ist ihnen<br />
nicht bewusst, dass sie sich dabei in eine neue Informations- und Wissenskultur<br />
einüben, dass ihre Wahrnehmungen bereits von ihr durchdrungen,<br />
ihre Intelligenz von ihr gespeist, ihre Zukunftsträume von ihr gebildet worden<br />
sind. Sie fühlen sich in Computerspielen und in besonderer Weise in den Onlinerollenspielen,<br />
die eine schier unbegrenzte Plastizität von Phantasie und<br />
Handeln, Kontakten und Tagträumen ermöglichen, »zu Hause«. In ihren Spielen<br />
begegnen sie in der Tat einer Organisation von Realität, die der des »sozialen<br />
Nahraums« nicht entspricht.<br />
Aus: Orte der Wirklichkeit, Hrsg. Robert Wickenhäus<br />
.<br />
<strong>No</strong> <strong>Mans</strong> <strong>Land</strong> – <strong>Materialmappe</strong> 24
Lysann Schläfke (Nele), Nina El Karsheh (Mutter)<br />
<strong>No</strong> <strong>Mans</strong> <strong>Land</strong> – <strong>Materialmappe</strong> 25
Scheidung der Eltern<br />
Neles Vater trennt sich von der Familie und zieht aus. Der Theaterbesuch<br />
kann Anlass sein, sich mit dem Problem Scheidung zu beschäftigen. Sammelt<br />
die Gründe warum der Vater geht. Wie reagiert Nele? Was unternimmt Nele,<br />
um den Vater aufzuhalten? Wie reagiert die Mutter?<br />
Schreibt einen Artikel für eine Klatschzeitung über Neles Familie. Fangt mit<br />
einer Überschrift an. Zum Beispiel: »Bauer sucht Frau war Schuld«.<br />
Oder beschreibt die Gerichtsverhandlung bei der Scheidung von Neles Eltern.<br />
Wenn ihr wollt spielt die Gerichtsverhandlung nach.<br />
Oder schreibt auf dem Trennungskinder Forum einen Eintrag für Nele. Anschließend<br />
findet ihr einige Einträge aus einem Trennungskinder Forum aus<br />
dem Internet.<br />
Trennungskinder Forum<br />
(Quelle: http://www.paradisi.de/Freizeit_und_Erholung/Familie/<br />
Trennungskinder/Forum/63048.php)<br />
Meine Eltern trennen sich<br />
Bin 12 und hab ne 6 jährige schwester. unsere eltern sind schon seit 25 jahren<br />
zusammen und seit 5 jahren verheiratet. eltern haben uns gestern gesagt,<br />
dass sie sich trennen werden ich bin uuuuuuuuuuuuur traurig und brauche<br />
dringend tipps mich besser zu fühlen. außerdem hab ich ein schlechtes gewissen,<br />
dass papa mama ALLES zahlen will (für meine kleine schwester und<br />
mich). als wäre das nicht genug glaub ich liebt papa mama noch sehr er ist<br />
immer nur traurig...<br />
ich verstehe die welt nicht mehr auch wenn alle mich trösten und sogar meine<br />
größte feindin nett ist geht es mir nicht besser...<br />
bitte helft mir Katharina<br />
Hey Katharina<br />
Habe deinen eintrag gerade erst gesehen und dachte, ich antworte dir mal.<br />
vielleicht liest du es ja noch.<br />
Wie gehts dir?<br />
ist jetzt ales wieder gut?<br />
Bin selbst 15 und musste so etwas ähnliches durchmachen,<br />
ohne das ich noch geschwister hatte.<br />
Jetzt nach fast einem jahr, gehts mir richtig gut, meine eltern haben beide einen<br />
neuen partner, mit denen ich mich sehr gut verstehe...<br />
bis dann,<br />
melina<br />
Hey Melina<br />
Ich bin 16 und habe einen 13 jährigen Bruder. Meine Mama sagt, sie liebt<br />
meinen Papa nicht mehr. Beide reden mit mir darüber (mein Bruder weiß von<br />
nichts). Ich sag ihnen, ich bin stark und versteh das. Aber ich weine fast jeden<br />
Abend. Ich hab so eine Wut im Bauch und bin so traurig. Ich hab Angst, irgendwann<br />
psychiatrische Hilfe zu brauchen. Wär schön, wenn du (ich weiß<br />
dein Eintrag ist schon lange her) oder andere mir hier zurück schreiben. Danke<br />
:) Nina<br />
@ Nina<br />
Ja, das kenne ich auch, das war bei meinen Eltern auch so, die haben sich<br />
von ca. 2 1/2 Jahren auch getrennt, da ist es ganz normal, das man dan traurig<br />
und wütend ist. Das war bei mir auch nicht anders.<br />
Das wird irgendwann auch wieder (etwas) besser, aber wie es früher mal war,<br />
wird es leider nicht wieder werden. Man muss eben versuchen nicht so oft<br />
<strong>No</strong> <strong>Mans</strong> <strong>Land</strong> – <strong>Materialmappe</strong> 26
daran zu denken, auch wenn das lange Zeit nicht so einfach ist.<br />
Ich glaube, es wäre auch nicht gut, wenn sich die Eltern nicht trennen und es<br />
dann jeden Tag nur Stress gibt.<br />
Ich hoffe, das du nicht irgendwann psychiatrische Hilfe brauchst.<br />
Ich hoffe, das du das alles schaffst, auch wenn das vielleicht ziemlich lange<br />
dauert bis es dir wieder besser geht.<br />
Alles Gute für dich und deinen Bruder.<br />
@ Nina<br />
Hmmm ..., das ist wirklich nicht einfach dir hier Tipps zu geben, wir kennen<br />
dich und deine Eltern ja nicht.<br />
Wenn du nicht weißt, ob du nach der Scheidung zu deiner Mom oder deinem<br />
Dad gehen solltest, kann ich dir das leider auch nicht sagen. Das musst du<br />
schon alleine Entscheiden, da kann dir keiner "wirklich" helfen. Du solltest<br />
darüber am Besten mal mit deinen Eltern reden, was nach der Scheidung sein<br />
wird. Wer aus der Wohnung oder aus dem Haus ausziehen wird, ob vielleicht<br />
dein Dad oder deine Mom in eine andere Stadt ziehen wollen.<br />
Dann musst du entscheiden, ob du in der Wohnung/dem Haus bleiben möchtest,<br />
damit du z.B. nicht die Schule wechseln musst und in der Nähe deiner<br />
Freunde/Kollegen bist.<br />
Das ist alles wirklich nicht einfach, ich hoffe, mein Beitrag hat dir ein bischen<br />
geholfen. Auch hoffe ich, das es dir bald wieder besser geht. Talia<br />
Herz gebrochen<br />
Hi, ich bin14 und habe eine jüngere schwester, sie ist 12. Mein vater hat meine<br />
mutter auch verlassen, er hatte eine affäre mit seier 20 jahre jüngeren Doktorantin.<br />
Klingt wie im film, was?- So fühl ich mich auch manchmal, nur ohne<br />
Happy End...<br />
Mein Vater ist ein einziges Arschloch und schert sich ein scheiß dreck um<br />
meine mutter. Zu uns kommt er zwar noch, aber nur wenn seine neue tolle<br />
freundin gerade keine zeit zum vögeln hat. Ich finde ihn einfach eiskalt aber er<br />
ist mein vater, ich liebe ihn. Aber er ist. Garantiert kein vorbild- lässt seine gesamte<br />
familie sitzen nur um spaß zu haben, dafür hasse ich ihn. Meine mutter<br />
fällt in ein loch ohne boden, zuhause fühle ich mich scheiße, doch ich will nicht<br />
umziehen... Ich kann langsam einfach nicht mehr, meine mutter redet nur<br />
noch davon und hört einfach nicht auf, normal kann ich nicht mehr leben- doch<br />
das kann ich ihr nicht übel nehmen, sie sind nun schon seit sehr vielen jahren<br />
verheiratet gewesen und er ist so ein arsch das kann man nicht einfach so<br />
vergessen.<br />
Es war jetzt ein bisschen z viel der gefühle aber die einzige chance sie loszuwerden,<br />
niemand weiß wie ich mich wirklich fühle, es würde alles nur noch<br />
schlimmer machen. Elie<br />
Alkoholsucht<br />
Nachdem der Vater ausgezogen ist, beginnt die Mutter wieder zu trinken. Wir<br />
glauben, dass sie alkoholsüchtig ist. Der Besuch von »<strong>No</strong> <strong>Mans</strong> <strong>Land</strong>« könnte<br />
Anlass sein über das Problem zu sprechen. Folgende Fragen könnten am<br />
Anfang eines Gespräches stehen. Ist Neles Mutter alkoholsüchtig? Beschreibt<br />
Momente ihres Verhaltens, die eure Annahme rechtfertigen. Was unternimmt<br />
der Vater gegen das Trinken seiner Frau? Was unternimmt Nele gegen den<br />
Alkoholkonsum der Mutter?<br />
Die »Anonymen Alkoholiker«, eine Selbsthilfegruppe sagen, dass man einem<br />
Alkoholiker erst dann helfen kann, wenn er selbst den Entschluss gefasst hat<br />
vom Alkohol loszukommen. Bewertet Neles Versuche zu helfen unter dieser<br />
<strong>No</strong> <strong>Mans</strong> <strong>Land</strong> – <strong>Materialmappe</strong> 27
Prämisse. Untenstehend findet ihr einen Text im dem Einiges zum Thema<br />
Alkoholismus erklärt wird.<br />
Die Familienkrankheit Alkoholismus<br />
Ursula Lambrou<br />
Der Alkoholismus eines Menschen war bis 1935 (dem Gründungsjahr der<br />
Anonymen Alkoholiker, auch AA genannt) etwas, das man heilen wollte, aber<br />
das man nicht einmal zum Stillstand bringen konnte. Warum das so war,<br />
wusste man nicht, wie jemand vom Alkohol loskommen könnte, wusste man<br />
auch nicht. Unser Wissen über den Alkoholismus ist parallel mit der Vorbereitung<br />
von Selbsthilfegruppen gewachsen. Langsam setzte sich in den USA,<br />
dann etwa 25 Jahre später auch in der Bundesrepublik, die Erkenntnis durch,<br />
dass die alkoholkranke Person suchtkrank ist.<br />
Ein Alkoholiker ist eben nicht einfach eine willensschwache Person, die sich<br />
halt mehr zusammenreißen müsste, um mit dem Trinken aufhören zu können.<br />
Auch kann ein süchtiger Mensch auf Dauer nicht weniger und in Maßen trinken.<br />
Sucht heißt, keine Kontrolle mehr über das Suchtmittel zu haben. Alle<br />
Versuche des Süchtigen, kontrolliert zu trinken, misslingen. Seine Krankheit<br />
kann ein Alkoholiker nicht heilen, er kann sie aber zum Stillstand bringen,<br />
wenn er aufgibt und sich eingesteht, dass er mit dem Alkohol nicht mehr umgehen<br />
kann und dass er Hilfe braucht.<br />
Alkoholismus ist nicht nur eine körperliche Krankheit, Alkoholismus verändert<br />
den ganzen Menschen, auch seine Art zu denken und zu fühlen. Ein Alkoholiker<br />
verleugnet viele Jahre, meistens bis zu seinem Tod, vom Alkohol abhängig<br />
zu sein. Er belügt andere, redet sich selbst alle möglichen Gründe ein,<br />
warum er heute trinken muss. Er macht sich und anderen etwas vor, um sich<br />
nicht als das zu sehen, was er ist: ein alkoholabhängiger Mensch.<br />
Seine Stimmungen sind vom Alkoholpegel im Blut abhängig. Mal ist er verträglich<br />
bis euphorisch, dann wieder gereizt und aggressiv, mal zeigt er sich<br />
übertrieben spendabel, obwohl das Geld knapp ist, dann wieder weint er vor<br />
Selbstmitleid oder fühlt sich als der Größte. Er erlaubt keinem in der Familie<br />
besser mit dem Leben klarzukommen als er, ‚niemand darf gesünder sein als<br />
der Alkoholiker‘.<br />
Der Alkoholismus verändert Denken, Einstellungen und Handlungsweisen<br />
selbst dann, wenn der Alkoholiker nicht betrunken ist. Diese Veränderungen<br />
verschwinden auch nicht einfach von selbst, wenn ein Alkoholiker trocken<br />
wird. Die AA sagen: »Sobald ein Alkoholiker keinen Alkohol mehr trinkt, bekommt<br />
er einen Teil seiner Krankheit in den Griff – sein Körper erhält die Möglichkeit,<br />
sich zu erholen. Wenn er nüchtern bleiben will, braucht er auch einen<br />
gesunden Verstand und ein gesundes Gefühlsleben. So beginnt der Alkoholiker<br />
sein verworrenes Denken und seine unglücklichen Gefühle zurechtzurücken.«<br />
Viele Jahre haben sich Selbsthilfeorganisationen, Suchtkliniken und Gesundheitsämter<br />
um die Person gekümmert, deren Krankheit so offensichtlich ist.<br />
Mit Hilfe anderer trockener Alkoholiker konnte ein Süchtiger lernen, nicht mehr<br />
zu trinken und sich mit sich und seiner Umwelt ehrlich auseinanderzusetzen.<br />
Aus: Ursula Lambrou: Familienkrankheit Alkoholismus. Im Sog der Abhängigkeit.<br />
Rororo, 1990.<br />
<strong>No</strong> <strong>Mans</strong> <strong>Land</strong> – <strong>Materialmappe</strong> 28
Theaterknigge<br />
Ein Theater ohne Publikum ist wie …<br />
… ein Computer ohne Internetzugang.<br />
… eine Familie ohne Probleme.<br />
… <strong>Braunschweig</strong> ohne den Löwen.<br />
Daher freuen wir uns darüber, dass ihr da seid! Da es im Theater ein paar<br />
Regeln zu beachten gibt, haben wir dieses kleine Lexikon als Hilfe für euch<br />
zusammengestellt:<br />
Abendkleid, das: Viele Menschen ziehen sich gerne schön an, wenn sie ins<br />
Theater gehen. Sie wollen den Schauspielerinnen und Schauspielern ihren<br />
Respekt erweisen, oder selber auch ein bisschen glitzern, falls jemand zu ihnen<br />
in die Loge schaut. Heute ist schicke Kleidung aber keine feste Regel<br />
mehr im Theater.<br />
Essen, das: Ihr könnt euch vorstellen wie sehr es stören würde, wenn bei<br />
ganz leisen oder traurigen Szenen plötzlich jemand im Publikum in einen knackigen<br />
Apfel beißen würde. Und dann stellt euch vor, dass jemand neben<br />
euch eine Knistertüte auspackt ... Also, das Essen im Theater ist grundsätzlich<br />
nicht erlaubt.<br />
Fotografieren, das: Auch das Fotografieren ist leider nicht erlaubt. Wenn ihr<br />
schöne Bilder von dem Stück haben wollt, fragt doch im Theater nach. Meistens<br />
gibt es Erinnerungsbilder zum mit nach Hause nehmen auf Plakaten und<br />
Postkarten.<br />
Handy, das: natürlich ist wichtig, dass eure Freunde erfahren, dass ihr grade<br />
im Theater seid, aber bitte nicht während der Vorstellung. Wie sollen sich<br />
denn die Schauspielerinnen und Schauspieler an ihren Text erinnern, wenn<br />
ständig jemand dazwischen quatscht? Ihr könnt euch vorstellen, wie allein das<br />
Klingeln eines Handys alle Menschen auf der Bühne und im Publikum stört.<br />
Klatschen, das: Nachdem ein Stück vorbei ist, kommen die Schauspielerinnen<br />
und Schauspieler auf die Bühne und alle können heftig applaudieren. Je<br />
besser einem das Stück gefallen hat, desto lauter kann der Applaus sein.<br />
Regenschirme, die: Zum Glück hat unser Theater ein Dach. Falls es also<br />
regnen sollte, könnt ihr eure Schirme in der Garderobe trocknen lassen. Niemals<br />
beim Zuschauen einen Schirm über euch aufspannen. Die Leute hinter<br />
euch, könnten dann nicht mehr so gut auf die Bühne gucken.<br />
Turnschuhe, die: Turnschuhe sind im Theater erlaubt. Vielleicht solltest du<br />
sie nicht grade ausziehen, wenn du deine Füße vorher nicht gewaschen hast<br />
und deine Socken stinken könnten.<br />
<strong>No</strong> <strong>Mans</strong> <strong>Land</strong> – <strong>Materialmappe</strong> 29
Holger Foest (Kisho), Nina El Karsheh (Mutter)<br />
<strong>No</strong> <strong>Mans</strong> <strong>Land</strong> – <strong>Materialmappe</strong> 30