Bodegabuch Weinseiten - Expuls
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und Tannine sind wohlfeil eingebunden<br />
und enden in einem sehr langen<br />
Finale. Zu diesem Tempranillo brauche<br />
ich persönlich kein Essen, sondern<br />
eine Miles Davis-CD und die ganze<br />
Flasche für mich allein. Ein Wein,<br />
der keine großen Worte braucht, sondern,<br />
mal ganz banal gesagt, einfach<br />
schmeckt! Derzeit absolut trinkreif!<br />
Deshalb gibts von mir auch 88+, von<br />
Norbert Wittmann 89+ und von Gün-<br />
94<br />
ter Dornheim 84 Punkte, ähnlich Jose<br />
Peñin, der 85 vergibt. Verkostet im<br />
Februar 2005. Der Preis für dieses<br />
meditative Weinerlebnis liegt bei ca.<br />
25 Euro.<br />
Septentrion<br />
Crianza 2001<br />
85% Tempranillo und 15% Cabernet<br />
Sauvignon entwickeln in der Nase<br />
zunächst einmal einen Duft von etwas<br />
Sauerkirsche und Himbeere mit<br />
Vanille-Zartbitter-Schokoladearomen<br />
dahinter. Im Mund wiederum die<br />
Himbeere mit Noten von Kaffee, kein<br />
Schwergewicht (trotz 13,5% Alkohol),<br />
von erstaunlicher Frische, belebender<br />
Säure und fruchtigem, mittellangem<br />
Finale. Von der spanischen Sommeliervereinigung<br />
zum besten Navarra-<br />
Crianza des Jahrgangs gewählt. Naja!<br />
Wir könnten uns vorstellen, ihn auch<br />
mal etwas kühler zu trinken, denn zur<br />
sommerlich leichten mediterranen<br />
Küche passt er auf jeden Fall. Verkostet<br />
im Februar 2005. 84 Punkte gibts<br />
von Norbert Wittmann, 87 von Günter<br />
Dornheim wie auch von mir. Erfreulich<br />
weiterhin der Preis von nur 11 Euro.<br />
Can Vendrell<br />
Blanco 2004<br />
Chardonnay und Xarell-lo (die Traube<br />
kennt man eigentlich nur aus der<br />
Cava-Herstellung) bilden die Grundlage<br />
für diesen Biowein von den vermutlich<br />
besten Öko-Erzeugern Spaniens,<br />
Albet i Noya. In der Nase duftet<br />
es natürlich frisch nach grünem Apfel<br />
und Melone. Im Mund genauso frisch<br />
und saftig, mit knackiger Säure. Mit<br />
für spanische Verhältnisse geradezu<br />
als leicht zu bezeichnenden 11,5% Alkohol<br />
kann man auch mal tagsüber<br />
bedenkenlos ein, zwei Gläschen zu<br />
verschiedenen Tapas oder Antipasti<br />
genießen. Preis 8 Euro, verkostet im<br />
März 2005, 79 Punkte.<br />
95<br />
Martí Reserva 1997<br />
Albet i Noya<br />
Etwas außer Konkurrenz möchte ich<br />
Ihnen über diesen supereleganten Biowein<br />
berichten, weil er mittlerweile<br />
nicht mehr auf dem Markt zu finden<br />
sein wird. Nur die besten Trauben<br />
der Sorten Syrah, Cabernet und<br />
Merlot reiften über ein Jahr im neuen<br />
Barrique. Kraftvoll, fast schwarz und<br />
sehr konzentriert präsentiert er sich<br />
heute (im Mai 2005) mit verführerischen<br />
und schmeichelnden Aromen<br />
von Brombeere und Pflaume (übrigens<br />
sowohl in der Nase als auch im<br />
Mund), gepaart mit einem Schüsschen<br />
Likör und einem ellenlangen Finale.<br />
Ein Paradebeispiel von einem gereiften<br />
Wein, auf den es sich gelohnt<br />
hat, ein paar Jährchen zu warten<br />
(wie ich‘s ja immer predige!). Ach ja,<br />
DO Penedès
Cava Vallformosa Gala<br />
So, hier der einzige Cava in diesem<br />
Buch, für deren Beurteilung normalerweise<br />
eher Annemarie & ihre Mädels<br />
zuständig sind. Ich für meinen<br />
Teil bin ja eher der Champagnerfraktion<br />
zuzuordnen, aber in diesen Cava<br />
setze ich mich geradezu rein: Mit seiner<br />
feinen Perlage, zitronig-fruchtigen<br />
Nase, sowie Aromen von Pfirsich,<br />
Hefe und grüner Ananas (mit fein-bittersüssem<br />
Abgang)<br />
ist er geradezu prädestiniert,<br />
um unsere<br />
Gambas a la<br />
plancha zu begleiten!<br />
Guter Stoff, 90<br />
Punkte, solo genossen,<br />
habe ich auch<br />
schiere Freude daran!<br />
Preislich freilich<br />
spielt der Gala eher<br />
in der Champagnerliga<br />
mit. Verkostet<br />
im Januar 2005.<br />
DO Penedès<br />
wir haben ihn zu<br />
Annemarie‘s vorzüglichemSchweinebraten<br />
genossen<br />
und unisono mit<br />
90+ Punkten bewertet.<br />
Bei einem<br />
Preis von 18 Euro<br />
schon fast ein<br />
Schnäppchen! Ach,<br />
hätt ich doch noch<br />
ein Fläschchen...<br />
Marina de Vallformosa<br />
blanco y rosado<br />
Ich gebs ja zu, dass ein kleines bisschen<br />
Showeinlage dabei ist, wenn ich<br />
(nicht nur im Sommer) vor einen Tisch<br />
in der Bodega trete, um meine Gäste<br />
mit folgendem Aperitifvorschlag zu<br />
überraschen: „Wie wärs mit einem Glas<br />
Marina de Vallformosa, Vino de Aguja,<br />
Fermentacion natural Rosado oder<br />
Blanco?“ Meist ernte ich mehr als fragende<br />
Blicke („Hat er jetzt selber zuviel<br />
von seinem Wein erwischt?“), die<br />
ich natürlich sofort mit dem Hinweis:<br />
„Die spanische Antwort auf Prosecco!“<br />
entkräften kann. Und in der Tat kommen<br />
hier zwei Burschen daher, die<br />
vor Frische und purer Sommerfreude<br />
nur so strotzen! Der Rosado etwas<br />
süffiger, der Blanco eine Spur weiniger;<br />
beide mit nicht soviel Blubberbläschen<br />
und aufdringlicher pappiger<br />
Süße, wie viele seelenlose Arten von<br />
Supermarkt-Prosecco. Ohne Probleme<br />
trinke ich den Blanco zu Fisch und<br />
Meeresfrüchten aller Art genauso wie<br />
ich den Rosado als kühles, erfrischendes<br />
Zwischenschlückchen schätze.<br />
Unkompliziertheit haben sich unsere<br />
zwei Dauerbrenner auf die Fahne<br />
geschrieben und die wird auch nicht<br />
be- bzw. verpunktet, der Spaßfaktor<br />
spielt hier die erste Geige! Preis 6<br />
Euro und verkostet wird er eigentlich<br />
das ganze Jahr über!<br />
Masía Freye Vallformosa<br />
Merlot 1999<br />
In der Nase strömt unseren verwöhnten<br />
Nasen ein Früchtekorb aus<br />
Waldhimbeere, Brombeere, Johannisbeere,<br />
Vanille, Kardamon und einem<br />
Schuss Zimt entgegen! Im Mund herrschen<br />
derzeit noch recht lebhafte<br />
Tannine, die sich aber mit zunehmender<br />
Reife glätten werden. Hagebutte<br />
und reife süsse Früchte präsentieren<br />
97<br />
sich fast wie in der Nase, gefolgt von<br />
einem Schuss Ritter-Sport-Zartbitter-<br />
Rum-Schokolade. Dieser spanische<br />
Edelmann ist wohl strukturiert und<br />
mit kräftigem Körper ausgestattet,<br />
auch der Alkohol (13%) ist trinkigfein<br />
eingebunden; im mittellangem<br />
Abgang noch einmal süsse Tannine<br />
gepaart mit etwas kräutrig-würzigen<br />
Noten. Passt zu Wild, Paella<br />
auf Fleischbasis, kräftig gewürzten<br />
Fleischgerichten und gereiftem Käse.<br />
Trinkreife 2005 - 2008. Verkostet im<br />
November 2004 mit Günter Dornheim.<br />
Punkte von uns beiden wieder<br />
mal unisono 89+. Tipp: Jetzt eine 6er-<br />
Holzkiste kaufen und alle 6 Monate<br />
eine Flasche probieren: Die Freude ist<br />
vorprogrammiert!<br />
De Casta Rosado<br />
Miguel Torres 2004<br />
Der Casta Rosado gehört zu den Weinen,<br />
die in meiner Lieblings-Tapasbar<br />
„Sa Plaça „ im Großmarkt von Ibiza-<br />
Stadt ausgeschenkt werden. Zu den<br />
vorzüglichen Tapas von Vicente‘s Familie<br />
greife ich mittags gerne zu diesem<br />
Rosado. Huch! Faulig und muffig<br />
zeigte er sich (vermeintlich) im<br />
Glas. Das kann doch nicht wahr sein,<br />
solch immense Unterschiede hier in<br />
Deutschland zu Spanien? Das Rätsel<br />
war schnell gelöst: Ich hatte ein Glas<br />
aus der hintersten Reihe meines Gläserschranks<br />
erwischt, das schon länger<br />
nicht mehr benutzt wurde. Ach<br />
ja, Sie wollten noch etwas über den<br />
Wein wissen? Wir fragen uns im Stile<br />
eines Reich-Ranitzki: „Ist das überhaupt<br />
ein Wein?“ Aber freilich ist er<br />
das, ich möchte ihn als fröhlichen<br />
DO Penedès
und unkomplizierten Zeitgenossen<br />
beschreiben, der durch seine frische<br />
Frucht gefällt und mindestens die halbe<br />
Palette an Tapas, Pasta und leichte<br />
Küche begleiten kann, soll und will.<br />
Hier ist nichts mit immens langem Finale,<br />
Finesse oder dergleichen, nein,<br />
das ist Wein, den man auch mal tagsüber<br />
„süffeln“ darf, mit 12,5% Alk.<br />
geht das ja auch noch. Verkostet immer<br />
wieder mal in 2005 und Punkte<br />
gibts hier nicht, hier gibts für knappe<br />
7 Euro nur Spass!<br />
Als ich 2005 die jährlich in Nürnberg<br />
stattfindende "Biofach" besuchte, fiel<br />
mir ein kleiner Messestand auf, wo<br />
ein junger Mann nur zwei (sehr tiefschwarz<br />
aussehende) Weine vorstellte.<br />
Aha, das hatten wir doch schon mal<br />
(vgl. 7 Lunas, 7 Moons, DO Ribera del<br />
Duero)! Bei näherer Betrachtung tauchte<br />
auch die Zahl „7“ wieder auf. Sollte<br />
das ein ähnliches Geschmackserlebnis<br />
werden wie Jahre zuvor? Es lebe der<br />
Zufall, denn in der Tat war es so! Auch<br />
bei der Nachprobe zuhause konnte<br />
ich die ersten Eindrücke der Messe-<br />
DO Priorat<br />
+7, 2002<br />
verkostung wie folgt nachvollziehen:<br />
Ultraintensive Nase nach konzentrierter<br />
Brombeere, Blaubeere, einer Prise<br />
schwarzen Pfeffer und viel Preiselbeere.<br />
Der Wein aus Garnacha, Cabernet<br />
Sauvignon und Syrah steht vermutlich<br />
erst am Anfang eines mit Spannung<br />
zu erwartenden Reifeprozesses; aber<br />
schon jetzt präsentiert sich dieser Biowein<br />
aus dem Hause Pinord im Mund<br />
wiederum mit vielen Beerennoten (besonders<br />
Preiselbeere), saftig, mit ausgeglichenem<br />
und wohlstrukturiertem<br />
Körper (die 14,5% Alkohol sind sehr<br />
gut eingebunden); das ist ein „Maul“<br />
von einem Wein, ohne ein Schmeichler<br />
zu sein. Im langen Abgang kommt er<br />
uns noch einmal mit etwas Rumtopf<br />
und viel würzigen Noten. Günter Dornheim<br />
wünscht sich dazu große Steaks<br />
mit Saubohnen, Olivenöl und Pfeffer,<br />
ich würde als Beilage auch noch Keniaböhnchen<br />
im Speckmantel bestellen.<br />
Und als Belohnung<br />
zum Dessert vergeben<br />
wir dann unsere<br />
Punkte: von mir 89+<br />
Punkte und von ihm<br />
stattliche 92+ mit<br />
noch höherer Tendenz<br />
bei seiner Reifung!<br />
Der Preis für<br />
dieses Meisterstück<br />
aus ökologischer<br />
Weinerzeugung beträgt<br />
ca. 25 Euro.<br />
Pasanau 2001<br />
Finca La Planeta<br />
Die einheimische Winzerfamilie Pasanau<br />
hat ihre Wurzeln im alten maurischen<br />
Dorf La Morera, direkt unter<br />
den Felsen des Monsant-Gebirges. An-<br />
fang der achtziger Jahre<br />
wurden die mit Garnacha-Reben<br />
bestockten<br />
Weinberge um drei Hektar<br />
Cabernet-Sauvignon<br />
ergänzt. Aufgrund der<br />
extremen Höhe mit großenTemperaturschwankungen<br />
zwischen Tag<br />
und Nacht und des kargen<br />
Schieferbodens (Licorella)<br />
sind die Erträge<br />
streng limitiert, doch von<br />
einer Finesse, die weit<br />
über der Norm liegt. Bis<br />
1995 wurden diese kostbaren<br />
Trauben an die Kellerei „Scala<br />
Dei“ verkauft. Dann konnte Ricardo<br />
Pasanau die Weinberge von seinen<br />
Großeltern übernehmen und hängte<br />
seinen Job als Manager in Madrid<br />
an den Nagel. Er machte ein Önologie-Studium<br />
und gründete seinen „Minikeller“.<br />
Inzwischen verfügt er über<br />
90 Barriques aus amerikanischer und<br />
französischer Eiche, die speziell für<br />
ihn angefertigt und getoastet wurden.<br />
Die Weine werden bei Vollmond abgefüllt<br />
und einzeln von Hand verkorkt!<br />
Bei unserem Wein aus 85% Cabernet<br />
Sauvignon und 15% Garnacha dominieren<br />
in der Nase zunächst einmal<br />
sehr würzige Kräuternoten (Hierbas<br />
de Ibiza!), konzentrierte Fliederaromen,<br />
Brombeere, etwas Schoko und<br />
edle Hölzer. Im Mund schon jetzt sehr<br />
sehr saftig mit konzentrierter Kraft<br />
und vorzüglicher Struktur, perfekt<br />
eingebundenem Alkohol (14,2%), faszinierender<br />
Fruchtsäure (Brombeere<br />
küsst Schattenmorelle!) und äußerst<br />
intensivem Abgang mit likörig-süßem<br />
Ende. Der Ausbau über zwölf Monate<br />
in neuen Barriques aus französischer<br />
und amerikanischer Eiche ist somit<br />
mehr als gelungen! Norbert Wittmann<br />
98 99<br />
schwärmt gerade von einem Rinderrollbraten<br />
mit Semmelknödeln dazu<br />
und vergibt spontane 92 Punkte, ich<br />
schließe mich zum heutigen Tage<br />
erstmal mit 89 an, prophezeie aber<br />
ein enormes Reifepotenzial von gut<br />
und gerne 10 Jahren und deutlicher<br />
Punktesteigerung. Also unbedingt<br />
einlagern und in 1-2 Jahren zu kräftigen<br />
Fleischgerichten servieren; dekantieren<br />
nicht vergessen! Preis 25<br />
Euro. Verkostet im April 2005.<br />
Vall Llach<br />
1998<br />
Die Nase wird sich beim ersten Schnuppern<br />
von selbst weiten, denn hier<br />
kommt ein geradezu orgiastisches<br />
Feuerwerk von Brombeere, Schwarzbeere,<br />
Veilchen, frisch gefettetem Sattelleder<br />
und in Alkohol eingelegten<br />
Früchten wie z.B. Feigen. Der Alkohol<br />
ist sehr präsent (15,1% sprechen eine<br />
deutliche Sprache), aber nicht zu dominant.<br />
Selten haben wir drei solch<br />
einen Nasenschmeichler im Glas gehabt;<br />
und nun dürfen Norbert und<br />
ich das tun, was meine Ehefrau schon<br />
seit über einer Stunde tut: TRINKEN!<br />
Im Mund entsteht eine Hochzeit aus<br />
DO Priorat
den oben genannten Früchten (Pflaumenlikör),<br />
die wirklich gut eingekocht<br />
sind und sinnlich-süßen Tanninen,<br />
die sich mit den genannten Ledernoten<br />
zu einem sündig-likörigen Finale<br />
verbinden. Der dann folgende heidelbeerige<br />
nicht endenwollende Abgang<br />
ist nicht von dieser Welt... Norbert<br />
Wittmann und Annemarie sind unisono<br />
der Meinung, daß dieser Wein unbedingt<br />
ein Solist ist, der mit keinem<br />
Essen konkurrieren sollte; wohingegen<br />
ich nicht davon abzubringen<br />
bin, dass der klassisch-bayerische<br />
Schweinebraten wie auch der Lammrücken<br />
in Kräuter-Honig-Sauce mit<br />
ihm kokettieren könnte. Wow, das ist<br />
spanisch-kulinarischer Sex! Aber irgendwie<br />
hat Sex immer einen Preis; in<br />
diesem Fall leider nur mit 75 Euro zu<br />
erkaufen. Übrigens: Wenn ein Wein<br />
als typischer Vertreter des Priorats<br />
bezeichnet werden kann, dann ist es<br />
dieser. Und, um unsere grenzenlose<br />
Bewunderung auszudrücken, setzt es<br />
jetzt von Norbert Wittmann glatte 99<br />
Punkte; ich selber bleibe mit 98 auch<br />
nur knapp drunter! Verkostet haben<br />
wir ihn im März 2005, nachdem die<br />
Flasche acht Stunden vorher geöffnet<br />
wurde - und das war gut so!<br />
Priorato pur! Schon in der Nase duftets<br />
heftig nach Preiselbeere, Pinienzapfen,<br />
viel Teer, Brombeere und Zartbitterschokolade,<br />
Johannisbrotbaum<br />
und Aachener Printen. Im Mund satt,<br />
kräftig und fett. BUMM! Viel dunkle<br />
Früchte paaren sich mit schwerlikörigen<br />
Aromen. Die 14,5 Umdrehungen<br />
an Alkohol sind deutlich spürbar, und<br />
das ist gut so, denn wenn ein Wein<br />
DO Priorat<br />
Vall Llach Embruix 2001<br />
das Attribut „schwer“ verdient, dann<br />
ist es jener! Wiederum verdammt viel<br />
Preiselbeere und Zartbitterschokolade<br />
mit einem feinen Schuss Minze<br />
gepaart, enden in einem schier unendlichen<br />
Abgang, der unbedingt von<br />
schwersten Wildgerichten begleitet<br />
werden muss. Ein Wein für den Jäger,<br />
der seinen Freunden den frisch erlegten<br />
Schwarzkittel serviert. Krawonk,<br />
dafür gibts 95 Punkte von mir, ebenso<br />
wie meinen Mitverkostern Norbert<br />
Wittmann und Günter Dornheim, sogar<br />
unser oberlehrerhafter Stephan<br />
Argauer begeistert sich mit 96 Punkten!<br />
Bei einem Preis von ca. 25 Euro<br />
kann man schon fast nicht mehr nein<br />
sagen ... Verkostet im Februar 2005.<br />
Vall Llach Embruix 2003<br />
Für uns Weinfritzen gibts doch nichts<br />
spannenderes als einen neuen Jahrgang<br />
von einem Wein ins Glas zu bekommen,<br />
dessen Vorgänger uns richtig<br />
begeistert hat. So hat uns auch<br />
die 2003er-Version des „kleinen“ Vall<br />
Llach nicht enttäuscht: In der Nase<br />
präsentiert er sich schon jetzt verführerisch<br />
sahnig und kirschig, mit Noten<br />
von Pflaume, Zwetschge, etwas Marzipan,<br />
Nougat, Kakao sowie schwarzer<br />
Johannisbeere mit einem Schuss<br />
Minze dahinter. Selbstverständlich<br />
sind derzeit all diese köstlichen Düfte<br />
noch von einem schroffen Holzton<br />
überdeckt. Im Mund ist er aber auch<br />
jetzt schon ein klassisches „Maul von<br />
Wein“, das Zunge und Gaumen geradezu<br />
vibrieren lässt. Schmelzig und<br />
saftig kommt er daher, dabei fast<br />
schon wuchtig, wenn auch zum heutigen<br />
Tage noch von einem heftigen<br />
Säuregerüst getragen. Im langen Abgang<br />
dominieren noch einmal Pflaume<br />
und Zwetschge, was sogar einen<br />
bayrischen Schweinebraten auf trefflichste<br />
Art untermalen kann. Von mir<br />
gibts derzeit erstmal „nur“ 89 Punkte,<br />
weil dieser Wein zum Zeitpunkt<br />
unserer Verkostung im November<br />
2005 absolut nicht ins Glas gehört,<br />
sondern nirgends anders hin als in<br />
den Keller! Dort sollten Sie ihn aber<br />
haben, eigentlich dürfte er in keiner<br />
spanischen Weinsammlung fehlen.<br />
Meine Mitdegustanten Günter Dornheim<br />
und Stephan Argauer haben<br />
dies schon in Betracht gezogen und<br />
werten ihn mit 93+ bzw. 94 Punkten!<br />
Auch der Preis von ca. 25 Euro ist für<br />
diese Klasse sicherlich angemessen.<br />
Übrigens bedeutet Embruix übersetzt<br />
Zauberei und wenn ich Ihnen jetzt<br />
sage, dass dieser Prachtwein aus gerademal<br />
sieben bis acht Jahre alten<br />
Rebstöcken von fünf verschiedenen<br />
Traubensorten erzeugt wird, dann<br />
darf man schon mal kräftig mit der<br />
Zunge schnalzen!<br />
100 DO Priorat<br />
101<br />
Albariño Fillaboa 2004<br />
Um diesen Wein zu beschreiben, hatte<br />
ich mir die wohl friedvollste und<br />
perfekteste Umgebung ausgesucht,<br />
die man sich für einen spanischen<br />
Wein überhaupt vorstellen kann: Ich<br />
probierte ihn auf der Terrasse des<br />
Restaurants „Es Boldado“, hoch an<br />
die felsigen Steilküste von Ibiza angeschmiegt<br />
und dem traumhaften<br />
Blick auf den mystisch-sagenumwobenen<br />
Felsen „Es Vedra“. Fast schon<br />
postkartenkitschverdächtig dümpelte<br />
ein 3-Mastsegler im gleissenden<br />
Sonnenlicht des azurblauen Mittelmeers.<br />
Dazu servierte mir der freundliche<br />
Kellner „Calamar troceado a la<br />
plancha“, in Würfel geschnittene<br />
Tintenfischstücke vom Grill. Herz,<br />
was willst Du mehr? Zurück zur Realität:<br />
Selbstverständlich habe ich<br />
eine zweite Flasche in Deutschland<br />
nachverkostet, um Ihnen vollkommen<br />
emotionslos von diesem Wein berichten<br />
zu können. Emotionslos ist dieser<br />
Albariño mit Sicherheit nicht, im<br />
DO Rias Baixas
Gegenteil! Immer wieder eine sichere<br />
Bank auch in schlechteren Albariño-<br />
Jahrgängen ist der Granja Fillaboa.<br />
Auch die 2004er-Version enttäuscht<br />
uns nicht: Fein duftets in der Nase<br />
nach exotischen Früchten (Banane),<br />
Stachelbeere und Weintrauben. Im<br />
Mund präsentiert er sich knackig und<br />
frisch mit elegantem und lebhaftem<br />
Säurespiel und bleibt blitzsauber am<br />
Gaumen haften. Die erfreulichen 12%<br />
Alkohol sind fein eingebunden und<br />
lassen tagsüber vielleicht auch mal ein<br />
zweites Glas zu. Der feine Wein, der in<br />
einer Auflage von 190000 Flaschen produziert<br />
wurde, schreit geradezu nach<br />
Gambas a la plancha, Venusmuscheln<br />
und sonstigem Meeresgetier. Stephan<br />
Argauer, der ihn diesmal mitverkostet<br />
hat, versagt ihm nur deshalb den Einstieg<br />
in die 90 Punkteklasse, weil er<br />
noch bessere Jahrgänge des Fillaboas<br />
im Glas hatte und wertet ihn mit 88+<br />
Punkten, denen wir (Günter Dornheim<br />
und ich) uns gerne anschließen. Zu<br />
Spaniens Weißwein-Grandezza zählt<br />
er, wie eingangs gesagt, allemal. Auch<br />
der Preis von 14 Euro ist wohl angemessen.<br />
Verkostet im September 2005<br />
und danach in Deutschland.<br />
Albariño<br />
Terras Gauda 2004<br />
So, da ist er also, der erste 2004er<br />
Albariño, und schon beim ersten Riechen<br />
im Glas bin ich mit dieser Traubensorte<br />
wieder einigermaßen versöhnt;<br />
war doch der Jahrgang 2003<br />
allgemein etwas dürftig ausgefallen.<br />
In der Nase duftet‘s fein nach Zitrone,<br />
Limone, Aprikose, Pfirsich und knackigen<br />
Weintrauben (sic!), im Mund<br />
stimmen Mineralik und Säure, er<br />
könnte vielleicht noch ein wenig mehr<br />
Druck am Gaumen entwickeln, aber<br />
DO Rias Baixas<br />
die feine filigrane,<br />
keinesfalls aufdringliche<br />
Süße, gepaart<br />
mit einem Schuss Bittermandel,<br />
lässt uns<br />
wieder an das Potenzial<br />
Spaniens edelster<br />
Weißweintraube (Riesling,<br />
hör ich dich trapsen?)<br />
glauben. Sehr<br />
ehrliche 88 Punkte<br />
von mir, von Günter<br />
Dornheim 89+. Tapasempfehlung<br />
natürlich<br />
Fisch und alle Arten<br />
von Meeresfrüchten.<br />
Verkostet im Januar<br />
2005. Preis 18 Euro.<br />
Albariño<br />
Pazo de Señorans 2004<br />
In der Nase duftets, wenn auch ein<br />
wenig Albariño-untypisch, nach Eukalyptus,<br />
Heu und Stroh, Quitte,<br />
reifer Birne, Feuerstein, Zimt und<br />
Apfelkompott, Rosinen und knackigen<br />
Wein(!)trauben. Im Mund gehts<br />
genauso aufregend und vielschichtig<br />
zu: Fast alle Aromen, die schon unsere<br />
Geruchssinne erfreut haben, wiederholen<br />
sich im Mund, gepaart mit<br />
einem kleinen Würzsträußchen und<br />
gespickt mit genau dem Schuss Mineralik<br />
und Säure, den ein Albariño<br />
braucht. Selbst im erstaunlich langen<br />
Abgang weiß er noch einmal mit einem<br />
feinen Bitternötchen zu überzeugen.<br />
Gerade habe ich ihn zur klassischen<br />
Fischplatte mit einer Sepia a<br />
la plancha gekostet, die Annemarie<br />
mit Rosmarin und Hierbas de Ibiza<br />
verfeinert hat. Genau diese würzigen<br />
Noten haben den Albariño zu diesem<br />
Gericht mehr als perfekt erscheinen<br />
lassen. Dafür gibts mindestens 90+<br />
Punkte, die ihn somit in die Topklasse<br />
spanischer Weißweinkunst hieven.<br />
Mmmmh, das hat Spaß gemacht! Verkostet<br />
im Oktober 2005. Preis ca.15<br />
Euro.<br />
7 Lunas<br />
7 Moons<br />
2002 + 2003<br />
2002:<br />
Es begab sich aber, dass<br />
ich vor zwei Jahren am<br />
letzten Messetag der Biofachmesse<br />
zu Nürnberg an<br />
einem Stand vorbeikam,<br />
auf dem nichts als eine<br />
gefüllte Karaffe stand.<br />
Schon fast vorbei, fiel mir<br />
102 103<br />
die tiefschwarze Farbe des Weines<br />
auf. Schnellst kam ich mit dem überaus<br />
sympathischen Roberto Gallego<br />
ins Gespräch, der mir seinen Wein<br />
zum Probieren gab. Und was ich da im<br />
Glas hatte, war schlichtweg umwerfend!<br />
Ich will‘s gleich vorwegnehmen:<br />
Einen spannenderen Biowein habe ich<br />
noch nie getrunken! In der Nase schon<br />
ein Rummelplatz von Aromen: Schoko<br />
und Kakao pur, Waldbeeren, ja ein<br />
ganzer Korb an Beerenfrüchten, frisch<br />
geöffnete Pralinenschachtel, Veilchen,<br />
Marzipan und Rosenblüten! Der geneigte<br />
Leser dieser Zeilen darf also<br />
sehr gespannt sein, wie diese Weinbeschreibung<br />
weitergeht, muss aber vorher<br />
diese Information haben: Wir haben<br />
diesen Wein schon im Jahre 2004<br />
als sogenannte Fassprobe verkostet;<br />
zu diesem Zeitpunkt war er noch gar<br />
nicht im Handel erhältlich und dürfte<br />
mittlerweile schon sehr viel weiter<br />
und harmonischer gereift sein. Nun<br />
also zurück zum Originaltext: Im<br />
Mund präsentiert er sich sehr saftig<br />
und schmelzig, wenn auch noch von<br />
einem deftigen Tanningerüst überdeckt.<br />
Dahinter tauchen dann schon<br />
sehr angenehme Noten von wiederum<br />
Schoko, Pflaume, Brombeere auf, leider<br />
auch etwas kräutrige und bittere<br />
Töne, die sich wohl (hoffentlich) noch<br />
verabschieden werden. Die 13,5% Alkohol<br />
spürt man im mittellangen<br />
Abgang recht deutlich. Ich vermute,<br />
dass dieser reinsortige Tempranillo<br />
in Deutschland bei etwa 30 Euro anzusiedeln<br />
ist, meines Wissens importiert<br />
ihn hier (leider) niemand. Ich hätte<br />
mir heute mit grosser Freude noch<br />
einmal ein Fläschen dieses Jahrgangs<br />
zugelegt, das muss aber wohl bis zum<br />
nächsten Spanienaufenthalt warten...<br />
Norbert Wittmann, Günter Dornheim<br />
und ich bewerten ihn unisono mit 88<br />
Punkten.<br />
DO Ribera del Duero
7 Lunas 7 Moons ff.<br />
2003:<br />
Sie werdens mir wahrscheinlich nicht<br />
glauben, aber der 2003er aus dem<br />
Hause Campos Goticos war noch<br />
aufregender als sein Vorgänger!<br />
Wir haben ihn ebenfalls schon 2004<br />
als Fassprobe verkostet, zu diesem<br />
Zeitpunkt reifte er erst sieben von<br />
geplanten 16 Monaten im französischen<br />
Barrique.<br />
Hier also wieder der Originaltext aus<br />
diesem Zeitraum: Noch sehr unklares<br />
Bukett, aber schon sind feine Noten<br />
von Schokolade, Lebkuchen, viel<br />
Brombeere, Pflaume, Rumtopf, Toast,<br />
Kaffee, Veilchen, dezentes Marzipan<br />
und Sattelleder zu erschnuppern, leider<br />
auch etwas störende kräutrige<br />
und gemüsige Noten. Im Mund zeigt<br />
er sich natürlich noch etwas gerbsäurelastig,<br />
aber dieser Stoff (14,5%<br />
Alk.) scheint uns offensichtlich ein<br />
Konzentrat aus Wolf und Schafspelz<br />
zu sein, so wuchtig wie sich diese<br />
Granate an Wein präsentiert! Genauso<br />
intensiv zeigen sich auch die eleganten<br />
Noten des wiederum 100%igen<br />
Tempranillos: Pflaume, Brombeere,<br />
feines Leder, Walnuss, Marzipan und<br />
Praline buhlen geradezu um die Gunst<br />
des Gaumens, im sehr langen Fiale<br />
gesellen sich noch Zartbitterschokolade<br />
und eine Spur Orangeat dazu.<br />
„Der wird mal richtig gross“ war unser<br />
einhelliger Kommentar und das<br />
klassischeVerkostungsteam unserer<br />
Bodega vergibt schon heute unisono<br />
93+ Punkte. Leider gilt in Sachen Erhältlichkeit<br />
in Deutschland das gleiche<br />
wie bei der 2002er Variante: Wir<br />
müssen nach Spanien fahren! Oder<br />
auf Band 2 dieses Buches warten...<br />
DO Ribera del Duero<br />
Aalto 2001<br />
Mit dem Jahrgang 2001 hat Mariano<br />
Garcia, der 30 Jahre lang Weinmacher<br />
bei Vega Sicilia und der Mann hinter<br />
dem legendären Unico war, seinen<br />
ersten wirklich spektakulären Jahrgang<br />
geschaffen. Ein Traum-Stoff!<br />
Rebsorten: 100% Tempranillo aus<br />
über 60 Jahre alten Reben. Ausbau: 18<br />
Monate in neuen Barriques aus französischer<br />
Allier-Eiche. Alkohol: 14%.<br />
Empfohlene Dekantierzeit zum Zeitpunkt<br />
unserer Verkostung im April<br />
2005: 24 Stunden, Trinkempfehlung:<br />
2007 – 2018. In der Nase noch sehr<br />
geprägt von Röstnoten des Holzes,<br />
feinem Mokka, unangezündeter Zigarre<br />
und anderen würzigen Komponenten,<br />
erst am zweiten Verkostungstag<br />
tauchen allmählich sehr angenehme<br />
wie auch intensive Aromen von blauen<br />
und roten Früchten auf. Das alles<br />
setzt sich im Mund wohlfeil fort, aber<br />
natürlicherweise noch hinter einem<br />
doch recht heftigen Tanningerüst<br />
versteckt. Allerdings ist das schier<br />
endlose Finale auch derzeit schon<br />
sein Geld wert. Wieder mal heißts<br />
warten und einlagern! Das ist der<br />
Wein, den Sie mit Ihrem alten Kumpel,<br />
den Sie schon zehn Jahre nicht<br />
mehr getroffen haben, zur Feier des<br />
Tages aufziehen oder Sie braten sich<br />
ganz alleine ein 350g - Steak und le-<br />
gen schwere musikalische Geschütze<br />
wie eine Doppel-CD von Tom Waits<br />
auf, die dazu ebenso geeignet ist wie<br />
die Schmerzensschreie andalusischer<br />
Flamencoverzweiflung. Norbert Wittmann<br />
lässt sich zu 93 Punkten hinreißen,<br />
ich kann mich im Hinblick auf<br />
die gigantische Entwicklung, die dieser<br />
Wein nehmen wird, nur anschließen<br />
und werde in 2-3 Jahren mit Sicherheit<br />
noch höher punkten, zumal<br />
mir ein Preis von ca. 30 Euro mehr als<br />
angemessen erscheint!<br />
Aalto PS 2001<br />
PS steht im Gegensatz<br />
zum normalen Aalto<br />
nicht für Pferdestärken,<br />
sondern für Pagos seleccionados,<br />
also besonders<br />
ausgewählte Weinberge.<br />
„Dieser Wein ist<br />
nicht von dieser Welt“,<br />
meint der Weinpapst<br />
Robert Parker und so<br />
e i n e A u s s a g e m u s s<br />
probiert werden, keine<br />
Frage! Rebsorten: 100%<br />
Tempranillo aus über<br />
60 Jahre alten Rebstöcken.<br />
Ausbau: 18 Monate<br />
in neuen Fässern aus<br />
französischer Eiche und<br />
weitere sechs Monate in<br />
zwölf Monate alten Fässern<br />
des französischen<br />
Weingutes Château Lafite.<br />
Empfohlene Dekantierzeit<br />
zum Zeitpunkt<br />
unserer Verkostung im<br />
März 2005: 8 Stunden+,<br />
Trinkempfehlung: 2006<br />
– 2015+. Gespannt senken<br />
wir unsere zarten<br />
104 105<br />
Riechorgane ins Glas und in der Tat<br />
entwickeln sich schon in der Nase intensive<br />
Noten von Brombeere, Pflaumenwein<br />
(oder aber auch Eau de Vie de<br />
Prune), Vanille, feinem Mokka, rauchige<br />
Noten (z.B. unangezündete Edelzigarre),<br />
Speck, feine exotische Gewürze<br />
und dem Duft eines ganzen Veilchensträußchens<br />
dahinter. Ebenso neugierig<br />
nehmen wir den ersten Schluck und<br />
notieren wiederum sehr viel Brombeere,<br />
Veilchensaft (wenns sowas gibt)<br />
und ein klein wenig likörige Töne. Von<br />
der Struktur her absolut in sich geschlossen<br />
und harmonisch; Säure, Tannine<br />
und Alkoholgehalt (14%) stehen<br />
schon kurz vor der Vermählung. Der<br />
Grundtenor dieses Weines ist einfach<br />
diese omnipotente Beerenfrucht, die<br />
sich von Nase zu Mund und seinem,<br />
zugegebenerweise doch sehr intensiven<br />
und likörigen, fast minutenmässigen<br />
Abgang vollendet. Wir können<br />
uns kaum vorstellen, diesen Wein mal<br />
ausgereift zu schnabeln, also etwa im<br />
Jahr 2008 ff und vergeben schon jetzt<br />
mal (besonders zu einem Preis von ca.<br />
85 Euro) diskutable 97+ Norbert Wittmann-Punkte<br />
nebst 96+ der meinen.<br />
Tapas ist hier gar nicht, da heißts in<br />
Sterneküchenkochbüchern blättern<br />
oder Ihrem Culinaria-Kreativgeist absolut<br />
freien Lauf zu lassen!<br />
Alion Reserva 2000<br />
Alion ist die (relativ) neue Bodega von<br />
Vega Sicilia. Man legt dort größten<br />
Wert darauf, dass der Alion nicht als<br />
Zweitwein des Hauses bezeichnet wird,<br />
sondern als eigenständiger Betrieb geführt<br />
wird. Also bitteschön! 15 Monate<br />
durfte der reinsortige Tempranillo<br />
in neuem Holz schlummern. In der<br />
DO Ribera del Duero
Nase duftet es so verführererisch<br />
nach Zwetschge,<br />
Brombeermarmelade,<br />
Pralinenschachtel, Zartbitterschokolade,Preiselbeere,Johannisbeere,<br />
aber auch nach Teer,<br />
Torf und exotischen Gewürzen,<br />
dass man selbige<br />
gar nicht mehr aus<br />
dem Glas nehmen möchte.<br />
Wenn man es schließlich<br />
doch getan hat, um<br />
den ersten Schluck zu<br />
verkosten, wird man mit<br />
genauso vielfältigen und<br />
ausdrucksstarken Noten<br />
belohnt: Johannisbeere, Pflaume und<br />
Rumtopf, quasi ein Potpourri von allen<br />
möglichen roten und schwarzen<br />
eingelegten Früchten (am zweiten<br />
Verkostungstag kam auch noch ein<br />
intensives Erdbeeraroma dazu!) sind<br />
schon jetzt in einen wohlstrukturierten<br />
und eleganten Körper eingebunden.<br />
Im langen Abgang zeigt er sich<br />
noch relativ heftig tanninbetont, aber<br />
die Frucht wird siegen, das ist so sicher<br />
wie das 'Amen' in der Kirche!<br />
Hier reift einer der ganz großen Spanier<br />
heran, an dem so schnell keiner<br />
vorbei kommt! Eckart Witzigmann<br />
empfiehlt gebratene Taube dazu, aber<br />
auch kräftige traditionelle spanische<br />
Küche ist hier auf keinen Fall fehl am<br />
Platz. Bei einem Preis von um die 45<br />
Euro muss man schon fast von einem<br />
Schnäppchen sprechen, vor allem<br />
wenn man bedenkt, dass ein Vega Sicilia<br />
Unico aus dem Stammhaus nicht<br />
unter 180 Euro zu haben ist. Gott,<br />
was ist das für ein herrlicher Wein! Es<br />
gilt mal wieder einzulagern und abzuwarten.<br />
Ich denke, dass er im Jahre<br />
2006 die perfekte Trinkreife erreicht<br />
haben wird. Parker 92, alpunto-Weinführer<br />
85+, Peñin 90, Guia Campsa<br />
DO Ribera del Duero<br />
96, Proensa 98, Günter<br />
Dornheim 95+, und<br />
wenn‘s noch ein Herzerl<br />
für persönliche Favoriten<br />
dazu gäbe, dann<br />
würde ich es diesem<br />
Ausnahmewein zusätzlich<br />
zu meinen 95 Punkten<br />
ans Etikett heften.<br />
Verkostet im Juli 2004,<br />
aber bestimmt nicht<br />
das letzte Mal!<br />
Alion 2001<br />
1. Tag: Sowohl in Nase als auch Mund<br />
nur Holz! Weil ich nicht gerne Äste<br />
kaue, Korken wieder drauf und abgewartet.<br />
2. Tag: Jetzt aber! In der Nase<br />
feine Mokkanoten und Karamell, dahinter<br />
verhaltene Kirschnoten, Pflaume<br />
und neues Leder. Im Mund sagenhaft<br />
konzentriert und dicht, ja fast<br />
schmelzig. Blaubeernoten paaren sich<br />
mit Edelschokolade und enden mit einem<br />
schier ewig währenden dunkelbeerigen<br />
likörigen Finale. Wow! Allein<br />
dafür gibts mal lockere 93 Punkte von<br />
mir. 3. Tag: Fehlanzeige! In der Nase<br />
gesellt sich zu den gestrigen Aromen<br />
vielleicht noch intensivere Blaubeere<br />
sowie ein wenig Rumtopf hinzu, aber<br />
im Mund hat sich dieser verführerische<br />
Schmelz schon fast verabschiedet.<br />
Der Abgang ist zwar immer noch<br />
immens, nur fehlen die fruchtig-sahnigen<br />
Sinnenfreuden! Soviel dann zum<br />
Thema „Wie vergewaltige ich Wein?“,<br />
was nichts anderes heißt als ihn ins<br />
Kellereck zu stellen und 2007 allergrößte<br />
Freude daran zu haben! Ich<br />
bleibe bei meinen 93 Puntos, stimme<br />
derzeit aber nicht mit Parker überein,<br />
der 95 gibt und meint: „The best<br />
Alion I ever had“. Mein Favorit bleibt<br />
der 2000er. Ein Weinerlebnis wars<br />
trotzdem allemal und wenn das Mainstream<br />
sein soll, wie manche Weinkritiker<br />
behaupten, dann schwapp ich<br />
halt auf dieser Welle mit; was solls!<br />
Verkostet im September 2005. Bei einem<br />
Preis von unter 40 Euro sollten<br />
Sie sich mal ein Fläschchen gönnen,<br />
oder nicht...?<br />
Arzuaga<br />
Crianza<br />
2001<br />
90% Tinto Fino (= Tempranillo), 8%<br />
Cabernet Sauvignon und 2% Merlot<br />
bilden die Basis für den selten enttäuschenden<br />
Klassiker der Bodega<br />
Arzuaga. In der Nase sehr würzig und<br />
beerig (besonders reife Kirsche und<br />
Brombeere), ohne marmeladig zu wirken.<br />
Diese Noten setzen sich konsequent<br />
im Mund fort, gepaart mit einem<br />
Schuss Schokolade und Vanille.<br />
Der Alkohol (13,5%) ist sehr gut eingebunden;<br />
eine sehr elegante Crianza<br />
mit fast süßem und sehr langem<br />
Finale. Obwohl diese Crianza ein vielfältiger<br />
Speisenbegleiter sein kann,<br />
bevorzuge ich persönlich dazu eine<br />
kräftige Käseauswahl! Verkostet im<br />
Juni 2004, 89 Punkte gibts von mir,<br />
von Annemarie 90 und sogar 91 im<br />
Guia Proensa. Preis ca.17 Euro.<br />
106 107<br />
Bagus<br />
Vendimia Seleccionada<br />
2001<br />
Rebsorten: 90% Tinta de Pais (Tempranillo),<br />
5% Cabernet Sauvignon, 5%<br />
Merlot von bis zu 60 Jahre alten Reben<br />
(Viñas viejas). Ausbau: 14 Monate<br />
in neuer amerikanischer und<br />
französischer Allier-Eiche. Alkohol:<br />
13,5%. Der Bagus Vendimia Seleccionada<br />
ist der große Selektionswein<br />
von Lopez Cristobal und wird nur in<br />
sehr guten Jahren in streng limitierter<br />
Menge erzeugt. Bereits der 2000er<br />
Jahrgang wurde auf der Vin Expo<br />
2002 im Bordeaux zusammen mit<br />
Weinen wie Vega Sicilia Unico 1989<br />
(etwa 200 Euro) und Pingus 2000 (als<br />
„Schnäppchen“ zu 450 Euro!) zu den<br />
zehn besten Weinen des Ribera del<br />
Duero gewählt. Der Ausnahmejahrgang<br />
2001 ist ohne Zweifel noch höher<br />
einzustufen und gehört zur kleinen<br />
Spitze der wirklich großen Ribera<br />
del Duero Weine und sicherlich auch<br />
zu den großen Weinen Spaniens. Als<br />
ich den Wein Anfang September 2004<br />
das erste Mal im Glas hatte, war der<br />
„Duft“ so ähnlich, wie wenn man die<br />
Türe einer Tischlerei öffnet: Holz,<br />
Holz und nochmal Holz. Nur ansatz-<br />
DO Ribera del Duero
haft waren leichte Pflaumenaromen<br />
zu erschnuppern. Nach 48 Stunden<br />
hatte sich das gewaltig geändert: In<br />
der Nase notierte ich feine Toastaromen<br />
von Praline und Kaffee, sehr<br />
konzentrierte Fruchtaromen, besonders<br />
Pflaume und Heidelbeeren, aber<br />
auch warmes Leder, Lakritz, den Duft<br />
von Rosenblättern und sogar ein wenig<br />
Veilchen. Im Mund dominieren<br />
zwar noch wuchtige Tannine, aber<br />
bereits jetzt präsentiert sich der Bagus<br />
mit einer geradezu spielerischen<br />
Saftigkeit: Hoch konzentrierte dunkle<br />
Früchte (Schwarzkirsche, Waldhimbeeren,<br />
Pflaume, Heidelbeeren) mischen<br />
sich mit einem Schuss Kakao<br />
und Zartbitterschokolade sowie feinwürzigen<br />
Akzenten von Minze und<br />
Veilchen. Beeindruckend sein hoher<br />
Extrakt und seine stoffige Struktur!<br />
Im ellenlangen Finale trifft man auf<br />
delikate Röstaromen und eine elegante<br />
Würze. Er verabschiedet sich<br />
mit einem geradezu schmelzigen Abgang<br />
aus feiner Trinkschokolade und<br />
Pflaumenmus. Da ziehe ich den Hut<br />
und ohne mich zu weit aus dem Fenster<br />
zu lehnen, gebe ich ihm satte 96+<br />
Punkte! "Kaufen, kaufen, kaufen" (solange<br />
es ihn noch gibt!) gilt bei ihm<br />
genauso wie "warten, warten, warten".<br />
Ein erstklassiger Wein mit ausgezeichnetem<br />
Entwicklungspotenzial,<br />
von dem man unbedingt eine Kiste im<br />
Weinkeller gut verstecken sollte. Der<br />
24. Dezember 2006 wäre eine ideale<br />
Gelegenheit, die erste Flasche davon<br />
zu probieren. Danach wird Ihnen der<br />
Bagus mindestens bis zum Jahr 2012<br />
Freude bereiten. Bei einem Preis von<br />
ca. 35 Euro kann man, ja muss man<br />
von einem exzellenten Preis/Leistungs-Verhältnis<br />
sprechen!<br />
DO Ribera del Duero<br />
108<br />
Cepa<br />
Gavilán<br />
2002<br />
Hier möchte ich Ihnen den Nachfolgejahrgang<br />
des schon jetzt legendären<br />
2001er Jahrganges (mit 94 Punkten<br />
bester Ribera del Duero-Wein im Alpunto-Weinführer)<br />
von den Bodegas<br />
Perez Pasquas vorstellen. Und<br />
der präsentiert sich ebenso in blendenster<br />
Form: In der Nase duftets<br />
heftigst nach eingekochten Pflaumen,<br />
Zwetschgen und Johannisbeeren,<br />
gefolgt von balsamischen Noten<br />
wie Sandelholz und Zeder. Im Mund<br />
setzen sich diese Noten angenehm<br />
fort, obwohl sie derzeit vom etwas<br />
rau(h)en Tannin stark belästigt werden.<br />
Aber das wird sich mit der Zeit<br />
sicher legen, da hab ich keine Angst<br />
und mir selber schon mal eine 12er-<br />
Kiste reserviert. Schon jetzt zeigt<br />
sich der Wein äusserst komplex und<br />
wohl strukturiert, ja kräftig, mit einem<br />
fruchtigen, leicht schokoladigen<br />
Abgang. Ich bin immer wieder überrascht<br />
und begeistert, welch wohlfeile<br />
Weine aus 100% Tinta del Pais<br />
(= Tempranillo) entstehen können!<br />
Zwölf Monate im Holz gereift, nur 15<br />
Euro und schon jetzt 90+ Punkte, da<br />
heissts zugreifen! Verkostet im Januar<br />
2005. Ein Nachtrag: Kurz nach dieser<br />
Weinbeschreibung habe ich Lomo<br />
a la plancha, spanischen Karottensalat<br />
mit Kreuzkümmel und gemischten<br />
Salat gegessen, also Gerichte mit Essig,<br />
dem natürlichen Feind des Weines.<br />
Und siehe da: Weg waren die<br />
strengen Tannine und pures Fruchterlebnis<br />
begleitete mein Speisen!<br />
Cepa Gavilán 2003<br />
Der Nachfolgejahrgang präsentiert<br />
sich in der Nase mit Aromen von Milram<br />
Erdbeerjoghurt, Vanille, Preiselbeere,<br />
Johannisbeere und etwas Quitte.<br />
Im Mund präsentiert er sich schon<br />
jetzt sehr saftig und wiederum sehr<br />
fruchtbetont (Erdbeere und Himbeere),<br />
wenngleich auch die noch äußerst<br />
ungestümen Tannine den gesamten<br />
Rachenraum strapazieren. Wenn Sie<br />
diesen Wein unbedingt schon heute<br />
geniessen möchten, dann reichen Sie<br />
z.B. Lammkoteletts, Pfeffersteaks oder<br />
ähnliche kurzgebratene Fleischgerichte<br />
dazu. Ansonsten kaufen Sie ihn,<br />
lassen ihn ein Jahr im Keller ruhen<br />
und haben danach Weingenuss pur<br />
für schlappe 12 Euro! Stephan Argauer,<br />
Günter Dornheim und ich vergeben<br />
derzeit einstimmig 87 Punkte. Übrigens<br />
wissen wir die Wertungen untereinander<br />
nicht, erst nach Ende unserer<br />
Weinproben werden die Notizen mit<br />
den vergebenen Punkten aufgedeckt.<br />
Verkostet im November 2005.<br />
Harte,<br />
bedingungslose<br />
Testanordnungen<br />
hinterlassen ihre Spuren!<br />
Flor de Pingus 2002 - das<br />
Originaletikett der<br />
verkosteten Flasche.<br />
109<br />
Sie sind neugierig<br />
auf den Pingus?<br />
Ich auch! Wahre Wunderdinge erzählt<br />
man sich über Peter Sisseck, den dänischen<br />
Weinmacher, der in der DO<br />
Ribera del Duero den mit ca. 500<br />
EURO teuersten Wein Spaniens braut.<br />
Eigentlich hab ich dieses Buch nur<br />
geschrieben, um einmal wenigstens<br />
e i n G l a s d i e s e s s a g e n u m w o b e n e n<br />
Tropfens zu verkosten. Naja, Scherz<br />
beiseite! Wo beginnt jetzt aber die<br />
Sch(m)erzgrenze beim Weinkauf? 20,<br />
50 oder gar 100 Euro? Diese Messlatte<br />
müssen Sie sich wohl selbst legen;<br />
ich kann Ihnen nur den Rat geben,<br />
sich eine Flasche des Wunschweines<br />
mit ein oder zwei Weinfreunden zu<br />
teilen, wenn er mal die Höchstpreismarke<br />
überschreiten sollte. Genau<br />
deswegen haben wir seit Januar 2005<br />
das sogenannte Power-Tasting ins Leben<br />
gerufen. Für einen Beitrag von 50<br />
Euro gibt es in der Bodega die Möglichkeit,<br />
eben diese Weine, die man<br />
nicht unbedingt jeden Tag ins Glas<br />
füllt, kennen zu lernen und im Kreise<br />
von Weinenthusiasten zu verkosten.<br />
Die Teilnehmerzahl ist begrenzt<br />
auf 7 Personen und die Nachfrage<br />
DO Ribera del Duero
ist enorm! Sollten Sie jetzt zufällig<br />
nicht in Weiden wohnen, so kann ich<br />
Ihnen eine Weinstammtischgründung<br />
an Ihrem Wohnort zur Nachahmung<br />
wärmstens empfehlen. Und Sie müssen<br />
ja nicht gleich mit den Superstars<br />
beginnen! Ich persönlich trinke schon<br />
gerne mal eine Flasche eines schönen<br />
Tropfens ganz für mich alleine, aber<br />
die Verkostungen mit Freunden oder<br />
anderen Weinfreaks machen um ein<br />
Vielfaches mehr Spaß.<br />
So, jetzt sind wir erstmal mächtig<br />
gespannt auf den ersten Flor de Pingus<br />
unseres Lebens. Er beginnt in der<br />
Nase wie folgt: Brombeere, Haselnuss,<br />
gemahlene Mandeln, Zwetschge und<br />
viel Kirsche, dem Duft von frischgebackener<br />
Schwarzbrotrinde und geräucherter<br />
Speckschwarte (bitte nicht<br />
negativ verstehen!). Im Mund wiederholt<br />
sich etliches aus der Nase, Heidelbeere<br />
kommt noch hinzu, besonders<br />
die Brotrinde schmeckt hervor,<br />
absolut wohlstrukturiert, enorme<br />
Fruchtfülle mit einer klassischen Eleganz,<br />
wohl derzeit noch getragen von<br />
einem kräftigen Tanningerüst mit ei-<br />
DO Ribera del Duero<br />
Flor de Pingus 2001<br />
110<br />
nem fruchtigen, leicht likörigen Abgang,<br />
der allerdings beim Schreiben<br />
dieser Zeilen immer noch nicht enden<br />
will... Speisenempfehlungen dazu? Eigentlich<br />
alles, was nichts, aber auch<br />
gar nichts, mit leichter Küche zu tun<br />
hat. Gerade haben wir aus der Bodegaküche<br />
unsere Manchego-Käsewürfel<br />
bestellt, die zu diesem Wein wie Manchego<br />
light erschienen. Noch Fragen?<br />
Ja richtig, Preis und Punkte: Preis ist<br />
einfach, nämlich 55 Euro, Bewertung<br />
von Günter Dornheim, Norbert Wittmann<br />
und mir 93+. Verkostet im Februar<br />
2005.<br />
Flor de Pingus 2002<br />
Vom Jahrgang 2002 wurde kein Pingus<br />
produziert, d.h. dass das gesamte<br />
Traubenmaterial für den sogenannten<br />
„kleinen“ Flor de Pingus verwendet<br />
wurde. In der Nase Aromen von<br />
kräftiger Kirsche wie auch frisch geplückte<br />
Brombeere, florale Aromen<br />
(Veilchen!), dezente Minze, Toastbrotrinde,<br />
grünem Speck, Zedernholz,<br />
süße Vanille und einem Touch<br />
Pfeffer hinterher. Im Mund bedarf<br />
dieser Cocktail der Aromenvielfalt<br />
noch etwas der Zusammenraufung<br />
(d.h. auf jeden Fall dekantieren!), aber<br />
schiere Kraft (13,5% Alkohol) und<br />
schiere Frucht beginnen hier eine Ehe<br />
einzugehen, die von wahrscheinlich<br />
ewig währender Harmonie geprägt<br />
zu sein scheint. Im langen Abgang,<br />
von wiederum noch einmal viel Kirsche<br />
dominiert, aber auch von noch<br />
sehr herben Aromen, erwacht in uns<br />
die Freude, ihn in zwei Jahren wieder<br />
verkosten zu dürfen. Wir drei kaufen<br />
uns zusammen einfach eine Kiste, um<br />
an dem Potenzial, das in diesem Wein<br />
zweifelsohne steckt, noch lange Freu-<br />
de zu haben! Die Honeurs von uns:<br />
Günter Dornheim 94, Norbert Wittmann<br />
93+ und von mir 94+ Punkte.<br />
Verkostet im Februar 2005, Preis ca.<br />
55 Euro.<br />
Neo 2002<br />
„Wer ist Neo?" Hinter dem Namen<br />
stehen drei junge Önologen, die sich<br />
mit dem Wein Neo einen Traum verwirklichten:<br />
Javier Ajenjo, Julio Cesar<br />
Conde y Jose Luis Simón. Abgerundet<br />
wurde das Triumphirat durch keinen<br />
anderen als Isaac Fernandez Montaña,<br />
dem Neffen von Mariano Garcia, dem<br />
Macher des Unico. Sie sehen es als Herausforderung<br />
an, die Traditionen zu<br />
achten, die Qualität neu zu definieren<br />
und die Essenz des Weinmachens zu<br />
finden. Mit dem Neo haben die „Drei“<br />
einen eindrucksvollen Beweis ihrer<br />
Absichten vorgelegt! Rebsorte: 100%<br />
Tinta del Fino (Tempranillo) von über<br />
50 Jahren alten Reben der Einzellage<br />
La Horra. Zu 70% in Barriques<br />
aus französischer Eiche und zu 30%<br />
in Barriques aus amerikanischer Eiche<br />
für 15 Monate gereift. Der Wein<br />
wurde unfiltriert auf die Flasche gezogen.<br />
Jede Flasche wurde einzeln<br />
nummeriert. Gesamtproduktion wa-<br />
111<br />
ren 12000 Flaschen (4000 verbleiben<br />
in Spanien, den Rest teilen sich<br />
20 andere Länder u.a. USA, UK und<br />
Deutschland)“. Soweit der Pressetext<br />
des Importeurs, der mich ebenso neugierig<br />
machte wie Parkers 90 Punkte.<br />
Wie Sie schon ahnen, haben wir das<br />
überprüft: Nach drei Stunden Dekantierzeit<br />
entwickeln sich in der Nase<br />
intensive Aromen von Pflaume, Leder,<br />
Vanille, einem Schuss Cognac, Zartbitterschokolade,<br />
mineralische Noten<br />
DO Ribera del Duero
und sogar etwas Erdbeere. Zwar wurde<br />
bei diesem Wein (deutlich spürbarem)<br />
an Holzeinsatz nicht gespart,<br />
aber dennoch präsentiert er sich im<br />
Mund geradezu superschmelzig; süße<br />
eingelegte Früchte harmonieren mit<br />
feiner Schokolade und enden in einem<br />
sehr langen Abgang, der von wiederum<br />
likörig-süßen Noten sowie einem<br />
Schuss Marzipan getragen ist. Ja, das<br />
gefällt uns und auch die Bewertungen<br />
sind fast unisono: Von mir gibts 91+,<br />
von Stephan Argauer 92 und von Günter<br />
Dornheim 92+ Punkte. Wenn sich<br />
jetzt diese Verkostungsnotiz vom November<br />
2005 so anhört, als ob wir<br />
Ihnen diesen Wein als Kaminwein ans<br />
Herz legen wollen, der an kalten Winterabenden<br />
Ihre Seele wärmt, dann<br />
haben Sie es richtig erkannt. Gleichwohl<br />
haben uns Annemaries köstliche<br />
Kammsteaks mit Rosmarinkartoffeln<br />
ebenso erwärmt, es lebe der Kontrast!<br />
Trinkempfehlung ab Winter 2006.<br />
Preis bei uns 26 Euro, in den Staaten<br />
müssten Sie übrigens 57 Dollar dafür<br />
hinblättern! Wie gut, dass wir hier...<br />
Pago de Carraovejas<br />
Reserva 1998<br />
Gott sei Dank, dass wir nach der<br />
doch eher enttäuschenden Crianza<br />
2002 nun die Reserva im Glas haben<br />
dürfen; es liegen Welten dazwischen!<br />
Die Traubenzusammensetzung ist<br />
fast die gleiche, aber der Merlotanteil<br />
wurde zugunsten des Cabernets<br />
weggelassen. In der Nase Röstaromen<br />
des Holzes (Kaffee), Orangenschale,<br />
schwarze Johannisbeere und florale<br />
Noten wie Veilchen und Flieder. Im<br />
Mund schmeckts nach dieser Marmelade,<br />
die man im Gitterkuchen verwendet<br />
(Johannisbeergelee?), durch-<br />
aus saftig im Trunk mit frischer,<br />
belebender Säure und mittellangem<br />
Abgang, der allerdings auch von seiner<br />
Säure getragen ist. Der Sauerbraten<br />
drängt sich also schon namentlich<br />
auf! Norbert Wittmann vergibt<br />
86, Günter Dornheim 86+ Punkte.<br />
Meine etwas höhere Wertung von 89+<br />
Punkten erklärt sich dadurch, dass<br />
ich diesen Wein schon in erheblich<br />
besserer Verfassung getrunken habe.<br />
Verkostet im März 2005.<br />
Pago de<br />
Carraovejas<br />
Crianza<br />
2003<br />
Vor uns steht die erste<br />
Version einer Crianza<br />
aus dem Jahrgang 2003,<br />
die wir bis dato im Glas<br />
hatten. In der Nase schon bietet er<br />
eine enorme Aromenvielfalt: Erdbeere<br />
paart sich mit Pfeffer, Johannisbeere<br />
mit Leder, Waldbeeren mit Minze und<br />
sogar ein wenig Mokka; kurz gesagt<br />
küsst hier süße Frucht die halbe Kräuterpalette!<br />
Im Mund präsentiert er<br />
sich saftig und preiselbeersahnig mit<br />
wiederum herben Kräuternoten. 14%<br />
Alkohol sprechen eine deutliche, aber<br />
überzeugende Sprache: Das ist nicht<br />
Jägermeister, sondern meisterlicher<br />
Jägerwein! Reichen Sie ihn zur kompletten<br />
Wildauswahl und lassen Sie<br />
die Preiselbeerbeilage einfach weg,<br />
denn der Pago hat sie schon drin! Im<br />
langen Abgang kommt er mit solch<br />
verführerischen Noten (Vanille und<br />
Marzipan) daher, die für die Tochter<br />
u n d die Schwiegermutter ausreichen<br />
würden! Bei Günter Dornheim,<br />
Stephan Argauer und mir verpasst er<br />
nur knapp den Sprung in die begehrten<br />
90-Punkteränge (also 89+), weil er<br />
ein kleines Manko mitbringt: Seinen<br />
Preis von fast 25 Euro! Verkostet im<br />
November 2005.<br />
Pesquera Flight<br />
bestehend aus 95er Crianza,<br />
96er Crianza und 91er Reserva.<br />
Ich habe alle drei Weine an einem<br />
Sonntag im Januar 2005<br />
geöffnet. Ich will Ihnen zeigen,<br />
wie viel Spaß es machen<br />
kann, verschiedene Weine eines<br />
Weinguts zu vergleichen.<br />
Noch mehr Spaß macht es<br />
natürlich mit gleichgesinnten Weinfreunden!<br />
Nun aber zu den Weinen<br />
selbst: Um 18 Uhr war der 95er am<br />
schnellsten zugänglich, mit intensiven<br />
Noten nach Röstnoten des Holzes,<br />
Schoko und Karamell, frischer<br />
Erdbeere und Marzipan in der Nase,<br />
der 96er etwas verhaltener in der<br />
Nase, Noten von Kräutern, Schlehe,<br />
überreifer Erdbeere und viel nassem<br />
Holz, die 91er Reserva noch sehr verhalten;<br />
zunächst einmal dominiert<br />
viel Holz, Torf, Waldboden und Moor.<br />
Im Mund der 95er leicht schokoladig,<br />
aber auch mit etwas störenden Gemüsenoten,<br />
der 96er fast ebenso und die<br />
Reserva beißt derzeit mit ungereiften<br />
Tanninen (wie lang wollen die denn<br />
noch reifen?). Um 22 Uhr der 95er im<br />
Mund schon leichte Bittertöne; der ist<br />
wohl schon rum! Der 96er hat auch<br />
nicht unbedingt gewonnen, aber die<br />
Reserva entwickelt nun eine gewisse<br />
Eleganz. Die primären Eindrücke sind<br />
verflogen, stattdessen in der Nase<br />
viel frugaler, im Trunk Schokolade<br />
und wiederum Kräuter, wäre derzeit<br />
gut zu kurzgebratenem Steak, ist<br />
aber momentan noch nichts zum Jubilieren.<br />
Am nächsten Morgen habe<br />
ich alle drei noch einmal nachverkostet,<br />
und siehe da, der 95er zeigte sich<br />
enorm saftig, wenn auch mit relativ<br />
kurzem Finish. Tja,<br />
wenn der gestern schon<br />
so angenehm fruchtbetont<br />
gewesen wäre,<br />
dann hätte ich jetzt bestimmt<br />
noch ein kleines<br />
Schlückchen in der Flasche...<br />
Der 96er konnte<br />
nicht mehr zulegen, die<br />
störenden Gemüsenoten<br />
sind geblieben. Ganz<br />
anders die Reserva!<br />
Wüsste ich nicht, dass<br />
das dieselbe Flasche ist<br />
wie gestern, wäre ich fast geneigt zu<br />
schreiben, dass es ein anderer Wein ist:<br />
In der Nase dominieren nur noch die<br />
Beerennoten (insbesondere Erdbeere)<br />
und etwas Vanille, im Mund präsentiert<br />
er sich fast schmelzig, mit sehr konzentrierter,<br />
angenehmer Frucht und<br />
beachtlichem Körper. Im überraschend<br />
langen Abgang dominieren wiederum<br />
eingekochte Früchte mit einem Schuss<br />
Mokka hintendran. Wie gut, dass ich<br />
ihm Zeit gegeben habe! Meine Bewertung:<br />
Crianza 1995 86 Punkte, Crianza<br />
1996 78 Punkte und für die Reserva<br />
1991 so um die 88+. Preisangaben sind<br />
Fehlanzeige, da ich alle drei zusammen<br />
bei ebay als Schnäppchenpaket für ca.<br />
50 Euro ersteigert habe.<br />
DO Ribera del Duero 112<br />
113<br />
DO Ribera del Duero
In der Nase Zartbitterschokolade mit<br />
einem Schüsschen Minze (After Eight-<br />
Plättchen lassen schön grüßen!), gefolgt<br />
von Brombeerfrucht und Unterholz.<br />
Im Mund nicht sonderlich anders,<br />
vielleicht Preiselbeernoten, Bitterschokolade<br />
und etwas Mokka, doch das<br />
strenge Tanningerüst lässt den Wein<br />
nicht zu einem „Schmeichler“ geraten.<br />
Im mittellangenen Abgang noch einmal<br />
Frucht und Mokka. Der Wein wird<br />
übrigens aus 97 % Tempranillo und 3<br />
% Albillo (weiße Rebsorte) vinifiziert.<br />
Von Günter Dornheim 79+ Punkte,<br />
von mir so um die 83. Passt zu unserer<br />
Chorizo in Rotweinsauce. Selbigen<br />
Wein sollten Sie dann auch für die Sauce<br />
verwenden. Bei einem Preis von 17<br />
Euro geht das ja auch noch. Verkostet<br />
im Januar 2005.<br />
Extra für Sie geöffnet habe ich den<br />
„kleinen“ Vega Sicilia, der allerdings<br />
in seiner 99er-Version die Nobellinie<br />
Unico in der Wertung der Weinpäpste<br />
glatt hinter sich lässt! 85% Tinto fino<br />
(Tempranillo) und hauptsächlich Merlot<br />
reifen in Eichenfässern und danach<br />
in der Flasche über fünf Jahre.<br />
DO Ribera del Duero<br />
Teófilo Reyes<br />
Crianza 2001<br />
Vega Sicilia Valbuena 1999<br />
114<br />
So präsentiert er sich in der Nase mit<br />
(derzeit noch etwas dezenten) Noten<br />
von Schokolade, Cassis, feinen Beeren<br />
(sogar Erdbeere), Edelhölzern, exotischen<br />
Gewürzen und edlem Tabak. Im<br />
Mund aufgrund seiner Jugend noch<br />
etwas tanninlastig, aber bei entsprechender<br />
Belüftungszeit wiederholt<br />
sich wirklich jede einzelne<br />
Nuance des soeben freudig<br />
Erschnüffelten und breitet<br />
sich im Gaumen geradezu<br />
explosionsartig aus. Holz<br />
und Alkohol (doch stattliche<br />
14%!) sind jetzt schon<br />
perfekt eingebunden und<br />
der bärig-beerige Abgang<br />
will schier überhaupt nicht<br />
enden! Bewertung im Guía<br />
Campsa 96 Punkte, im Peñin<br />
genauso, bei Proensa gar<br />
98, der alpunto-Weinführer<br />
lässt sich „nur“ zu 88 hinreißen.<br />
Robert Parker sagt: „Patience<br />
will be required“ und vergibt 91; ich<br />
persönlich vergebe in der derzeitigen<br />
Reifephase des Weines so etwa 93+<br />
Punkte, wohl wissend, dass mir das<br />
Christkind eine zweite Flasche gebracht<br />
hat. Selbige werde ich mir wohl<br />
erst im Jahre 2008 zu Gemüte führen<br />
und an einem Abend ganz für mich alleine...<br />
Bei einem Preis von ca. 95 Euro<br />
sollte sich das Warten wohl auf jeden<br />
Fall lohnen! Verkostet am 2. und 3. Januar<br />
2005.<br />
Altanza Reserva Especial 1998<br />
Nach gut einer Stunde Dekantierzeit<br />
duftet dieser Tropfen genauso edel<br />
wie die Aufmachung seiner exklusiven<br />
Verpackung gestaltet ist: Feinstes<br />
Johannisbeergelee, Weichselkirsche,<br />
DO Rioja<br />
heller Nougat und neues Leder sind<br />
die Noten, die unser Näschen geradezu<br />
vibrieren lassen! Genauso aufregend<br />
gehts fast unisono im Mund weiter, getragen<br />
von einer schon belebend erfrischenden<br />
Säure, die jeden Schluck des<br />
Weines zum Hochgenuss emporträgt.<br />
Und, wie Sie vielleicht schon ahnen,<br />
auch im langen, wiederum sehr fruchtbetonten<br />
Finale wiederholen sich all<br />
diese köstlichen Aromen im vorzüglichen<br />
Zusammenspiel. Selten habe ich<br />
einen Wein mit solch erhabener Harmonie<br />
von Anfang bis Abgang im Glas<br />
gehabt, und das sollte mir doch 93+<br />
Punkte wert sein. Der Reserva Especial<br />
aus 100% Tempranillo reift übrigens<br />
24 Monate in französischen und russischen<br />
(!) Eichenfässern sowie mindestens<br />
18 Monate in der Flasche, bevor<br />
er verkauft wird. Absolut trinkreif verkostet<br />
im Oktober 2005. Preis vermutlich<br />
um 30 Euro, ich habe ihn bis dato<br />
in Deutschland noch nicht gefunden.<br />
Amancio 2001<br />
Und hier donnert der neue Shootingstar<br />
des Tausendsassas Marcos Eguren<br />
(Numanthia, Termanthia, Señorío<br />
de San Vicente, Colección Privada, El<br />
Bosque) heran: In der Nase notieren<br />
115<br />
wir vor den Früchten (Preisselbeere<br />
und Brombeere, ansonsten extrem<br />
traubig) zunächst einmal viele dunkle<br />
Noten wie Lakritz, Teer, unangezündete<br />
Havanna-Zigarre und dunkle<br />
Brotrinde. Im Mund sofort und<br />
absolut gaumenausfüllend, danach<br />
machen sich zum Zeitpunkt unserer<br />
Verkostung (Februar 2005) zunächst<br />
einmal Aromen von viel Preisselbeeere,<br />
Johannisbeere, Pflaume, Schlehe<br />
und Feuerstein (also eher mineralische<br />
Noten) bemerkbar, die natürlicherweise<br />
derzeit noch vom rau(h)en<br />
Tannin erschlagen werden. Unwahrscheinlich<br />
voluminös, kräftig und<br />
körperreich und trotz stattlicher 14%<br />
Alkoholgehalt in keinster Weise aufdringlich<br />
wirkend; im Abgang noch<br />
einmal omnipotent mit viel schwarzer<br />
Frucht. Es gilt, wie so oft, kaufen und<br />
ihn in der hintersten Ecke Ihres Weinkellers<br />
verschwinden zu lassen. Wir<br />
prognostizieren eine Topentwicklung<br />
von 2007 bis mindestens 2020! Preis<br />
leider 95 Euro! Bei Proensa gibts für<br />
diesen 100%-igen Tempranillo gleich<br />
98 Punkte, bei Peñin 96, das Jahrbuch<br />
von El Pais zählt ihn gar zu den Top-<br />
Twelve des spanischen Jahrgangs!<br />
Norbert Wittmann belohnt ihn mit 94,<br />
ich mit 96+ Punkten, die sich mit zunehmender<br />
Reife sicherlich erhöhen<br />
werden. Verkostet im Februar 2005.<br />
DO Rioja
Bagordi<br />
Garnacha<br />
Crianza<br />
1998<br />
In der Nase feine Röstnoten des Holzes,<br />
Kaffee, dunkle Beerenfrüchte,<br />
Teer und Obstschalen (Apfel und<br />
Orange), eine Spur Rumtopf, dunkle<br />
Brotrinde, Kakao und eine Spur Johannisbeergelee,<br />
die in diesem klassischen<br />
Gitterkuchen verwendet wird.<br />
Im Mund wiederholt sich alles aufs<br />
Hervorragendste (besonders der Rumtopf),<br />
gepaart mit einer schmelzigen,<br />
aber kräftigen Struktur mit perfekt<br />
eingebauten Tanninen und Alkohol<br />
(14%). Im sehr langen Abgang geht´s<br />
noch einmal richtig fruchtig-süß zur<br />
Sache. Passt selbstverständlich vorzüglich<br />
zu kräftigen Käsen, aber noch<br />
viel lieber als zum Essen schätzen wir<br />
ihn als feinen Meditationswein zum<br />
festlichen Anlass. Für mich steht er<br />
kurz vorm Sprung zur 90-Punktemarke,<br />
also 89+ Punkte von mir, vom Mitdegustanten<br />
Norbert Wittmann sogar<br />
92, ebenso wie von Annemarie, die<br />
ihn zu ihren erklärten Favoriten spanischer<br />
Weine zählt! Preis 35 Euro.<br />
Bagordi Crianza 2000<br />
„Möchten Sie die Karte oder gleich<br />
Bagordi?“ Diese so oft von unseren<br />
Gästen mit “Bagordi“ beantwortete<br />
Frage mochte selbst Miguel Bollmann<br />
nicht glauben, bis er sich bei einem<br />
Besuch in unserer Bodega selbst davon<br />
überzeugen konnte. Unser Freund<br />
Miguel ist der rührige Mitinhaber von<br />
Bagordi und seine Crianza ist im Lauf<br />
der Zeit quasi zu einem Synonym für<br />
unser Lokal geworden, was ja auch<br />
nicht zu verwundern braucht, denn:<br />
Schon gleich nach dem Öffnen offenbaren<br />
sich vielschichtige Aromen<br />
wie Brombeere, Kakao, Dörrpflaume,<br />
Veilchen und Cassis. Auch im Mund<br />
geht´s genauso heiter fruchtig weiter.<br />
Warme Noten, Frucht, Alkohol<br />
und eine angenehm frische Säure<br />
harmonieren wohlfeil miteinander.<br />
Dieser Wein aus 95% Tempranillo und<br />
5% Merlot ist in sich so stimmig, dass<br />
all die Eindrücke im langen Abgang<br />
noch einmal fröhlich Hochzeit feiern.<br />
Bagordi Crianza heißt auf deutsch also<br />
gute Laune pur, passt fast zur gesamten<br />
Bandbreite spanischer Tapaskultur<br />
und kostet 12,50 Euro. Dafür gibt´s<br />
87+ Punkte von mir. Verkostet im Jahre<br />
2005 mindestens einmal pro Woche.<br />
Usoa de<br />
Bagordi<br />
Crianza<br />
2000<br />
Und hier gleich die dazugehörige Crianza<br />
aus der gleichen Linie. Er duftet<br />
nach viel frischer Frucht (Brombeere,<br />
Pflaume und Kirsche), aber auch nach<br />
angenehmen Noten des Holzes, feinem<br />
Mokka und dezenten Rumtopfnoten;<br />
mit anderen Worten, da ist<br />
richtig was los in der Nase! Im Mund<br />
sehr gefällig, saftig nach Pflaume und<br />
schwarzer Johannisbeere mit sauberem,<br />
wiederum sehr fruchtbetontem<br />
Abgang! Seine doch stattlichen 13,5%<br />
Alkohol sind blitzsauber eingebunden.<br />
Lammgulasch oder ein deftiger Schmorbraten<br />
dazu, und der Winter kann<br />
kommen! So soll er sein, der Biowein!<br />
Verkostet im März 2005. Norbert<br />
117<br />
Wittmann und ich vergeben unisono<br />
86+ Punkte. Auch der Preis von ca.<br />
12 Euro geht in Ordnung, wenn man<br />
bedenkt, dass der Wein schon mal<br />
16 Monate im Barrique schlummern<br />
durfte!<br />
100% Tempranil-<br />
lo, 100% Bio, das<br />
ist der neue Jahr-<br />
Usoa de gang von Bagordis<br />
Ökoweinschiene.<br />
Bagordi<br />
Zum Zeitpunkt<br />
Tinto Jo-<br />
meiner Verkosven<br />
2004<br />
tung (28. Februar<br />
2005) war der<br />
Wein gerade mal<br />
drei Wochen in<br />
d i e F l a s c h e g e -<br />
f ü l l t , u n d d a s<br />
ist gut so! In der<br />
Nase präsentiert<br />
er sich (klassischerweise)äusserst<br />
traubig und<br />
mit dem Duft von<br />
frisch gepresstem Kirschsaft (vorausgesetzt,<br />
sowas gibts überhaupt!),<br />
im Mund genauso saftig , frisch, klar<br />
und fruchtig mit moderater Säure. So<br />
mag ich jungen Wein aus dem Stahltank,<br />
schon mit einer gewissen Kraft,<br />
aber nicht aufdringlich schwer und<br />
durchaus passabler Länge im Abgang.<br />
Diese Art von Wein schreit geradezu<br />
nach Tapas wie Serrano, Oliven und<br />
nicht zu schwerem Käse, oder sogar<br />
nach bayrischer Brotzeit! Über den<br />
Preis von (geschätzten) 7 Euro gibts<br />
wohl auch nichts zu meckern. Ach ja,<br />
Punkte: 85 von mir und von Norbert<br />
Wittmann ebenso!<br />
DO Rioja