Kabale und Liebe - beim Theater Oberhausen
Kabale und Liebe - beim Theater Oberhausen
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<strong>Kabale</strong><br />
<strong>und</strong> <strong>Liebe</strong><br />
Friedrich Schiller
Manja Kuhl<br />
<strong>Kabale</strong> <strong>und</strong> <strong>Liebe</strong><br />
Was kann, soll <strong>und</strong> darf man über <strong>Kabale</strong> <strong>und</strong> <strong>Liebe</strong><br />
sagen? Die drei berühmten Fragen Kants könnten ein<br />
Leitfaden sein: Was kann ich wissen? Was soll ich tun?<br />
Was darf ich hoffen? Von Anfang an hat Schiller das<br />
„Streben nach dem hohen Schönen“ zu einem<br />
„Rigorismus im Moralischen“ treiben wollen. Die Moral<br />
ist es, zu der sich, geradezu hysterisch, die Handlung<br />
von <strong>Kabale</strong> <strong>und</strong> <strong>Liebe</strong> hinaufschraubt. Nach dem Erfolg<br />
der Räuber 1781, nach der Verschwörung des Fiesco<br />
zu Genua ist 1784 das Drama beendet, das nach dem<br />
Vorbild von Lessings Heldinnen, zumal der Emilia<br />
Galotti, zunächst Luise Millerin heißen sollte. Das<br />
Thema sorgte in ganz Europa für Bestseller: Ein bürgerliches<br />
Mädchen wird durch einen Adligen verführt,<br />
durch die Moral ihres Vaters zum Tod getrieben. Dann<br />
empfahl der Schauspieler Iffland Schiller einen anderen<br />
Titel, politischer <strong>und</strong> verkaufsträchtiger: <strong>Kabale</strong> <strong>und</strong><br />
<strong>Liebe</strong>. Zumal in diesem UND der schärfste Klassengegensatz<br />
aufscheint: Dort die <strong>Kabale</strong>, die Intrigenwelt<br />
des Hofs. Hier die <strong>Liebe</strong>. Aber welche?<br />
Irrsinn einer Welt, in der die <strong>Kabale</strong> um so einleuchtender<br />
scheint, je mehr die <strong>Liebe</strong> bereit ist, sich in Abgründe<br />
zu stürzen. Die Schlüsselfigur der <strong>Kabale</strong> ist Lady Milford,<br />
die Geliebte des Landesfürsten. Seine anstehende<br />
Heirat erfordert, seiner Geliebten eine moralische<br />
Fassade zu geben: eine Ehe. Zusammen mit seinem<br />
Intim-Fre<strong>und</strong>, dem Hofmarschall von Kalb, hat Präsident<br />
von Walter die einleuchtende Idee, sein Sohn Ferdinand<br />
solle die Milford heiraten. Natürlich wäre das auch für<br />
ihn <strong>und</strong> Kalb günstig. Dennoch: Er hat wirklich den<br />
Aufstieg seines Sohnes im Blick.<br />
Ferdinand aber liebt Luise. Unbegreiflich für seinen<br />
Vater. Unbegreiflich aber auch für Luisens Vater, einen<br />
Bürgerlichen. Aber auch ein Künstler: ein Musiker. War<br />
er einmal ein Pop-Star? Kommt aus dieser verblassten<br />
Freiheit der Zorn gegen seine Frau, wenn sie von der<br />
Neigung Ferdinands zu ihrer Tochter schwärmt? Ungeschickterweise<br />
noch angeberisch vor dem Haussekretär<br />
des Präsidenten, der Luise innigst liebt. Ein hässliches<br />
Licht fällt auf ihn von Anbeginn: Schiller gibt ihm den<br />
Namen Wurm. Wie er sich einkrümmt bei Luisens Vater,<br />
um dessen Unterstützung zu gewinnen, ist nur der<br />
ehrliche Vorschein dessen, was er als Werkzeug des<br />
Präsidenten <strong>und</strong> aus eigenstem Interesse dann auf<br />
krummsten Wege zustande bringen will: die Trennung<br />
von Ferdinand <strong>und</strong> Luise. Er hat einen teuflischen Plan.<br />
Das muss selbst der Präsident als politischer Profi<br />
zugestehen: „Das Gewebe ist satanisch fein.“ …<br />
Ein Gewebe – das ist Schillers bürgerliches Trauerspiel<br />
<strong>Kabale</strong> <strong>und</strong> <strong>Liebe</strong> selber. Nicht nur als <strong>Kabale</strong>, als das<br />
Verstrickte der Handlung, das zuletzt alle ins Unglück
zerren wird. Sondern demzuvor als das Verwirkte der<br />
<strong>Liebe</strong> selber: ein Geflecht unglücklichster <strong>Liebe</strong>n.<br />
Was soll ich tun? Wie soll Vater Sohn lieben? Wie Vater<br />
Tochter? Und dann auch noch seine Frau? Und wen<br />
liebt die eigentlich alles? Wie sollte die Milford lieben in<br />
ihrer ratlosen Klugheit? Wie Wurm in seiner intelligentesten<br />
Ratlosigkeit? Wie Ferdinand in der Pubertät seines<br />
Vaterkonflikts? Wie Luise in ihrer <strong>Liebe</strong>, zerrissen<br />
zwischen Geliebtem <strong>und</strong> Vater? – Schillers Antwort:<br />
Nur, <strong>und</strong> gleichzeitig gar nicht, indem wir alle hysterisch<br />
werden, hysterisch als Gestalten eines bürgerlichen<br />
Trauerspiels. – Und dann die Intrige, die Luise zur Lüge<br />
<strong>und</strong> zum Schweigen zwingt …<br />
Was kann ich wissen? Unter den zehn Geboten, die Gott<br />
den Menschen gab, gibt es ein Gebot erstaunlicherweise<br />
nicht. ‚Du sollst nicht lügen.’ Darf man also lügen?<br />
Auch das eine Frage von Kant: Gibt es ein Recht,<br />
aus Menschenliebe zu lügen? Die rigorose Antwort<br />
der Moral: Nein. Bei Schiller erweist sich: Das ist tödlich.<br />
Was darf ich hoffen? Nichts als eine bittere Limonade. Gift<br />
<strong>und</strong> Tod. Mehr gibt es nicht für diese beiden <strong>Liebe</strong>nden,<br />
die hochherzig <strong>und</strong> selbstverliebt, paranoisch <strong>und</strong><br />
klarsehend, in ihrer gestörten Jugend davon träumten,<br />
Menschen werden zu wollen.<br />
Tilman Raabke<br />
Susanne Burkhard, Manja Kuhl, Hartmut Stanke<br />
Henry Meyer, Sergej Lubic<br />
Jürgen Sarkiss, Ellen Céline Günther<br />
Sergej Lubic, Anja Schweitzer<br />
Martin Hohner, Henry Meyer
<strong>Kabale</strong> <strong>und</strong> <strong>Liebe</strong><br />
Friedrich Schiller<br />
Mit Susanne Burkhard (Sophie, Kammerjungfer der Lady),<br />
Ellen Céline Günther (Luise Miller), Manja Kuhl (Lady Milford,<br />
Favoritin des Fürsten), Anja Schweitzer (Millers Frau) / Torsten<br />
Bauer (Hofmarschall von Kalb), Martin Hohner (Wurm, Haussekretär<br />
des Präsidenten), Sergej Lubic (Ferdinand von Walter,<br />
Major), Henry Meyer (Präsident von Walter), Jürgen Sarkiss<br />
(Miller, Stadtmusikant), Hartmut Stanke (Ein Kammerdiener<br />
des Fürsten)<br />
Regie Peter Carp Bühne Caroline Forisch Kostüme Gertrud<br />
Rindler-Schantl Dramaturgie Tilman Raabke Regieassistenz<br />
Christoph Todt Kostümassistenz Ines Koehler Regiehospitanz<br />
Cyrina Hötzel Licht Alexandra Sommerkorn Ton<br />
Heiko Jooß, Philipp Schmidt, Kevin Berlauwt Bühnenmeister<br />
Gunther Elsasser Maske Thomas Müller Requisite Hermann<br />
Schulz Inspizienz Stephanie Simons Soufflage Markus Henkel<br />
Premiere 18. Januar 2013 im Großen Haus<br />
Dauer 2 St<strong>und</strong>en 45 Minuten. Eine Pause<br />
Weitere Vorstellungen <strong>und</strong> Infos unter 0208 / 85 78 184<br />
<strong>und</strong> www.theater - oberhausen.de<br />
<strong>Theater</strong> <strong>Oberhausen</strong><br />
Spielzeit 12 / 13, Nr. 3<br />
Will-Quadflieg-Platz 1<br />
46045 <strong>Oberhausen</strong><br />
Telefon 0208/85 78 - 184<br />
Telefax 0208/800 703<br />
besucherbuero@theater-oberhausen.de<br />
Intendant Peter Carp<br />
Redaktion Tilman Raabke<br />
Design Benning, Gluth & Partner, <strong>Oberhausen</strong><br />
Probenfotos Axel J. Scherer<br />
Druck Walter Perspektiven<br />
www.theater- oberhausen.de<br />
Sergej Lubic, Torsten Bauer