BEZAHLT WIRD NICHT! - beim Theater Oberhausen
BEZAHLT WIRD NICHT! - beim Theater Oberhausen
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Bezahlt wird nicht! –<br />
Die subversive Kraft<br />
des Komischen<br />
Schon wieder ist im Supermarkt alles teuer geworden!<br />
Wer bestimmt eigentlich die Preise und wer verdient<br />
an den überteuerten Lebensmitteln, die man ja kaufen<br />
muss, wenn die Familie nicht verhungern soll? Antonia<br />
und andere Hausfrauen geraten über die ständigen<br />
Preiserhöhungen so in Rage, dass sie den Supermarkt<br />
plündern. „Bezahlt wird nicht!“ ist ihr Schlachtruf. Jede<br />
rafft aus den Regalen, was ihr gerade zwischen die<br />
Finger kommt, gefrorene Kaninchenköpfe, Hirse für<br />
Kanarienvögel, Katzenfutter – ganz egal, nur schnell<br />
weg damit. Zu Hause angekommen, weiß Antonia erstmal<br />
gar nicht wohin mit den ganzen geklauten Sachen.<br />
Wenn ihr Mann Giovanni doch nur nicht so gesetzestreu<br />
wäre! Und schon hat die Polizei den Wohnblock umstellt<br />
und macht sich auf die Suche nach den gestohlenen<br />
Lebensmitteln. Also wird Antonias Freundin Margherita<br />
mit dem Diebesgut als Schwangere ausgestopft, um<br />
die Waren in Sicherheit zu bringen. Leider kommt<br />
Giovanni dazu und wundert sich über die plötzliche<br />
Schwangerschaft. Doch Antonia ist nie um eine<br />
Ausrede verlegen, auch wenn sie sich dabei um Kopf<br />
und Kragen redet. Die turbulente Komödie in bester<br />
Commedia dell’arte – Tradition nimmt ihren Lauf.<br />
„Im Gelächter liegt der höchste Ausdruck des Zweifels,“<br />
schrieb der italienische Nobelpreisträger Dario Fo.<br />
Bei Bezahlt wird nicht! macht Fo aus einem Stoff,<br />
der eigentlich Ausgangspunkt für ein Sozialdrama sein<br />
könnte, eine witzige Farce. Die subversive Kraft des<br />
Komischen hat auch der Clown und Komiker Beppe<br />
Grillo für seinen Wahlkampf genutzt. Mit seiner Partei<br />
der „5 Sterne“ schaffte er es bei den italienischen<br />
Parlamentswahlen Ende Februar 2013, über 25 % der<br />
Stimmen zu gewinnen. Grillo nutze dabei für seine<br />
Auftritte öffentliche Plätze, auf denen er, wie die Volkstheater-Gruppen<br />
im Mittelalter, agierte. Interviews und<br />
Fernsehauftritte verweigert Grillo, sein Parteiprogramm<br />
verkündete er via Internet. Grillos Ziel ist eine direkte<br />
Volksbeteiligung via Internet, abseits des etablierten<br />
Parteiensystems. Unterstützt wird er dabei von Dario Fo,<br />
für den <strong>Theater</strong> immer schon ein Mittel der politischen<br />
Agitation war. Seine Stücke zielen auf das heftige<br />
Lachen der Zuschauer ab. „Denn das Lachen“, so Fo,<br />
„bewirkt, dass der Zorn gespeichert wird, nicht abreagiert,<br />
sondern umgesetzt wird in aktives Handeln.“<br />
Im ebenfalls krisengeschüttelten Griechenland, der<br />
zweiten Heimat des deutsch-griechischen Regisseurs<br />
Sarantos Zervoulakos ist Bezahlt wird nicht! eines<br />
der meist gespielten Stücke auf den <strong>Theater</strong>spielplänen.<br />
Griechenland hat, wie Italien, eine lange Komödientradition,<br />
die immer auch mit einer politischen Dimension<br />
verknüpft war. Für Zervoulakos steckt die revolutionäre<br />
Kraft von Bezahlt wird nicht! in der anarchischen<br />
Kreativität ihrer Figuren. Antonia, Margherita und ihre<br />
Männer lassen sich nicht unterkriegen, sie begegnen<br />
der Krise mit unbedingten Überlebenswillen und einem<br />
Erfindungsreichtum, der stellenweise an kreativen<br />
Wahnsinn grenzt. Mit Witz und Energie meistern sie<br />
den absurden Parcours ihres Alltags und hoffen auf<br />
das erlösende, finale Wunder, wie es nur die Komödie<br />
schenken kann.<br />
Simone Kranz