Nachwachsende Rohstoffe - Deutscher Bundestag
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Drucksache 10/5558 <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> — 10. Wahlperiode<br />
Die Euphorbia lathyris (Kreuzblättrige Wolfsmilch)<br />
ist in unseren Breiten keine neue Pflanze. Aus<br />
Amerika kamen vor Jahren Meldungen über ihre<br />
hervorragende Eignung als Energie-(Treibstoff-)Pflanze.<br />
Sie zeichnet sich dadurch aus, daß<br />
der Samen ein 01 mit 80% Olsäureanteil enthält,<br />
eine Qualität, die von der Industrie besonders nachgefragt<br />
wird. Darüber hinaus enthält die Stengelmasse<br />
verarbeitungsfähige Kohlenwasserstoffe.<br />
Der züchterische Versuchsanbau hat erste positive<br />
Ansätze ergeben.<br />
Die zweijährige Pflanze bietet nach neueren Erkenntnissen<br />
die Chance, durch Herbstaussaat innerhalb<br />
eines Jahres zur Ernte gebracht zu werden.<br />
Damit ist eine wesentliche Voraussetzung für die<br />
wirtschaftliche Nutzung dieser Pflanze gegeben.<br />
Ein breiterer Versuchsanbau mit Modellcharakter<br />
ist für dieses Jahr geplant, wobei vor allem folgende<br />
Einzelfragen geklärt werden sollen:<br />
— Erprobung geeigneter Anbau- und Ernteverfahren;<br />
— optimale Nutzung der Inhaltstoffe der Stengelmasse;<br />
— technische Gewinnung der Öle;<br />
— Verwertung der Rückstände.<br />
Die Züchtungsarbeiten, um aus den Wildformen der<br />
verschiedenen Cuphea Arten eine Kulturpflanze<br />
für die industrielle Nutzung zu erhalten, sind in den<br />
USA weit gediehen. Ebenfalls erfolgversprechend<br />
sind die züchterischen Arbeiten des Instituts für<br />
Pflanzenzucht an der Universität Göttingen. Die<br />
Cuphea-Pflanzen sind subtropischer bzw. tropischer<br />
Herkunft und kommen als Kräuter oder Strauch<br />
vor. Unterteilt nach 12 Gattungen sind bisher rd. 65<br />
von den geschätzten 260 Arten untersucht worden.<br />
Cupheas enthalten im allgemeinen 5 verschiedene<br />
Fettsäuren. Fettsäuren mit 18 Kohlenstoffatomen<br />
(C 18) kommen zu einem deutlich geringeren Anteil<br />
als in anderen Ölpflanzen vor, meist handelt es sich<br />
um C 10 - und C 12-Fettsäuren. Auch C8- und C 14-Fettsäuren<br />
sind in geringem Anteil enthalten. Das Fettsäurespektrum<br />
dieser Pflanze entspricht damit den<br />
am meisten gefragten Anforderungsprofilen der<br />
fettchemischen Industrie. Die Cuphea wäre die einzige<br />
Ölpflanze, mit der die in Europa ausschließlich<br />
aus Drittlandseinfuhren stammenden kurz- und<br />
mittelkettigen Fettsäuren aus Kokos- und Palmkernöl<br />
substituiert werden könnten. Nach jetzigem<br />
Erkenntnisstand scheint Cuphea nicht für den Anbau<br />
in der Bundesrepublik Deutschland, jedoch für<br />
die mediterranen Standorté in der EG geeignet. Der<br />
Zeitbedarf bis zur Entwicklung einer anbaufähigen<br />
Pflanze — Beseitigung störender Wildpflanzenmerkmale,<br />
klimatische Adaptation an europäische<br />
Verhältnisse und Steigerung der Ölerträge — wird<br />
auf noch mindestens 10 Jahre geschätzt.<br />
Weiter ist die Andenlupine zu nennen, die von allen<br />
Lupinenarten den höchsten Gehalt an fettem Öl im<br />
Samen (bis zu 24 %) besitzt. Die Andenlupine könnte<br />
ohne große Schwierigkeiten für die Mittelmeerländer<br />
adaptiert werden. Aber auch Bestrebungen,<br />
sie an mitteleuropäische Verhältnisse anzupassen,<br />
sind im Gange. In Anbauversuchen sind bisher nur<br />
Kornerträge von maximal 15 dt/ha erzielt worden<br />
bei hoher Instabilität der Erträge.<br />
Längerfristig könnten auch der chinesische Ölrettich<br />
und die Ölcrambe aus dem mediterranen Bereich<br />
wegen ihres relativ hohen Erucasäuregehalts<br />
interessant werden. Die genetische Variabilität von<br />
Crambe ist nach ersten Versuchen nicht hoch einzuschätzen.<br />
Das Ausgangsniveau im Kornertrag<br />
von Ölrettich liegt bei 10 bis 15 dt/ha, das von<br />
Crambe bei 20 bis 25 dt/ha.<br />
Einen Überblick über die im europäischen Klimabereich<br />
zur Verfügung stehenden Ölpflanzenarten<br />
bringen die beiden folgenden Übersichten.<br />
Aus diesen Übersichten ist zu erkennen, daß Ölpflanzen<br />
für industrielle Zwecke in ausreichender<br />
Zahl sowohl hinsichtlich der Ölqualität (Ölsäure, Linolsäure,<br />
Erucasäure) als auch der pflanzenbaulichen<br />
Belange vorhanden sind.<br />
Von den heimischen Ölfrüchten hat der Winterraps<br />
den durch die Selektion auf Erucasäurefreiheit und<br />
Glucoseinolatarmut bedingten Ertragsrückgang<br />
weitgehend aufgeholt. Erucasäurehaltige Sorten<br />
spielen derzeit im Anbau eine untergeordnete Rolle.<br />
Sicherlich besteht hier ein gewisser züchterischer<br />
Nachholbedarf. Der vom Bundessortenamt für die<br />
Jahre 1948 bis 1981 festgestellte durchschnittliche<br />
jährliche Ertragszuwachs betrug 0,43 dt/ha, in den<br />
letzten 14 Jahren 0,53 dt/ha. Bei gleichbleibender<br />
Tendenz kann daher mit Samenerträgen von<br />
36,8 dt/ha und mit Ölerträgen von ca. 15 dt/ha um<br />
die Jahrtausendwende gerechnet werden.<br />
Vom Leindotter sind Winterformen in der züchterischen<br />
Entwicklung, die ein Kornertragsvermögen<br />
von 35 bis 40 dt/ha erreichen sollen; 25 bis 30 dt/ha<br />
werden für Öllein angegeben.<br />
Das Ertragspotential des Sarepta-Senfs schließlich<br />
ist dem vom Sommerraps gleichzusetzen. Inzwischen<br />
sind winterharte Formen aus ausländischen<br />
Herkünften selektiert worden, so daß möglicherweise<br />
ertragreichere Winterformen entwickelt werden<br />
können. Da der Senf überdies im Gegensatz<br />
zum Raps phomaresistent ist, liegt hier ein besonderer<br />
Vorteil für den Anbau.<br />
Langfristig können auch einige Wildarten der feldmäßigen<br />
Ölproduktion zugeführt werden. Gemeinsam<br />
ist allen Wildarten, daß sie mehr oder weniger<br />
zahlreich und ausgeprägt Wildtypmerkmale besitzen,<br />
die für den Anbau hinderlich sind und durch<br />
die erwünschten „Kulturmerkmale" ersetzt werden<br />
müssen. Fruchtabfall bei Reife und langanhaltende<br />
Keimruhe der Samen sind typische Beispiele. Je<br />
nach Art ist für diese Entwicklungsarbeiten ein<br />
Zeitraum von 15 bis 20 Jahren anzunehmen, bevor<br />
die eigentliche Sortenzüchtung beginnen kann.<br />
Ausschlaggebend für eine erfolgreiche Bearbeitung<br />
ist die artspezifische genetische Variabilität. Ihre<br />
Größenordnung zu überprüfen und weitere für die<br />
Ertragsbildung wichtige genetische Parameter abzuschätzen,<br />
ist z. Z. Gegenstand eingehender Unter-