Das Übereinkommen mit Leben füllen - Was ist erreicht ... - Unesco
Das Übereinkommen mit Leben füllen - Was ist erreicht ... - Unesco
Das Übereinkommen mit Leben füllen - Was ist erreicht ... - Unesco
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
UNESCO-<strong>Übereinkommen</strong> zum Schutz und zur Förderung der Vielfalt<br />
kultureller Ausdrucksformen<br />
<strong>Das</strong> <strong>Übereinkommen</strong> <strong>mit</strong> <strong>Leben</strong> <strong>füllen</strong> -<br />
<strong>Was</strong> <strong>ist</strong> <strong>erreicht</strong>, was <strong>ist</strong> zu tun?<br />
CHRISTINE M. MERKEL<br />
Mit dem "<strong>Übereinkommen</strong> zum Schutz und zur Förderung der Vielfalt kultureller<br />
Ausdrucksformen" hat die 33. UNESCO-Generalkonferenz nach intensiver Debatte am 20. Oktober<br />
2005 <strong>mit</strong> überwältigender Mehrheit einen wichtigen Völkerrechtsvertrag zur internationalen<br />
Kulturpolitik verabschiedet. Die Bundesregierung strebt die zügige Ratifizierung dieses UNESCO-<br />
<strong>Übereinkommen</strong>s an. Die Arbeit zum Beitritt der Europäischen Gemeinschaft - neben den 25 EU-<br />
Mitgliedstaaten - hat begonnen. Der Rat der EU-Kulturmin<strong>ist</strong>er hat dazu am 18. Mai 2006 einen<br />
Beschluss gefasst. In diesem Kontext fand die fünfte Konsultation der Bundesweiten Koalition<br />
Kulturelle Vielfalt <strong>mit</strong> 160 Teilnehmern am 30. Mai 2006 im Europasaal des Auswärtigen Amtes<br />
statt. Da<strong>mit</strong> <strong>ist</strong> ein wichtiger erster Auftakt für die künftige Arbeit <strong>mit</strong> diesem Instrument erfolgt.<br />
Weitere Analyseschritte werden folgen. Im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft wird<br />
die Deutsche UNESCO-Kommission im März 2007 eine europäische Konferenz zur Kulturellen<br />
Vielfalt veranstalten.<br />
Mit dem UNESCO-<strong>Übereinkommen</strong> zum Schutz und zur Förderung der Vielfalt kultureller<br />
Ausdrucksweisen wird die Berechtigung nationaler Kulturpolitik auch im Hinblick auf die fortschreitende<br />
Liberalisierung im Rahmen der Welthandelsorganisation (WTO) völkerrechtlich festgeschrieben.<br />
Kulturpolitik und öffentliche Kulturförderung erhalten gegenüber möglichen wettbewerbsrechtlichen<br />
Einschränkungen eine neue Legiti<strong>mit</strong>ät. Kulturpolitische Ziele nationaler Politik können <strong>mit</strong> internationalen<br />
Handelsabkommen wie zum Beispiel dem Allgemeinen Abkommen zum Handel <strong>mit</strong> Dienstle<strong>ist</strong>ungen<br />
(GATS) in Einklang gebracht werden. Kernstück des <strong>Übereinkommen</strong>s <strong>ist</strong> das Recht eines jeden Staates,<br />
regulatorische und finanzielle Maßnahmen zu ergreifen, die darauf abzielen, die Vielfalt der kulturellen<br />
Ausdrucksformen auf seinem Staatsgebiet zu schützen und zu fördern. Zugleich soll der Austausch von<br />
künstlerischen Ideen gefördert werden. Mit dem <strong>Übereinkommen</strong> wird die Besonderheit kultureller Güter<br />
und Dienstle<strong>ist</strong>ungen anerkannt.<br />
Bei der Konsultation der Bundesweiten Koalition für Kulturelle Vielfalt am 30. Mai 2006 im Europasaal<br />
des Auswärtigen Amtes wurden wichtige Etappen der Entstehungsgeschichte, Eindrücke von den<br />
Verhandlungen vor Ort und wichtige Elemente des jetzt vorliegenden Textes vorgestellt. Ab jetzt geht es<br />
darum zu erarbeiten, was für Bund, Länder, Kommunen und alle Kulturakteure daraus folgen wird. Die<br />
überraschend starke Beteiligung an der fünften Konsultation zeigt, dass das Interesse daran sehr hoch<br />
<strong>ist</strong>.<br />
In seiner Begrüßung sagte der Staatsmin<strong>ist</strong>er für Europa, Günter Gloser, es sei bemerkenswert, dass<br />
sich die EU in so großer Einmütigkeit für die kulturelle Vielfalt engagiere. Die europäische Integration hat<br />
uns gelehrt, Vielfalt als ein hohes Gut zu betrachten. Jetzt gehe es um die große Herausforderung, das<br />
UNESCO-<strong>Übereinkommen</strong> <strong>mit</strong> <strong>Leben</strong> zu <strong>füllen</strong> und nach innen und außen wirksam werden zu lassen.<br />
Hier gehe es zunächst um die Ratifizierung des <strong>Übereinkommen</strong>s, wie sie die Regierungsparteien im<br />
Koalitionsvertrag vereinbart haben. Dem Bundeskabinett wird dazu in wenigen Wochen der Entwurf eines<br />
Vertragsgesetzes vorliegen.<br />
Es werde aber auch der intensiven fachlichen und inhaltlichen Debatte bedürfen, um die Annahme des<br />
<strong>Übereinkommen</strong>s in Deutschland zu begleiten. Hier sind die Erfahrungen und die Impulse aus der<br />
Zivilgesellschaft gefragt. <strong>Das</strong> Ergebnis der Arbeit der Bundesweiten Koalition zur kulturellen Vielfalt<br />
könne sich sehen lassen. Die enge Kooperation <strong>mit</strong> der Zivilgesellschaft, die durch diesen<br />
Konsultationsprozess möglich wurde, sei Teil der bisherigen Erfolgsgeschichte des UNESCO-<br />
<strong>Übereinkommen</strong>s zur kulturellen Vielfalt.<br />
In seiner Einführung zu den Ergebnissen der Verhandlungen zum UNESCO-<strong>Übereinkommen</strong> und Stand<br />
des Ratifizierungsprozesses betonte Min<strong>ist</strong>erialdirektor Wilfried Grolig, Leiter der Kultur- und<br />
Bildungsabteilung des Auswärtigen Amts, den integrativen Schwung und den kooperativen Ge<strong>ist</strong> des
Verhandlungsprozesses. Im Ergebnis liegt jetzt ein inhaltlich klarer Vertragstext vor, <strong>mit</strong> eindeutigem<br />
Menschenrechtsbezug. Um dem UNESCO-<strong>Übereinkommen</strong> volle Wirksamkeit zu verleihen, wird neben<br />
den Mitgliedstaaten auch die Europäische Gemeinschaft dem <strong>Übereinkommen</strong> ergänzend beitreten. So<br />
wird die EU auch in den Bereichen alleiniger Gemeinschaftszuständigkeit, zum Beispiel in Handelsfragen,<br />
voll handlungsfähig sein.<br />
Dr. Roland Bernecker, Generalsekretär der Deutschen UNESCO-Kommission, stellte den Artikel 11<br />
der Konvention ins Zentrum seiner Einführung: Dieser "erkennt die grundlegende Rolle der<br />
Zivilgesellschaft beim Schutz und bei der Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen an" und<br />
"ermutigt die Zivilgesellschaft zur aktiven Beteiligung", um "die Ziele dieses <strong>Übereinkommen</strong>s zu<br />
erreichen". Die in den letzten beiden Jahren dank des Engagements aller Beteiligten herangewachsene<br />
bundesweite Arbeitsplattform <strong>ist</strong> eingeladen, hier gemeinsam aktiv zu werden. In einem engagierten<br />
Rückblick auf den Verhandlungsprozess unterstrich er das Politikum dieser Konvention: <strong>Das</strong> nach seiner<br />
persönlichen Einschätzung hervorragende Ergebnis war teils hart errungen. So <strong>ist</strong> zum Beispiel das<br />
vorgesehene Streitschlichtungsinstrument dem großen Einsatz von Prof. Dr. Dr. Sabine von Schorlemer<br />
zu verdanken. Die sehr erfolgreiche EU-Koordination war ein eindrucksvoller Kontrapunkt zum zeitgleich<br />
stockenden Verfassungsprozess.<br />
"Dieses <strong>Übereinkommen</strong> steht unter einem guten Stern", so Bernecker, "es liegt an uns, seine<br />
Möglichkeiten zu nutzen". Dazu drei erste Anregungen:<br />
1. Zivilgesellschaft: Für die Umsetzung der Konvention braucht es Sachverstand und Engagement zu<br />
vielen konkreten Einzelfragen des <strong>Übereinkommen</strong>s, zum Beispiel der Medienpolitik, der<br />
Entwicklungszusammenarbeit und der Handelspolitik. Die Bundesweite Koalition sollte ihre Beteiligung<br />
und Zusammenarbeit unbedingt fortsetzen.<br />
2. Es gilt, die kulturelle Dimension der europäischen Einigung voranzubringen, als zu entwickelnde<br />
Kultur des öffentlichen Raums. <strong>Das</strong> erfordert vertieftes Nachdenken und Klären. Die Bürger der EU-<br />
Länder sind derzeit irritiert, zweifeln, ob Europa ein Agent der Globalisierung oder auch ein Raum von<br />
Solidarität, ein Kulturraum öffentlicher Verantwortung <strong>ist</strong>. Der EU-Beitritt zur Konvention <strong>ist</strong> in dieser<br />
Hinsicht wichtig und sehr positiv.<br />
3. Entwicklungszusammenarbeit: die EU hat sich zur Aufstockung der Gelder für<br />
Entwicklungszusammenarbeit (BSP-Anteil) verpflichtet. Kultur sollte dabei strategischer Bestandteil sein,<br />
wie in Art. 14-18 des <strong>Übereinkommen</strong>s benannt.<br />
"<strong>Was</strong> <strong>ist</strong> <strong>erreicht</strong> - was <strong>ist</strong> zu tun" war das Motto der zwei Diskussionsrunden aus Sicht von<br />
Künstlern, Produzenten, Mittlern, Verwertern sowie Parlamentariern und kulturpolitisch Verantwortlichen<br />
in Bund, Ländern, Gemeinden, moderiert von Dr. Verena Metze-Mangold, Vizepräsidentin der DUK, <strong>mit</strong><br />
Impulsbeiträgen von Peter Dinges, Vorstand der Filmförderungsanstalt Berlin, Chr<strong>ist</strong>ian Höppner,<br />
Generalsekretär des Deutschen Musikrats, Dr. Iris Magdowski, Vizepräsidentin der Kulturpolitischen<br />
Gesellschaft und ehemalige Kulturbürgerme<strong>ist</strong>erin der Landeshauptstadt Stuttgart, Mathias Knauer,<br />
Filmemacher, Vizepräsident von Suissecultur und Vorstands<strong>mit</strong>glied der Schweizer Koalition für Kulturelle<br />
Vielfalt, MdB Gitta Connemann, Deutscher Bundestag, Vorsitzende der Enquêtekommission "Kultur in<br />
Deutschland", Dr. Verena Wiedemann, designierte Generalsekretärin der ARD, Chr<strong>ist</strong>oph Backes,<br />
Bremen, Kulturwirtschaftsexperte, und Prof. Dr. Max Fuchs, Direktor der Bundesakademie für Kulturelle<br />
Bildung, Remscheid, und Vorsitzender des Deutschen Kulturrates, gefolgt von intensiven<br />
Diskussionsbeiträgen aus der Runde der insgesamt 150 Teilnehmenden (zur Zusammensetzung der<br />
Beratungsrunde siehe den unten stehenden Kasten > Hintergrund). Der Beratungsrunde lagen zudem 17<br />
schriftliche Stellungnahmen vor.<br />
Folgende Schwerpunkte wurden thematisiert, <strong>mit</strong> Ergebnissen, Anregungen, Fragestellungen und<br />
Orientierungen für die Arbeitsphase 2006-2007:<br />
1. Resonanz des <strong>Übereinkommen</strong>s:<br />
Bereits jetzt, in der Zwischenphase zwischen Annahme und Inkrafttreten, <strong>ist</strong> ein erheblicher konstruktiver<br />
Einfluss dieser Konvention in der nationalen und internationalen politischen Argumentation und im<br />
programmatischen Denken über Kultur- und Medienthemen zu verzeichnen.
Dies gilt zum Beispiel für den Bereich Filmförderung und -politik, so im Vorfeld der 2007<br />
bevorstehenden Überarbeitung der Mitteilung der EU-Kommission zum Kinofilm und da<strong>mit</strong> verbundenen<br />
Debatten bei den Filmfestivals Berlinale und Cannes 2006. Vergleichbares gilt für die aktuellen<br />
Beratungen über die Inhalte einer an die Technikentwicklung angepassten europäischen<br />
Fernsehrichtlinie. Der politische Mobilisierungsfaktor im Zusammenhang <strong>mit</strong> dem Verhandlungsprozess<br />
hat sich ebenfalls spürbar auf die kürzlich erfolgte Revision der EU-Dienstle<strong>ist</strong>ungsrichtlinie<br />
ausgewirkt.<br />
Besonders deutlich zeigt sich dieser argumentative Einfluss in der laufenden Doha-Runde bei den<br />
GATS-Verhandlungen (Genf, März/April 2006): Allein der politische Prozess der Erarbeitung und<br />
Verabschiedung des <strong>Übereinkommen</strong>s hat hier einen tiefen Eindruck hinterlassen. Herrschte vorher<br />
einerseits Sprachlosigkeit zwischen Handelsdelegationen und Kulturpolitikern und zugleich mangelndes<br />
Problembewusstsein bei den Kulturleuten, <strong>ist</strong> jetzt unisono zu hören "wir sind sehr sensibilisiert". Auf der<br />
Ebene der im Rahmen der WTO vorgetragenen Forderungen zeigen sich "moderate Fortschritte", so eine<br />
Bewertung aus Insider-Sicht. Die europäische Haltung wird verstanden und nicht als Protektionismus<br />
kritisiert. Derzeit sieht es so aus, als ob <strong>mit</strong> dem <strong>Übereinkommen</strong> zur kulturellen Vielfalt tatsächlich etwas<br />
entstanden <strong>ist</strong>, das dem GATS zur Seite gestellt werden kann. Da der GATS-Prozess bekanntermaßen<br />
auf Dauer angelegt <strong>ist</strong>, <strong>ist</strong> es wesentlich, die Möglichkeiten des <strong>Übereinkommen</strong>s energisch zu nutzen<br />
und zügig <strong>mit</strong> Inhalt und Substanz zu <strong>füllen</strong>. Allerdings gilt es, insbesondere die bilateralen<br />
Verhandlungen in diesen Bereichen sorgfältig im Auge zu behalten. Jüngste Verhandlungen, zum<br />
Beispiel zwischen den USA und Korea, zeigen, dass hier zentrale Instrumente der Kulturpolitik zur<br />
Disposition gestellt werden.<br />
Der Konventionstext wurde von Künstlerverbänden und Kultur<strong>mit</strong>tlern zudem als "programmatischer<br />
Dünger" für die Verortung und Orientierung der eigenen Arbeit bewertet. Besondere Bedeutung wird<br />
dabei dem dynamischen Begriff von Schutz beigelegt ("Erhaltung, Sicherung und Erhöhung der Vielfalt<br />
kultureller Ausdrucksformen", Art. 2(7)). <strong>Das</strong> <strong>Übereinkommen</strong> will ausdrücklich ermutigen, etwas Neues<br />
in die Welt zu setzen, es ermutigt zu Veränderung und Neuschöpfung, formuliert eine kopernikanische<br />
Wende weg von Abwehrreflexen hin zu einer Öffnung für Gestaltungschancen.<br />
Die Frage der möglichen Missbräuche des Abkommens wurde thematisiert: Inwiefern kann die<br />
Zielsetzung "Schutz und Förderung kultureller Vielfalt" missbraucht werden zur Legitimation für<br />
Abschottung, Missachtung von Menschenrechten und fehlende Partizipation? Im zwischenstaatlichen<br />
Verhandlungsprozess wurde dieser Art 'Begehrlichkeiten' ausdrücklich und sehr erfolgreich Widerstand<br />
gele<strong>ist</strong>et. Hier war die Beratung einhellig der Meinung, dass Ge<strong>ist</strong> und Buchstaben des Vertragstextes<br />
solche Lesarten in keiner Weise decken, im Gegenteil: Artikel 2,1 und 2,7 sowie 7,1 (b) sprechen<br />
unmissverständlich von der Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten als Basis für die Wahrung<br />
kultureller Vielfalt, ebenso wie für den Zugang zu fremden Kulturen.<br />
Vertragstexte können jedoch ex<strong>ist</strong>ierende unerfreuliche politische Wirklichkeiten in Mitgliedstaaten nicht<br />
einfach umdefinieren. Insofern gibt es zu diesen sensiblen Fragen auch künftig eine erhöhte politische<br />
Verantwortung für demokratische Staaten und Zivilgesellschaft, in der Anwendungspraxis des<br />
<strong>Übereinkommen</strong>s konstant wachsam und politisch präsent zu bleiben. Kulturelle Abschottung und<br />
Festschreibung menschenverachtender Kulturformen sind ganz klar nicht hinnehmbar.<br />
2. Ratifzierungsprozess:<br />
Hier war die Beratung einhellig der Meinung, dass es zwingend einer raschen Ratifizierung der<br />
Konvention durch Bundesregierung und Parlament bedarf. Gerade weil das <strong>Übereinkommen</strong> <strong>mit</strong> Hilfe<br />
großen Einsatzes von deutscher Seite zustande kam, sollte der konkreten Gestaltung der<br />
Umsetzungsphase hohes Gewicht zukommen.<br />
Ratifizierung bedeutet primär die Selbstanwendung im eigenen Land sowie die multilaterale<br />
Zusammenarbeit in der Vertragsstaatenkonferenz, sobald das <strong>Übereinkommen</strong> in Kraft getreten sein<br />
wird. (1)<br />
Mit dem Konventionsprozess wurde die Anerkennung zentraler Mechanismen der Garantie kultureller<br />
Vielfalt, darunter auch der öffentliche Rundfunk (Art. 6 (2) h), sozusagen auf die UNESCO-Ebene<br />
"exportiert". Durch den kombinierten Ratifzierungsprozess der EU und der Mitgliedstaaten wird diese<br />
Anerkennung nun auf EU-Ebene und auf die nationale Ebene "re-importiert" und da<strong>mit</strong> bindend.
3. Jede Ratifizierung völkerrechtlicher <strong>Übereinkommen</strong> <strong>ist</strong> wesentlich<br />
eine politische Selbstbindung:<br />
Für Deutschland das Abkommen <strong>mit</strong> <strong>Leben</strong> zu <strong>füllen</strong> bedeutet unter anderem eine breite<br />
ordnungspolitische Vermessung <strong>mit</strong> Blick auf die Konventionsziele. Diese Vermessung <strong>ist</strong><br />
praxisgeleitet, will also die Ziele "Erhalten, Sichern, Fördern, Zugang zu einer Vielfalt kultureller<br />
Ausdrucksformen bei uns und neue Qualität internationaler Kooperation" in unserer speziellen<br />
Kulturlandschaft umsetzen. Dies erfordert sowohl eine Übersetzungsle<strong>ist</strong>ung des Konventionstextes auf<br />
unsere gesellschaftliche Realität, <strong>mit</strong> besonderer Beachtung der kommunalen Ebene, und Prüfung<br />
unserer kulturpolitischen Instrumente als auch die Präzisierung sowie Operationalisierung.<br />
Grundsätzliches: Wie bereits bei der vierten Konsultation (2) ausführlich erörtert, eröffnet das<br />
<strong>Übereinkommen</strong> einen neuen Horizont: Ordnungspolitisch soll die Welt nicht nur nach Wirtschafts- und<br />
Handelsgesichtspunkten, sondern auch nach kulturellen Aspekten gestaltet sein, wobei als<br />
Ausgangspunkt das künstlerische Schaffen und die kulturellen Ausdrucksformen gewählt wurden, nicht<br />
der Kulturkonsum und die Nutzung kultureller Angebote.<br />
Dementsprechend sind die Perspektiven der Künstler, der Produzenten und auch der Mittler wichtig.<br />
Zugleich liegt das Augenmerk auch auf den Zugangschancen der Kulturnutzer, dem "Grundsatz des<br />
gleichberechtigten Zugangs" (Art. 2,7). Mit Bezug auf die aktuelle Novellierung des Urheberrechts, auf die<br />
Tendenzen zur kostenpflichtigen Nutzung des Cyberspace und auf die EU-Novelle zur Fernsehrichtlinie<br />
wurden Fragen an die zuständigen Ressorts des Auswärtigen Amtes und des BKM gestellt, wie hier <strong>mit</strong><br />
Blick auf die Ziele des <strong>Übereinkommen</strong>s Kohärenz und eine stringente Gesetzeslage zu erreichen sei.<br />
Bereichsspezifisch: Hier kam die Anregung und zugleich Selbstverpflichtung, exemplarische "best<br />
practices" <strong>mit</strong> Blick auf die Umsetzung des <strong>Übereinkommen</strong>s sektorspezifisch zusammenzustellen.<br />
Welche Instrumente haben sich hier bereits bewährt im Sinne der Konventionsziele? Welche<br />
Maßnahmen sind eher ungeeignet? Wo gibt es im <strong>Übereinkommen</strong> neue Orientierungen, für die erst<br />
wirksame Instrumente entwickelt werden müssen? "Umsichtig und klug prüfen" wurde als Devise<br />
ausgegeben.<br />
Diskutiert wurde dies unter anderem an den Beispielen Kinofilm, Musik, Orchester, Theater,<br />
Architektur/Baukunst, Audiovisuelle Medien und Kulturwirtschaft.<br />
Entscheidungs- und Verantwortungsebenen:<br />
Bund-Länder: Die Konvention bindet rechtlich die Vertragsstaaten, also die Verantwortungsebenen<br />
Bund und Länder. Hier wird es in einem Schritt darum gehen, zusammenzustellen, welche<br />
kulturpolitischen Instrumente, welche Praxis bereits heute vorhanden <strong>ist</strong>, die im Sinne der<br />
Konventionsziele wirkt. Zusätzlich geht es darum, die gesellschaftliche Verantwortung für die zukünftige<br />
Kulturlandschaft im Sinne dieser UNESCO-Konvention durchzubuchstabieren.<br />
Kommunen und ihre Zusammenschlüsse sind als nichtstaatlicher öffentlicher Bereich hier nicht<br />
un<strong>mit</strong>telbar beteiligt, haben aber faktisch für die Umsetzung der Konventionsziele eine Rolle zu spielen,<br />
unter anderem wegen ihrer besonderen Verantwortung in der Integrationspolitik. Die genauere<br />
Operationalisierung ihrer Beteiligung <strong>ist</strong> über den deutschen Städtetag zu vertiefen.<br />
Enquêtekommission "Kultur in Deutschland": Hier besteht im konkreten Arbeitsprozess 2006/2007<br />
eine besonders gute Chance, Synergien herzustellen ("Glücksfall der Synchronizität"). <strong>Das</strong> Mandat der<br />
Enquêtekommission wurde im Februar 2006 für die zweite Etappe ihrer Tätigkeit dahingehend präzisiert,<br />
dass auch der Schwerpunkt "Kultur in Europa - Kultur im Kontext der Globalisierung" behandelt wird.<br />
Auch zur Staatszieldiskussion Kultur kann die Enquêtekommission programmatisch aus den Vorarbeiten<br />
des <strong>Übereinkommen</strong>s schöpfen.<br />
Ordnungspolitische Schlussfolgerungen im Detail sind für circa Juli 2007 zu erwarten. Dann wird die<br />
Enquêtekommission geprüft haben, ob und falls ja welcher kulturpolitische Gesetzgebungsbedarf besteht,<br />
einschließlich der Fragestellungen, welche die Ziele des <strong>Übereinkommen</strong>s zu kulturellen<br />
Ausdrucksformen nahe legen. Fragen nach möglichen Detailauswirkungen des <strong>Übereinkommen</strong>s für die<br />
künftige deutsche Zuwendungspraxis sind dementsprechend zum jetzigen Zeitpunkt verfrüht.
Kommunale Ebene: Der kommunalen Ebene kommt bei der künftigen Umsetzung des <strong>Übereinkommen</strong>s<br />
in Deutschland eine praktische Schlüsselfunktion zu. Für die Vertiefung des Netzwerkes der<br />
Bundesweiten Koalition Kulturelle Vielfalt wird die Auslotung der Handlungsspielräume "von unten"<br />
wichtig sein.<br />
Die interkulturelle Arbeit in den Kommunen steht noch in den Anfängen. Migrationsprozesse wirken<br />
bekanntermaßen stark in die Kommunen hinein. Es besteht eine starke Kluft zwischen den großen<br />
Kultureinrichtungen und den <strong>Leben</strong>swelten junger Leute und insbesondere junger Migranten (40 Prozent<br />
der jungen Stadtbevölkerung). Eine Kultur der Selbstvergewisserung und Toleranz entwickelt sich nicht<br />
zuletzt in der Kooperation <strong>mit</strong> schwächeren Partnern. Kooperation <strong>mit</strong> der Südhemisphäre und<br />
europäischer Kulturaustausch sind hierbei gleichermaßen wichtig. Kulturdialog braucht hier den Anker in<br />
der Bildungspolitik (Art. 10, 11, 12).<br />
Als beispielhafte Anregungen, auch für Kooperation in Europa, wurden die international gewürdigten<br />
Ansätze der Stadt Stuttgart genannt (interkultureller Dialog und Integration durch Interaktion) und der<br />
Arbeitsprozess "Urbanität-Identität-Integration" der 196 Partnerstädte des Ruhrgebiets (twins2010 im<br />
Zuge der Bewerbung als europäische Kulturhauptstadt, http://www.kulturhauptstadteuropas.de/twins2010/index.php).<br />
Auch hier <strong>ist</strong> es geboten, exemplarische "best practices" für die kommunale Ebene spezifisch zu<br />
analysieren. Welche Instrumente haben sich im Sinne der Konventionsziele hier bereits bewährt, welche<br />
Wege sind eher unfruchtbar, wo gibt es neue Orientierungen, für die geeignete Instrumente erst<br />
entwickelt werden müssen? Neben der ‚Übersetzung' des <strong>Übereinkommen</strong>s <strong>ist</strong> hier in der Tat die<br />
Präzisierung und Operationalisierung der Ziele der Konvention zu le<strong>ist</strong>en.<br />
Werkzeugkasten Kulturpolitik:<br />
<strong>Das</strong> Abkommen hat den Kulturbegriff auf kulturelle Ausdrucksformen konzentriert, die Gegenstand von<br />
Kulturpolitik sind, in Abgrenzung zu Waren oder Dienstle<strong>ist</strong>ungen.<br />
Laut Art. 19, Abs 3, soll die UNESCO <strong>mit</strong> dem Inkrafttreten der Konvention eine Datenbank zu<br />
verschiedenen Sektoren und Organisationen einrichten, die im Bereich der kulturellen Ausdrucksformen<br />
tätig sind. <strong>Das</strong> Augenmerk liegt hier auf good & best practices, Operationalisierung und Indikatoren (z.B.<br />
in Anlehnung an den Index menschlicher Entwicklung, wie er von UNDP verwendet wird). Im Vorgriff auf<br />
diese Aufgabe können Regierungen und Zivilgesellschaft künftiger Vertragsstaaten jedoch schon in die<br />
Vorhand gehen und Beiträge erarbeiten. Dazu gab es im Rahmen der Beratung zahlreiche Vorschläge.<br />
4. Wechselwirkung innen-außen:<br />
Die Wechselwirkungen zwischen internationaler Kooperation, Dialog der Kulturen, dem Grundsatz des<br />
gleichberechtigten Zugangs zu kulturellen Ausdrucksformen aus der ganzen Welt und<br />
Entwicklungszusammenarbeit sind in der Konvention in Art. 14-18 ausführlich angelegt und sollen nicht<br />
nur deklaratorisch bleiben. Die Südperspektive <strong>ist</strong> sehr wichtig. Die Vertragsstaaten sind gehalten, hier<br />
aktiv zu werden. Als Anregung für die EU-Ebene wurde vorgeschlagen, einen gemeinsamen<br />
Finanzierungsmechanismus nach dem Vorbild der Artenvielfaltskonvention (3) zu entwickeln (4).<br />
Für bilaterale, regionale und internationale Förderstrategien und Abkommen über Koproduktionen und<br />
Vertrieb (Art. 12) sind in Deutschland im Rahmen der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik zusätzliche<br />
Bemühungen nötig. Es braucht ferner kreative Ansätze, zum Beispiel zum Umgang <strong>mit</strong> Sprachbarrieren<br />
bei Koproduktionen. Hier bestehen gleichzeitig große Chancen, gemeinsame Bemühungen von<br />
Zivilgesellschaft und öffentlichen Trägern in der Arbeit vor Ort zu bündeln. So stellt sich beispielsweise<br />
die Frage, was Kulturinstitute in Europa gemeinsam <strong>mit</strong>einander auf den Weg bringen können.<br />
Diese Zielsetzungen sind im ureigensten europäischen Interesse für die Entwicklung zur kreativen<br />
Wissensgesellschaft und innovativem Wirtschaften (vgl. Lissabon Agenda, Davos Forum 2006).<br />
Zur Anwendung des Dringlichkeitsmechanismus' der Konvention (Artikel 8) im Fall von Auslöschung oder<br />
Gefährdung kultureller Ausdrucksformen: Hier stellte sich in der Beratung die Frage, ob dieser<br />
Mechanismus nur im eigenen Hoheitsgebiet oder auch in Bezug auf die Situation in anderen Ländern<br />
angewendet werden kann. Sobald die Konvention in Kraft getreten sein wird, wird es den so genannten<br />
Zwischenstaatlichen Ausschuss (18 Experten) geben, der dann tätig werden kann. <strong>Das</strong> <strong>Übereinkommen</strong>
sieht jedoch keine intervention<strong>ist</strong>ische Tätigkeit vor, um Konflikte zwischen Vertragsstaaten zu<br />
vermeiden. Der Expertenentwurf (Juli 2004) war hier ursprünglich mutiger ("Zähne gezogen"). Die<br />
Konvention sieht aber einen Streitschlichtungsmechanimus vor (Anhang), dessen Bestimmungen<br />
eventuell auch in diesen Fällen zum Tragen kommen können.<br />
5. Beteiligung der Zivilgesellschaft<br />
Es <strong>ist</strong> ein wesentliches Ergebnis der starken Beteiligung der Zivilgesellschaft im Verhandlungsprozess,<br />
dass der Vertragstext klar ihre Rolle bei der Bewahrung und Förderung kultureller Vielfalt anerkennt<br />
(Artikel 11).<br />
Für die Umsetzungsphase gibt es dementsprechend mehrere Aufgaben<br />
a) das Netzwerk der an dem Arbeitsprozess Beteiligten <strong>ist</strong> zu vertiefen (spezielle Fachkompetenzen) und<br />
auszuweiten (kulturelle Akteure in ihrer Alltagspraxis, Einbeziehung auch der nicht verbandsmäßig<br />
organisierten Teile der Zivilgesellschaft)<br />
b) Bewusstseinsbildung in der Öffentlichkeit und Bildung (Art. 10). Angeregt wurden Angebote der<br />
Teilhabe, inspiriert von den Erfahrungen <strong>mit</strong> dem "Agenda21- Prozess", sowie Aktivierung der<br />
wissenschaftlichen Community (Doktorarbeiten u.a.)<br />
c) Selbstorganisation der Bundesweiten Koalition: sukzessive Weiterentwicklung und Differenzierung der<br />
bisherigen Konsultationsformen, Arbeitsprogramm<br />
d) Entwicklung geeigneter Abstimmungsverfahren im Zusammenwirken <strong>mit</strong> den Ressorts und in<br />
Kooperation <strong>mit</strong> anderen Koalitionen, Abstimmungsprozesse im Fall von Interessensdivergenzen,<br />
e) Vorbereitung der künftigen Mitwirkung bei Erstellung und Bewertung der Vertragsstaatenberichte<br />
(müssen alle 4 Jahre vorgelegt werden)<br />
Mit dem Ratifikationsprozess und der Umsetzung in konkretes politisches Handeln wird die Arbeit<br />
praktisch und spannend. Die zivilgesellschaftlichen Akteure haben am 30. Mai ihr klares Interesse<br />
bekundet, dies weiter intensiv zu verfolgen und <strong>mit</strong>zugestalten.<br />
CHRISTINE M. MERKEL <strong>ist</strong> Kulturreferentin der Deutschen UNESCO-Kommission und ex officio<br />
Koordinatorin der Bundesweiten Koalition Kulturelle Vielfalt.<br />
________________________<br />
(1) Einzelheiten der künftigen Arbeitsweise der Vertragsstaatenkonferenz konnten am 30.5.06 noch nicht erörtert<br />
werden. Die Ratifikation <strong>ist</strong> einerseits eine Selbstanwendung im eigenen Lande. Die zwischenstaatliche multilaterale<br />
Kooperation wird nach Inkrafttreten des <strong>Übereinkommen</strong>s von den Gremien der Konvention umgesetzt, hier<br />
insbesondere dem so genannte 18-er Ausschuss (das Pendant zu dem von der Welterbekonvention her bekannten<br />
Welterbeko<strong>mit</strong>ee). Die faktische Anwendung zum Beispiel des Artikels 20 muss sich dann in dieser Praxis erweisen.<br />
Ausführlich dazu das Gutachten "Die Umsetzung der UNESCO-Konvention über den Schutz und die Förderung der<br />
Vielfalt kultureller Ausdrucksformen: Nächste Schritte", Ivan Bernier und Hélène Ruiz-Fabri, erstellt im Auftrag der<br />
Regierung Québec; deutschsprachige Veröffentlichung: DUK, Juni 2006.<br />
(2) Vierte Beratung der Bundesweiten Koalition Kulturelle Vielfalt am 26. April 2005 im Großen Anhörungssaal des<br />
Deutschen Bundestages. Ergebnisse siehe www.unesco-heute.de (Juni 2005).<br />
(3) Diese sieht eine so genannte Global Environmental Facility (GEF) vor, zur technischen Umsetzung der<br />
Konventionsziele.<br />
(4) Zeitgleich zur Beratung der Bundesweiten Koalition in Berlin veranstaltete die EU-Kommission am 30.5.06 in<br />
Brüssel eine Anhörung von Kulturorganisationen und anderen Stakeholdern zur Frage der künftigen Gestaltung<br />
"Kultur und Entwicklung" im Rahmen der EU-Programme und der Entwicklungskooperation <strong>mit</strong> den AKP-Ländern.<br />
Kollegen der schweizerischen und der französischen Koalition für kulturelle Vielfalt waren daran beteiligt.
Hintergrund<br />
Die Bundesweite Koalition Kulturelle Vielfalt arbeitet seit 2004 als plural<strong>ist</strong>ische Arbeitsplattform und Netzwerk<br />
von Personen, die als unterschiedliche Akteure im Bereich der Kultur wirken. In vier Konsultationen und einer<br />
fortlaufenden informellen E-mail-Konsultation wurden Informationsaustausch und die Diskussion über den<br />
schrittweise entstehenden Vertragstext gele<strong>ist</strong>et. Bundesregierung und Bundestag haben diesen<br />
Konsultationsprozess aktiv unterstützt. Die Konsultation <strong>mit</strong> der Zivilgesellschaft hat einen wesentlichen Beitrag zur<br />
effektiven Verhandlungsführung gele<strong>ist</strong>et, in Deutschland, auf europäischer Ebene und international.<br />
Der Arbeitsprozess wird vom Sekretariat der Deutschen UNESCO-Kommission koordiniert, der Vorsitz liegt ex<br />
officio beim Präsidenten der DUK, der Fachausschuss Kultur berät das Präsidium. Die Website<br />
http://www.unesco.de/c_arbeitsgebiete/kulturelle_vielfalt.htm wird laufend aktualisiert. Die Bundesweite Koalition<br />
Kulturelle Vielfalt beteiligt sich über diese Koordination an der Arbeit des Internationalen Liaisonko<strong>mit</strong>ees der<br />
Koalitionen für kulturelle Vielfalt, das beratenden Status bei der UNESCO hat. Derzeit gibt es weltweit circa 40<br />
Koalitionen. (Vgl. dazu CHRISTINE M. MERKEL: Bundesweite Koalition Kulturelle Vielfalt, Zwischenbilanz 2003<br />
- Mai 2006.)<br />
In der Arbeitsplattsform arbeiten unter anderem <strong>mit</strong>:<br />
• KünstlerInnen und ihre Verbände<br />
• KulturproduzentInnen<br />
• Kulturverbände, Einrichtungen des Dienstle<strong>ist</strong>ungssektors, Mittler<br />
• Parteien / Parte<strong>ist</strong>iftungen<br />
• Kulturwirtschaft<br />
• NutzerInnen<br />
• nichtstaatlicher öffentlicher Bereich wie die Kommunen und ihre Zusammenschlüsse, öffentlich-rechtliche<br />
Körperschaften und Organisationen<br />
• staatlicher Bereich: Bund, Länder und die jeweiligen Zusammenschlüsse<br />
• Parlamentarier<br />
• Forschung und Wissenschaft<br />
• Publiz<strong>ist</strong>ik und Medien<br />
Hier gibt es eine produktive Schnittmenge zu Mitgliedern der Deutschen UNESCO-Kommission und ihrer<br />
Fachausschüsse sowie den Mitgliedern der Vorstände der Kulturpolitischen Gesellschaft und des Deutschen<br />
Kulturrats.<br />
An den vier Beratungen 2004-2005 haben sich insgesamt 200 Verantwortliche aus diesen Bereichen beteiligt, <strong>mit</strong><br />
Wissen und Zeit, in Wort und Schrift, unter Übernahme von Reise- und Übernachtungskosten sowie durch<br />
Bereitstellung von Tagungsräumen und Catering (Museum für Kommunikation, Berlin, WDR, Köln,<br />
BKM/Bundeskanzleramt, Deutscher Bundestag, Auswärtiges Amt).<br />
Für die fünfte Beratung am 30. Mai 2006 waren diese Beteiligten gebeten, zur Erweiterung der Konsultation weitere<br />
Einladungsvorschläge zu machen. Mit Blick auf das bevorstehende parlamentarische Verfahren waren zudem alle<br />
Mitglieder des Ausschusses Kultur und Medien, die Mitglieder des Auswärtigen Ausschusses <strong>mit</strong> seinem<br />
Unterausschuss AKBP sowie alle Mitglieder der Enquêtekommission Kultur und ihre wissenschaftlichen Mitarbeiter<br />
eingeladen. Mit Blick auf die Bedeutung der kommunalen Ebene wurden alle Mitglieder des Kulturausschusses des<br />
Deutschen Städtetages eingeladen. Als Interessierte nahmen zudem Vertreter internationaler Kulturinstitute und<br />
Botschaften in Berlin teil.<br />
Aufgaben der Bundesweiten Koalition Kulturelle Vielfalt 2006-2007<br />
Nach der erfolgreichen Verabschiedung der Konvention durch 148 Länder bei der 33. Generalkonferenz der<br />
UNESCO im Oktober 2005 gilt es, die Ratifizierung durch die UNESCO-Mitgliedstaaten sowie die Europäische<br />
Gemeinschaft zu begleiten. Im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft wird die DUK im März 2007 eine<br />
europäische Konferenz zur Kulturellen Vielfalt veranstalten.<br />
Im Zuge des deutschen Ratifizierungsverfahrens geht es um Analyse des Konventionstextes, die Erarbeitung von<br />
Stellungnahmen und Vorschlägen zur Umsetzung des <strong>Übereinkommen</strong>s in der Arbeitsplattform von<br />
Zivilgesellschaft, Künstler- und Kulturverbänden, Vertretern der Kulturwirtschaft, Parlamentariern, kulturpolitisch<br />
Verantwortlichen in Bund, Ländern und Gemeinden. Vorbereitend dazu erscheint im Juni 2006 die DUK-
Publikation "<strong>Übereinkommen</strong> über Schutz und Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen - Magna Charta<br />
der Internationalen Kulturpolitik" (1). Für die in Art. 11 der Konvention vorgesehene Beteiligung der<br />
Zivilgesellschaft müssen sukzessive geeignete Arbeitsformen und Abstimmungsprozesse entwickelt werden.<br />
Vorschläge zur Umsetzung des <strong>Übereinkommen</strong>s: Die Beteiligten der Arbeitsplattform sind eingeladen, den<br />
deutschsprachigen Text des <strong>Übereinkommen</strong>s (online verfügbar unter www.unesco.de) vertieft zu rezipieren, intern<br />
in ihren jeweiligen Arbeitsgremien zu verbreiten und zu diskutieren. Dabei geht es um Relevanz, um mögliche<br />
eigene Beiträge sowie um die Feststellung von Handlungsbedarf in den Dimensionen von Kulturpolitik, auswärtiger<br />
Kultur- und Bildungspolitik, Entwicklungszusammenarbeit, Handelspolitik, sowohl national als auch auf EU- und<br />
Europaratsebene und international. Auf Basis des Krajewski-Gutachtens zu GATS und Kulturförderung in<br />
Deutschland (Februar 2005, online verfügbar unter www.unesco.de) <strong>ist</strong> ebenfalls eine vertiefte Analyse der<br />
einzelnen Kultursparten zur Entwicklung von möglichen Szenarien im Rahmen des GATS sinnvoll.<br />
Hierbei <strong>ist</strong> es auch international wichtig, parallel zur Ratifizierung kontinuierlich den Dialog <strong>mit</strong> den Skeptikern<br />
zu suchen. Für die Bundesweite Koalition Kulturelle Vielfalt und die internationalen Koalitionen stellt sich hier die<br />
Aufgabe, aktiv den Dialog und die Kooperation <strong>mit</strong> Vertretern der Zivilgesellschaften derjenigen Länder zu suchen,<br />
die dem Konventionsprozess kritisch bis ablehnend gegenüber stehen, allen voran die USA. Für Ende 2007 <strong>ist</strong> die<br />
Gründung einer Internationalen Förderation der Koalitionen Kulturelle Vielfalt anvisiert, um im Rahmen der<br />
künftigen Vertragsstaatenkonferenz als NGO kooperieren zu können.<br />
Ab voraussichtlich Ende 2007 bzw. <strong>mit</strong> dem Inkrafttreten der Konvention wird die Frage der aktiven Nutzung<br />
dieses Instrumentes in der deutschen Kulturpolitik und in der internationalen Zusammenarbeit praktisch werden.<br />
Hierzu <strong>ist</strong> der Einstieg in <strong>mit</strong>telfr<strong>ist</strong>ig wichtige Fragen nach geeigneten kulturpolitischen Instrumenten und<br />
Indikatoren <strong>mit</strong> Aussagekraft hinsichtlich Stand und Entwicklung der kulturellen Vielfalt nötig, unter anderem<br />
regionale Observatorien auf Ebene des Europarates (kulturpolitisches Compendium) und Arbeiten des UNESCO-<br />
Instituts für Stat<strong>ist</strong>ik (UIS/Montreal). Vorarbeiten dazu haben begonnen und werden derzeit gezielt intensiviert.<br />
Für Anfang 2008 bereitet die UNESCO die Herausgabe eines Weltberichts "Kulturelle Vielfalt" vor, der hierzu<br />
ebenfalls Beiträge le<strong>ist</strong>en wird.<br />
(1) Dieser Band enthält die zwischen Deutschland, Österreich und der Schweiz abgestimmte deutschsprachige Fassung des<br />
"<strong>Übereinkommen</strong>s über den Schutz und die Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen". Beiträge von Prof. Kader<br />
Asmal (Südafrika), Prof. Dr. Dr. Sabine von Schorlemer (Deutschland) und Prof. Ivan Bernier (Kanada) erläutern Bedeutung,<br />
Hintergründe, Verhandlungsdynamik und Perspektiven zur Umsetzung der Konvention. Als Referenzdokument enthält dieser<br />
Band ferner die englischsprachige Originalfassung des <strong>Übereinkommen</strong>s sowie den Wortlaut der 2001 verabschiedeten<br />
"Allgemeinen Erklärung zur Kulturellen Vielfalt" der UNESCO.