Ärzteblatt Juli 2008 - Ärztekammer Mecklenburg-Vorpommern
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Tab. 4: Empfehlungen zur medikamentösen Behandlung nach Schilddrüsenoperation<br />
Restvolumen > 10 ml 200 µg Jod<br />
Restvolumen = 6-10 ml 150-200 µg Jod und 75-100 µg<br />
L-Thyroxin<br />
Restvolumen < 6 ml 75-100 µg L-Thyroxin<br />
Richtwert für Substitu- 1 µg/kg KG L-Thyroxin<br />
tion mit L-Thyroxin nach<br />
Thyreoidektomie<br />
Ziel-TSH-Wert TSH = 0,4-0,9 mU/l<br />
eleminieren. Wird nach Abschluß der Resektion der befunddominierenden<br />
Seite mit dem Neuromonitoring keine regelrechte<br />
Funktion des N. recurrens verzeichnet, wird die Resektion<br />
der Gegenseite unterlassen. Erst nach Ausschöpfung aller<br />
phoniatrischen Behandlungsmaßnahmen, die bei passageren<br />
Rekurrensparesen zu einer Wiederherstellung der Stimmbandfunktion<br />
führen, ist die Indikation zur Resektion der noch<br />
nicht operierten Seite erneut zu prüfen.<br />
Medikamentöse Behandlung nach<br />
Schilddrüsenoperation<br />
Auch wenn Rezidive unter suffizienter, medikamentöser Prophylaxe<br />
auftreten können, ist diese postoperative Behandlung<br />
zwingend erforderlich. In der Literatur der letzten Zeit konnte<br />
schon beim Vorliegen einer subklinischen Hypothyreose ein<br />
erhöhtes kardiales Risiko für die betroffenen Patienten nachgewiesen<br />
werden. Mit der Bestimmung des TSH-Wertes steht<br />
ein wirkungsvolles Instrument zur optimalen Kontrolle für die<br />
Dosierung der medikamentösen Therapie zur Verfügung. Der<br />
Zielbereich für den TSH-Spiegel wird von der Deutschen Gesellschaft<br />
für Endokrinologie mit 0,4 bis 0,9 mU/l angegeben.<br />
Für den Start der Therapie ist die Angabe des Chirurgen über<br />
das Volumen des verbliebenen Schilddrüsengewebes ein wichtiger<br />
Hinweis. Bei einem Schilddrüsenrest größer als 10 ml ist<br />
die tägliche Gabe von 200 µg Jod ausreichend. Beträgt das<br />
Schilddrüsenrestvolumen 6 bis 10 ml ist eine Kombinationstherapie<br />
mit 200 µg Jod und 75 bis 100 µg L-Thyroxin angezeigt.<br />
Ab einem Restgewebe unter 6 ml ist die alleinige Gabe von 75<br />
bis 100 µg L-Thyroxin (Richtwert: 1 µg/kg KG) angezeigt. Eine<br />
erste Kontrolle des TSH-Spiegels wird nach der 4. postoperativen<br />
Woche empfohlen. Die Sonographiekontrolle des Schilddrüsenrestes<br />
ist nach Ablauf eines halben Jahres sinnvoll.<br />
Neue Tendenzen in der Schilddrüsenchirurgie<br />
Abschließend sei ein Blick auf neue Tendenzen in der Schilddrüsenchirurgie<br />
gerichtet.<br />
Mit der Einführung neuer Instrumente zur Präparation bei<br />
gleichzeitiger Gewebekoagulation (Ultraschalldissektion, Elek-<br />
AUSGABE 7/<strong>2008</strong> 18. JAHRGANG<br />
WISSENSCHAFT UND FORSCHUNG<br />
trothermie) wird eine Zugangsminimierung möglich. In Behandlungszentren<br />
liegen evaluierte Erfahrungen mit der minimal<br />
invasiv assistierten Schilddrüsenresektionen (MIVAT) vor.<br />
So werden bei ausgewählten Patienten Thyreoidektomien bei<br />
einer Zugangsgröße von 1,5 cm komplikationsarm durchgeführt.<br />
Zusammenfassung<br />
Zusammenfassend ist festzustellen, daß der Paradigmawechsel<br />
hin zu radikalen Resektionsverfahren stattgefunden hat.<br />
Die Komplikatonsraten und die Anzahl der Rezidive sind in der<br />
Literatur und aus eigener Erfahrung gering.<br />
Vor diesem Hintergrund wird die Papillon-Studie 2007 sicherlich<br />
für Gesprächsstoff sorgen. In dieser aktuellen Studie wurden<br />
Langzeitergebnisse nach Schilddrüsenresektionen (56 000<br />
Patienten) ausgewertet. So gaben 72 % der Patienten an, sich<br />
nach der Schilddrüsenoperation besser zu fühlen. Bei 54 % der<br />
Patienten führte die medikamentöse Rezidivprophylaxe zur<br />
Erreichung des TSH-Zielbereiches. Überraschend ist die Anzahl<br />
von zwei Prozent bleibender Rekurrensparesen und 3,6 % kalziumsubstitutionspflichtigerNebenschilddrüsenunterfunktionen.<br />
Diese Zahlen wurden in der Literatur bisher deutlich unterboten,<br />
bilden aber vielleicht die Wirklichkeit jenseits eines Expertenzentrums<br />
ab.<br />
Letztendlich ist jede Schilddrüsenoperation ein anspruchsvoller<br />
Eingriff und mit der Indikation zu einem solchen Eingriff ist<br />
sorgfältig umzugehen.<br />
Literatur bei den Verfassern<br />
Korrespondenzanschrift:<br />
Dr. med. U. Scharlau<br />
Klinikum Südstadt Rostock, Klinik für Chirurgie<br />
Südring 81, 18059 Rostock<br />
Seite 233