Nichtigkeit Wing Tsun - Wing Chun Schule
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HARMONISIERUNGSAMT FÜR DEN BINNENMARKT<br />
(MARKEN, MUSTER UND MODELLE)<br />
HAUPTABTEILUNG MARKEN UND NICHTIGKEIT<br />
Entscheidung<br />
der <strong>Nichtigkeit</strong>sabteilung<br />
vom 31/03/2009<br />
IN DEM VERFAHREN ZUR ERKLÄRUNG DER NICHTIGKEIT<br />
Aktenzeichen: 2512 C<br />
Gemeinschaftsmarke: 607 523, „WING TSUN“<br />
Verfahrenssprache: Deutsch<br />
ANTRAGSTELLER: Marcus Schüssler<br />
Ruhrstr. 75<br />
58452 Witten<br />
Deutschland<br />
VERTRETER: Schneiders & Behrendt, Rechts-<br />
und Patentanwälte<br />
Huestr. 23<br />
44787 Bochum<br />
Deutschland<br />
gegen<br />
INHABER DER<br />
GEMEINSCHAFTSMARKE: Kernspecht, Keith R.<br />
Schloß Langenzell<br />
69257 Wiesenbach<br />
Deutschland<br />
VERTRETER: Zellentin & Partner<br />
Rubensstr. 30<br />
67061 Ludwigshafen<br />
Deutschland
2<br />
DIE NICHTIGKEITSABTEILUNG<br />
in der Besetzung: Wouter Verburg, Peter Quay und Alexandra Apostolakis<br />
hat am 31/03/2009 die folgende Entscheidung getroffen:<br />
1. Dem Antrag zur Erklärung der <strong>Nichtigkeit</strong> der<br />
Gemeinschaftsmarke Nummer: 607 523 wird vollumfänglich<br />
stattgegeben.<br />
2. Die Marke Nr. 607 523 wird für alle Dienstleistungen der<br />
Klasse 41 für nichtig erklärt. Die Marke bleibt für die<br />
verbleibenden nicht angefochtenen Waren und<br />
Dienstleistungen der Klassen 16, 25, 28 und 35 bestehen.<br />
3. Der Inhaber der Marke trägt die Kosten.<br />
setzt die Kosten wie folgt fest:<br />
Der Betrag der von dem Inhaber an den Antragsteller gemäß Artikel 81<br />
(6) GMV in Verbindung mit Regel 94 (3) DV zu erstattenden Kosten wird<br />
auf 1.150 EUR (davon Vertretungskosten 450 Euro, Verfallsgebühr: 700<br />
Euro) festgesetzt.<br />
TATBESTAND<br />
(1) Die Gemeinschaftsmarke Nr. 607 523 (WING TSUN; Wortmarke)<br />
wurde am 05/08/1997 angemeldet und am 02/02/1999 für die Waren<br />
und Dienstleistungen der Klassen 16, 25, 28, 35 und 41 eingetragen.<br />
(2) Mit Schriftsatz vom 24/10/2007 hat der Antragsteller einen Antrag auf<br />
Erklärung der <strong>Nichtigkeit</strong> wegen Vorliegens von absoluten<br />
<strong>Nichtigkeit</strong>sgründen gestellt.<br />
(3) Der Antrag stützt sich auf Artikel 51 Absatz 1 Buchstabe a) der<br />
Verordnung über die Gemeinschaftsmarke („GMV“).<br />
(4) Der Antragsteller richten seinen Antrag gegen alle Dienstleistungen der<br />
Klasse 41 Sportunterricht; Durchführung von Seminaren der<br />
Gemeinschaftsmarke.<br />
(5) Der Antragsteller trägt vor, dass es sich bei dem<br />
verfahrensgegenständlichen Zeichen um eine Bezeichnung für eine<br />
Selbstverteidigungstechnik handele, was durch Vorlage<br />
entsprechender Internetseiten belegt sei. Dabei handele es sich um<br />
einen chinesischen Kampfkunststil. Die Tatsache, dass auch<br />
alternative Schreibweisen, wie „Ving <strong>Tsun</strong>“, „<strong>Wing</strong> <strong>Tsun</strong>“ oder „<strong>Wing</strong><br />
<strong>Chun</strong>“ bestehen, stehe dieser Beurteilung nicht entgegen, weil sie
3<br />
klanglich identisch mit dem Zeichen seien. Die vorgelegten Nachweise<br />
des Anmelders zur Erlangung der Unterscheidungskraft durch<br />
Benutzung seien nicht ausreichend, um diese zu erlangen.<br />
(6) Nach Auffassung des Inhabers existiert keine eindeutige<br />
Romanisierung des Begriffs. In der verfahrensgegenständlichen<br />
Schreibweise sei das Zeichen nicht beschreibend. Im Übrigen sei das<br />
Zeichen verkehrsdurchgesetzt.<br />
(7) Am 23/09/2008 wurden beide Parteien darüber unterrichtet, dass<br />
nunmehr eine Entscheidung getroffen wird.<br />
(8) Der Vorgang ist daher entscheidungsreif.<br />
A. Zulässigkeit des Antrags<br />
(9) Der Antrag entspricht den in der GMV und ihrer Verordnung genannten<br />
Formvoraussetzungen und ist daher zulässig.<br />
B. Begründetheit des Antrags<br />
(10) Der Antrag ist in vollem Umfang begründet. Die Gemeinschaftsmarke<br />
wird gem. Artikel 51 Absatz 1 Buchstabe a) iVm Artikel 7 Absatz 1<br />
Buchstaben b) und c) sowie Absatz 3 GMV im<br />
verfahrensgegenständlichen Umfang der Dienstleistungen der Klasse<br />
41 für nichtig erklärt.<br />
(11) Die Beurteilung, ob die fragliche Marke unter Artikel 7 GMV fällt, ist in<br />
Abhängigkeit auf die angesprochenen Verkehrskreise zu treffen. Im<br />
vorliegenden Fall handelt es sich bei den von der angemeldeten Marke<br />
erfassten Dienstleistungen Sportunterricht; Durchführung von<br />
Seminaren um solche, die täglich in Anspruch genommen werden<br />
können, also für Durchschnittsverbraucher. Dementsprechend handelt<br />
es sich um verständige Verbraucher.<br />
(12) Der Antrag auf Löschung der Gemeinschaftsmarke wird auf Artikel 51<br />
Absatz 1 Buchstabe a) GMV gestützt. Hinsichtlich des Buchstabens a)<br />
sind die Kriterien zur Beurteilung der Frage, ob die<br />
Gemeinschaftsmarke gegen die Vorschriften des Artikels 7 GMV<br />
eingetragen worden sei, dieselben, die im Eintragungsverfahren bei<br />
der Überprüfung, ob absolute Eintragungshindernisse gem. der GMV<br />
vorliegen, zu beachten sind.<br />
(13) Die verschiedenen in Artikel 7 Absatz 1 GMV genannten absoluten<br />
Eintragungshindernisse stehen in keinem wie auch immer gearteten<br />
Stufenbau zueinander. Sie haben alle ihren jeweils eigenen<br />
Anwendungsbereich, was jedoch nicht ausschließt, dass sich manche<br />
Eintragungshindernisse überschneiden. Ein Zeichen ist schon dann
4<br />
nicht als Gemeinschaftsmarke eintragungsfähig, wenn eines der<br />
absoluten Eintragungshindernisse vorliegt.<br />
(14) Nach Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c) GMV sind Marken, die<br />
ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, welche im<br />
Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der<br />
Bestimmung, des Wertes der geographischen Herkunft oder der Zeit<br />
der Herstellung der Ware oder der Erbringung der Dienstleistung oder<br />
zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Ware oder Dienstleistung<br />
dienen können, von der Eintragung ausgeschlossen. Zum Zwecke der<br />
Beurteilung des beschreibenden Charakters ist festzustellen, ob aus<br />
Sicht der maßgeblichen Verkehrskreise ein hinreichend direkter und<br />
konkreter Zusammenhang zwischen dem Ausdruck und den Waren<br />
oder Dienstleistungen besteht, deren Eintragung beantragt wird (Urteil<br />
vom 20. Juli 2004, Rechtssache T-311/02, Vitaly Lissotschenko und<br />
Joachim Hentze/HABM, (LIMO), Slg. II-2957, Randnummer 30). Im<br />
<strong>Nichtigkeit</strong>sverfahren ändert sich materiell-rechtlich an dem in Artikel 7<br />
geregelten Sachverhalt nichts; prozessual sind jedoch aufgrund des<br />
zweiseitigen Verfahrens Unterschiede zu beachten. Dabei müssen bei<br />
der Beurteilung der Marke sowohl die Umstände am Anmeldezeitpunkt<br />
als auch am Datum der Eintragung berücksichtigt werden (vgl.<br />
Guidelines concerning the proceedings before the Office, Cancellation<br />
proceedings, Stand: November 2007, Punkt 4.1.1., Seite 10). Der<br />
Antragsteller hat dazu die entsprechenden Umstände zu erörtern und<br />
aussagekräftiges Beweismaterial vorzulegen. Unterschiede ergeben<br />
sich ferner in Bezug auf die Stellung des <strong>Nichtigkeit</strong>santrags gem.<br />
Artikel 55 GMV und dessen Prüfung gem. Artikel 56 GMV.<br />
(15) Insbesondere aus Anlage 1 der vorgelegten Unterlagen des<br />
Antragstellers ergibt sich, dass eine Europäische <strong>Wing</strong><strong>Tsun</strong><br />
Organisation (EWTO) existiert. Daraus geht hervor, dass <strong>Wing</strong><strong>Tsun</strong><br />
verlorenes Wissen enthält, verschlüsselt in einer einzigartigen Kampf-<br />
und Bewegungskunst. <strong>Wing</strong><strong>Tsun</strong> entwickelt dabei vollkommene<br />
Körper- und damit Geisteskontrolle. Die ausgeklügelten Bewegungen<br />
führen zum bewussten Umgang mit dem Körper und mit Emotionen<br />
wie Angst, Wut und Zorn. Daher liefert <strong>Wing</strong><strong>Tsun</strong> insbesondere für<br />
Heranwachsende einen wertvollen Beitrag im Rahmen der Erziehung.<br />
Die EWTO garantiert dabei einen gleichbleibenden Standard. Die<br />
angemeldete Wortfolge ist somit die Bezeichnung einer bestimmten<br />
ostasiatischen Kampfsportart für Dienstleistungen aus dem<br />
Kampfsportbereich, und damit auch für die beanspruchten<br />
Dienstleistungen Sportunterricht; Durchführung von Seminaren. „WING<br />
TSUN“ ist neben Bezeichnungen wie „Ving <strong>Chun</strong>“, „WING CHUN“ und<br />
„Ving <strong>Tsun</strong>“ eine gebräuchliche Transskription eines chinesischen<br />
Frauennamens, der zur Bezeichnung einer der populärsten Formen<br />
der Kampfsportart „Kung Fu“ geworden ist. Die bestehenden<br />
unterschiedlichen Schreibweisen sind phonetisch sehr ähnlich, so dass<br />
im Gegensatz zu der Auffassung des Inhabers auch insoweit keine<br />
Schutzfähigkeit begründet werden kann.
5<br />
(16) Ein Wortzeichen kann von der Eintragung ausgeschlossen werden,<br />
wenn es zumindest in einer seiner möglichen Bedeutungen ein<br />
Merkmal der in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen<br />
bezeichnet. Diese Grundsätze gelten auch für Anmeldungen, die aus<br />
einer Wortverbindung bestehen. Denn im Allgemeinen bleibt die bloße<br />
Kombination von Bestandteilen, von denen jeder Merkmale der<br />
beanspruchten Waren oder Dienstleistungen beschreibt, selbst für<br />
diese Merkmale beschreibend. Die bloße Aneinanderreihung solcher<br />
Bestandteile ohne Vornahme einer ungewöhnlichen Änderung,<br />
insbesondere syntaktischer oder semantischer Art, kann nämlich nur<br />
zu einer Marke führen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben<br />
besteht, welche im Verkehr zur Bezeichnung von Merkmalen der<br />
genannten Waren oder Dienstleistungen dienen können. Somit hat<br />
eine Marke, die sich aus einem Wort mit mehreren Bestandteilen<br />
zusammensetzt, von denen jeder Merkmale der Waren oder<br />
Dienstleistungen beschreibt, für die die Eintragung beantragt wird,<br />
selbst einen die genannten Merkmale beschreibenden Charakter, es<br />
sei denn, dass ein merklicher Unterschied zwischen dem Wort und der<br />
bloßen Summe seiner Bestandteile besteht; dies setzt entweder<br />
voraus, dass das Wort aufgrund der Ungewöhnlichkeit der Kombination<br />
in Bezug auf die genannten Waren oder Dienstleistungen einen<br />
Eindruck erweckt, der hinreichend weit von dem abweicht, der bei<br />
bloßer Zusammenfügung der seinen Bestandteilen zu entnehmenden<br />
Angaben entsteht, und somit über die Summe dieser Bestandteile<br />
hinausgeht, oder dass das Wort in den allgemeinen Sprachgebrauch<br />
eingegangen ist und dort eine ihm eigene Bedeutung erlangt hat, so<br />
dass es nunmehr gegenüber seinen Bestandteilen autonom ist, soweit<br />
die neue Bedeutung nicht selbst beschreibend ist. Diese<br />
Voraussetzungen liegen im vorliegenden Fall nicht vor. Selbst wenn<br />
jedoch die Bezeichnung eine sprachliche Neuschöpfung darstellen<br />
würde, ist zu berücksichtigen, dass im Allgemeinen die bloße<br />
Kombination von Bestandteilen, von denen jeder Merkmale der<br />
beanspruchten Waren oder Dienstleistungen beschreibt, selbst für<br />
diese Merkmale beschreibend bleibt (Urteil des Gerichtshofes in der<br />
Rechtssache C-363/99 vom 12. Februar 2004, „Postkantoor“, Rdnrn.<br />
99-102). Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall gegeben.<br />
(17) Der Inhaber übersieht, dass es für die Anwendung der<br />
Tatbestandsvoraussetzungen des Artikels 7 Absatz 1 Buchstabe c)<br />
GMV ausreichend ist, wenn das Zeichen entsprechend zur<br />
Bezeichnung von Merkmalen von Waren und Dienstleistungen<br />
verstanden werden kann. Insoweit ist die Möglichkeit ausreichend, das<br />
Zeichen entsprechend zu verstehen, um die dafür vorgesehenen<br />
Rechtsfolgen eintreten zu lassen. Da dies aus den dargelegten<br />
Gründen der Fall ist, sind die erforderlichen<br />
Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt, die die entsprechenden<br />
rechtlichen Konsequenzen nach sich ziehen.
6<br />
(18) Der Inhaber hat auch nicht dargelegt, auf welche Art und Weise das<br />
Zeichen ansonsten verstanden werden könnte. Eine Mehrdeutigkeit,<br />
die im Zusammenhang mit weiteren einschlägigen Faktoren eine<br />
Schutzfähigkeit begründen könnte, ist somit nicht gegeben.<br />
(19) Im Übrigen ist es Teil der Prüfung und Hintergrund der Regelung der<br />
absoluten Eintragungshindernisse des Artikels 7 Absatz 1 Buchstaben<br />
b) bis e) GMV zu vermeiden, dass ein einzelner Wirtschaftsteilnehmer<br />
einen unzulässigen Wettbewerbsvorteil durch die Entstehung eines<br />
ausschließlichen Rechts an einem Zeichen, das allen frei zur<br />
Verfügung überlassen bleiben muss, erlangt. Im vorliegenden Fall<br />
muss der Begriff „WING TSUN“ auch anderen Mitbewerbern<br />
freistehen, um die o. g. Bedeutungen zu dokumentieren.<br />
(20) Daher besteht der Ausdruck „WING TSUN“ im Sinne von Artikel 7<br />
Absatz 1 Buchstabe c) GMV ausschließlich aus Zeichen oder<br />
Angaben, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art der angemeldeten<br />
Dienstleistungen dienen können.<br />
(21) Gem. Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b) GMV sind Marken von der<br />
Eintragung ausgeschlossen, die keine Unterscheidungskraft haben.<br />
Unterscheidungskräftig im Sinne dieser Rechtsvorschrift sind nur<br />
solche Zeichen, die im Hinblick auf die konkret beanspruchten Waren<br />
und Dienstleistungen in den Augen der angesprochenen Verbraucher<br />
geeignet erscheinen, die Waren oder Dienstleistungen dieses<br />
Unternehmens von denen eines anderen Unternehmens zu<br />
unterscheiden. Gemäß der Rechtsprechung des Gerichtshofes der<br />
Europäischen Gemeinschaften kann aufgrund der Tatsache, dass ein<br />
Zeichen aus Begriffen besteht, die den Verkehrskreisen Auskunft über<br />
ein Merkmal der Waren geben, darauf geschlossen werden, dass das<br />
Zeichen keine Unterscheidungskraft besitzt (Urteil des Gerichtshofes<br />
der Europäischen Gemeinschaften vom 19. September 2002,<br />
Rechtssache C-104/00 P, DKV/HABM (Companyline), Slg. I-7561,<br />
Randnummer 21). Dies ist zweifellos auf den vorliegenden Fall<br />
anwendbar. Da die Marke in Bezug auf die Waren und<br />
Dienstleistungen, für die sie angemeldet wurde, eine eindeutig<br />
beschreibende Bedeutung besitzt, wird die Marke bei den<br />
maßgeblichen Verkehrskreisen den Eindruck erwecken, dass sie in<br />
erster Linie beschreibenden Charakter hat, wodurch jegliche Annahme,<br />
dass die Marke eventuell eine Herkunft bezeichnet, ausgeschlossen<br />
ist.<br />
(22) Da keine darüber hinausgehenden Angaben vorliegen, wird der<br />
Verkehr das Zeichen somit nicht als betriebliche<br />
Kennzeichnungsfunktion wahrnehmen. Die Hauptfunktion einer Marke,<br />
nämlich die Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer<br />
zu unterscheiden, wird daher von dem angemeldeten Zeichen nicht<br />
erfüllt. Diese Beurteilung wird zusätzlich dadurch gestützt, dass sich<br />
der nur eine angemessene Aufmerksamkeit aufbringende<br />
Durchschnittsverbraucher, wenn ihn das Zeichen nicht sofort auf die
7<br />
Herkunft der gekennzeichneten Ware oder Dienstleistung hinweist,<br />
sondern ihm lediglich eine rein werbende und abstrakte Aussage<br />
vermittelt, nicht die Zeit nehmen wird, über die verschiedenen<br />
möglichen Funktionen des Zeichens nachzudenken oder es als eine<br />
Marke wahrzunehmen.<br />
(23) Das angemeldete Zeichen ist daher nach Artikel 7 Absatz 1<br />
Buchstaben b) und c) GMV nicht schutzfähig.<br />
(24) Soweit der Inhaber die Erlangung der Unterscheidungskraft durch<br />
Benutzung geltend macht, gilt Folgendes: Ist die Gemeinschaftsmarke<br />
gem. Artikel 51 Absatz 2 GMV eingetragen worden, kann sie nicht für<br />
nichtig erklärt werden, wenn sie durch Benutzung im Verkehr<br />
Unterscheidungskraft für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie<br />
eingetragen ist, erlangt hat. Absatz 2 verbietet damit die Löschung der<br />
entgegen Artikel 7 Absatz 1 Buchstaben b), c) oder d) eingetragenen<br />
Gemeinschaftsmarken für den Fall, dass sie für Produkte ihres Waren-<br />
/Dienstleistungsverzeichnisses infolge Benutzung im Verkehr<br />
Unterscheidungskraft erlangt hat, also im Zeitpunkt der Entscheidung<br />
über den <strong>Nichtigkeit</strong>santrag trotz ihres ursprünglichen mangels an<br />
originärer Unterscheidungseignung, die auch Ausfluss ihres<br />
beschreibenden oder umgangssprachlichen Charakters sein kann, vom<br />
Publikum als ursprungsidentifizierende Marke angesehen wird. Dann<br />
kann sie nämlich nicht mehr für nichtig erklärt werden, es tritt vielmehr<br />
eine Heilung ein. Dabei müssen die Anforderungen an die Erlangung<br />
der Unterscheidungskraft durch Benutzung gem. Artikel 7 Absatz 3<br />
GMV erfüllt werden.<br />
(25) Nach aktueller und geltender Rechtsprechung des Gerichts in der<br />
Rechtssache T-262/04 vom 15. Dezember 2005, „Dreidimensionale<br />
Marke eines Steinfeuerzeugs“ müssen dazu insbesondere folgende<br />
Voraussetzungen vorliegen (vgl. Rdnr. 64):<br />
1. Der von der Marke gehaltene Marktanteil;<br />
2. Die Intensität und die Dauer der Benutzung der Marke;<br />
3. Die geographische Verbreitung der Marke;<br />
4. Der Werbeaufwand des Unternehmens für die Marke;<br />
5. Der Teil der beteiligten Verkehrskreise, der die Ware aufgrund der<br />
Marke als von einem bestimmten Unternehmen stammend erkennt;<br />
6. Erklärungen von Industrie- und Handelskammern oder anderen<br />
Berufsverbänden;<br />
7. Meinungsumfragen;<br />
8. Die Unterscheidungskraft, auch soweit sie durch Benutzung erworben<br />
wurde, ist im Hinblick auf die in der Anmeldung beanspruchten Waren<br />
(und Dienstleistungen) zu beurteilen (Rdnr. 65);<br />
9. Die Unterscheidungskraft durch Benutzung muss vor dem Anmeldetag<br />
erworben worden sein (Rdnr. 66).<br />
(26) Dazu legt der Inhaber verschiedene eidesstattliche Versicherungen<br />
u.a. von sich selbst über Werbeaufwendungen vor. Den vorgelegten<br />
eidesstattlichen Versicherungen des Inhabers kommt aufgrund der
8<br />
parteilichen Aussage als Verfahrensbeteiligter zumindest keine erhöhte<br />
Aussagekraft zu. Bei eidesstattlichen Versicherungen handelt es sich<br />
zudem es sich zudem um bloße schriftliche Mitteilungen, deren<br />
Beweiswert eher gering ausfällt (Entscheidung der<br />
Beschwerdekammer R 0993/2005-4 vom 05. Juni 2007,<br />
„COSANA/SONANA“); sie eignen sich jedoch zumindest, um in<br />
gewisser Weise im Rahmen der Gesamtschau der vorgelegten<br />
Unterlagen einbezogen werden zu können. Vorliegend ist jedoch<br />
einschränkend zu berücksichtigen, dass zwar Werbeaufwendungen<br />
aus den Jahren 2002 bis 2006 mitgeteilt wurden, jedoch nicht<br />
erkennbar ist, worauf (auf welche Waren und Dienstleistungen) sich<br />
diese im Einzelnen beziehen. Da das Waren-<br />
/Dienstleistungsverzeichnis verschiedene Waren und Dienstleistungen<br />
umfasst, wird nicht deutlich, welche Produkte und/oder<br />
Dienstleistungen im Einzelnen gemeint sind. Darüber hinaus hätte der<br />
Inhaber eine Aufteilung zwischen den (unterschiedlichen)<br />
Dienstleistungen Sportunterricht sowie Durchführung von Seminaren<br />
vornehmen müssen, um dem Amt eine eindeutige Zuordnung zu<br />
ermöglichen. Da dies nicht geschehen ist, handelt es sich um Angaben<br />
mit sehr eingeschränkter Aussagekraft.<br />
(27) Marktanteile wurden nicht mitgeteilt.<br />
(28) Verkehrsbefragungen/Meinungsumfragen liegen nicht vor.<br />
(29) Erklärungen von Industrie- und Handelskammern oder anderen<br />
Berufsverbänden wurden nicht übersandt.<br />
(30) Die weiterhin vorgelegten Unterlagen, wie Ablichtungen aus<br />
Magazinen, Muster und Kopien von Werbematerialien oder<br />
Ablichtungen von Schullisten sind aufgrund ihrer eingeschränkten<br />
Aussagekraft nur eingeschränkt geeignet, um wesentlich zum<br />
Nachweis beitragen zu können. Sie können lediglich als ergänzendes<br />
Material zu ansonsten einschlägigen Unterlagen herangezogen<br />
werden.<br />
(31) Als Ergebnis ist somit erstens festzustellen, dass die Voraussetzungen<br />
des Artikels 51 Absatz 1 Buchstabe a) iVm 7 Absatz 1 Buchstabe<br />
Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b) und c) GMV nach Auswertung der<br />
vorgelegten Unterlagen und Materialien erfüllt sind.<br />
(32) Die Erlangung der Unterscheidungskraft durch Benutzung konnte<br />
zweitens nicht nachgewiesen werden, weil die eidesstattlichen<br />
Versicherungen aufgrund ihrer fehlenden Aufteilung hinsichtlich der<br />
mitgeteilten Werbeaufwendungen auf die Waren/Dienstleistungen nicht<br />
durch weitere Unterlagen ergänzt werden, die diese Angaben<br />
vervollständigen. Sie sind per se aufgrund der Aussage eines<br />
parteilichen Vertreters ohnehin nur bedingt aussagekräftig. Die darin<br />
enthaltenen Angaben über Werbeaufwendungen lassen sich ohne<br />
weitere Angaben den verfahrensgegenständlichen Dienstleistungen
9<br />
nicht zuordnen. Marktanteile, Verkehrsbefragungen und/oder<br />
Meinungsumfragen, Erklärungen von Industrie- und Handelskammern<br />
liegen überhaupt nicht vor. Weitere Unterlagen können aufgrund ihrer<br />
eingeschränkten Aussagekraft nur ergänzend zu ansonsten<br />
einschlägigen Materialien herangezogen werden.<br />
(33) Im Ergebnis ist somit drittens festzustellen, dass der Antrag gem.<br />
Artikel 51 Absatz 1 Buchstabe a) iVm 7 Absatz 1 Buchstaben b) und c)<br />
sowie Absatz 3 GMV begründet ist.<br />
KOSTEN<br />
(34) Gemäß Artikel 81 Absatz 1 GMV trägt der im Verfahren unterliegende<br />
Beteiligte die von dem anderen Beteiligten zu entrichtenden Gebühren<br />
sowie die Kosten.<br />
Da der Inhaber der im Verfahren unterliegende Beteiligte ist, trägt er<br />
alle dem anderen Beteiligten entstandenen Kosten.<br />
DIE NICHTIGKEITSABTEILUNG<br />
Wouter Verburg Peter Quay Alexandra Apostolakis<br />
Rechtsmittelbelehrung:<br />
Gemäß Artikel 58 der Verordnung über die Gemeinschaftsmarke kann jeder<br />
Beteiligte, der durch diese Entscheidung beschwert ist, gegen diese<br />
Entscheidung Beschwerde einlegen. Gemäß Artikel 59 der Verordnung über<br />
die Gemeinschaftsmarke ist die Beschwerde innerhalb von zwei Monaten<br />
nach der Zustellung dieser Entscheidung einzulegen; innerhalb von vier<br />
Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung ist die Beschwerde schriftlich<br />
zu begründen. Die Beschwerde gilt nur als eingelegt, wenn die<br />
Beschwerdegebühr von 800 Euro entrichtet wurde.
10<br />
Belehrung über die Möglichkeit der Überprüfung der Kostenfestsetzung:<br />
Die Festsetzung des Betrags der zu erstattenden Kosten kann nur auf Antrag<br />
auf Entscheidung der <strong>Nichtigkeit</strong>sabteilung überprüft werden. Gemäß Regel<br />
94 (4) der Durchführungsverordnung ist ein solcher Antrag innerhalb eines<br />
Monats nach Zustellung der Kostenfestsetzung zu stellen; er gilt nur als<br />
gestellt, wenn die Gebühr für die Überprüfung der Kostenfestsetzung von 100<br />
Euro (Artikel 2 Nr. 30 der Gebührenverordnung) entrichtet wurde.