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S-Bahn Berlin: Der Absturz - derFahrgast

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<strong>Der</strong> <strong>Absturz</strong><br />

gründete das Aktionsbündnis „<strong>Berlin</strong>er! Schützt eure<br />

S-<strong>Bahn</strong>!“. In einem Informationsblatt wird der damalige<br />

S-<strong>Bahn</strong>-Chef Ruppert zitiert: „Alle Bereiche der S-<strong>Bahn</strong><br />

sind gleich wichtig. Unser System ist nur so gut wie seine<br />

schwächs te Komponente. In diesem System müssen die<br />

<strong>Bahn</strong>höfe genauso gut wie die Betriebsleitung, die Zugtechnik,<br />

der Vertrieb funktionieren. Die Kunst besteht darin, das<br />

System in allen Komponenten zu entwickeln.“ Das Aktionsbündnis<br />

ergänzte: „Insoweit hat der Betriebsrat [...] auch Verantwortung<br />

dafür, dass in diesem System u.a. auch die <strong>Bahn</strong>höfe<br />

funktionieren und die Komponenten im System<br />

tatsächlich entwickelt und nicht abgewickelt werden.“<br />

Und heute, vier Jahre später? Heidi Bodewald, Aufsicht bei<br />

der S-<strong>Bahn</strong>, sagt in der Transnet-Zeitschrift „inform“ von<br />

August: „Da haben wir einige düstere Szenarien entwickelt.<br />

Und jetzt ist alles noch schlimmer gekommen, als wir es je<br />

geahnt haben.“<br />

■ Die Vorgeschichte<br />

Seit dem 1. Januar 1995 ist die S-<strong>Bahn</strong> <strong>Berlin</strong> GmbH eine<br />

Tochtergesellschaft der am 1. Januar 1994 gegründeten<br />

Deutschen <strong>Bahn</strong> AG. Die S-<strong>Bahn</strong> <strong>Berlin</strong> GmbH trat,<br />

seit Januar 1994 zunächst noch als Projektgesellschaft, die<br />

Nachfolge der zur DR-Ost gehörenden S-<strong>Bahn</strong> mit den zur<br />

<strong>Berlin</strong>er Verkehrs-Gesellschaft (BVG) gehörenden Fahrzeugen<br />

an. Die <strong>Berlin</strong>er S-<strong>Bahn</strong> stand vor gewaltigen Aufgaben,<br />

die allein von ihr nicht zu stemmen waren und deshalb öffentliche<br />

Gelder in erheblicher Höhe erforderten. In zweistelliger<br />

Milliardenhöhe wurde seit 1990 allein in die Infrastruktur –<br />

Gleise, Stromversorgung, Sicherungstechnik, Wartungsanlagen<br />

– investiert; das Bundesschienenwegeausbaugesetz von<br />

1992 sah eigens für das <strong>Bahn</strong>netz in <strong>Berlin</strong> gesonderte Mittel<br />

vor. Auch die neuen Fahrzeuge wurden mit öffentlichen Mitteln<br />

gefördert.<br />

Während das S-<strong>Bahn</strong>-Netz im ehemaligen Ost-<strong>Berlin</strong> ständig<br />

unterhalten und fallweise ausgebaut wurde, war in West-<br />

<strong>Berlin</strong> nur noch ein Rumpfnetz vorhanden. <strong>Der</strong> Ring war<br />

1994 außer Betrieb, ebenso etliche Außenäste. Trotz neu<br />

gefertigter Fahrzeuge der Baureihen 270 (heute 485) und 480<br />

stand der Fahrzeugpark vor einer noch nicht dagewesenen<br />

Erneuerungswelle. Kurz und gut: Die Aufgabe lautete in den<br />

<strong>Der</strong> Weg in den Abgrund<br />

Chronik einer vermeidbaren Katastrophe<br />

8. Januar 1984 Die <strong>Berlin</strong>er Verkehrs-Gesellschaft (BVG) übernimmt<br />

von der Deutschen Reichsbahn (DR) den Betrieb der S-<strong>Bahn</strong><br />

in West-<strong>Berlin</strong>.<br />

1990 Eine Arbeitsgruppe der BVG und der DR erarbeitet einen<br />

Anforderungskatalog für eine neue gemeinsame S-<strong>Bahn</strong>-Baureihe.<br />

1990 – 1992 Die Baureihe 270/485 wird in Serie gefertigt, es entstehen<br />

85 Viertelzüge; parallel werden 80 Viertelzüge der Baureihe<br />

480 ausgeliefert.<br />

1990er-Jahren Neu- und Wiederaufbau, um die S-<strong>Bahn</strong> wieder<br />

zu dem zu machen, was sie zumindest bis 1961 war.<br />

<strong>Der</strong> Aufbau schritt voran, auch wenn sich mancher <strong>Berlin</strong>er<br />

ein höheres Tempo gewünscht hätte. Bereits 1990 gab es<br />

wieder durchgehenden Betrieb auf der Stadtbahnstrecke und<br />

allein 1992 wurden mit den Außenästen nach Potsdam<br />

(1. April), Hohen Neuendorf (31. Mai) und Blankenfelde<br />

(31. August) drei traditionelle Verbindungen ins nähere<br />

Umland reaktiviert. Die (zunächst provisorische) Vollring-<br />

In betriebnahme am 16. Juni 2002, die Neubaustrecke nach<br />

Teltow Stadt (24. Februar 2005) und schließlich das neue<br />

Vollring-Konzept seit dem 28. Mai 2006 markieren den<br />

vorläufigen Abschluss der Neu- und Wiederinbetriebnahmen.<br />

Viele <strong>Berlin</strong>er nahmen 1997 traurig Abschied von den „Stadtbahnen“,<br />

jener Baureihe 275/475, die seit 1928 den S-<strong>Bahn</strong>-<br />

Verkehr prägte. Und doch war dies ein sichtbares Zeichen für<br />

die Erneuerung des Fahrzeugparks, denn seit 1996 werden die<br />

neuen Züge der Baureihe 481/482 in Serie gefertigt.<br />

■ Sturm zieht auf: Die Mehdorn-<strong>Bahn</strong> kommt<br />

Im Dezember 1999 wurde Hartmut Mehdorn von der (rotgrünen)<br />

Bundesregierung zum Vorstandsvorsitzenden der<br />

Deutschen <strong>Bahn</strong> AG berufen. Er folgte dem skandalfrei, aber<br />

ohne Fortune agierenden Johannes Ludewig, in dessen Amtszeit<br />

der ICE-Unfall von Eschede (Juni 1998) fiel und der vor<br />

allem als Kohl-Vertrauter galt. Mehdorn begann zunächst mit<br />

schonungslosen Analysen und einer von einem DB-Chef bis<br />

dato ungewohnten Agilität. Sein Ziel: aus der defizitären<br />

<strong>Bahn</strong> einen effizienten und gewinnbringenden Logistikkonzern<br />

zu machen – und diesen irgendwann an die Börse zu<br />

bringen. Die Bundespolitik, mit den bis dahin erreichten Ergebnissen<br />

der <strong>Bahn</strong>reform alles andere als zu frieden, traute<br />

Mehdorn den Sanierungskurs und den Umbau zu – und ließ<br />

ihn machen.<br />

Leider verabschiedete sie sich damit nahezu völlig aus ihrer<br />

Aufsichtsfunktion. <strong>Bahn</strong>politik interessierte allenfalls als<br />

Haushaltspolitik und die <strong>Bahn</strong> kostete noch immer. Auch die<br />

Besetzung mit dem jeweiligen Verkehrsminister folgte in erster<br />

Linie politischem Proporz – dabei hätte es eines starken<br />

Lesen Sie auf Seite 8 weiter.<br />

1993 Vorstellung des 481-Prototyps durch die Deutsche Waggonbau<br />

Aktiengesellschaft<br />

1. Januar 1995 Gründung der S-<strong>Bahn</strong> <strong>Berlin</strong> GmbH als Tochter<br />

der DB AG, erster Geschäftsführer: Axel Nawrocki; die GmbH ist seit<br />

2004 dem Geschäftsfeld Stadtverkehr der DB AG zugeordnet.<br />

Ab 1996 Beginn der Serienfertigung der Baureihe 481/482, der<br />

größten Serie gleichartiger Triebfahrzeuge seit den Stadtbahnen<br />

von 1928; bis 2004 erhält die S-<strong>Bahn</strong> <strong>Berlin</strong> 500 Viertelzüge dieser<br />

BR.<br />

Mai 1998 Günter Ruppert folgt Axel Nawrocki als Sprecher des<br />

Vorstands der S-<strong>Bahn</strong> <strong>Berlin</strong> GmbH.<br />

6 <strong>derFahrgast</strong> · 4/2009

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