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1. Der Stadtbegriff Semester 5 Stadtgeographie

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<strong>1.</strong> <strong>Der</strong> <strong>Stadtbegriff</strong><br />

<strong>Semester</strong> 5 <strong>Stadtgeographie</strong><br />

"Die Stadt ist ein kompakter Siedlungskörper von hoher Wohn- und<br />

Arbeitsplatzdichte, mit vor allem durch Wanderungsgewinn wachsender Bevölkerung,<br />

mit breitem Berufsfächer bei überwiegend tertiär- und sekundärwirtschaftlichen<br />

Tätigkeiten, mit deutlicher innerer Differenzierung, mit relativ hoher<br />

Verkehrswertigkeit, mit einem Bedeutungsüberschuß an Waren und Dienstleistungen<br />

für einen erweiterten Versorgungsbereich bei weitgehend künstlicher<br />

Umweltgestaltung mit deren Folgen für ihre Bevölkerung." (HOFMEISTER 1993,<br />

S.237)<br />

Zusammenfassend lassen sich so folgende Kriterien für den Begriff der Stadt<br />

aufstellen:<br />

• Größe<br />

• Geschlossene Siedlung<br />

• Innere Differenzierung (Sozialer Raum und Funktion)<br />

• Wirtschaftliche Aktivität im II. und III. Sektor<br />

• Urbane Lebensform<br />

• Zentralität (s. Kap. I. 5)<br />

• Hohe Verkehrswertigkeit<br />

• Künstliche Umweltgestaltung<br />

2. Die Stadtentstehung erfolgte in bestimmten Phasen. Hierbei wird<br />

unterscheiden zwischen:<br />

• Ältesten Städten (ab 8 000 v. Chr.):<br />

- Jericho<br />

- Çatal Hüyük<br />

- Karthago<br />

• Griechischen Städten<br />

• Römischen Städten<br />

• Mittelalterlichen Städten<br />

- Frühmittelalterliche Wik- und Marktstädte ab dem 8. Jahrhundert um Bischofsitze und<br />

Königshöfe<br />

- Siedlungsgründungen des Hochadels im 12. Und 13. Jahrhundert, beispielsweise von<br />

Zähringern und Staufern<br />

- Klein-, Zwerg- und Minderstädten im 14. und 15. Jahrhundert<br />

• Frühneuzeitlichen Städten (16. - 18. Jhd.)<br />

- Kolonialistationsstädten<br />

- Bergbaustädten<br />

- Absolutistischen Fürstenstädten<br />

- Exulantenstädten<br />

• Städten des Industriezeitalters (ab 19. Jhd.)<br />

- Verwaltungsstädte, Vorhäfen<br />

- Industriestädte<br />

- Neue Städte der Nachkriegszeit<br />

Gegen Ende des Mittelalters existierten bereits 4.000 Städte in Deutschland. Seit 1450 erfolgt<br />

eine Abnahme der Städteneugründungen, die nur kurzfristig mit dem Einsetzen der<br />

Industrialisierung unterbrochen wurde.


3. Städtebauepochen in Deutschland<br />

Städtebauepoche<br />

Römische<br />

Stadtgründungen<br />

Mittelalter<br />

10. – 15. Jh.<br />

z. B. Bautzen<br />

Absolutismus<br />

16. – 16. Jh.<br />

z. B. Karlsruhe<br />

Industriestadt<br />

19. – 20. Jh.<br />

(ab 1871 Gründerzeit)<br />

Moderne Stadt<br />

20. Jh.<br />

<strong>Semester</strong> 5 <strong>Stadtgeographie</strong><br />

Siedlungsmittelpunkt Verkehrswege Wohnungen und Arbeitsstätten<br />

Forum nach Himmelsrichtungen ausgerichtete<br />

Straßen<br />

Pfarrkirche, Marktplatz, Rathaus Handelsstraßen für Fuhrwerke, Gassen<br />

für Tragetiere oder Karren<br />

Schloss Alleen für Karossen, radial<br />

verlaufendes Straßennetz<br />

Wohnung und Arbeitsplatz<br />

unter einem Dach<br />

Wohnung und Arbeitsplatz<br />

auf einem Grundstück, Manufakturen<br />

Fabrik, Bergwerk Eisenbahnanschluss (ab 1830) Fabriken mit Schornsteinen und Mietskasernen<br />

innerhalb eines Straßenblocks,<br />

Villengebiete<br />

Einkaufszentrum gestuftes Straßennetz: Wohnstraßen<br />

und Schnellstraßen für Kraftfahrzeuge,<br />

Massenverkehrsnetz<br />

Wohnungen und Arbeitsstätten<br />

räumlich klar<br />

getrennt (Pendlerverkehr)


<strong>Semester</strong> 5 <strong>Stadtgeographie</strong><br />

4. Hierarchie und räumliche Verteilung der Global Cities<br />

5. Hierarchisierung der Weltstädte (World Cities, Global Cities):<br />

(1) Die Globalization and World City Research Group (GaWC) an der University of<br />

Loughborough hat mithilfe einer umfangreichen quantitativen Methode die Daten von<br />

international tätigen Unternehmen aus den vier Dienstleistungssektoren Wirtschaftsprüfung,<br />

Bank- und Finanzwesen, Werbeagenturen und Rechtsberatung in 263 Städten ausgewertet<br />

und daraus ein Raster von 55 Weltstädten auf drei verschiedenen Ebenen abgeleitet. Dabei<br />

wurden die Daten quantifiziert und in ein Punkteschema umgerechnet. Jede der<br />

untersuchten Städte erzielte somit eine bestimmte Punktezahl, die dem Grad ihrer<br />

„Weltstadtheit“ entspricht. Anhand der erreichten Punktzahl wurden die untersuchten Städte<br />

in Klassen eingeteilt:


<strong>Semester</strong> 5 <strong>Stadtgeographie</strong><br />

- Städte mit einer Punktezahl von 12 – 10 wurden als Alpha-Weltstädte<br />

- Städte mit einer Punktezahl von 9 – 7 als Beta- Weltstädte und<br />

- Städte mit einer Punktezahl von 6 – 4 als Gamma-Weltstädte bezeichnet.<br />

(2) Dirk BRONGER entwickelte anhand von acht Indikatoren, für die international<br />

vergleichbare Werte vorliegen, eine Rangfolge<br />

der Global Cities. Die Indikatoren waren:<br />

1 Firmensitze der Zentralen der 500 größten transnationalen Unternehmen ‚ Umsatz dieser<br />

Unternehmen<br />

2 Hauptverwaltung der 500 weltweit umsatzstärksten Banken, „Sitz der weltweit größten<br />

(umsatzstärksten) Börsen<br />

3 bedeutendste internationale Flughäfen nach Anzahl der Passagiere<br />

4 bzw. nach Frachtaufkommen<br />

5 weltweit führende Seehäfen nach Umschlag<br />

6 Sitz bedeutender internationaler/weltwirtschaftlicher Institutionen.<br />

Ausgehend von diesen Indikatoren identifizierte BRONGER 42 Metropolen mit Weltstadt-<br />

Bedeutung, die er drei Kategorien zuordnete:<br />

<strong>1.</strong> Global Cities im engere Sinne (Kommandozentralen mit Weltgeltung)<br />

2. Städte mit teilweise globalen Kommandofunktionen<br />

3. Städte mit spezialisierter Kommandofunktion<br />

Quelle:<br />

DIRK BRONGER: Metropolen – Megastädte – Global Cities. Darmstadt: Wissenschaftliche<br />

Buchgesellschaft, 2004, S. 146 ff. und S. 19<strong>1.</strong><br />

A - ALPHA WORLD CITIES (full service world cities)<br />

12: London, New York, Paris, Tokyo<br />

10: Chicago, Frankfurt, Hong Kong, Los Angeles, Milan, Singapore<br />

B - BETA WORLD CITIES (major world cities)<br />

9: San Francisco, Sydney, Toronto, Zurich<br />

8: Brussels, Madrid, Mexico City, Sao Paulo<br />

7: Moscow, Seoul<br />

C - GAMMA WORLD CITIES (minor world cities)<br />

6: Amsterdam, Boston, Caracas, Dallas, Düsseldorf, Geneva, Houston,<br />

Jakarta, Johannesburg, Melbourne, Osaka, Prague, Santiago, Taipei,<br />

Washington<br />

5: Bangkok, Beijing, Montreal, Rome, Stockholm, Warsaw<br />

4: Atlanta, Barcelona, Berlin, Budapest, Buenos Aires, Copenhagen, Hamburg, Istanbul,<br />

Kuala Lumpur, Manila, Miami, Minneapolis, Munich, Shanghai


6.<br />

7. Millionenstädte<br />

<strong>Semester</strong> 5 <strong>Stadtgeographie</strong>


8. Zentrale Orte - Christaller<br />

<strong>Semester</strong> 5 <strong>Stadtgeographie</strong><br />

Theorie der Zentralen Orte:<br />

Die von W. CHRISTALLER 1933 geprägte Theorie der Zentralen Orte versucht, eine<br />

hierarchische Struktur der räumlichen Ordnung der Wirtschaft sowie der Hirarchie von<br />

Siedlungen aus dem Zusammenwirken ökonomischer Bestimmungsfaktoren zu erkennen.<br />

Die Zentralität eines Ortes wird hierbei von dessen Bedeutungsüberschuß an zentralen<br />

Gütern gegenüber des Umlandes bestimmt.<br />

Zentrale Güter sind nach CHRISTALLER:<br />

Einrichtungen der Verwaltung<br />

Sanitäre Einrichtungen (Arzt, Hospital,...)<br />

Gesellschaftlich - kulturelle Einrichtungen<br />

Organisationseinrichtungen des wirtschaftlich-sozialen Lebens<br />

Einrichtungen des Handels und Geldverkehrs<br />

Einrichtungen des Verkehrs.<br />

Entscheidend für diese Theorie ist die Reichweite dieser Güter. Sie entscheidet über die<br />

zentrale Wertigkeit eines Ortes. Bei optimaler Struktur von zentralen Orten läßt sich ein<br />

gleichseitiges Hexagon im Grundriß erkennen:


9. Funktionale Differenzierung<br />

<strong>Semester</strong> 5 <strong>Stadtgeographie</strong><br />

10. Innerstädtische Gliederung: Stadtstrukturmodelle<br />

In der sogenannten Chicagoer Schule, einem Forschungsansatz amerikanischer<br />

Sozialökologen, wird versucht, Regelhaftigkeiten der wechselseitigen Abhängigkeit des<br />

sozialen und wirtschaftlichen Lebens in der Stadt zu erfassen und darzustellen. Die<br />

wichtigsten grundlegenden Konzepte dieses Forschungsansatzes stellen der<br />

Privatkapitalismus und der Sozialdarwinismus dar. Im Hinblick auf diese Phänomene wurden<br />

von 1925 bis 1945 drei verschiedene Stadtstrukturmodelle entwickelt:<br />

- Das Ring-/Zonenmodell von Burgess<br />

Gliederung der Stadt in konzentrische Zonen mit Sozialer und funktionaler Segregation.<br />

Entwickelt am Bespiel Chikagos.<br />

- Das Sektorenmodell von Hoyt<br />

Gliederung anhand des o.g. Modells mit Ausbildung von Sektoren innerhalb der<br />

konzentrischen Zonen, die unterschiedliche Funktionen enthalten. Entwickelt anhand einer<br />

Untersuchung von 30 nordamerikanischen Städten und deren Entwicklung von 1900 bis<br />

1936.<br />

- Das multinukleare Modell von Harris und Ullman<br />

Erkennen von mehreren funktionalen Kernen (CBDs); in diesem Modell wird von den<br />

zentralörtlichen Theorien im Bezug auf das Umland ausgegangen.


<strong>Semester</strong> 5 <strong>Stadtgeographie</strong><br />

1<strong>1.</strong> New Towns, Cornelsen Oberstufenband: S. 272<br />

12. Die Gartenstädte: S. 274<br />

13. Die nachhaltige Stadt, Agenda 21: S. 318 f.<br />

14. Modell der nordamerikanischen Stadt: S. 326<br />

15. … der lateinamerikanischen Stadt: S. 331


16. Shrinking Cities - Prognose<br />

<strong>Semester</strong> 5 <strong>Stadtgeographie</strong><br />

Im 2<strong>1.</strong> Jahrhundert wird die historisch einmalige Wachstumsepoche, die mit der<br />

Industrialisierung vor 200 Jahren begann, zu Ende gehen. Vor allem Klimawandel,<br />

Verknappung fossiler Energien, demografische Alterung und Rationalisierungen im<br />

Dienstleistungssektor werden dabei zu neuen Formen der urbanen Schrumpfung und<br />

einer deutlichen Zunahme schrumpfender Städte führen. Hierzu hat das Projekt<br />

Schrumpfende Städte eine globale Zukunftsstudie mit 9 Weltkarten und einer<br />

umfangreichen Datensammlung erstellt, welche die Auswirkung dieser Phänomene<br />

auf die Stadtentwicklung in den verschiedenen Ländern aufzeigt und anschaulich<br />

macht.<br />

Bevölkerung 1950-2150 ///<br />

Quelle: http://shrinkingcities.com/prognose.0.html


Glossar:<br />

<strong>Semester</strong> 5 <strong>Stadtgeographie</strong><br />

a: Verstädterung:<br />

Unter dem Begriff der Verstädterung wird der quantitative Aspekt der Stadt erfaßt: Dieser<br />

gliedert sich wiederum im zwei Begriffe: Den Verstädterungsgrad (Verstädterungsquote), der<br />

den Anteil der Stadtbevölkerung darstellt, und die Verstädterungsrate, den Zuwachs des<br />

Anteil der Stadtbevölkerung an der Gesamtbevölkerung in einem bestimmten Zeitraum.<br />

<strong>Der</strong> Begriff der Urbanisierung, der oft synonym zu dem der Verstäderung verwendet wird,<br />

bedeutet hingegen die Ausbreitung städtischer Lebensformen, also den qualtitativen Aspekt.<br />

<strong>Der</strong> Begriff der Metropolisierung bedeutet die "Vergroßstädterung", sowohl quanitativ in<br />

Größe und Einwohnerzahl, als auch qualitativ in ihren Funktionen.<br />

b: Suburbanisierung<br />

Unter dem Begriff der Suburbanisierung versteht man die Expansion einer Stadt in ihr<br />

Umland. Es werden drei Arten von Suburbanisierung unterschieden:<br />

Bevölkerungssuburbanisierung<br />

Ursachen: Unzureichendes Wohnungsangebot, Mängel an der Bausubstanz,<br />

Wohnumwelt, ...<br />

Industriesuburbanisierung<br />

Ursachen: Steigender Flächenbedarf, Abnehmender Bedarf nach einem zentralen Standort,<br />

Neue Produkte, Erreichbarkeit, ...<br />

Tertiäre Suburbanisierung<br />

Ursachen: Sinkendes Kundenpotential, Agglomerationsvorteile, Erreichbarkeit, ...<br />

c: Desurbanisierung / Counterurbanization<br />

Dieser Begriff der Entstädterung bedeutet eine extreme Verlagerung der Wachstumsdynamik<br />

einer Region in den ländlichen Raum.<br />

d: Gentrification<br />

Diese "Reurbanisierung" der Kernstädte und die damit verbundene Aufwertung<br />

innenstadtnaher Wohngebiete, die z.B. durch Sanierungsmaßnahmen erreicht wird, kann<br />

sich aus verschiedensten Ursachen entwickeln.

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