Pfarrvereinsblätter - Evangelischer Pfarrverein in Baden eV
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neuen Vorsitzenden des <strong>Pfarrvere<strong>in</strong></strong>s. Lieber<br />
Herr Schärr, zweimal habe ich Sie <strong>in</strong><br />
Ihrem kirchlichen Werdegang <strong>in</strong> Ihr Amt e<strong>in</strong>geführt,<br />
als Geme<strong>in</strong>depfarrer <strong>in</strong> Mannheim-<br />
Feudenheim wie als Geschäftsführer der<br />
Stadtmission Heidelberg. Dabei ist bereits<br />
viel an Vertrautheit gewachsen, was gewiss<br />
e<strong>in</strong>e gute Basis für unser weiteres Mite<strong>in</strong>ander<br />
ist. Ich wünsche Ihnen bei der Leitung<br />
des <strong>Pfarrvere<strong>in</strong></strong>s e<strong>in</strong>e glückliche Hand,<br />
Gottes Segen für Ihre schöne Aufgabe und<br />
uns e<strong>in</strong> fruchtbares und von Vertrauen getragenes<br />
Mite<strong>in</strong>ander.<br />
Heute Morgen will ich bei me<strong>in</strong>em Grußwort<br />
anknüpfen an e<strong>in</strong>e Begegnung Anfang<br />
September, die mich <strong>in</strong> höchstem Maße<br />
bee<strong>in</strong>druckt hat. Beim Treffen der Leitenden<br />
Geistlichen der Gliedkirchen der EKD<br />
war der Präsident des Deutschen Bundestages<br />
Norbert Lammert zu Gast. Ausgehend<br />
von den zahlreichen Rücktritten im<br />
Bereich von Kirche und Politik <strong>in</strong> den letzten<br />
Monaten sprach er zu und mit uns über<br />
das Thema „Amt und Person“. E<strong>in</strong>ige Gedanken<br />
aus diesem Gespräch mit Norbert<br />
Lammert möchte ich heute Morgen an Sie<br />
weitergeben. Zunächst e<strong>in</strong>mal müssen wir<br />
uns klar machen, dass es bis zur Aufklärung<br />
e<strong>in</strong>e unbestrittene Vorrangstellung<br />
des Amtes vor der Person gab. Welche<br />
Person e<strong>in</strong> Amt ausübte, war bis dah<strong>in</strong> fast<br />
gleichgültig. Welche moralische Qualität e<strong>in</strong>e<br />
solche Peron auszeichnete, spielte<br />
praktisch ke<strong>in</strong>e Rolle, von ihren <strong>in</strong>tellektuellen<br />
Fähigkeiten ganz abgesehen. Erst mit<br />
der Zeit des aufgeklärten Absolutismus<br />
wurde die Frage virulent, welche persönliche<br />
Autorität e<strong>in</strong> Amtsträger <strong>in</strong> se<strong>in</strong> Amt e<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gt<br />
(damals gab es den Amtsträger praktisch<br />
nur <strong>in</strong> männlicher Gestalt). Dieses<br />
374 <strong>Pfarrvere<strong>in</strong></strong>sblatt 11-12/2010<br />
Verhältnis von Amt und Person hat sich <strong>in</strong><br />
der Neuzeit stark gewandelt und hat – gerade<br />
<strong>in</strong> den letzen Jahrzehnten – nochmals<br />
e<strong>in</strong>e völlige Veränderung erfahren. Etliche<br />
Rücktritte der letzten Monate zeigen, dass<br />
sich dabei beunruhigende Verschiebungen<br />
ergeben haben: Obwohl Maria Jepsen als<br />
Bischöf<strong>in</strong> überhaupt ke<strong>in</strong>e Personalverantwortung<br />
<strong>in</strong> der Nordelbischen Kirche hat,<br />
nahm sie die Vorwürfe gegen ihre Person<br />
zum Anlass, von ihrem Amt zurückzutreten.<br />
Andererseits sah Margot Käßmann angesichts<br />
ihrer starken Personalisierung des<br />
Amtes der Ratsvorsitzenden ke<strong>in</strong>e Möglichkeiten<br />
mehr, bei persönlichem Fehlverhalten<br />
ihr Amt mit Autorität auszuüben. Bischof<br />
Mixa schließlich musste zurücktreten,<br />
weil das Ausmaß persönlicher Verfehlungen<br />
mit dem Bischofsamt nicht vere<strong>in</strong>bar<br />
war. In all diesen Fällen, wie verschieden<br />
sie auch gelagert s<strong>in</strong>d, – über den Bereich<br />
der Politik will ich nun nicht sprechen<br />
– ist e<strong>in</strong>e gute Balance von Amt und Person<br />
nicht mehr gegeben gewesen. Hierbei<br />
ist zugleich deutlich geworden, dass die urreformatorische<br />
Unterscheidung von Amt<br />
und Person auch von Leitenden Geistlichen<br />
nicht mehr h<strong>in</strong>reichend beachtet wird.<br />
Wir alle spüren dies: Das Amt trägt nicht<br />
mehr von selbst. Um als Amtsträger<strong>in</strong> oder<br />
Amtsträger gestaltend wirken zu können,<br />
bedarf es zunehmend persönlicher Autorität,<br />
die von der Öffentlichkeit zugeschrieben<br />
wird. Bedenken wir nun, dass diese<br />
Öffentlichkeit zunehmend e<strong>in</strong>e doppelte ist,<br />
nämlich e<strong>in</strong>e medial dargestellte mit e<strong>in</strong>er<br />
daraus resultierenden veröffentlichten Me<strong>in</strong>ung<br />
und e<strong>in</strong>e Öffentlichkeit der eher direkten<br />
Kommunikation, so wird immer klarer: