Elektronische Baggerfernüberwachung: erschienen in Hansa 6/2004
Elektronische Baggerfernüberwachung: erschienen in Hansa 6/2004
Elektronische Baggerfernüberwachung: erschienen in Hansa 6/2004
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Veranlassung<br />
<strong>Elektronische</strong> <strong>Baggerfernüberwachung</strong><br />
Dipl.-Ing. Ralph Hubert / Dipl.-Ing. Jörg Fräßdorf<br />
Öffentliche Auftraggeber von Baggermaßnahmen überwachen die Ausführung i.d.R. durch eigenes<br />
Bauaufsichtspersonal. Die Bauaufsicht stellt unter anderem die gebaggerten Mengen fest. Die Baggermengen<br />
werden herkömmlich durch Handaufmaß erfasst. Möglichkeiten der modernen Technik<br />
und Personale<strong>in</strong>sparzwänge führen zur Frage nach automatischen Alternativen.<br />
Die Firma HAHLBROCK MARINE TECHNOLOGIE (HMT) <strong>in</strong> Hamburg hat e<strong>in</strong> entsprechendes System entwickelt.<br />
Im Folgenden wird über e<strong>in</strong>en Test dieses Systems von Dezember 2001 bis März 2003 berichtet,<br />
der im Rahmen der Unterhaltungsbaggerei im Auftrage der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung<br />
des Bundes auf der Unter- und Außenelbe durchgeführt wurde.<br />
Baggermengenerfassung<br />
Das HMT-Verfahren enthält neben e<strong>in</strong>er detaillierten Analyse des Baggerbetriebs, die <strong>in</strong>sbesondere<br />
Betriebszeiten, Baggertiefen, Kurse und Fahrstrecken ermittelt, auch e<strong>in</strong> Modul zur Ermittlung der<br />
Feststoffmasse, die e<strong>in</strong>erseits mit dem TDS-Verfahren (tons dry solid) und andererseits mit der<br />
Dichte- und Durchflussmessanlage gemessen wird.<br />
Das TDS-Verfahren ist im zitierten Schrifttum beschrieben.<br />
Wie <strong>in</strong> Abb. 1 dargestellt, wird die gebaggerte Sedimentmasse aus folgenden Werten berechnet:<br />
– der gebaggerten Ladungsmasse (Sediment und Wasser),<br />
– dem gebaggerten Volumen (Sediment und Wasser) und<br />
– der Dichte des Wassers und der Kornrohdichte des Sediments.<br />
Die gebaggerte Ladungsmasse wird über die Tiefgangszunahme des Baggers gemessen. Hierzu erfolgen<br />
Druckmessungen am Schiffsboden. Unter Verwendung der Carenentabelle des Baggers wird aus<br />
der Tiefgangszunahme e<strong>in</strong>e entsprechende Zunahme der Verdrängung errechnet. Die Füllstände der<br />
Ballasttanks und des Brennstofftanks werden dabei berücksichtigt.<br />
Das gebaggerte Volumen wird über den Füllstand im Laderaum gemessen. Die Messung erfolgt durch<br />
Ultraschall. Unter Verwendung der Laderaumtabelle wird aus dem Füllstand das Füllvolumen errechnet.<br />
Die Dichtewerte werden im Labor ermittelt. In der Praxis s<strong>in</strong>d diese Dichten relativ konstant.<br />
Abb.1: TDS-Pr<strong>in</strong>zip (schematischer Baggerquerschnitt)<br />
Zur Kontrolle des TDS-Wertes wird beim HMT-Verfahren die Massenzufuhr im Saugrohr des Baggers<br />
erfasst. Die Bestimmung der Massenzufuhr erfolgt per Durchfluss- und Dichtemessung.<br />
Die Ermittlung des Durchflusses erfolgt mit der <strong>in</strong>duktiven Messung der mittleren Gemischgeschw<strong>in</strong>digkeit<br />
<strong>in</strong> der Rohrleitung. Die Dichtemessung erfolgt radiometrisch, über die durch den Massenstrom<br />
hervorgerufene Schwächung der Strahlung.<br />
Durch die Erfassung der Massenzufuhr im Saugrohr werden Messfehler beim TDS-Wert leichter erkennbar.<br />
Beide Messsysteme liefern vone<strong>in</strong>ander unabhängige Ergebnisse.
Allerd<strong>in</strong>gs gibt es ke<strong>in</strong> geeignetes Verfahren für die Messung des Laderaumüberlaufes. Die Kontrolle<br />
des TDS-Wertes anhand der Sedimentzufuhr im Saugrohr ist deshalb nur bis zum Beg<strong>in</strong>n des Laderaumüberlaufes<br />
möglich.<br />
In Abb. 2 ist der Vergleich des TDS-Wertes und der Massenzufuhr im Saugrohr für e<strong>in</strong>en Baggerumlauf<br />
dargestellt.<br />
Abb. 2: Vergleich TDS - Massenzufuhr im Saugrohr<br />
Während des Versuches hat sich überwiegend e<strong>in</strong>e gute Übere<strong>in</strong>stimmung der beiden Massenwerte,<br />
jeweils bis zum Beg<strong>in</strong>n des Laderaumüberlaufes, gezeigt. Hieraus wird auf die Zuverlässigkeit des<br />
TDS-Wertes im weiteren Baggerverlauf geschlossen.<br />
Des Weiteren wurde der Zusammenhang zwischen der TDS-Messung und dem Ergebnis des Handaufmaßes<br />
untersucht.<br />
Da hierzu die Feststoffmasse <strong>in</strong> e<strong>in</strong> entsprechendes Sedimentvolumen umgerechnet werden muss,<br />
gilt es, die wassergesättigte Sedimentdichte im Laderaum zu bestimmen.<br />
Im Gegensatz zur Kornrohdichte kann sich dieser Wert von Baggerumlauf zu Baggerumlauf deutlich<br />
ändern. Es liegt nahe, für jedes morphologisch e<strong>in</strong>heitliche Baggerfeld e<strong>in</strong>e gemittelte Dichte zu errechnen.<br />
Hierfür wurden TDS- und Handaufmaßergebnisse für mehrere Baggerladungen gemittelt.<br />
Die Vorgehensweise wird als Normierungsverfahren bezeichnet.<br />
In Abb. 3 s<strong>in</strong>d derart ermittelte wassergesättigte Sedimentdichten dargestellt. Es s<strong>in</strong>d deutliche<br />
Schwankungen im Bereich von ca. 1,7 bis 2,1 t/m 3 erkennbar. Diese Schwankungen der Sedimentdichte<br />
s<strong>in</strong>d der Grund dafür, dass mit der TDS-Messung ke<strong>in</strong> realistisches Ergebnis für das Sedimentvolumen<br />
erreicht werden kann. Entsprechend unterschiedlich s<strong>in</strong>d die Ergebnisse der TDS- und<br />
der Aufmaßmessungen. Hieraus wird geschlossen, dass das Normierungsverfahren für die Baggerung<br />
der Unter- und Außenelbe nicht geeignet ist.<br />
Abb. 3: Ermittelte wassergesättigte Sedimentdichte im Laderaum (Normierungsverfahren)<br />
Neben dem HMT-System läuft auf vielen Baggern e<strong>in</strong>e bordeigene TDS-Erfassung. Während des Versuches<br />
wurden die Werte von der Bauaufsicht notiert, um sie mit den Werten des HMT-Systems zu<br />
vergleichen. In Abb. 4 s<strong>in</strong>d die notierten Werte sowie die prozentualen Abweichungen dargestellt.<br />
Abb. 4 Vergleich der TDS-Ergebnisse des HMT-Systems und des bordeigenen TDS-Systems<br />
In Abb. 4 s<strong>in</strong>d teilweise beträchtliche Abweichungen zu erkennen. Da die unterschiedlich ermittelten<br />
TDS-Werte auf identischen Messwerten und identischen Berechnungen beruhen, kann die Abweichung<br />
nur durch unterschiedliche Ablesezeitpunkte erklärt werden.<br />
Obwohl sich die Sedimentmasse im Laderaum zwischen Baggerende und Verklappung nicht ändern<br />
dürfte, kommt es zu deutlichen Schwankungen des TDS-Signals. Hierfür gibt es unter anderem folgende<br />
mögliche Gründe:<br />
– Bei Fahrt durch Wasser ist die Tiefgangsmessung bei älteren Baggern oft ungenau (Strömung an<br />
der Druckmessdose). Folge ist e<strong>in</strong>e sche<strong>in</strong>bare Massenänderungen.
–Fahrtbed<strong>in</strong>gte Schw<strong>in</strong>gung des Ladungswassers oder Ausgleich des festen Ladungshorizontes<br />
durch Vibration führen zu e<strong>in</strong>er sche<strong>in</strong>baren Volumenänderungen.<br />
– Ladungsverluste durch Undichtigkeiten, Abgabe von Ladungswasser und Absenken des Überlaufes<br />
führen zu echten Massenänderungen.<br />
Für die Vertragsgestaltung ist zu entscheiden, ob Schwankungen und Ungenauigkeiten der TDS-<br />
Berechnung relevant s<strong>in</strong>d:<br />
– Bei dem bisher üblichen Handaufmaß gibt es Messungenauigkeiten, die zufällig um den wahren<br />
Wert schwanken. Das geme<strong>in</strong>same Aufmaß von Auftraggeber und Auftragnehmer soll die bestmögliche<br />
Objektivität gewährleisten. Über e<strong>in</strong>e ausreichende Zahl von Baggerumläufen wird deshalb<br />
von e<strong>in</strong>em Fehlerausgleich ausgegangen.<br />
– Das TDS-System ist technisch komplex. Fehler können über mehrere Baggerumläufe unentdeckt<br />
bleiben. E<strong>in</strong> Fehlerausgleich durch die Vielzahl der Baggerumläufe kann nicht unterstellt werden.<br />
Hieraus kann Konfliktpotential <strong>in</strong> der Vertragsabwicklung entstehen.<br />
<strong>Baggerfernüberwachung</strong><br />
Die Aufnahme der Messdaten sowie die automatische Datenübertragung vom Bagger zum Büro<br />
funktionierte während des Versuches zuverlässig. Bagger- und Saugkopfpositionen, Betriebszeiten<br />
und Fahrstrecken wurden zuverlässig erfasst. Die technischen Abläufe an Bord des Baggers wurden<br />
transparent gemacht. Die graphische Ergebnisdarstellung ermöglichte das Nachvollziehen des Baggervorgangs.<br />
Zusammenfassung<br />
E<strong>in</strong>e zuverlässige und aussagekräftige Überwachung der technischen Prozesse an Bord und der<br />
Saugkopfpositionen ist mit dem getesteten System möglich. Die Baggermengenerfassung ist demgegenüber<br />
weniger genau. Manipulationen der Mengenerfassung wären aufwendig, aber nicht unmöglich.<br />
Die beiden letzten Gründe sprechen gegen das TDS-Verfahren als Abrechnungsgrundlage für<br />
Baggerverträge.<br />
Schrifttum<br />
MACKE und TAMMINGA: Baggermassenermittlung mit elektronischer Datenerfassung im Hamburger<br />
Hafen, HANSA Nr. 17/18, 1988<br />
ROKOSCH: Measur<strong>in</strong>g dry matter <strong>in</strong> trail<strong>in</strong>g hopper dredgers, TERRA ET AQUA Nr. 41, 1989<br />
ASTER: Aufmaßverfahren für Schlick/Sand-Gemische bei Unterhaltungsbaggerungen <strong>in</strong> Seeschifffahrtsstraßen,<br />
HANSA Nr. 3/4, 1991<br />
HAHLBROCK: Betriebssteuerung und Analyse mit DFÜ, HANSA Nr. 10, 1995<br />
HAHLBROCK und FREESE: Hopper Load Measurement; Some recent experiences with a remoteoperated<br />
data acquisition an analys<strong>in</strong>g system, TERRA ET AQUA Nr. 72, 1998<br />
HAHLBROCK und GERDAU: Hopperbagger-Fernüberwachung, HANSA Nr. 12, 1999<br />
Großversuch HMT-Verfahren 2001 bis 2003, Abschlussbericht, WSA Cuxhaven <strong>2004</strong> (unveröffentlicht)
Autoren<br />
Dipl.-Ing. Ralph Hubert und Dipl.-Ing. Jörg Fräßdorf<br />
Wasser- und Schifffahrtsamt Cuxhaven<br />
Am Alten Hafen 2<br />
27472 Cuxhaven<br />
Tel. 04721 / 567 – 402