September 2008 (PDF) - an.schläge
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Maike Albath im Nachwort der Neuauflage:„Die<br />
liebenswert-widerspenstige Maria Eugenia<br />
Alonso wird um den Preis ihrer inneren Vernichtung<br />
zu einer vorzeigbaren Ehefrau in spe verw<strong>an</strong>delt.“<br />
Es empfiehlt sich, dieses Nachwort<br />
vor dem Rom<strong>an</strong> zu lesen, weil darin Vieles erklärt<br />
wird, was die Erzählung verständlicher und<br />
die Ironie sichtbar macht. Mit ihrem Rom<strong>an</strong>, der<br />
schonungslosen Demaskierung der Fremdbestimmtheit<br />
junger Frauen, die schlichtweg das<br />
Eigentum des Ehem<strong>an</strong>nes sind, löste Teresa de<br />
la Parra zu Beginn des 20. Jahrhunderts einen<br />
Sk<strong>an</strong>dal aus. „Kein <strong>an</strong>deres Buch hat Kritik und<br />
Publikum in Venezuela je so gespalten und wurde<br />
dermaßen kontrovers diskutiert“, schreibt<br />
Maike Albath im Nachwort. Denn:„So streng<br />
war noch nie jem<strong>an</strong>d mit dem Machismo und<br />
den gesellschaftlichen Zwängen Lateinamerikas<br />
ins Gericht geg<strong>an</strong>gen.“ Vor diesem historischen<br />
Hintergrund ist der Rom<strong>an</strong> heute zu lesen, damit<br />
keine L<strong>an</strong>geweile aufkommt. Freundinnen<br />
dicker, l<strong>an</strong>gatmiger Wälzer werden ohnehin ihre<br />
Freude haben.<br />
Gabi Horak<br />
Teresa de la Parra: Tagebuch einer jungen Dame, die sich l<strong>an</strong>gweilt<br />
Aus dem Sp<strong>an</strong>ischen von Petra Strien-Bourmer, Nachwort Maike Albath<br />
M<strong>an</strong>esse Verlag <strong>2008</strong>, 24,90 Euro (D)<br />
Wenn der Feibra-<br />
M<strong>an</strong>n 2x klingelt …<br />
… k<strong>an</strong>n es schon passieren,<br />
dass der eigene<br />
M<strong>an</strong>n aus dem Fenster<br />
fliegt. „Rosenkavaliere“<br />
stürzen vom Balkon und<br />
Väter von der Leiter.<br />
M<strong>an</strong>chmal tut’s auch ein Korkenzieher, um einen<br />
psychischen Terror ausübenden M<strong>an</strong>n aus<br />
dem Weg zu räumen. Leid tut’s den Lesenden<br />
selten um die Dahingerafften in den teilweise<br />
skurrilen Erzählungen von Helga Anderle. Dass<br />
die Autorin „schwarzen Humor à la Ingrid Noll<br />
mit typisch Wienerischem“ kombiniert, wie der<br />
Text auf dem Buchrücken verheißt, ist allerdings<br />
etwas übertrieben. An Nolls bösen Humor, kombiniert<br />
mit deren Fähigkeit, ihre Figuren fein<br />
nu<strong>an</strong>ciert zu zeichnen, reichen Helga Anderles<br />
Geschichten in „A schene Leich“ nicht g<strong>an</strong>z her<strong>an</strong>.<br />
Viele H<strong>an</strong>dlungen sind vorhersehbar, die<br />
Frauen werden teilweise auf sehr platte Weise<br />
dargestellt, mit zwei Ausnahmen:„Das Gesicht<br />
im Spiegel“ und „Liebe Mami“. Im ersten Text gelingt<br />
es Helga Anderle, das Leben einer Obdachlosen<br />
auf eine Art darzustellen, die drastisch<br />
und berührend zugleich ist – auf einem sprachlichen<br />
Niveau, dass frau sich fragt, warum diese<br />
literarische Kompaktheit und Prägn<strong>an</strong>z in den<br />
<strong>an</strong>deren „Mordgeschichten“ verschwunden ist.<br />
Im zweiten Text beginnen die Briefe einer Frau<br />
<strong>an</strong> ihre Mutter mit dem titelgebenden „Liebe<br />
Mami“. Mit jeder Mitteilung wird die Ehekatastrophe<br />
der Tochter immer les- und sichtbarer –<br />
eine nicht unoriginelle Form einer Mordgeschichte.<br />
Leider eine Ausnahme ...<br />
Petra Öllinger<br />
Helga Anderle: A schene Leich. Mordgeschichten<br />
Milena <strong>2008</strong>, 14,50 Euro (Ö)<br />
Madonnism<br />
Madonna und wir?<br />
Die beiden Musikjournalistinnen<br />
Kerstin und<br />
S<strong>an</strong>dra Grether sind<br />
sich einig: M<strong>an</strong> liebt oder<br />
hasst die „Disco-Pop-<br />
Sängerin“, aber ein unterkühltes<br />
Verhältnis zur<br />
„Zeitfensterakrobatin“<br />
ist schier unmöglich. In der von den Grether-<br />
Schwestern herausgegebenen Anthologie wird<br />
sogar behauptet:„Jeder Grund, sich nicht mit ihr<br />
zu beschäftigen, ist zugleich einer, es doch zu<br />
tun.“ (Thomas Groß). Das im Jubiläumsjahr entst<strong>an</strong>dene<br />
„Geburtstagständchen“ für die „Diva<br />
ohne Tragik“ ist dabei wahrlich mehrstimmig,<br />
inklusive rauer, kritischerer Töne.<br />
43 AutorInnen und 16 KünstlerInnen erheben<br />
ihre Stimme in Form von „Essays, Prosa, Musikgeschichten,<br />
M<strong>an</strong>ifesten, Interviews, Songtexten,<br />
Skype-Chats, Glossen“ zu Ehren der seit 25 Jahren<br />
im Popbusiness wütenden und ewig blühenden<br />
Unübersehbaren. Persönliche, journalistische,<br />
d<strong>an</strong>n wieder f<strong>an</strong>tastische, in Frage stellende oder<br />
verehrende Bekenntnisse sind es. Dass die „Vorturnerin<br />
und kapitalistische Fruchtbarkeitsgöttin“<br />
bereits fünfmal auf Gottschalks Couch saß, lässt<br />
sich dabei am R<strong>an</strong>de ebenso erfahren wie etwas<br />
über ihre Rolle als „souveräne Gender-M<strong>an</strong>ipulatorin“,<br />
ihre künstlerische Beeinflussung durch die<br />
New Yorker Schwulenbewegung und vice versa.<br />
M<strong>an</strong>chmal st<strong>an</strong>den die BekennerInnen nur ein<br />
paar Meter vom „weiblichen Dori<strong>an</strong> Gray“ entfernt,<br />
ein <strong>an</strong>deres Mal reichte allein die Vorstellung,<br />
die Queen of „D<strong>an</strong>ceteria“ könnte unter Vorort-Discokugelgefunkel<br />
ihr T<strong>an</strong>zbein in Position<br />
bringen, als Inspiration. Und „natürlich k<strong>an</strong>n m<strong>an</strong><br />
diese Anthologie auch <strong>an</strong>schauen und lesen,<br />
wenn m<strong>an</strong> sich nicht für Madonna interessiert.<br />
Zum Beispiel auch als Versuchs<strong>an</strong>ordnung von<br />
aktuellen Schreibweisen des New Journalism, (...).<br />
Oder als Geschichte eines etwas <strong>an</strong>deren weiblichen<br />
Selbstverständnisses.“<br />
Saskya Rudigier<br />
Kerstin und S<strong>an</strong>dra Grether (Hg): Madonna und wir. Bekenntnisse<br />
Suhrkamp <strong>2008</strong>, 12,- Euro (D)<br />
Blassgrüne<br />
Ballonseide<br />
Wer k<strong>an</strong>n schon von sich<br />
behaupten, mit einer<br />
T<strong>an</strong>te zusammen zu leben,<br />
die Pfeife mit V<strong>an</strong>illeduft<br />
raucht, dabei<br />
bemüht ist, perfekte Ringe<br />
zu paffen und die einen<br />
Blumenladen mit dem Namen „Floras florale<br />
Floristik“ besitzt. Zusätzlich ist diese Frau mit<br />
einem großen Herzen ausgestattet und Gwendolina,<br />
Gwen oder Quentchen, wie ihre T<strong>an</strong>te sie<br />
nennt, ist sehr froh, dass sie nach dem Tod ihrer<br />
Eltern so selbstverständlich von ihr aufgenommen<br />
wurde. Trotzdem ist Gwen sich nicht sicher,<br />
ob eine Katze bei T<strong>an</strong>te Flora auf Gegenliebe<br />
stoßen würde. Doch Mini ist herzlich willkommen<br />
und bald schwirrt in ihrer Wohnung ein<br />
kleines kuscheliges schwarzes Etwas umher, das<br />
sich schnell in seine neue Umgebung einlebt.<br />
Nur nach draußen will sie auf keinen Fall. Daher<br />
k<strong>an</strong>n es sich Gwen auch nicht erklären, warum<br />
ihre Katze eines Tages spurlos verschwindet. Mini<br />
muss entführt worden sein. Und wer außer<br />
Bolek – ein ziemlich komischer und unheimlicher<br />
Typ aus ihrer Klasse – sollte so etwas tun?<br />
Immerhin hat er die Gespräche zwischen Gwen<br />
und ihrer Freundin Paula über ihre neue Mitbewohnerin<br />
belauscht und es sogar fertig gebracht,<br />
eine tote Maus in ihre Jausenbox zu legen.<br />
Doch der Verdacht muss erst mal bewiesen<br />
werden, und so nehmen die beiden, als Spioninnen<br />
verkleidet, nach der Schule die Verfolgung<br />
auf. Paula in einem Jogging<strong>an</strong>zug aus blassgrüner<br />
Ballonseide mit lila und weißen Seitenstreifen<br />
<strong>an</strong> Armen und Beinen und einem gelben<br />
Frottee-Stirnb<strong>an</strong>d. Gwen mit Baseballkappe,<br />
Jogging<strong>an</strong>zug und weißen Turnschuhen.<br />
Während ihrer Verfolgungsjagd erfahren sie einige<br />
aufschlussreiche Dinge über ihren Mitschüler<br />
und auch die nächtliche Suche nach<br />
Mini mit Frau Huschke ist Abenteuer pur.<br />
Svenja Häfner<br />
Rusalka Reh: Mini und die Spioninnen<br />
Verlag Friedrich Oetinger <strong>2008</strong>, 9,90 Euro (D)<br />
lese zeichen<br />
ab 8 Jahren<br />
oktober <strong>2008</strong> <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> 41