September 2008 (PDF) - an.schläge
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linkes.wahlbündnis interview<br />
Trotzkis Töchter<br />
In Österreich tritt bei der Nationalratswahl am 28.9. ein neues linkes Wahlbündnis <strong>an</strong>. Doch auch eine gelungene<br />
Initiative für einen heißen Herbst würden sie bereits als Wahlerfolg verbuchen, sagen Nina Gunic, Sonja Grusch<br />
und Selma Schacht. Ein Interview von Saskya Rudigier und Lea Susemichel<br />
Wahlbündnis Linke<br />
http://linkewaehlen.at<br />
1 Arbeit & soziale Gerechtigkeit –<br />
Die Wahlalternative<br />
08 <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> september <strong>2008</strong><br />
<strong>an</strong>.<strong>schläge</strong>: Verglichen mit der deutschen<br />
Linkspartei fehlt euch die<br />
Masse von enttäuschten SozialdemokratInnen<br />
und Gewerkschafter-<br />
Innen, die sich in Deutschl<strong>an</strong>d<br />
zunächst in der WASG 1 gesammelt hatten.<br />
Glaubt ihr, sie noch mobilisieren zu<br />
können?<br />
Nina Gunic:Wir sind ein Wahlbündnis,<br />
das schon jetzt auch aus AktivistInnen<br />
und Org<strong>an</strong>isationen besteht, die von<br />
der Sozialdemokratie enttäuscht sind.<br />
Die Sozialdemokratie befindet sich in einer<br />
historischen Krise. Es gibt eine massive<br />
Enttäuschung unter GewerkschafterInnen,<br />
Angestellten und Jugendlichen.<br />
Ich denke, es ist eine Frage der Zeit, bis<br />
wir auch diese Leute verstärkt in unsere<br />
Aktionen einbinden können.<br />
Sonja Grusch: Bald beginnt die<br />
Herbstlohnrunde. Die Löhne sind heute<br />
auf einem Niveau von 1991. Das ist eine<br />
Katastrophe. Wir Linke haben das Ziel,<br />
im Wahlkampf die KollegInnen zu unterstützen,<br />
die für ordentliche Lohnerhöhungen<br />
eintreten und sich nicht mit<br />
0,2 Prozent begnügen wollen. Wir wollen<br />
dem ÖGB, unfreundlich gesagt, in<br />
den Arsch treten. In diesen Bewegungen<br />
hebt die Linke sozusagen ihre Fähnchen<br />
hoch, um zu sagen:Wir wollen mit<br />
euch gemeinsam was machen. Und genau<br />
auf dieser Basis ist in Deutschl<strong>an</strong>d<br />
auch die WASG entst<strong>an</strong>den – nämlich<br />
über große Protestkundgebungen gegen<br />
Hartz IV.<br />
Selma Schacht: Und das ist auch<br />
der grundsätzliche Unterschied: Die Linke<br />
in Deutschl<strong>an</strong>d hat sich als Partei<br />
konstituiert und ist wirklich eine Wahlpartei.<br />
Das Linksprojekt hat sich hingegen<br />
schon vor der Neuwahlausrufung<br />
als Projekt konstituiert, um Aktivitäten<br />
zu setzen und etwas in Bewegung zu<br />
bringen.<br />
Ihr würdet also auch enttäuschte<br />
SPÖ-WählerInnen aufnehmen?<br />
S. G.: Haben wir schon. Es gibt innerhalb<br />
des Bündnisses Leute, die vorher<br />
bei den Grünen waren oder die<br />
noch in der KPÖ, aber stinksauer auf die<br />
eigene Partei sind. Es gibt Leute aus der<br />
Sozialdemokratie, es gibt BetriebsrätInnen.<br />
Ich glaube, dass es gerade in der<br />
SPÖ einen Haufen von Leuten gibt, die<br />
genau beobachten, was wir machen,<br />
und die sich auch beteiligen werden,<br />
wenn sie sehen, dass wir es ernst meinen.<br />
Deswegen beginnt für uns die eigentliche<br />
Arbeit auch erst nach dem<br />
28.9. Wir stehen heute am Anf<strong>an</strong>g einer<br />
Wirtschaftskrise. Das, was wir in den<br />
letzten Jahren erlebt haben, sind Pe<strong>an</strong>uts<br />
im Vergleich zu dem, was auf uns<br />
zu kommt. Und dafür braucht es<br />
tatsächlich viele starke linke Kämpfe.<br />
Verteidigungskämpfe aber auch offensive<br />
Kämpfe für Lohnerhöhungen, gegen<br />
Sozialabbau …<br />
Bei diesen Themen wird m<strong>an</strong> sich<br />
vielleicht auch mit SPÖlerInnen einigen<br />
können, aber wenn es bspw. um Asylpolitik<br />
geht, büßt so ein Bündnis vermutlich<br />
schnell <strong>an</strong> Radikalität ein …<br />
N. G.: Ich glaube, was uns auszeichnet,<br />
ist, dass wir jetzt schon ein sehr<br />
breites Bündnis sind, in dem nicht unbedingt<br />
alle radikale Linke sind. Wir haben<br />
durchaus auch gemäßigtere „linke<br />
Kräfte“, die im Vergleich zu <strong>an</strong>deren Org<strong>an</strong>isationen<br />
konservativer sind. Und<br />
natürlich wird es da auch Diskussionen<br />
geben. Das ist aber in jeder Partei so ...<br />
S. S.: Aber wir sind keine Partei ...<br />
N. G.: Ja, wir sind ein Bündnis, aber<br />
wir wollen eine Partei aufbauen – das<br />
g<strong>an</strong>ze Projekt läuft auf eine neue aktivistische<br />
Partei hinaus.<br />
S. S.: Das ist deine Meinung, aber<br />
nicht die Meinung des Linksprojekts.<br />
S. G.: Das Ziel, das haben auch viele<br />
so formuliert, ist es, mittelfristig eine<br />
neue Partei für ArbeiterInnen und Jugendliche<br />
aufzubauen. Eine Partei, die<br />
g<strong>an</strong>z klar <strong>an</strong>tirassistisch ist. Ich selber<br />
komme aus einer Org<strong>an</strong>isation, die seit<br />
Jahren massiv <strong>an</strong>tirassistische Arbeit<br />
macht. Wir sind froh und bereit, mit jedem<br />
und jeder zusammenzuarbeiten,<br />
der/die unsere Interessen und Ziele<br />
teilt. Aber wir sind nicht bereit, um des<br />
Bündnisses willen auf unsere Positionen<br />
zu verzichten.<br />
Es wurde kritisiert, dass euch als<br />
Sammelbecken für unterschiedliche AktivistInnen<br />
eine klare und einheitliche programmatische<br />
Positionierung fehlt. Ein<br />
überstürztes und unkoordiniertes Antreten<br />
bei der Nationalratswahl könne die<br />
Linke insgesamt außerdem auch längerfristig<br />
diskreditieren.<br />
S. G.: Es gibt eine g<strong>an</strong>ze Reihe von<br />
linken Projekten, die damit begonnen<br />
haben, dass sie k<strong>an</strong>didiert haben. Das<br />
ist eine Möglichkeit für den Aufbau einer<br />
neuen politischen Kraft. Der Vorwurf<br />
ist außerdem in erster Linie von einer<br />
Partei gekommen, die selbst k<strong>an</strong>didiert,<br />
nämlich von der KPÖ. Das mag jedeR<br />
selbst beurteilen, wie diese Kritik zu<br />
bewerten ist. Wir haben programmatische<br />
Eckpunkte, die sehr klar sind:Wir<br />
sind für Mindestlohn, für Arbeitszeitverkürzung.<br />
Wir sind dafür, die systematische<br />
Diskriminierung von Frauen endlich<br />
zu beenden. Wir sind gegen Ausl<strong>an</strong>dseinsätze<br />
des österreichischen Militärs.<br />
Wir sind für eine <strong>an</strong>dere, für eine<br />
solidarische – wir sagen auch sozialistische<br />
– Gesellschaft.<br />
S. S.: Für uns ist ein Scheitern nicht<br />
mit Prozentpunkten verbunden. Gescheitert<br />
sind wir d<strong>an</strong>n, wenn es dem<br />
Linksprojekt nicht gelungen ist, Aktionen<br />
zu starten, um Veränderungen durchzu-