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EinstweiligeVerfuegung_4Aufl_Titelei 1..26 - Manz

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4. Kapitel<br />

Besondere eV<br />

I. Die familienrechtlichen Verfügungen<br />

(§ 382 Z 8, § 382 a, § 382 h EO)<br />

„Nur der Vollständigkeit halber“ hat der Permanenzausschuss im Rahmen der Gesetzgebungsarbeiten<br />

zur EO 1895/98 die Aufnahme folgender Bestimmung in § 382 EO<br />

(§ 370 idFd Permanenzausschusses) vorgeschlagen:<br />

„8. die Bestimmung eines einstweilen vom Ehemanne seiner Gattin und seinen Kindern zu<br />

leistenden Unterhaltes, die Bewilligung eines abgesonderten Wohnortes oder die Anordnung der<br />

vorläufigen Aufnahme in die Hausgemeinschaft“.<br />

Damit sollten nur die bereits „im geltenden Recht anerkannten provisorischen Verfügungen“<br />

Erwähnung finden 1 ): Gemeint waren die Anordnungen, die in den §§ 107<br />

und 117 ABGB iVm den §§ 92, 93 ABGB (in der damaligen Fassung) vorgesehen waren<br />

2 ). „Neues Recht“ sollte damit nicht geschaffen werden 3 ). Insb die Frage nach der<br />

Rechtsnatur jener Verfügung, die eine einstweilige Unterhaltspflicht vorsieht, hat von<br />

Anfang an für „Verwirrung im System der einstweiligen Verfügungen“ gesorgt 4 ).<br />

A. Einstweiliger Unterhalt (§ 382 Z 8 lit a EO)<br />

1. Rechtsnatur<br />

Nach hA 4/2<br />

5 ) fügt sich die Bestimmung über den „einstweiligen Unterhalt“ nicht in<br />

das System der eV ein: So wird vertreten, § 382 Z 8 lit a EO sei ein „Fremdkörper“ und<br />

„fehl am Platz“ 6 ), enthalte „keine einstweilige Verfügung im Sinn der Exekutionsordnung“<br />

7 ) oder schaffe zumindest eine eV „besonderer Art“ 8 ), eine Leistungsverfügung9 ).<br />

Dass dem Gesetzgeber bei der Einordnung des § 382 Z 8 lit a EO unter die Sicherungsmittel<br />

für eV nach § 381 EO ein „Redaktionsversehen“ 10 ) unterlaufen sei, wird überwiegend<br />

damit begründet, dass „der einstweilige Unterhalt nicht der Sicherung eines Anspruchs<br />

1 ) Materialien II 64.<br />

2 ) Die §§ 107, 117 ABGB wurden –„soweit sie noch gelten“ –durch Art I Z 2 des BG 1. 7.<br />

1975 über die Neuordnung der persönlichen Rechtswirkungen der Ehe, BGBl 412, aufgehoben.<br />

3 ) OGH RZ 1971, 104 ff.<br />

4 ) Neumann/Lichtblau/Heller/Berger/Stix 2754.<br />

5 ) Zusammenfassend Sailer § 382 EO Rz 21.<br />

6 ) Neumann/Lichtblau/Heller/Berger/Stix 2754, 2760; Zechner 154 („nicht systemgerecht“).<br />

7 ) OGH RZ 1936, 295 f = NZ 1937, 28; EvBl 1969/24; EvBl 1977/31; EFSlg 36.920; EFSlg<br />

55.329/2; 8 Ob 210/02 v; 6 Ob 299/05 x.<br />

8 ) OGH EvBl 1968/179; EvBl 1971/167; JBl 1976, 653 ff; 6 Ob 274/02 s („Sonderstellung“);<br />

Hopf/Kathrein, Eherecht 2 § 382 EO Anm 1 („Sonderstellung“).<br />

9 ) Rechberger/Simotta, Exekutionsverfahren 2 Rz 900, 908; Holzhammer, Zwangsvollstreckungsrecht<br />

4 , 434.<br />

10 ) OGH SZ 5/118 = JB 7.<br />

4/1


86 Die familienrechtlichen Verfügungen (§ 382 Z 8, § 382 a, § 382 h EO)<br />

dient, sondern einstweilen ein Unterhalt zugesprochen wird“ 11 ). Bisweilen wird auch unterstützend<br />

auf die Entstehungsgeschichte hingewiesen: Dem Gesetzgeber sei es – wie eingangs<br />

erwähnt – fern gelegen, mit der Bestimmung des § 382 Z 8 lit a EO neues Recht schaffen zu<br />

wollen. Vielmehr sei es nur seine Absicht gewesen klarzustellen, dass die einstweiligen<br />

Anordnungen der §§ 107, 117 ABGB aF (auch) im Weg der Exekutionsordnung durchzusetzen<br />

seien. Daraus folge, dass ein unterhaltsrechtlicher Sachverhalt „überhaupt nicht vom<br />

Gesichtspunkt des § 379 EO oder des § 381 EO aus beurteilt werden könne“ 12 ).<br />

4/3 Diese Erklärungsversuche gehen fehl. In Wirklichkeit darf aus einzelnen Spezifika,<br />

die § 382 Z 8 lit a EO zweifellos anhaften (siehe dazu unten Rz 4/13 ff), nicht geschlossen<br />

werden, dass diese Norm systematisch nicht einordenbar sei. Die hM sieht die Anordnung<br />

isoliert13 ) und geht davon aus, dass bei Vorliegen (bloß) der dort genannten Tatbestandsmerkmale<br />

einstweiliger Unterhalt zu gewähren sei. Dies ist unrichtig. Die hier besprochene<br />

Norm stellt nichts anderes als ein „nach Beschaffenheit des im einzelnen Falle<br />

zu erreichenden Zweckes“ taugliches Mittel (§ 382 Abs 1 pr EO) dar, um den Gefahren,<br />

die in § 381 Z 2 EO umschrieben sind, insb der Gefahr eines drohenden unwiederbringlichen<br />

Schadens, entgegenzuwirken14 ).<br />

Dieser drohende unwiederbringliche Schaden liegt im aktuellen Mangel15 ) an Mitteln,<br />

die Lebensführung zu bestreiten. Diese lebensbedrohende Situation („venter mora<br />

non patitur“) verlangt nach einer zweckentsprechenden Regelung16 ), die ersichtlich nur<br />

darin bestehen kann, diese Mittel einstweilen zu gewähren; eine bloße Sicherung (des<br />

Unterhaltsanspruchs) würde nicht ausreichen. Der nach § 382 Z 8 lit a EO zu gewährende<br />

Unterhalt ist sohin tatsächlich nichts anderes als eines der in § 382 EO (beispielsweise)<br />

aufgezählten Regelungsmittel.<br />

Zur bloßen Sicherung von Unterhaltsansprüchen siehe Rz 4/10.<br />

2. Inhalt<br />

4/4 Diese Sicht führt die hier behandelte Norm nicht nur in das bestehende Konzept<br />

der eV bruchlos ein, sondern beschränkt deren Anwendungsbereich auf das tatsächlich<br />

erforderliche Ausmaß:<br />

a) Betroffene Rechtsverhältnisse<br />

4/5 Regelbar sind gesetzliche, diesem gleichgestellte vertragliche (§ 69 a EheG) und –<br />

in gewissen Grenzen17 ) – auch sonstige vertragliche Unterhaltsansprüche; im letzteren<br />

11 ) OGH RZ 1936, 295 f = NZ 1937, 28; EvBl 1969/24; JBl 1976, 653 ff; SZ 57/89; EFSlg<br />

55.329/2; Neumann/Lichtblau/Heller/Berger/Stix 2761; Hoffmann, AnwBl 1984, 89.<br />

12 ) OGH RZ 1936, 295 f = NZ 1937, 28. Dazu kritisch Kininger, Verfügungen 72.<br />

13 ) Vgl Konecny, Anwendungsbereich 102.<br />

14 ) In diesem Sinn auch OGH RZ 1936, 276 f, wo ausdrücklich auf das Erfordernis eines unwiederbringlichen<br />

Schadens iSd § 381 Z 2 EO abgestellt wird.<br />

15 ) OGH 2 Ob 56/01 a; 6 Ob 228/01 z; siehe schon OGH ZBl 1933/34: So führt ein Krankenhausaufenthalt,<br />

dessen Kosten von der Krankenkasse abgedeckt werden, zur Aufhebung dieser eV,<br />

da es „dem Wesen und Zweck (dieser eV) widerspricht, sie zur Vorsorge auf lange Sicht zu benützen“.<br />

16) OGH 8 Ob 160/06 x spricht auch in diesem Zusammenhang von „Regelungsverfügungen“;<br />

ebenso nunmehr auch Gitschthaler in Gitschthaler/Höllwerth, EuPR § 382 Abs 1 Z 8 lit a EO Rz 4.<br />

17 ) Hiezu OGH 6 Ob 228/01 z; 6 Ob 274/02 s („nicht engherzig“!).


Fall muss freilich der Unterhaltsanspruch dem Grunde nach auf Gesetz beruhen (sonst<br />

Schenkung!).<br />

In der älteren Lehre und Rechtsprechung war umstritten, ob § 382 Z 8 lit a EO überhaupt<br />

auf Geld-Unterhaltsansprüche anwendbar ist18 ). Begreift man die Bestimmung des einstweiligen<br />

Unterhalts als Regelungsverfügung (§ 381 Z 2 EO), so ist die Art des dabei in Rede stehenden Anspruchs<br />

(Geldforderung oder „anderer Anspruch“) im Gegensatz zur Sicherungsverfügung (§§ 379,<br />

381 Z 1 EO) ohne Bedeutung: Hier kommt es nur auf die Art der Gefährdung an, sodass das Unterhaltsverhältnis<br />

als solches, gleich ob sich daraus Ansprüche auf Naturalleistungen oder Geldansprüche<br />

ergeben, im Wege des § 382 Z 8 lit a EO regelbar ist.<br />

Die vorausgesetzte Art der Gefährdung macht nur den einstweiligen Zuspruch einer<br />

Geldleistung „zur Hintanhaltung der . . . zu besorgenden Gefährdung am geeignetsten“<br />

(§ 392 Abs 2 EO); andere Regelungsmittel kommen praktisch nicht in Betracht.<br />

b) Umfang der Regelung<br />

Einstweiliger Unterhalt (§ 382 Z 8 lit a EO)<br />

Der mit Regelungsverfügung einstweilen zusprechbare Unterhalt sollte – das folgt<br />

aus der Zweckbestimmung der Regelung – auf das „notwendige“ Maß beschränkt<br />

sein 19 ). Die hA spricht freilich angemessenen Unterhalt zu; siehe unten Rz 4/16.<br />

Der häufig wiederkehrende Satz, für die Bewilligung eines einstweiligen Unterhalts<br />

sei weder eine subjektive noch eine objektive Gefahr zu (behaupten und zu) bescheinigen20<br />

), ist – wörtlich genommen – zutreffend, zu behaupten und zu bescheinigen ist vielmehr<br />

die in § 381 Z 2 EO genannte Gefährdung. Freilich wird diese häufig mit der Behauptung<br />

und Bescheinigung der Verletzung der Unterhaltspflicht prima facie angenommen<br />

werden können21 ).<br />

Aus dieser Sicht ist auch an der grundsätzlichen Rückforderbarkeit einstweilen ge-<br />

leisteten Unterhalts gem § 394 EO nicht zu zweifeln (siehe unten Rz 4/19 ff).<br />

Unbeschadet der einstweiligen Unterhaltsregelung gem § 382 Z 8 lit a EO können<br />

Unterhaltsansprüche – und zwar ohne Beschränkung auf das „notwendige“ Maß – gesichert<br />

werden22 ): Lauten die Unterhaltsansprüche auf Geld und ist die Einbringlichkeit<br />

der Forderung (subjektiv) gefährdet, kann eine eV nach § 379 EO bewilligt werden23 ), ist<br />

die Durchsetzbarkeit von Natural-Unterhaltsansprüchen (objektiv) gefährdet, steht § 381<br />

Z 1 EO zur Verfügung. In keinem dieser Fälle führt die (Sicherungs-)eV aber zu einer<br />

tatsächlichen Leistung an die gefährdete Partei.<br />

Trotz eines Exekutionstitels auch über künftig fällig werdende Unterhaltsansprüche ist die<br />

Erlassung einer eV zur Sicherung dieser titelgemäß zugesprochenen künftigen Ansprüche für<br />

18 ) Siehe hiezu etwa OGH SZ 5/118 = JB 7; SZ 10/62 = JB 32; RZ 1936, 295 f = NZ 1937, 28;<br />

EvBl 1961/102 = JBl 1961, 328; EvBl 1968/179; Pollak, System 2 , 1044; Neumann/Lichtblau/Heller/<br />

Berger/Stix 2761, 2772.<br />

19 ) Richtig Holzhammer, Zwangsvollstreckungsrecht 4 , 436.<br />

20 ) OGH EvBl 1968/179; 6 Ob 228/01 z uva.<br />

21 ) Im Ergebnis ebenso Konecny, Anwendungsbereich 224; Sailer § 382 EO Rz 28; OGH 3 Ob<br />

300/99 k; 2 Ob 56/01 a; 9 Ob 99/03 d.<br />

22 ) König, JBl 1998, 790 (Entscheidungsbesprechung); Sailer § 382 EO Rz 30 aE; ebenso bereits<br />

(zum dR) Eichhorn, Die einstweiligen Verfügungen in ihrem Verhältnis zum Arrest (1909)<br />

70 f.<br />

23 ) Vgl OGH ÖA 1997, 165 ff; 6 Ob 228/01 z; 5 Ob 9/05 t; Sailer § 379 EO Rz 4.<br />

87<br />

4/6<br />

4/7<br />

4/8<br />

4/9<br />

4/10


88 Die familienrechtlichen Verfügungen (§ 382 Z 8, § 382 a, § 382 h EO)<br />

die über die Reichweite der Exekution zur Sicherstellung hinausgehende Zeit (§ 372 EO) möglich24<br />

).<br />

4/11 Der Vollständigkeit halber ist festzuhalten, dass das Unterhaltsverhältnis, wie die<br />

anderen Rechtsverhältnisse auch, stets auch einer Regelung gem dem Grundtatbestand<br />

des § 381 Z 2 EO zugänglich ist, wenn die dortigen Voraussetzungen (insb hinsichtlich<br />

des Regelungsinteresses) vorliegen. Eine solche Regelung kann ohne die inhaltlichen und<br />

personellen Beschränkungen des § 382 Z 8 lit a EO, aber auch ohne die dortigen verfahrensmäßigen<br />

Erleichterungen erfolgen.<br />

4/12 Formulierungsbeispiel für einstweiligen Unterhalt25 ):<br />

„Dem Gegner der gefährdeten Partei wird aufgetragen, der gefährdeten Partei einstweilen ab<br />

15. 10. 2010 monatlich am Ersten eines jeden Monats im Vorhinein einen Unterhalt in Höhe von<br />

€ 500,– zu zahlen, wobei die bis zur Rechtskraft dieses Beschlusses fälligen Beträge binnen 14 Tagen<br />

zuzüglich 4% Zinsen p.a. aus € 250,– ab 15. 10. 2010 und aus jeweils € 500,– ab dem jeweiligen<br />

Monatsersten zu leisten sind.“<br />

3. Einzelfragen zu § 382 Z 8 lit a EO<br />

a) Anspruchsberechtigung – Gegner der gefährdeten Partei<br />

4/13 Als mögliche gefährdete Parteien kommen Ehegatten, geschiedene Ehegatten und<br />

die Kinder (minderjährige, volljährige, eheliche und uneheliche, wenn die Vaterschaft<br />

festgestellt ist) in Frage. § 382 Z 8 lit a EO gilt sinngemäß auch für eingetragene Partner<br />

(§ 43 Abs 1 Z 3 EPG).<br />

Wegen der Formulierung des Gesetzes (arg: „dem anderen Ehegatten“, „seinem Kind“) kann<br />

nach der Rechtsprechung der Unterhaltsanspruch der geschiedenen Ehefrau gegen die Erben (§ 78<br />

EheG) 26 ), jener der Witwe gegen die Erben (§ 796 ABGB) 27 ), jener des unehelichen Kindes eines<br />

Ehegatten gegen den anderen Ehegatten28 ) und jener der Enkel gegen die Großeltern (§ 141<br />

ABGB) 29 ) nicht nach § 382 Z 8 lit a EO geregelt werden. In all diesen Fällen ist jedoch eine Regelung<br />

nach dem Grundtatbestand (§ 381 Z 2 EO) und eine Sicherungs-eV (§ 379 EO) 30 ) bei Vorliegen<br />

der entsprechenden Voraussetzungen möglich!<br />

Mit unterschiedlicher Begründung, im Ergebnis aber einheitlich, wird die Anwendung des<br />

§ 382 Z 8 lit a EO auf Unterhaltsansprüche der Eltern (Großeltern) gegen ihre Kinder (Enkelkinder)<br />

(§ 143 ABGB) verneint31 ). Dies legt schon der Wortlaut der Norm nahe.<br />

b) Art des Hauptverfahrens<br />

4/14 Für Regelungsverfügungen ist es an sich nicht ungewöhnlich, dass die konkrete Regelung<br />

nur „im Zusammenhang“ mit einem bestimmten Hauptverfahren steht. Dies deshalb,<br />

weil hier nicht ein – im Hauptverfahren erst zu bestätigender – Anspruch gesichert<br />

wird, sondern Beziehungen zwischen der gefährdeten Partei und deren Gegner<br />

24 ) OGH 3 Ob 262/05 h.<br />

25 ) OGH 1 Ob 139/11 i.<br />

26 ) OGH EvBl 1958/249; SZ 52/121.<br />

27 ) OGH SZ 23/329.<br />

28 ) OGH EvBl 1971/167.<br />

29 ) OGH SZ 10/96. AM Seibt in Deixler-Hübner/Schwarzinger, Die rechtliche Stellung 35<br />

mwN.<br />

30) OGH SZ 52/121; Sailer § 382 EO Rz 25 (nur gem § 379 EO).<br />

31 ) OGH RZ 1935, 169 = SZ 17/83; ZBl 1934/30; ebenso Zechner 155; Sailer § 382 EO Rz 25.


Einstweiliger Unterhalt (§ 382 Z 8 lit a EO)<br />

einstweilen geordnet werden sollen. Dementsprechend reicht für die Regelungsverfügung<br />

gem § 382 Z 8 lit a EO nicht nur der „Zusammenhang“ mit einem Verfahren auf Leistung<br />

des Unterhalts, sondern bei gefährdeten Ehegatten und ehelichen Kindern 32 ) auch<br />

der „Zusammenhang“ mit einem Verfahren auf Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung<br />

der Ehe, bei eingetragenen Partnern auch der Zusammenhang mit einem Auflösungs-<br />

oder Nichtigkeitsverfahren.<br />

Vor solchen Verfahren oder während anderer Verfahren können Unterhaltsverfügungen<br />

nur nach den allgemeinen Bestimmungen (zur Sicherung: §§ 379, 381 Z 1 EO;<br />

zur Regelung: § 381 Z 2 EO) bewilligt werden. Dies bedeutet insb (siehe unten Rz 5/<br />

51 ff), dass in einem solchen Fall dem Antragsteller allenfalls (siehe aber Rz 6/26) eine<br />

Frist zur Rechtfertigungsklage oder Antragstellung zu erteilen ist, dieser also aktiv tätig<br />

werden muss, während § 382 Z 8 lit a EO auch dem/der Beklagten zusteht.<br />

c) Parteirollen im Hauptprozess<br />

Eine Besonderheit 4/15<br />

33 ) stellt die Tatsache dar, dass der einstweilige Unterhalt nach<br />

§ 382 Z 8 lit a EO ebenso von der im Hauptprozess beklagten Partei geltend gemacht<br />

werden kann34 ).<br />

Da in einem solchen Fall die gefährdete Partei nicht „Herr des Hauptverfahrens“ ist, muss<br />

auch das Problem berücksichtigt werden, dass etwa die Scheidungsklage, in deren „Zusammenhang“<br />

die eV beantragt und bewilligt worden ist, vom Kläger (Gegner der gefährdeten Partei) zurückgezogen<br />

wird. Dann ist dem Beklagten, also der gefährdeten Partei, eine angemessene Frist<br />

zum Einbringen einer eigenen Klage zu setzen35 ). Eine solche Fristsetzung braucht es jedoch nicht<br />

mehr, wenn der gefährdeten Partei bereits eine angemessene Frist36 ) tatsächlich zur Verfügung gestanden<br />

ist, „um – durch Einbringen einer neuen Klage – die für die Aufrechterhaltung der erwirkten<br />

einstweiligen Verfügung erforderliche Rechtfertigung herbeizuführen“ 37 ).<br />

Treten Kinder als gefährdete Parteien auf 38 ), so kann ihnen uU im Hauptprozess<br />

überhaupt keine Parteirolle zukommen; dies ist dann der Fall, wenn die eV aus Anlass<br />

eines Eheverfahrens zwischen den Eltern beantragt wird 39 ).<br />

32 ) „Trägerverfahren“ bei unehelichen Kindern kann aber nicht ein Eheverfahren sein: Sailer<br />

§ 382 EO Rz 25.<br />

33 ) Diese „Besonderheit“ besteht freilich nur auf den ersten Blick! Zur Möglichkeit des in einem<br />

Feststellungs- oder Rechtsgestaltungsverfahren Beklagten, einstweiligen Rechtsschutz zu erhalten,<br />

siehe König, JBl 1998, 790 (Entscheidungsbesprechung) und unten Rz 6/26.<br />

34 ) Beispielhaft: OGH EvBl 1935/678; EvBl 1984/43 (für Scheidungsklage); RZ 1990, 101 f<br />

(für Nichtigkeitsklage).<br />

35 ) So jedenfalls OGH EvBl 1984/43; 3 Ob 38/84 (insoweit nicht in EFSlg 46.931); JBl 1980,<br />

268 ff (zu § 382 Z 8 lit c EO); Sailer § 382 EO Rz 30. Differenzierend OGH EFSlg 82.545.<br />

36 ) OGH 3 Ob 38/84 (dort mehr als 3 Jahre).<br />

37 ) OGH 3 Ob 38/84 unter Bezugnahme auf OGH JBl 1980, 268 ff; EvBl 1984/43.<br />

38 ) Auch Minderjährige sind Parteien des eV-Verfahrens, für eine Prozessstandschaft (etwa<br />

der Mutter) besteht kein Anlass: Zutreffend Konecny, Anwendungsbereich 307 f, unter Hinweis auf<br />

ggt Rsp (etwa LGZ Wien EFSlg 82.458, 82.459, 88.318); ebenso Waldstätten, ÖA 1994, 16; Sailer<br />

§ 382 EO Rz 30; Hopf/Kathrein, Eherecht 2 § 382 EO Anm 9; Gitschthaler in Gitschthaler/Höllwerth,<br />

EuPR § 382 Abs 1 Z 8 lit a EO Rz 3 mwN.<br />

39 ) OGH JBl 1993, 194 f; Zechner 159.<br />

89


90 Die familienrechtlichen Verfügungen (§ 382 Z 8, § 382 a, § 382 h EO)<br />

d) Höhe des Unterhalts<br />

4/16 Die hA gewährt auch im Provisiorialverfahren angemessenen und nicht bloß notwendigen<br />

Unterhalt auf gleicher materiellrechtlicher Grundlage wie im Hauptverfahren40<br />

). Diese „Großzügigkeit“ 41 ) ist rechtspolitisch sicher gewünscht und hat das (freilich<br />

selten aufgedeckte) rechtshistorische Argument für sich, dass der EO-Gesetzgeber 1895<br />

insoweit an der seinerzeit geltenden Rechtslage nichts ändern wollte42 ) und eine auf<br />

§ 117 ABGB (aF) aufbauende Praxis vorfand. § 117 ABGB (aF) bestimmte, dass „inzwischen<br />

der Ehegattin und den Kindern der anständige Unterhalt auszumessen ist“. Demnach<br />

bestimmt sich etwa bei aufrechter Ehe der eV-Unterhalt der Ehefrau nach § 94<br />

ABGB, nach der Ehescheidung nach dem EheG43 ).<br />

Systemgerechter und wegen der Zweckbestimmung einstweiliger Regelungen folgerichtiger<br />

wäre es, den einstweiligen Unterhalt hier auf das notwendige Ausmaß zu beschränken44 ). Er sollte<br />

der gefährdeten Partei eine bescheidene Lebensführung (vgl etwa § 5 Abs 1 IO) ermöglichen. Freilich<br />

kann im Einzelfall dieser zu gewährende Unterhalt auch sehr kostenintensive Bedürfnisse der<br />

gefährdeten Partei abdecken müssen, wenn nur so einem „unwiederbringlichen Schaden“ vorgebeugt<br />

werden kann (zB Kosten einer medizinisch als unaufschiebbar indizierten Operation). Ein<br />

Anspruch auf einstweiligen Unterhalt stünde daher nicht zu, wenn und insoweit zur momentanen<br />

Deckung der Lebensführung eigene Mittel der gefährdeten Partei vorhanden sind. Verfügt etwa die<br />

gefährdete Partei über hiezu ausreichendes eigenes Einkommen, so wäre – unbeschadet eines ihr<br />

zustehenden Unterhaltsanspruchs – ein einstweiliger Unterhalt gem § 382 Z 8 lit a EO nicht zu<br />

gewähren. Entsprechend führen ein zwischenzeitlicher Lottogewinn, eine zwischenzeitliche Erbschaft,<br />

eine zwischenzeitliche Anstellung, die ein hinreichendes eigenes Einkommen schafft, zur<br />

Aufhebung der zunächst bewilligten eV45 ).<br />

Nicht von ungefähr unterscheidet die dZPO zwischen einstweiligen Verfügungen (§§ 935 ff<br />

dZPO), mit denen lediglich der „Notbedarf“ zuerkannt werden kann, und (erst nach Einleitung des<br />

Hauptverfahrens zulässigen) einstweiligen Anordnungen (§ 620 Nr 4, 6, § 644 dZPO), mit denen<br />

Unterhalt in voller, ungekürzter Höhe zugesprochen werden darf45a ). Auch zur Nachfolgeregelung<br />

(§ 246 dFamFG iVm §§ 49 ff dFamFG) wird zT vertreten, dass ausreichende eigene Mittel das zur<br />

Erlassung der einstweiligen Maßnahmen erforderliche (ungeschriebene) Regelungsbedürfnis entfallen<br />

lassen45b ).<br />

40 ) OGH EFSlg 82.437; EFSlg 88.305/2; 8 Ob 121/99 y; 1 Ob 97/99 t; 3 Ob 243/03 m; 6 Ob<br />

134/03 d; 6 Ob 299/05 x; 2 Ob 193/06 f; 1 Ob 235/11 g; 7 Ob 226/11 b; Seibt in Deixler-Hübner/<br />

Schwarzinger, Die rechtliche Stellung 37; Zechner 158; Sailer § 382 EO Rz 29.<br />

41 ) Siehe etwa OGH 3 Ob 185/08 i (€ 8.500,– im Jahr 2005).<br />

42 ) Siehe oben Rz 4/1.<br />

43 ) Zum Schicksal der Unterhalts-eV, die während aufrechter Ehe bewilligt worden ist, nach<br />

der Ehescheidung siehe unten Rz 6/108, 8/17.<br />

44 ) Krit nunmehr auch Gitschthaler in Gitschthaler/Höllwerth, EuPR § 382 Abs 1 Z 8 lit a EO<br />

Rz 15. – Ausdrücklich gegen die im Text und von Gitschthaler vertretene Ansicht OGH 1 Ob 235/<br />

11 g; 7 Ob 226/11 b.<br />

45 ) So möglicherweise OGH EFSlg 55.329/2 = SZ 60/60: Aufhebung der eV nach § 382 Z 8<br />

lit a EO, da die gefährdete Partei „nunmehr über hinreichendes eigenes Einkommen verfügt“. Siehe<br />

auch OGH ZBl 1933/34 (Kein Anspruch auf einstweiligen Unterhalt, wenn die gefährdete Partei in<br />

einem Krankenhaus Aufenthalt und Verpflegung findet) und den Hinweis bei Sailer § 382 EO<br />

Rz 28 aE.<br />

45a ) Finger in Münchener Kommentar § 620 dZPO Rz 37.<br />

45b ) Dötsch in Münchener Kommentar IV § 246 FamFG Rz 6; Musielak/Barth, Familiengerichtliches<br />

Verfahren (2009) § 246 FamFG Rz 30 aE; aM Soyka in Münchener Kommentar IV § 49<br />

FamFG Rz 5.


Einstweiliger Unterhalt (§ 382 Z 8 lit a EO)<br />

Eine damit im Zusammenhang zu stellende Frage ist, ob eine Ehefrau im Rahmen der Bestimmungen<br />

des § 382 Z 8 lit a EO einen Vorschuss auf die Prozesskosten des Eheverfahrens erlangen<br />

kann. Dies wird durchwegs bejaht 46 ), und zwar auch unabhängig von der Möglichkeit der<br />

Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts im Weg der Verfahrenshilfe 47 ); allerdings finden die Verpflichtungen<br />

des Ehemannes in seiner Leistungsfähigkeit ihre Grenze 48 ). Dies wäre – so die zuletzt<br />

zit E – etwa dann der Fall, wenn dem Ehegatten selbst Verfahrenshilfe gewährt wurde.<br />

Dem ist beizupflichten: Kernfrage ist nämlich, ob dieser Anspruch Teil des Unterhaltsanspruchs<br />

ist. Dies wird – zu Recht – übereinstimmend bejaht 49 ). Denn Ziel des Unterhalts ist die<br />

Gewährung einer würdigen Existenz, und dazu wird auch – in einem Rechtsstaat – die Möglichkeit<br />

zu zählen sein, Streitfragen zu klären, und zwar unter angemessenen Rahmenbedingungen. Für<br />

den Anspruch auf Prozesskostenvorschuss ist ein positives Prozessergebnis nicht zu bescheinigen.<br />

Dies ergibt sich aus der Überlegung, dass – bis zur Grenze der offenbaren Aussichtslosigkeit und<br />

Mutwilligkeit – der Unterhaltsanspruch jedenfalls solche Auslagen mitumfasst.<br />

Gleiches gilt auch für das Kind im Unterhaltsverfahren 50 ).<br />

4/17<br />

e) Einstweiliger Unterhalt für die Vergangenheit<br />

Auch wenn der OGH 4/18<br />

51 ) in ständiger Rechtsprechung judiziert, dass Unterhalt auch<br />

für die Vergangenheit erlangt werden kann, folgt daraus nicht, dass auch der einstweilige<br />

Unterhalt für die Vergangenheit begehrt werden kann52 ). Eine solche Ausdehnung<br />

des § 382 Z 8 lit a EO widerspräche dem Sinn und Zweck der Bestimmung; vielmehr ist<br />

der maßgebende Zeitpunkt für den Beginn des Zuspruchs der Tag der Antragstellung53 ).<br />

Ein unwiederbringlicher Schaden als vorausgesetzter Regelungsbedarf kann bei Nichtleistung<br />

des Unterhalts in der Vergangenheit nicht vorgelegen sein, da der Unterhaltsberechtigte<br />

diese Zeit offenbar „überlebt“ hat. Die rückwirkende Einschränkung des eV-<br />

Unterhalts ist jedoch zulässig54 ).<br />

f) Rückforderbarkeit des einstweilen geleisteten Unterhalts?<br />

Unterhaltsleistungen, die aufgrund einer Regelungsverfügung nach § 382 Z 8 lit a 4/19<br />

EO zu erbringen waren, können zurückgefordert werden, wenn ihnen eine „Rechtferti-<br />

46 ) OGH SZ 44/50 (nicht bei „grundlosem Verlassen“); EvBl 1969/24; EvBl 1968/338; JBl<br />

1969, 553; EvBl 1994/148; 1 Ob 67/05 t; 4 Ob 114/06 b (auch für bereits aufgelaufene Honorare);<br />

5 Ob 189/08 t; Gitschthaler, ÖJZ 1994, 17; derselbe in Gitschthaler/Höllwerth, EuPR § 382 Abs 1 Z 8<br />

lit a EO Rz 47 ff.<br />

47 ) OGH EvBl 1969/24 mwN; 9 Ob 121/06 v. Der unwiederbringliche Schaden liegt hier (trotz<br />

§ 67 Abs 2 ZPO) darin, dass die gefährdete Partei sonst nicht einen Anwalt ihres Vertrauens dem<br />

Verfahren beiziehen kann. Siehe aber OLG Innsbruck EvBl 1969/25.<br />

48 ) OGH EvBl 1969/24.<br />

49 ) Stabentheiner in Rummel, Kommentar 3 § 94 ABGB Rz 20; OGH JBl 1969, 553 ua.<br />

50 ) OGH EvBl 1995/126; LGZ Wien EFSlg 82.438.<br />

51 ) Seit SZ 61/143 = JBl 1988, 586 ff (Pichler) – verst Senat.<br />

52 ) OGH SZ 63/205 = EvBl 1991/38 = AnwBl 1991, 188 f; EFSlg 85.483; Seibt in Deixler-Hübner/Schwarzinger,<br />

Die rechtliche Stellung 34; Zechner 154 f; Hopf/Kathrein, Eherecht 2 § 382 EO<br />

Anm 8.<br />

53 ) Ebenso OGH SZ 61/143 = JBl 1988, 586 ff (Pichler); 1 Ob 179/00 f; 10 Ob 28/04 x; Holzhammer,<br />

Zwangsvollstreckungsrecht 4 , 435; Zankl/Mondel in Schwimann / G. Kodek 4 § 72 EheG<br />

Rz 2. 54) OGH 9 Ob 113/01 k.<br />

91


92 Die familienrechtlichen Verfügungen (§ 382 Z 8, § 382 a, § 382 h EO)<br />

gung“ im Hauptverfahren versagt bleibt. Jede andere Auslegung wäre verfassungswidrig55<br />

).<br />

Gesetzliche Grundlage für die Rückabwicklung sind mE nicht die Bestimmungen<br />

des Bereicherungsrechts, sondern ist § 394 EO56 ), dessen Anwendung auf Regelungsverfügungen<br />

nichts entgegensteht. Da § 394 EO eine verschuldensunabhängige Haftung statuiert,<br />

sind Billigkeitserwägungen bei der Festsetzung des Rückforderungsanspruchs ausgeschlossen<br />

(anders § 399 b EO bei der „Super“-eV). Eine Beschränkung des Rückforderungsanspruchs<br />

wegen „gutgläubigen Verbrauchs“ erfolgt hier nicht57 ). Wer einstweiligen<br />

Unterhalt genießt, muss sich bewusst sein, dass dieser „gerechtfertigt“ werden<br />

muss58 ).<br />

4/20 Die Rsp ist uneinheitlich59 ): Ältere E verneinten die Rückforderbarkeit der einstweilen<br />

zugesprochenen Unterhaltsleistungen60 ). Neuere Entscheidungen schließen die<br />

Rückforderbarkeit nicht mehr generell aus61 ), zumindest dann, wenn der Verbrauch<br />

nicht „gutgläubig“ war62 ). Diese Judikatur ist „mittlerweile“ gefestigt“ 63 ).<br />

Gutgläubigkeit fehlt, wenn „bei objektiver Beurteilung an der Rechtmäßigkeit der<br />

rechtsgrundlos ausgezahlten Beträge gezweifelt hätte werden müssen“. Billigkeitserwägungen<br />

(wie bei § 399 b EO) sind nicht anzustellen64 ). Diese hRsp erklärt auch, warum<br />

bisweilen hervorgehoben wird, dass hier der Sachverhalt „möglichst genau“ zu ermitteln<br />

ist65 ).<br />

Die Ablehnung der Rückforderbarkeit ist mE dann besonders unbillig, wenn man wie die hA<br />

einstweiligen Unterhalt in angemessener und nicht nur notwendiger Höhe gewährt.<br />

55 ) Siehe OGH 8 Ob 100/05 x zum einstweiligen Mietzins.<br />

56 ) So auch Deixler-Hübner, BeitrZPR V (1995) 14; G. Kodek § 394 EO Rz 47 (freilich in Anspruchskonkurrenz<br />

zur Bereicherung: § 394 EO Rz 48); ebenso offenbar OGH 9 Ob 113/01 k.<br />

57 ) So auch LGZ Wien EFSlg 67.203/16; G. Kodek § 394 EO Rz 47.<br />

58 ) Kein Wunder daher, dass Sailer § 382 EO Rz 31 für die gleich anschließend berichtete<br />

Rsp eine „völlig überzeugende dogmatische Begründung“ vermisst; diese gibt es schlechthin nicht!<br />

59 ) Zusammenstellung auch bei Bauer, iFamZ 2009, 356.<br />

60 ) OGH ZBl 1929/128 (mit der etwas überraschenden Begründung, dass der einstweilige<br />

Unterhalt im voraus geschuldet werde und das Gesetz nicht dahingehend verstanden werden<br />

könne, dass ein säumiger Schuldner besser gestellt sei als einer, der pünktlich seiner Pflicht nachkommt);<br />

EvBl 1999/78; LGZ Wien EFSlg 34.621 („soll ihm endgültig zukommen“); EFSlg 82.436;<br />

OLG Wien EFSlg 39.363 („provisorisch nur in dem Sinne, dass er für eine gewisse Zeit zur Anwendung<br />

kommt, nicht aber dahin, dass die Unterhaltsbeträge nur einstweilen zu leisten und wieder<br />

zurückzustellen wären“).<br />

61 ) So etwa, wenn ausgesprochen wird, dass der einstweilige Unterhalt in der Regel endgültig<br />

zukomme (OGH SZ 43/182; EFSlg 82.437; 4 Ob 143/01 k; 2 Ob 94/02 s; OLG Wien EFSlg 36.927),<br />

vorschussweise zu leisten ist (OGH 2 Ob 94/02 s) oder dass eine Rückforderung ausgeschlossen sei,<br />

wenn der einstweilige Unterhalt bereits verbraucht wurde (OLG Wien EFSlg 28.200; LGZ Wien<br />

EFSlg 33.858).<br />

62 ) OGH JBl 1996, 727 f; 3 Ob 219/98 x; 4 Ob 217/99 m; 1 Ob 362/99 p; 1 Ob 295/00 i; 9 Ob<br />

113/01 k; 3 Ob 195/02 a; OLG Wien EFSlg 29.476; Sailer § 382 EO Rz 31; Hopf/Kathrein, Eherecht 2<br />

§ 382 EO Anm 7.<br />

63 ) So zu Recht G. Kodek § 394 EO Rz 46.<br />

64 ) OGH 1 Ob 295/00 i.<br />

65 ) OGH 1 Ob 2082/96 z; 1 Ob 12/98 s; 1 Ob 235/98 k; 1 Ob 97/99 t; 1 Ob 179/00 f; 9 Ob 113/<br />

01 k; 8 Ob 210/02 v; 3 Ob 243/03 m; 5 Ob 29/04 g.


Vorläufiger Unterhalt (§ 382 a EO)<br />

Auch ein Teil der Lehre lehnt eine Rückabwicklung der einstweilen gewährten Unterhaltsleistungen<br />

ab 66 ). Die Zahl der Vertreter der Gegenmeinung steigt, freilich ohne<br />

Übereinstimmung hinsichtlich der Rechtsgrundlage 67 ). Für jene, die diese in § 394 EO<br />

sehen, scheidet gutgläubiger Verbrauch von vorneherein aus, für jene, die Bereicherungs-<br />

recht für anwendbar halten, ist – zumindest theoretisch 68 ) – dieser Einwand möglich.<br />

Der Rückforderungsanspruch ist ab Entstehung (nicht erst ab seiner Geltendmachung)<br />

mit dem gesetzlichen Zinssatz zu verzinsen 69 ).<br />

ME sollte nicht mehr als das gefordert werden können, was bei einer sofort fälligen Spareinlage<br />

erwirtschaftbar gewesen wäre; mehr als eine insoweit „zinsbringende“ Anlage kann von einer<br />

gefährdeten Partei nicht verlangt werden, da sie nicht von der Unrechtmäßigkeit des Empfangs,<br />

sondern nur vom Zuspruch „unter Vorbehalt“ ausgehen muss.<br />

4/21<br />

4/22<br />

g) Analoge Anwendung des § 382 Z 8 lit a EO<br />

Eine analoge Anwendung der genannten Norm – wegen der darin enthaltenen Er- 4/23<br />

leichterung der Rechtsverfolgung – auf Rentenansprüche gem § 1327 ABGB und auf<br />

Leibrentenansprüche – auch wenn diese Ansprüche Unterhaltsfunktion haben – lehnt<br />

die Rechtsprechung ab70 ). Dies bedeutet aber nicht, dass solche Leistungen nicht bei<br />

Vorliegen der qualifizierten Gefahrvoraussetzungen des § 381 Z 2 EO aufgrund einer<br />

„allgemeinen“ Regelungsverfügung zugesprochen werden können; bei Regelungsverfügungen<br />

ist nämlich die Art des Anspruchs unerheblich71 ).<br />

B. Vorläufiger Unterhalt (§ 382 a EO)<br />

1. Grundlagen<br />

Zum (weiteren) Schutz der Unterhaltsansprüche Minderjähriger wurde 1987 eine 4/24<br />

„Super“-eV eingeführt72 ). Zutreffend bezeichnet der OGH diese eV ausdrücklich als „Regelungsverfügung“<br />

73 ).<br />

66 ) Vgl Bum, JBl 1898, 613; Hagen, JBl 1971, 342; Rechberger/Simotta, Exekutionsverfahren 2<br />

Rz 908; Kininger, Verfügungen 76 f (mit der etwas überraschenden Ausführung, dass die bloße Unterhaltsverwirkung<br />

allein noch keine Rückforderbarkeit begründe, da § 394 EO von einem Verschuldenserfordernis<br />

absehe); wohl auch Zechner 156 f; Zankl/Mondel in Schwimann / G. Kodek 4<br />

§ 66 EheG Rz 8, und –„idR“ –Gitschthaler in Gitschthaler/Höllwerth, EuPR § 382 Abs 1 Z 8 lit a<br />

EO Rz 1.<br />

67 ) Huber, JBl 1984, 182 ff; Deixler-Hübner, BeitrZPR V (1995) 3 ff; Sailer § 382 EO Rz 31;<br />

G. Kodek § 394 EO Rz 47 f; derselbe in FS Koziol 1186 FN 55; Bauer, iFamZ 2009, 357. – Zur Diskussion<br />

in der BRD Gaul, FamRZ 2003, 1152 f.<br />

68 ) Siehe Bauer, iFamZ 2009, 356.<br />

69 ) OGH 3 Ob 219/98 x; 1 Ob 122/11 i.<br />

70 ) OGH EvBl 1993/106 (zu § 1327 ABGB) gegen Kininger, Verfügungen 16; 6 Ob 228/01 z;<br />

E. Kodek in Angst, EO 2 § 382 EO Rz 38; vgl auch OGH SZ 20/43 (zu Leibrentenforderungen).<br />

71 ) AM OLG Innsbruck ZVR 1993, 230 f, das auch Regelungsverfügungen „anderen Ansprüchen“<br />

vorbehält, und offenbar OGH SZ 20/43, der nur eine Sicherungsverfügung (§ 379 EO) für<br />

möglich hält. Das Bestehen einer (weiteren) Sonderregelung (§ 74 Abs 2 ASGG; siehe hiezu unten<br />

Rz 10/29 ff) ist jedenfalls kein tauglicher Einwand (so aber Konecny, Anwendungsbereich 69).<br />

72 ) BGBl 1987/645. Die ErläutRV (170 BlgNR 17. GP 4) sprechen von einer „besonderen Art<br />

der Unterhaltssicherung“.<br />

73 ) OGH JBl 1989, 118 f.<br />

93


94 Die familienrechtlichen Verfügungen (§ 382 Z 8, § 382 a, § 382 h EO)<br />

Kernpunkt der Regelung ist die (noch) raschere Zubilligung eines einstweiligen (hier: vorläufigen)<br />

Unterhalts durch entsprechende verfahrensmäßige Vorkehrungen (insb § 382 a Abs 4 EO).<br />

Darüber hinaus berechtigt auch diese eV bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen zu Unterhaltsvorschüssen74<br />

). Die Vorschüsse sind sogar (seit dem FamRÄG 200975 ) uU rückwirkend zu erhöhen<br />

(aber auch herabzusetzen), wenn später im Hauptverfahren der Unterhalt höher (bzw niedriger)<br />

festgesetzt wird (§ 19 Abs 3 UVG) 76 ).<br />

4/25 Mit Ausnahme der in den §§ 382 a, 390 Abs 4, § 397 Abs 1, §§ 399 a, 399 b EO enthaltenen<br />

Sonderregelungen gelten die (sonstigen) Bestimmungen für eV und sinngemäß<br />

auch jene der EO (§ 402 Abs 4 EO) auch für die „Super“-eV77 ).<br />

2. Die Sonderregelungen im Einzelnen<br />

a) Anspruchsberechtigung<br />

4/26 Anspruchsberechtigt sind eheliche Minderjährige, die sich entweder im Haushalt<br />

nur eines Elternteils oder bei Dritten (zB Kinderdorf) 78 ) befinden, uneheliche Minderjährige<br />

unter diesen Voraussetzungen dann, wenn die Vaterschaft festgestellt ist (§ 382 a<br />

Abs 3 EO). Der Anspruch steht also dann nicht zu, wenn Eltern und Kinder (noch) im<br />

selben Haushalt leben79 ). Der Anspruch auf Zuerkennung des Unterhalts muss bereits in<br />

einem Hauptverfahren anhängig sein oder zugleich mit der eV-Antragstellung anhängig<br />

gemacht werden; die Anhängigkeit eines eV-Verfahrens nach § 382 Z 8 lit a EO genügt<br />

nicht. Zugunsten des Minderjährigen darf noch kein Exekutionstitel zur Hereinbringung<br />

von Unterhalt bestehen, wobei hier wohl auch ein eV-Titel gemäß der vorgenannten<br />

Vorschrift gemeint ist80 ).<br />

b) Gegner der gefährdeten Partei<br />

4/27 Der eV-Anspruch richtet sich ausschließlich gegen den Elternteil, in dessen Haushalt<br />

der Minderjährige nicht betreut wird, bei Betreuung durch Dritte gegen jeden der<br />

beiden Elternteile81 ). Großeltern sind – ebenso wie gem § 382 Z 8 lit a EO – keine tauglichen<br />

Gegner (§ 382 a Abs 3 EO).<br />

c) Ausmaß des vorläufigen Unterhalts<br />

4/28 Der Anspruch ist mit der Höhe des jeweiligen altersabhängig bestimmten Betrags<br />

der Familienbeihilfe nach dem FamLAG begrenzt (§ 382 a Abs 2 EO) 82 ). Da es sich hie-<br />

74 ) Zum maßgeblichen Zeitpunkt Garber, Zur Vollstreckbarkeit eines Unterhaltstitels als Voraussetzung<br />

für die Gewährung von Unterhaltsvorschüssen nach dem UVG, iFamZ 2011, 6 ff; Neuhauser,<br />

Vollstreckbarkeit des Unterhaltstitels und Bevorschussungsfähigkeit nach dem UVG, iFamZ<br />

2011, 9 ff.<br />

75 ) BGBl I 2009/75.<br />

76 ) OGH 10 Ob 52/09 h; 10 Ob 53/09 f; 10 Ob 79/09 d; 10 Ob 34/11 i; 10 Ob 104/11 h; siehe<br />

auch Zak 2009/360, 236.<br />

77 ) OGH ÖJZ-NRsp 1990/161; 10 Ob 44/06 b.<br />

78 ) LGZ Wien EFSlg 79.397; Sailer § 382 a EO Rz 2.<br />

79 ) OGH EFSlg 70.116; 2 Ob 293/03 g; 4 Ob 4/04 y; LGZ Wien EFSlg 73.272.<br />

80 ) Zustimmend Zechner 169.<br />

81 ) LGZ Wien EFSlg 61.169; EFSlg 79.397; Seibt in Deixler-Hübner/Schwarzinger, Die rechtliche<br />

Stellung 38.<br />

82 ) Dzt € 105,40 (§ 8 Abs 2 FamLAG 1967 idgF) zuzüglich „Alterssteigerungen“, wozu mE<br />

auch der Zuschlag gem § 8 Abs 8 FamLAG zählt (aM Konecny, ÖJZ 2010, 720 [Entscheidungsbe-


Vorläufiger Unterhalt (§ 382 a EO)<br />

bei um das Höchstausmaß handelt, ist der tatsächlich begehrte Betrag auch hier im Antrag<br />

ziffernmäßig zu bestimmen 83 ). Unterhalt für die Vergangenheit ist nicht zuzusprechen<br />

84 ).<br />

d) Verfahrensbesonderheiten<br />

Das Vorbringen des Minderjährigen zu den Antragsvoraussetzungen, insb also be- 4/29<br />

treffend seine Unterhaltsberechtigung und die Unterhaltsverletzung, ist als bescheinigt<br />

anzunehmen85 ) (außer die Pflegschaftsakten ergeben anderes, § 382 a Abs 4 EO).<br />

Wenn sich aus dem Vorbringen ergibt (und die Pflegschaftsakten nichts anderes ergeben),<br />

dass Unterhalt zumindest in der Höhe der Familienbeihilfe gezahlt wird, ist der Antrag auf vorläufigen<br />

Unterhalt abzuweisen86 ).<br />

§ 382 a Abs 4 EO verbietet ausdrücklich eine Anhörung des Gegners der gefährde- 4/30<br />

ten Partei und trägt die „unverzügliche“ (sofortige) 87 ) Entscheidung auf. Dieser generelle<br />

Ausschluss der Gehörgewährung verstößt gegen Art 6 EMRK88 ): Von einer vorherigen<br />

Anhörung darf nur abgesehen werden, wenn diese im Einzelfall den Zweck der eV vereiteln<br />

würde (siehe Rz 6/42 a).<br />

Praktisch wird aufgrund der Umstände häufig eine Entscheidung ohne Anhörung gerechtfertigt<br />

sein.<br />

Eine zeitliche Begrenzung ist nicht auszusprechen89 ).<br />

Die Auferlegung einer Sicherheitsleistung zu Lasten der gefährdeten Partei ist unzulässig<br />

(§ 390 Abs 4 EO).<br />

Gegen diese eV ist selbst bei mangelnder Anhörung des Gegners der gefährdeten 4/31<br />

Partei kein Widerspruch, sondern nur Rekurs zulässig (§ 397 Abs 1, letzter Satz, EO) 90 ).<br />

Der Ausschluss des Widerspruchs wird dadurch kompensiert, dass hier in einem Aufhe-<br />

sprechung]; Burgstaller/Binder, JBl 2010, 600 f [Entscheidungsbesprechung]), aber ohne eine allfällige<br />

Erhöhung für ein behindertes Kind (§ 8 Abs 4 FamLAG; so jedenfalls die Gesetzesmaterialien<br />

IA 673/A 24. GP 37) und ohne Mehrkindzuschlag (§ 8 Abs 3 FamLAG; so bereits in der 2. Aufl<br />

und OGH 10 Ob 28/04 x; 1 Ob 248/09 s; 10 Ob 11/10 f gegen OGH 7 Ob 200/02 s; LG Eisenstadt<br />

2. 5. 2007, 20 R 38/07 y; Neumayr aaO; Sailer § 382 a EO Rz 9). Die zuletzt genannte Staffelung<br />

kommt mE deshalb nicht zur Anwendung, da lediglich der „allernotwendigste“ Unterhalt (so OGH<br />

JBl 2000, 389 f; idS wohl auch OGH ÖA 1992, 60) gesichert werden soll, der aber für alle Kinder<br />

gleich ist; ebenso würden im Ergebnis jüngere Kinder höheren (vorläufigen) Unterhalt erhalten als<br />

die älteren Geschwister (OGH 10 Ob 28/04 x).<br />

83 ) OGH EFSlg 73.273, gegen Konecny, Anwendungsbereich 109. Nach OGH 7 Ob 508/96,<br />

ist aber eine ziffernmäßige Bestimmung dann ein „nicht zu rechtfertigender Formalismus“, wenn<br />

alle Tatbestandselemente, die zur Auszahlung der Familienbeihilfe in voller Höhe führen (müssen),<br />

behauptet worden sind.<br />

84 ) OGH 10 Ob 28/04 x.<br />

85 ) Unrichtig Konecny, Anwendungsbereich 225, der sogar von der Behauptung der Unterhaltsverletzung<br />

absieht; ebenso wohl auch LGZ Wien EFSlg 79.401. Gegen Konecny auch Zechner<br />

168.<br />

86 ) OGH ÖA 1996, 202 f; anders wohl LGZ Wien EFSlg 79.401.<br />

87 ) ErläutRV (170 BlgNR 17. GP 5).<br />

88 ) Siehe auch G. Kodek, EF-Z 2010, 62.<br />

89 ) OGH 3 Ob 147/00 i; 7 Ob 194/01 g.<br />

90 ) Dies wird mit den erleichterten (hier uU rückwirkenden) Einschränkungs- und Aufhebungsmöglichkeiten<br />

begründet (ErläutRV 6).<br />

95


96 Die familienrechtlichen Verfügungen (§ 382 Z 8, § 382 a, § 382 h EO)<br />

bungs- oder Einschränkungsantrag auch ein Vorbringen zu berücksichtigen ist, das<br />

sich auf Tatsachen bezieht, die bereits vor Bewilligung der eV vorgelegen sind (§ 399 a<br />

EO) 91 ); damit ist im Fall gerechtfertigter Nichtanhörung vor Bewilligung der eV dem<br />

Recht auf Gehör Genüge getan.<br />

Die Aufhebung und Einschränkung der eV ist – unter Ausschluss der Hauptbestimmung<br />

(§ 399 a Abs 4 EO) – in § 399 a EO eigens geregelt (siehe Rz 8/23). Dies<br />

ist auch von Amts wegen möglich92 ). Gehör ist jedenfalls zu gewähren; ob eine mündliche<br />

Verhandlung erforderlich ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab (siehe<br />

Rz 8/29).<br />

Sämtliche Entscheidungen fällt in erster Instanz der Rechtspfleger (§ 19 Abs 1 Z 3<br />

RpflG).<br />

Rekurse sind nur im Rahmen des § 402 Abs 2 EO einseitig, sonst zweiseitig93 ); Gleiches gilt<br />

für die Konformitätssperre. Die Verweisungsnorm (§ 402 Abs 4 EO) ist im Übrigen anzuwenden94 ).<br />

Freilich: Bei schriftlichen Rekursen ist die Unterschrift durch einen Rechtsanwalt nicht geboten<br />

(§ 402 Abs 3 a EO iVm § 6 AußStrG). Ein Kostenersatz findet nicht statt (§ 393 Abs 1, letzter Satz,<br />

EO iVm § 101 Abs 2 AußStrG; § 103 AußStrG ist hier nicht anzuwenden).<br />

e) Rückforderbarkeit des vorläufig geleisteten Unterhalts (§ 399 b EO)<br />

4/32 Zu Unrecht geleisteter vorläufiger Unterhalt kann zurückgefordert werden. Das Gesetz<br />

hat die beim einstweiligen Unterhalt umstrittene Frage (siehe oben Rz 4/19) hier<br />

ausdrücklich geregelt. Freilich hängt das Ausmaß der Rückleistungspflicht, diese selbst<br />

und die Fälligkeit der Rückzahlungen von der Billigkeit ab. Damit im Zusammenhang<br />

ist eine Interessenabwägung vorzunehmen und auch die Kenntnis bzw verschuldete Unkenntnis<br />

der – zunächst – gefährdeten Partei (bzw ihres gesetzlichen Vertreters) von der<br />

tatsächlichen Unbegründetheit des Unterhaltsanspruchs mit in die Billigkeitserwägungen<br />

einzubeziehen95 ).<br />

Die ErläutRV96 ) behaupten, dass die „Grundlagen für die Entscheidung über den Ersatz zu<br />

beweisen sind“, und begründen so die im Gesetz vorgesehene Möglichkeit (§ 399 b Abs 3 EO), die<br />

Entscheidung über den Antrag auf Ersatz und Aufrechnung – sofern zeitgerecht beantragt – nicht<br />

zugleich mit der Einschränkung oder Aufhebung der „Super“-eV, sondern erst bei Beendigung des<br />

Unterhalts(haupt)verfahrens zu fällen. Die Begründung ist unrichtig: Auch die Entscheidungsgrundlagen<br />

für den Rückforderungsanspruch sind nur zu bescheinigen; Gegenteiliges ist weder<br />

dem Gesetz noch der Stammnorm (§ 394 EO) 97 ) zu entnehmen!<br />

Für die entsprechende Beschlussfassung ist der Rechtspfleger zuständig98 ).<br />

91 ) Zechner 268; Sailer § 399 a EO Rz 3.<br />

92 ) OGH ÖA 1992, 92.<br />

93 ) OGH 2 Ob 126/03 y; so schon OGH ÖJZ-NRsp 1990/161 = RZ 1990, 284 f. AM noch<br />

OGH RZ 1994, 249 f; EFSlg 73.289, 82.542.<br />

94 ) OGH 10 Ob 8/03 d; 6 Ob 166/02 h; 10 Ob 4/08 y.<br />

95 ) So auch Gitschthaler, ÖJZ 1995, 654. Kritisch zur Regelung überhaupt Zechner 270 f; Sailer<br />

§ 399 b EO Rz 3 f.<br />

96 ) 170 BlgNR 17. GP 7.<br />

97 ) Siehe unten Rz 5/102. Mir zustimmend Zechner 269.<br />

98 ) ErläutRV 225 BlgNR 22. GP, 35 (zur Aufhebung des § 19 Abs 2 Z 5 RpflG).


Einstweilige Regelung der Benützung ehelichen Gebrauchsvermögens<br />

f) Konkurrenz<br />

Soweit Unterhalt über das gem § 382 a EO zu gewährende Ausmaß hinaus einstweilen<br />

begehrt wird, steht dem Antrag gem § 382 a EO ein (zusätzlicher) Antrag gem<br />

§ 382 Z 8 lit a EO (allenfalls sogar § 381 Z 2 EO) nicht entgegen (§ 382 a Abs 5 EO) 99 ).<br />

C. Einstweilige Regelung der Benützung oder<br />

einstweilige Sicherung ehelichen Gebrauchsvermögens und ehelicher<br />

Ersparnisse (§ 382 Z 8 lit c EO)<br />

4/33<br />

1. Allgemeines<br />

Spätestens seit Inkrafttreten dieser Norm kann kein Zweifel mehr daran bestehen, 4/34<br />

dass der EO Regelungsverfügungen100 ) nicht unbekannt sind. Der Tatbestand enthält einerseits<br />

einen Spezialfall zu § 381 Z 2 EO („Regelung der Benützung . . .“), andererseits<br />

einen Spezialfall zu § 381 Z 1 EO („Sicherung“) 101 ). Beide eV bedürfen nicht unmittelbar<br />

eines Rechtfertigungsverfahrens gem §§ 81 ff EheG, §§ 93 ff AußStrG, sondern sind bereits<br />

im Zusammenhang mit einem Verfahren auf Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung<br />

der Ehe zulässig. Selbiges gilt für die entsprechenden Verfahren bei eingetragenen<br />

Partnern.<br />

Entsprechend der zu § 382 Abs 1 Z 8 lit b EO aF (idF vor dem BG BGBl 1990/96) in der<br />

Rechtsprechung102 ) vertretenen Rechtsansicht ist auch hier die Bewilligung der eV „im Nahebereich“<br />

dieser Verfahren, sohin vor deren Einleitung (allenfalls unter Setzung einer kurzen Frist) als<br />

zulässig anzusehen.<br />

Die Erlassung der eV ist daher dann jedenfalls unzulässig, wenn die gefährdete Partei<br />

bereits im Antrag vorbringt, eine Scheidung (Aufhebung, Nichtigerklärung) der Ehe<br />

nicht anzustreben103 ).<br />

Obwohl für das Aufteilungsverfahren selbst der außerstreitige Rechtsweg gegeben<br />

ist, gilt auch für diese eV subsidiär (§ 402 Abs 4, § 78 Abs 1 EO) die ZPO104 ).<br />

Der Anspruch auf Abgeltung der Mitwirkung eines Ehegatten im Erwerb des anderen<br />

(§ 98 ABGB) kann nicht nach dieser Norm geregelt werden, sondern nur gem<br />

§ 379 EO gesichert werden105 ).<br />

2. Regelung der Benützung<br />

Die Regelungsverfügung (1. Tatbestand) darf sich – dies folgt schon aus dem 4/35<br />

Wortlaut – nur auf Gegenstände der Aufteilungsmasse beziehen106 ). Ihre Erlassung erfor-<br />

99 ) Siehe auch Seibt in Deixler-Hübner/Schwarzinger, Die rechtliche Stellung 38; Sailer § 382 a<br />

EO Rz 1.<br />

100 ) OGH 9 Ob 124/01 b; 6 Ob 55/08 v.<br />

101 ) OGH 6 Ob 57/97 v; 3 Ob 203/02 b; 2 Ob 164/04 p; insoweit richtig auch OGH SZ 57/89 =<br />

JBl 1985, 245 f.<br />

102 ) LGZ Wien MietSlg 28.002; EFSlg 39.426 = MietSlg 33.770; EFSlg 49.553; OLG Wien<br />

EFSlg 39.454. Ferner Schwimann, ÖJZ 1976, 370; Ent in Ent/Hopf, Neuordnung 44.<br />

103 ) OGH EvBl 1981/171; Sailer § 382 EO Rz 32.<br />

104 ) OGH EFSlg 49.638.<br />

105 3 ) OGH EvBl 1981/171; Stabentheiner in Rummel, Kommentar § 99 ABGB Rz 4.<br />

106 ) OGH ecolex 1995, 332 (daher nicht einstweilige Verwaltung eines Unternehmens: § 82<br />

Abs 1 Z 3 EheG); zur „Surrogat-Wohnung“ LGZ Wien 15. 2. 1994, WR 655.<br />

97


98 Die familienrechtlichen Verfügungen (§ 382 Z 8, § 382 a, § 382 h EO)<br />

dert zwar weder die Behauptung noch die Bescheinigung eines konkreten Aufteilungsanspruchs<br />

(Behauptung und Bescheinigung, dass überhaupt ein solcher Anspruch bestehen<br />

kann, genügt) 107 ), verlangt aber die Behauptung und Bescheinigung der in § 381 Z 2<br />

EO umschriebenen Gefährdung; die Rsp nennt dies „Regelungsbedürfnis“ 108 ).<br />

Die Gefährdung bzw das „Regelungsbedürfnis“ kann sich aus verschiedenen Umständen ergeben,<br />

etwa daraus, dass der aus der Ehewohnung bereits ausgezogene Teil wieder zurückkehren<br />

möchte, weil er sonst obdachlos wäre109 ), dass Kreditzinsen für die „aufzuteilende“ Wohnung nicht<br />

bezahlt werden110 ), oder dass das weitere Zusammenleben iSd § 382 b EO unzumutbar ist und ein<br />

dringendes Wohnbedürfnis besteht111 ).<br />

Unrichtig ist daher die bisweilen geäußerte Auffassung112 ), wonach die hier behandelte<br />

eV, soweit sie die Ehewohnung einem Ehegatten zuweist, einer besonderen Gefährdungsbescheinigung<br />

nicht bedürfte; richtig ist nur, dass regelmäßig nach rechtskräftiger<br />

Lösung des Ehebandes ein (weiteres) Zusammenleben unzumutbar ist und daher in<br />

praxi lediglich das dringende Wohnbedürfnis glaubhaft zu machen sein wird113 ).<br />

Eine eV gem § 382 Z 8 lit c EO (1. Tatbestand), in der dem Gegner der gefährdeten Partei<br />

das Verlassen der Ehewohnung aufgetragen wird, ist freilich mE erst nach rechtskräftiger Ehescheidung<br />

(-aufhebung, -nichtigerklärung) zulässig; bis zu diesem Zeitpunkt erfolgt die Regelung<br />

über §§ 382 b ff EO114 ).<br />

3. Sicherung ehelichen Gebrauchsvermögens und ehelicher Ersparnisse<br />

4/36 Bei der eV zur Sicherung des Aufteilungsanspruchs (2. Tatbestand) sind Anspruch<br />

auf Aufteilung (ein „anderer“ Anspruch!) und (konkrete) Gefahr zu bescheinigen115 ).<br />

Die eV sichert nicht die allfälligen Aufteilungsgegenstände, sondern die Durchsetzbarkeit<br />

des (erst künftig festzustellenden und der Art nach zu determinierenden) Aufteilungsanspruchs116<br />

). Daher reicht es nicht aus, wenn Vermögensgegenstände veräußert werden,<br />

die allenfalls in die Aufteilungsmasse fallen, solange nur das vorhandene Vermögen aus-<br />

107 ) OGH EFSlg 49.588; EFSlg 58.035 (soweit sich der OGH auf die Regelungsverfügung bezieht);<br />

6 Ob 325/97 f; Seibt in Deixler-Hübner/Schwarzinger, Die rechtliche Stellung 41. – Vgl auch<br />

OGH 6 Ob 57/97 v: „Der Anspruch auf Benützungsregelung ist ein aus der Ehe nachwirkender Billigkeitsanspruch<br />

auf Lösung der gemeinsamen Lebensbereiche im partnerschaftlichen Sinn. Voraussetzung<br />

(für die Regelung) ist ein der Auflösung in diesem Sinn entgegenstehender Zustand“.<br />

108 ) OGH 6 Ob 57/97 v („ . . . setzt keine Gefahrenbescheinigung voraus, es ist nur erforderlich,<br />

dass der Antragsteller ein Regelungsbedürfnis dartut“); RZ 1989, 117 ff; 9 Ob 124/01 b; 7 Ob<br />

192/05 v; 3 Ob 228/10 s ua; Seibt in Deixler-Hübner/Schwarzinger, Die rechtliche Stellung 40; Sailer<br />

§ 382 EO Rz 35.<br />

109 ) OGH RZ 1989, 117 ff.<br />

110 ) OGH 2 Ob 164/04 p.<br />

111 ) OGH EvBl 1999/86.<br />

112 ) OGH SZ 57/89 = JBl 1985, 245 f; 6 Ob 57/97 v; Ent in Ent/Hopf, Neuordnung 191.<br />

113 ) IdS OGH 6 Ob 325/97 f; im Ergebnis wohl auch OGH 6 Ob 57/97 v; dem Text zustimmend<br />

auch Sailer § 382 EO Rz 35.<br />

114 )AMZechner 164. Siehe unten Rz 4/50 ff.<br />

115 ) OGH SZ 57/89 = JBl 1985, 245 f; MietSlg 46.747; EFSlg 79.378; 88.344; 6 Ob 237/01 y;<br />

2 Ob 136/02 t; 2 Ob 164/04 p; 1 Ob 190/04 d; 7 Ob 122/08 d.<br />

116 ) OGH 6 Ob 278/07 m; 3 Ob 170/09 k.


Sicherung des dringenden Wohnbedürfnisses eines Ehegatten<br />

reicht, um die Ausgleichszahlung tätigen zu können. Dies ist beim erforderlichen Vorbringen<br />

zur „Gefahr“ zu beachten 117 ).<br />

Zur Sicherung stehen alle denkbaren Sicherungsmittel zur Verfügung 118 ) (zB Veräußerungs-<br />

und Belastungsverbot; Auftrag zur Zahlung von [fälligen und künftig fällig<br />

werdenden] Kreditraten zur Vermeidung der Zwangsversteigerung der Liegenschaft 119 )),<br />

die sich auch auf keinesfalls der Aufteilung unterliegende Vermögensobjekte beziehen<br />

können 120 ). Wird einer der (früheren) Ehegatten als einstweiliger Verwalter bestimmt, so<br />

finden die Bestimmungen der EO über die Zwangsverwaltung Anwendung 121 ).<br />

Abgesehen von der eingangs geschilderten Sonderregel gilt für diese eV das zu<br />

§ 381 Z 1 EO Gesagte.<br />

D. eV zur Sicherung des dringenden Wohnbedürfnisses eines Ehegatten<br />

(§ 382 h EO)<br />

Ungeachtet der schon bisher gegebenen Zulässigkeit von eV zur Sicherung der<br />

Wohnungserhaltungs-Ansprüche gem § 97 ABGB und der dazu ergangenen reichen Judikatur122<br />

) orteten die Gesetzesverfasser123 ) „Unzukömmlichkeiten“ (in der Rsp) und<br />

schufen – nicht zuletzt auch wegen einer (rechtspolitischen) „Signalwirkung“ –die hier<br />

zu erwähnende Sondernorm (§ 382 e EO idFd EheRÄG 1999; jetzt § 382 h EO). Dement-<br />

sprechend mager ist der eigenständige Inhalt dieser Norm.<br />

1. Es handelt sich um eine Sicherungsverfügung wegen eines anderen Anspruchs<br />

(§ 381 Z 1 EO) 124 ), nämlich des Wohnungserhaltungsanspruchs – selbst dann, wenn<br />

dieser sich in Geldleistungen konkretisiert. Die eV ist anspruchsgebunden, daher ist –<br />

sofern nicht schon anhängig – eine Frist für die Einbringung der Rechtfertigungsklage<br />

zu setzen125 ).<br />

Die eV können auf Unterlassung (etwa der Veräußerung), auf positives Handeln (etwa Erhebung<br />

von Einwendungen gegen eine Aufkündigung oder Stellung eines Mietvertragsanbots126 ), auf<br />

Zahlung des Mietzinses127 ), auf Zahlung von Kreditrückzahlungsraten128 ), auf Zahlung der Vor-<br />

117 ) Siehe OGH 3 Ob 170/09 k; 2 Ob 181/09 w; 6 Ob 153/09 g; Deixler-Hübner in Gitschthaler/<br />

Höllwerth, EuPR § 382 Abs 1 Z 8 lit c EO Rz 18.<br />

118 ) OGH 3 Ob 101/06 h; Seibt in Deixler-Hübner/Schwarzinger, Die rechtliche Stellung 42;<br />

Deixler-Hübner in Gitschthaler/Höllwerth, EuPR § 382 Abs 1 Z 8 lit c EO Rz 19.<br />

119 ) OGH 10 Ob 74/06 i.<br />

120 ) Vgl OGH EvBl 1999/171: Veräußerungs- und Belastungsverbot auf der gesamten Liegenschaft,<br />

auch wenn nur ein Anteil daran in die Verteilungsmasse fällt.<br />

121 ) OGH EFSlg 61.124 (Überwachung gem § 114 EO).<br />

122 ) Etwa OGH 3 Ob 520/87; RZ 1996, 259 f (Auftrag zur Zahlung von Kreditzinsen und Gemeindeabgaben<br />

[§ 382 Z 4 EO]); JBl 1999, 728 ff = EvBl 1999/136 (keine Übertragung von Mietrechten<br />

durch eV).<br />

123 ) RV zum EheRÄG 1999, 1653 BlgNR 20. GP 33 ff.<br />

124 ) Zechner 194 und diesem Autor folgend OGH 9 Ob 226/02 d; 3 Ob 231/04 y.<br />

125 ) OGH 3 Ob 21/01 m; 8 Ob 39/04 z; 2 Ob 164/04 p; 1 Ob 67/11 a.<br />

126 ) OGH 6 Ob 727/80 (zur Rechtslage vor § 382 h EO).<br />

127 ) OGH 7 Ob 100/04 p; 4 Ob 55/07 b (kein Anspruch, wenn eigenes Einkommen und gewährter<br />

Geldunterhalt ausreichen).<br />

128 ) OGH 9 Ob 226/02 d; 6 Ob 84/11 p; Schwimann/Ferrari in Schwimann / G. Kodek 4 §97<br />

ABGB Rz 12.<br />

99<br />

4/37<br />

4/38


100 Die familienrechtlichen Verfügungen (§ 382 Z 8, § 382 a, § 382 h EO)<br />

schreibungen gem § 32 WEG und § 15 MRG129 ), auf Gewährung des Zutritts zur Wohnung, auf<br />

Übergabe von Schlüsseln ua gerichtet sein.<br />

Nicht sicherbar sind Wohnungsbenützungskosten (Strom, Gas), wenn und weil deren Nichtbezahlung<br />

nicht zum Wohnungsverlust führt130 ).<br />

4/39 2. § 382 h Abs 1 EO weist darauf hin, dass zur Sicherung etwa Gebote und Verbote<br />

an den – verfügungsberechtigten131 ) – gefährdenden Ehegatten, ein Veräußerungs- und<br />

Belastungsverbot der betreffenden Liegenschaft sowie Drittverbote verfügt werden können.<br />

Dies schließt andere Verfügungsinhalte selbstverständlich nicht aus. § 382 h EO ist<br />

sinngemäß auch auf eingetragene Partner anzuwenden (§ 43 Abs 1 Z 3 EPG).<br />

Zusätzlich kann gegen den dritten Wohnungseigentümer (Vermieter) ein eigener (sicherbarer)<br />

Anspruch etwa wegen Eingriff in das fremde Forderungsrecht (Wohnungserhaltungsanspruch)<br />

zustehen132 ).<br />

4/40 3. § 382 h Abs 2 EO entbindet, insoweit abweichend von der Normalregelung und<br />

mE überschießend, von der Behauptung und Bescheinigung des Verfügungsinteresses<br />

(Gefahr) dann, wenn ein Verfahren auf Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung<br />

der Ehe bzw ein entsprechendes Verfahren bei eingetragenen Partnerschaften bereits anhängig<br />

ist133 ). Wer dieses Verfahren eingeleitet hat, ist unerheblich. Wie stets bei derartigen<br />

Sonderregelungen134 ) ist fraglich, ob dem Gegner der gefährdeten Partei die Gegenbescheinigung,<br />

es bestünde gar keine Gefahr, offen steht. Da – jedenfalls nach den verba<br />

legalia – die eV „erlassen“ werden kann, „auch wenn die in § 381 EO bezeichneten Voraussetzungen<br />

nicht zutreffen“, ist mE eine solche Gegenwehr unzulässig135 ).<br />

Sind solche Verfahren nicht anhängig, gilt die gewöhnliche Behauptungs- und Bescheinigungslast<br />

(§ 381 EO) 136 ).<br />

4/41 4. Vielleicht „geschockt“ durch die in einem Fall vom OGH137 ) anerkannte Amtshaftung<br />

wird die grundsätzliche Einseitigkeit des Bewilligungsverfahrens erster Instanz<br />

besonders hervorgehoben (§ 382 h Abs 3 EO).<br />

Die hier gewählte Formulierung ist aus dem Blickwinkel des Art 6 EMRK nicht zu<br />

beanstanden; die Prüfung, ob durch eine vorgängige Anhörung der Zweck der eV vereitelt<br />

wird, ist jeweils im Einzelfall vorzunehmen.<br />

Praktisch wird auf Grund der Umstände häufig eine Entscheidung ohne Anhörung gerechtfertigt<br />

sein138 ).<br />

129 ) OGH 6 Ob 84/11 p.<br />

130 ) OGH 3 Ob 231/04 y; Sailer § 382 e EO Rz 3.<br />

131 ) OGH 4 Ob 206/07 h; 7 Ob 230/09 p.<br />

132 ) OGH 10 Ob 81/11 a.<br />

133 ) So jetzt auch OGH 2 Ob 140/10 t; 1 Ob 67/11 a.<br />

134 ) Siehe etwa unten Rz 10/30, 10/60.<br />

135 ) AM OGH 1 Ob 67/11 a; 6 Ob 84/11 p; Sailer § 382 e EO Rz 8; Zechner 196, mit dem Hinweis,<br />

andernfalls könnte diese eV „als rechtlich institutionalisiertes Schikaneinstrument“ missbraucht<br />

werden; Deixler-Hübner, iFamZ 2011, 280 (Entscheidungsanmerkung). Dies widerspricht<br />

aber § 394 EO und der Judikatur zu § 24 UWG (OGH 4 Ob 108/08 y).<br />

136 ) OGH 1 Ob 162/00 f.<br />

137 ) SZ 67/166. – Zechner (196) spricht bezeichnend von einem „Lamento“ der Gesetzesmaterialien.<br />

138) So im Ergebnis Beck in Gitschthaler/Höllwerth, EuPR § 382 h EO Rz 26.


Sicherung des dringenden Wohnbedürfnisses eines Ehegatten<br />

5. Die vom Gericht jeweils zu verfügende Geltungsdauer (§ 391 Abs 1, 1. Satz,<br />

EO) ist mit der Rechtskraft der Rechtfertigungsklage zu begrenzen. Überdies begrenzt<br />

§ 382 h Abs 4 EO die Geltungsdauer auf (höchstens) jene Zeit, während der ein die Ehewohnung<br />

betreffender Anspruch im Zusammenhang mit einem Verfahren auf Scheidung,<br />

Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe noch geltend gemacht werden kann<br />

oder ein Verfahren darüber noch nicht rechtskräftig beendet ist 139 ). Der § 97 ABGB-Anspruch<br />

steht nämlich nur während der Ehe zu. Nach Ablauf der Geltungsdauer ist die<br />

eV von Amts wegen aufzuheben.<br />

6. Der im Aufteilungsverfahren „nachwirkende“ Wohnungserhaltungsanspruch140 )<br />

muss dann offensichtlich eigens mit entsprechender Gefahrenbescheinigung (mit der eV<br />

gem § 382 Z 8 lit c EO) geregelt werden141 ).<br />

7. Die sonstigen Aufhebungsgründe (etwa § 399 EO) bleiben unberührt aufrecht.<br />

Beispiel für den Spruch einer solchen eV 142 ):<br />

„1. Der Beklagten wird zur einstweiligen Sicherung des Wohnungsgebrauchsrechts aber auch<br />

des ehelichen Gebrauchsvermögens verboten, über die Ehewohnung, das ist die Mietwohnung . . .<br />

rechtsgeschäftlich in welcher Form auch immer zu verfügen, insbesondere gegenüber dem Vermieter<br />

zu erklären, das Bestandsverhältnis nach Mag. W***** H***** nicht fortsetzen zu wollen, aber<br />

auch verboten, das Bestandsverhältnis aufzulösen oder dritten Personen irgendwelche Rechte einzuräumen.<br />

2. Diese einstweilige Verfügung gilt bis zur Rechtskraft des gegenständlichen Titelverfahrens<br />

bzw bis zur Rechtskraft des Ehescheidungsverfahrens . . . bzw eines darauf folgenden Aufteilungsverfahrens,<br />

sofern ein entsprechender Aufteilungsantrag binnen eines Jahres nach Rechtskraft des<br />

Ehescheidungsverfahrens gestellt wird.<br />

3. Der Beklagten wird aufgetragen, zur Sicherung des Wohnrechts auch auf die Geltungsdauer<br />

dieser einstweiligen Verfügung den Bestand für die in Punkt 1 genannte Ehewohnung zu bezahlen.<br />

4. Von dieser einstweiligen Verfügung werden die Parteien sowie die Hausinhabung des<br />

Hauses . . ., nämlich die Realkanzlei . . . verständigt.“<br />

II. eV zum Schutz vor Gewalt (§§ 382 b ff, § 382 e, § 382 g EO)<br />

a) Das (1.) GeSchG 143 ) führte die §§ 382 b ff EO zum Schutz vor Gewalt in der Familie<br />

ein und erweiterte damit den bis dahin in § 382 [Abs 1] Z 8 lit b und § 382 Abs 2<br />

EO enthaltenen Regelungsbereich 144 ).<br />

139 ) OGH 9 Ob 226/02 d; 2 Ob 164/04 p (nur für die Dauer des Scheidungsverfahrens); 8 Ob<br />

39/04 z; 5 Ob 129/05 i; 7 Ob 93/10 t.<br />

140 ) Schwimann/Ferrari in Schwimann / G. Kodek 4 § 97 ABGB Rz 21.<br />

141 ) OGH 8 Ob 55/01 y. – Vgl dagegen LGZ Wien AnwBl 1997, 347 f: Auch die Ausweisung<br />

im Zusammenhang mit einem Verfahren auf Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung der<br />

Ehe (§ 382 Z 8 lit b EO alt) kann mit dem Ende des Aufteilungsverfahrens begrenzt werden, da<br />

eine neuerliche Beantragung dieser eV (nun gem § 382 Z 8 lit c EO) „leerer Formalismus“ sei.<br />

142 ) OGH 7 Ob 230/09 p (in casu abgewiesen).<br />

143 ) BGBl 1996/759 (Art II Z 5); hiezu auch Erl des BMJ JABl 1997/15.<br />

144 ) Zur komplexen Entstehungsgeschichte bis zum BGBl 1990/96: Schoibl in Harrer/Zitta,<br />

Familie und Recht 443 ff; zur bisherigen Rechtslage auch Schrott, Zivilrechtliche Aspekte häuslicher<br />

Gewalt – eine kurze Bestandsaufnahme der aktuellen Rechtslage, in: Frauen und Recht (1994)<br />

114 ff; Rinner in BeitrZPR V 111 ff; Rössler, Die gerichtliche Zuweisung der Ehewohnung an einen<br />

Ehegatten außerhalb eines Scheidungsverfahrens (Diss Regensburg, 1996) 130 ff (zu Österreich).<br />

101<br />

4/42<br />

4/43<br />

4/44<br />

4/45<br />

4/46


102 eV zum Schutz vor Gewalt (§§ 382 b ff, § 382 e, § 382 g EO)<br />

Das 2. GeSchG 2009145 ) teilte in der Folge die zwei in § 382 b EO alt enthaltenen<br />

Tatbestände in zwei separate Normen, nämlich § 382 b EO (Schutz vor Gewalt in Wohnungen)<br />

und § 382 e EO (Allgemeiner Schutz vor Gewalt) auf146 ).<br />

Im Gegensatz zum (endgültigen) Anspruch auf Feststellung, ob das Verlangen auf<br />

Verlegung der gemeinsamen Wohnung oder die Weigerung mitzuziehen oder die gesonderte<br />

Wohnungnahme durch einen Ehegatten rechtmäßig war oder ist (§ 92 ABGB),<br />

sind diese eV auf „Leistung“ gerichtet, sohin zwangsweise durchsetzbar. Dazu enthält<br />

§ 38 a SPG wichtige ergänzende verwaltungsrechtliche Vorschriften.<br />

Rechtstatsächlich ist die von den Sicherheitsorganen im Vorfeld anzuordnende Wegweisung<br />

sowie das Betretungsverbot (§ 38 a SPG) eine wichtige Ergänzung des gerichtlichen Rechtsschutzes147<br />

).<br />

4/47 b) Durch die Sonderbestimmung des § 382 g EO (Schutz vor Eingriff in die Privatsphäre)<br />

148 ) wird der strafrechtliche Schutz vor „beharrlichem Verfolgen“ (§ 107 a<br />

StGB) zivilverfahrensrechtlich ergänzt. „Stalking“-Opfern steht somit eine spezifische<br />

eV zur Verfügung, die vergleichbar mit den soeben erwähnten eV zu einem effektiven<br />

Rechtsschutz führen soll.<br />

Die eV setzt weder Verschulden noch strafrechtlich relevantes Verhalten voraus149 ).<br />

4/48 c) Alle diese eV stellen hinsichtlich ihres rechtlichen Wesens keinen – wie die<br />

hM150 ) zur früheren Rechtslage meinte – Fremdkörper im System der eV dar, sondern<br />

sind auf spezifische Anforderungen „hingetrimmte“ Regelungsverfügungen151 ).<br />

Ungewöhnlich ist lediglich die Tatsache, dass diese eV uU keiner Rechtfertigung in einem<br />

Hauptverfahren bedürfen.<br />

4/49 d) Zur Auswirkung von Gewaltschutz-eV auf (Ausländer-) Aufenthalts- und Beschäftigungsrecht<br />

siehe § 27 Abs 3 Z 2 und § 69 a Abs 1 Z 3 NAG sowie § 1 Z 10 lit b<br />

BundeshöchstzahlenüberziehungsV.<br />

145 ) BGBl I 2009/40.<br />

146 ) JAB 106 BlgNR 24. GP 3 und 11: Die Teilung sollte dem unterschiedlichen Charakter<br />

(unterschiedliche Tatbestände, Voraussetzungen und Anordnungsbefugnisse) besser gerecht werden.<br />

147 ) Österreichweit sollen täglich ca 20 polizeiliche Betretungsverbote ausgesprochen worden<br />

sein: Schwarz-Schöglmann/Staudinger, Gewalt aus Familien bannen, Bericht in: Die Presse vom<br />

29. 11. 2010, 26.<br />

148 ) Eingeführt durch BGBl I 2006/56: hiezu Hager-Rosenkranz, EF-Z 2006, 115 ff; Wolfrum/<br />

Dimmel, Das „Anti-Stalking-Gesetz“, ÖJZ 2006, 485 und Deixler-Hübner/Mitgutsch, Rechtlicher<br />

Schutz in Familie und Partnerschaft (2007) 53 ff, 72 ff. Inhaltliche Überarbeitung durch das<br />

2. GeSchG 2009 (BGBl I 2009/40): hiezu Hager-Rosenkranz, ecolex 2009, 560 ff; Mohr, ÖJZ 2009,<br />

485 ff. 149) OGH 1 Ob 61/08 i (mit Besprechung von Konecny, ÖJZ 2009, 31 f).<br />

150 ) Neumann/Lichtblau/Heller/Berger/Stix 2754. Vgl im Sinn „besonderer“ eV Holzhammer,<br />

Zwangsvollstreckungsrecht 4 , 434; Fasching, Zivilprozeßrecht 2 Rz 2344; Kininger, Verfügungen 71;<br />

OGH EvBl 1958/249; EvBl 1972/56 = JBl 1972, 263 ff = RZ 1972, 69 ff. Konecny (Anwendungsbereich<br />

102 f) spricht von einer „nicht anspruchsgebundenen einstweiligen Verfügung“.<br />

151 ) Giefing, Aspekte 93 f; OGH 4 Ob 234/08 b; 1 Ob 156/10 p, 157/10 k.

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