Die traurige Parodie des Unterlegenen*
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274 독일문학 제94집<br />
“<strong>Die</strong> Ähnlichkeit zwischen dem Roman und seinem Doppelgänger ist noch entfernter<br />
als die zwischen Walsers Friedenspreis-Rede und deren Doppelgänger Text.” 16 <strong>Die</strong><br />
Argumente Schirrmachers, wonach der Kritiker- Roman antisemitsch sein soll, hielten<br />
viele authetische Zeugen “für eine bloße Behauptung und nicht für einen Nachweis.” 17<br />
Nur die Tatsache, dass der Kritiker Ehrl-König die jüdischer Abstammung ist, ist für den<br />
Vorwurf <strong>des</strong> Antisemitismus nicht hinreichend. “Nirgendwo wird gesagt, daß Ehrl-König<br />
so oder so sei oder sich verhalte, weil er ein Jude sei. Nichts von dem, was er tut und sagt,<br />
wird auf sein Jude-Sein zurückgeführt.” 18<br />
Man weist einerseits hin auf die “Fehldeutungen aufgrund der Verwechselung von<br />
Figurenperspektiven und Autorintention” 19, die auf den zahlosen, komplexen<br />
Redensarten dieses Romans beruhen. Andererseits verweist man doch auf den “spießigen<br />
Provinzialismus” 20 Deutschlands, durch den Schirrmacher mit Vorwürfen mangelnder<br />
‘Political Corretness’ belastet wurde. Man kann solche Behauptungen Schirrmachers<br />
“für Schutzbehauptungen, die seine eigentliche Motivation verdecken” 21 sollen, halten.<br />
Schlimmer noch ist, dass Walsers Roman auch ästhetisch abgewertet wird, da er<br />
politisch in Zweifel gezogen wird. Walser macht sich selbst Gedanken darüber, was in<br />
seinem Roman als problematisch gesehen wird:<br />
“Es ist doch verrückt, mir zu unterstellen, ich würde Reich-Ranicki oder den<br />
Kritiker in meinem Roman angreifen, weil sie Juden sind. Das ist überhaupt nicht<br />
mein Interesse. [...] Also das Motiv: Kritik als Machtausübung. Der Kritiker hat mir<br />
zweieinhalb Jahrzehnte das Recht auf meine Lebensart -schreibend auf alles zu<br />
16 Leo Kreutzer: Ein Roman und sein Doppelgänger, Sieben Anmerkungen zu Tod eines<br />
Kritikers, in: Ernstfall, S. 192-213. Hier S. 212.<br />
17 Günter Grass: Osnabrücker Zeitung, (15. Jul. 2002).<br />
18 Helmut Kiesel: Journal 2002, in: Ernstfall, S. 25-45, Hier S. 29.<br />
19 <strong>Die</strong>ter Borchmeyer u. Helmut Kiesel: Vorwort, in: Ernstfall, S. 17.<br />
20 Michael Butler: Times Literary Supplement, (19. Juli 2002), nach Zit.: Nobert Greiner: Tod<br />
und Wiedergeburt so manch eines Kritikers aus dem Geiste der Satire, in: Ernstfall, S.<br />
105-124. Hier S. 107.<br />
21 Eckhard Henscheid: “Ganz große Gaunerei”, interviewt von Moritz Schwarz, in: Streit, S.<br />
36.