Die traurige Parodie des Unterlegenen*
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<strong>Die</strong> <strong>traurige</strong> <strong>Parodie</strong> <strong>des</strong> Unterlegenen 275<br />
reagieren- abgestritten. Das ist doch ein Mangel an Daseinsberechtigung.” 22<br />
<strong>Die</strong> literaturwissenschaftliche Einschätzung eines Romans sollte durch adäquates<br />
Textverständnis vorurteilsfrei geleistet werden. <strong>Die</strong> primäre Basis dafür ist vor allem die<br />
poetische Haltung <strong>des</strong> Autors und <strong>des</strong>sen literarischer Lebensweg..<br />
III. Schriftsteller und Kritiker im Kulturbetrieb<br />
So ist das Thema <strong>des</strong> Romans Tod eines Kritikers nicht der Antisemitismus,<br />
sondern die Machtausübung im Kulturbetrieb in Zeiten <strong>des</strong> Fernsehens und Feuilletons.<br />
Da geht es um den Kritiker, <strong>des</strong>sen fiktive Figur Ehrl-König sich an Marcel<br />
Reich-Ranicki anlehnt.<br />
Walser hat dieses Thema schon in den 70er Jahren aufgegriffen, aber damals nicht in<br />
Bezug auf das Fernsehen, sondern das Feuilleton. In 「Über Päpst」 kritisierte er die<br />
Machtausübung <strong>des</strong> Kritikers damals mit ironischem Ton:<br />
“Der Kritikerpapst [...] ist da nicht ziemperlich. Er weiß ja, daß er Macht nie<br />
mißbrauchen wird. Er wird Macht immer nur im Interesse einer höheren Sache<br />
ausüben. Also im Interesse der deutschen Literatur oder im Interesse <strong>des</strong> modernen<br />
Romans oder im Interesse <strong>des</strong> modernen Dramas oder der modernen Lyrik. Er weiß,<br />
er wird seine Macht nie im Interesse seiner eigenen Person mißbrauchen oder im<br />
Interesse der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.” 23<br />
Der Kritikerpapst weist zweifellos auf Marcel Reich-Ranicki hin, der mit seiner<br />
unsystematisch-individuellen Perspektive viele Autoren willkürlich verurteilt und<br />
gekränkt hatte. 24 Über vierzig Jahre hinweg übte der Kritikerpapst eine mal gute,<br />
22 Ralf Oldenburg: S. 205.<br />
23 Martin Walser: Über Päpste, in: Ansichten, Einsichten, S. 545f.<br />
24 Es gibt eine menge Geschichten davon, stellt aber hier nur eine vor; in einer Diskussion mit<br />
Reich-Ranicki brüllt Rolf <strong>Die</strong>ter Brinkmann aus; “Ich sollte hier ein Maschinengewehr