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Eine Frage – drei drei
persönliche Anworten Anworten
«Menschen ohne Sehnsüchte tun mir Leid»: Was halten Sie von
dieser Aussage des Theater-Regisseurs Werner Düggelin, 74 ?
Stephanie Glaser,
Schauspielerin, Zürich
Also ehrlich, wenn ich diesen
Augenblick aus dem Fenster
schaue, das junge Grün in all
seinen Schattierungen und die
Farben der Blumen sehe, finde
ich das himmlisch – und bin
völlig frei von Sehnsüchten!
Ich muss auch nicht mehr
Sehnsucht nach Reisen haben,
mir genügen meine Phantasie
und meine inneren Bilderwelten.
Meint Düggelin vielleicht,
Menschen ohne Sehnsüchte
seien ohne Wünsche und deshalb
bedauernswert? Ich wünsche
mir nicht einmal mehr
grosse Rollen, bin aber deswegen
wirklich nicht zu bedauern.
Hollywood habe ich sozusagen
hinter mir gelassen – sogar
einen Oscar habe ich bekommen,
bitte! Mein Mann
hiess Oscar. Den Wunsch nach
einem Tier habe ich mir nach
dem Tod meines Hundes, er
trug den Namen Ach, auf eine
Weise erfüllt, die meiner Lebenssituation
angepasst ist: Ich
führe die beiden kleinen Hunde
von Bekannten aus. Jeden
Morgen mache ich mit diesen
Hündchen meinen Frühstücksspaziergang.
12 vita sana sonnseitig leben 6/2004
Dr. h.c. Heinrich Weiss,
Gründer des Museums für
Musikautomaten, Seewen SO
Sehnsüchte sind lebensfördernd,
ich jedenfalls lasse
mich von ihnen inspirieren.
Als technisch interessierter
Mensch habe ich ein Dampfboot
für 9 Personen gebaut,
jetzt gerade befasse ich mich
in einer letzten Phase mit der
Konstruktion einer Dampfkutsche:
Das Gefährt sieht aus
wie ein Break und wird statt
von Pferden von einer Dampfmaschine
vorwärts bewegt.
Die Kutsche hat mir unerwartet
viele Probleme beschert –
aber auch diese haben dazu
beigetragen, meinen Geist
wach zu halten. Mit meinen
Konstruktionen trainiere ich
den Geist, überdies lese ich
viel, jetzt gerade Bücher von
John M. Coetzee, des Literatur-Nobelpreisträgers
2003.
Reisen gehören ebenfalls in
mein Sehnsuchts-Spektrum,
mich interessieren die Mentalitäten
anderer Völker. Und
längst wartet meine Uhrensammlung
darauf, dass ich
mich mit ihr beschäftige...
Dr. Charlotte Peter,
Journalistin und Reiseleiterin,
Zürich
Ich halte es für ein Privileg
des Alters, dass man zwar immer
noch Wünsche hat, aber
nicht mehr von Sehnsüchten
umgetrieben wird. Obwohl
ich China schon mehr als hundertmal
bereist habe, freue ich
mich auf die Reisegruppe, mit
der ich Mitte Juni nach China
fahren werde – und ich freue
mich gleichzeitig über meine
neu gewonnene Leichtigkeit:
Sollte ein Programmpunkt
widriger Umstände wegen
wegfallen müssen, lasse ich es
geschehen und verzehre mich
nicht mehr im Bestreben, alles
sehen und alles zeigen zu
müssen, sondern reagiere flexibel.
Meine zahlreichen Fernostreisen
haben mich gelehrt,
was mit der Philosophie des
Loslassens gemeint sein
könnte. Die negative, dunkle
Seite der Sehnsucht ist die
Gier. Gier macht rastlos, unzufrieden
und unglücklich,
weil sie letztlich nie ganz
befriedigt werden kann. Gelassenheit
und heitere Distanz
zu Dingen und Ereignissen
sind dagegen ein Gewinn.