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Semantik

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Ambiguität<br />

Eine Ambiguität liegt vor, wenn ein Satz oder ein Wort<br />

mehrdeutig ist.<br />

Mehrdeutigkeiten können auf verschiedene Weisen<br />

entstehen.<br />

• Auf der Ebene des Wortes (lexikalische Ambiguität)<br />

• Auf der Ebene des Wortes in Zusammenspiel damit, was<br />

in der Syntax für Zusammensetzungen möglich sind.<br />

• Auf der Ebene der syntaktischen Zusammensetzung<br />

(es muss keine in sich ambigen Worte geben).<br />

Lexikalische Ambiguität<br />

Ein Wort, das mehrdeutig ist, ist polysem.<br />

Polysemie: Ausdruck mit verschiedenen Bedeutungen, die<br />

alle auf eine Grundbedeutung zurückgeführt werden können<br />

(etymologisch gleiche Wurzel).<br />

Weitere Beispiele:<br />

Ton:! 1) Musik (falscher Ton, hoher Ton)<br />

2) Redeweise (ungehöriger Ton)<br />

3) Linguistik (Ton/Akzent auf Silben)<br />

Horn:<br />

!<br />

4) Farbe (kräftiger Ton)<br />

5) Material (Tontauben)<br />

1) Teil von Tieren (spitze, gebogene Hörner)<br />

2) Material (Brille aus Horn)<br />

3) Musik (Hörner im Orchester)<br />

Lexikalische Ambiguität<br />

Eine Ambiguität liegt vor, wenn ein Satz oder ein Wort<br />

mehrdeutig ist.<br />

setzte sich, und genoss das Panorama.<br />

Sie spazierte zur Bank.<br />

und hob 100 Euro ab.<br />

Platz zum Sitzen<br />

Ewas schauspielerisch darstellen<br />

Sie spielte ein Klavier.<br />

Geldinstitut<br />

Musik produzieren<br />

und wurde für die gute Darstellung eines<br />

unbelebten Objekts hoch gelobt.<br />

und wurde für die gelungene Musik gelobt.<br />

Eine Ambiguität kann oft erst durch weitere Informationen<br />

im Kontext aufgelöst werden.<br />

Lexikalische Ambiguität<br />

Ambiguität kann aber auch durch Homonyme entstehen.<br />

Homonyme sind Wörter, die zwar verschieden sind, aber gleich<br />

ausgesprochen werden (Homophone) oder gleich geschrieben<br />

werden (Homographe).<br />

Homophone<br />

“How is bread made?”<br />

“I know that!” Alice cried eagerly. “You take some flour—”<br />

“Where do you pick the flower?” the White Queen asked.<br />

“In a garden, or in the hedges?”<br />

“Well it isn’t picked at all,” Alice explained: “it’s ground—”<br />

“How many acres of ground?” said the White Queen.<br />

mit Deutsch “Grund” verwandt<br />

von “to grind”<br />

Homographe<br />

Alice in Wonderland, Lewis Carroll


Lexikalische Ambiguität<br />

Homonymie: formgleiche, nichtverwandte (nicht etymologisch<br />

verwandt) Wörter mit unterschiedlicher Bedeutung.<br />

Weitere Beispiele:<br />

Homophonie: Mohr/Moor<br />

! Homographie: Ténor/Tenór<br />

Um zu entscheiden, ob Wörter polysem oder homonyn sind,<br />

muss man die etymologische Geschichte der Wörter kennen<br />

(aber das ist kein muttersprachliches Wissen, also ist diese<br />

Unterscheidung keine sehr natürliche).<br />

Beispiel: Schloß (auf dem Berg, zum Wohnen)<br />

vs. Schloß (an der Tür zum Abschließen)<br />

Lexikalische/Strukturelle Ambiguität<br />

Weiterhin ist die Struktur des Englischen so, dass beide<br />

möglichen Wortarten gut in eine mögliche syntaktische<br />

Struktur passen.<br />

relatives ist<br />

der Kopf,<br />

visiting ein<br />

Adjunkt<br />

Visiting<br />

NPi<br />

IP<br />

A N Modal V A<br />

I<br />

relatives can be dangerous<br />

ti<br />

I’<br />

VP<br />

V’<br />

AP<br />

?<br />

Lexikalische/Strukturelle Ambiguität<br />

Warum sind solche Sätze ambig?<br />

Visiting relatives can be dangerous.<br />

A<br />

V<br />

N Modal V A<br />

Fruit flies like a banana.<br />

N N<br />

V<br />

V<br />

P<br />

A N<br />

Einzelne Worte sind mehrdeutig, weil sie verschiedenen<br />

Wortarten zugeordnet werden können.<br />

Visiting<br />

Lexikalische/Strukturelle Ambiguität<br />

visiting ist der<br />

Kopf, relatives das<br />

Komplement<br />

(Argument)<br />

V’<br />

VPi<br />

NP<br />

IP<br />

V N Modal V A<br />

I<br />

ti<br />

relatives can be dangerous<br />

I’<br />

VP<br />

V’<br />

AP


Strukturelle Ambiguität<br />

Man muss aber nicht unbedingt mehrdeutige Wörter haben,<br />

um ambige Sätze zu erzeugen.<br />

Shankar sah den Affen mit dem Fernrohr.<br />

Frage: Wer hat das Fernrohr?<br />

1. Möglichkeit (Lesart): der Affe hat das Fernrohr.<br />

2. Möglichkeit (Lesart): Shankar hat das Fernrohr.<br />

Hier handelt es sich um eine rein strukturelle Ambiguität, denn<br />

die 2 Lesarten kommen durch 2 verschiedene syntaktische<br />

Analysemöglichkeiten zustande.<br />

2. Lesart: Shankar hat das Fernrohr<br />

IP<br />

NPi<br />

N [+Past] V<br />

Shankar sah<br />

I<br />

Strukturelle Ambiguität<br />

ti<br />

I’<br />

VP<br />

V’<br />

NP<br />

PP ist Adjunkt von<br />

VP (das Sehen<br />

passiert mit dem<br />

Fernrohr)<br />

PP<br />

D N P D N<br />

den Affen mit dem Fernrohr<br />

Strukturelle Ambiguität<br />

1. Lesart: der Affe hat das Fernrohr<br />

IP<br />

NPi<br />

I<br />

ti<br />

I’<br />

VP<br />

V’<br />

NP<br />

PP ist Adjunkt<br />

von NP<br />

PP<br />

N [+Past] V D N P D N<br />

Shankar sah den Affen mit dem Fernrohr<br />

Strukturelle Ambiguität<br />

Die strukturelle Ambiguität mit PPs ist allgemein als “PPattachment”<br />

bekannt.<br />

Sie stellt ein riesiges Problem für die Computerlinguistik<br />

dar, da man im Prinzip unendliche viele PPs als Adjunkte<br />

haben kann, und jede weitere PP die Ambiguität um einen<br />

Faktor von 2 erhöht.<br />

Shankar sah den Affen mit dem Fernrohr.<br />

Shankar sah den Affen mit dem Fernrohr<br />

auf der Mauer.<br />

Shankar sah den Affen mit dem Fernrohr<br />

auf der Mauer vor dem Fenster.<br />

2 Lesarten<br />

4 Lesarten<br />

8 Lesarten<br />

...


Strukturelle Ambiguität<br />

Strukturelle Ambiguitäten bereiten auch Schwierigkeiten für<br />

das menschliche Verarbeiten von Sätzen (parsing).<br />

Ein bekanntes Beispiel:<br />

The horse raced past the barn fell.<br />

The horse ridden past the barn fell.<br />

Der erste Satz ist ein sogenannter “garden path”.<br />

Stefan versucht das Rennen aufzugeben zögerte.<br />

“raced” kann<br />

intransitiv oder<br />

transitiv (Partizip)<br />

sein, “ridden” nur<br />

transitiv<br />

Deutsches ! ! Beispiel (aber hier setzen wir meist Komma, oder<br />

haben eine desambiguierende Intonation):<br />

Metaphern<br />

Die Bezeichnung “garden path” beim Parsing kommt von “to<br />

lead somebody down the garden path” und bedeutet “jemanden<br />

irreführen”.<br />

Diese Art von semantischer Bedeutung hat sehr wenig mit den<br />

Details der syntaktischen Struktur zu tun, stellt aber auch ein Art<br />

von Ambiguität dar.<br />

Bei Metaphern gibt es immer eine wörtliche und eine übertragene<br />

Interpretation (bildhafter Vergleich, Ähnlichkeitsbeziehung).<br />

John is a snake in the grass.<br />

Wörtlich: John ist eine<br />

Schlange, die sich gerade<br />

im Grass befindet.<br />

Metaphorisch: John ist<br />

nicht zu trauen.<br />

Parsing Probleme<br />

Trotz eindeutiger Strukturen sind manche Sätze schwer zu verarbeiten.<br />

?<br />

Relativsätze sind rekursiv (siehe Brandner Folien) und somit<br />

infinit oft zu gebrauchen.<br />

?<br />

The man the girl likes is here.<br />

The man the girl the boy knows likes is here.<br />

Derjenige, der denjenigen, der das getan hat, anzeigt, erhält eine<br />

Belohnung.<br />

Derjenige, der denjenigen, der das Schild, das an der Straße, die nach<br />

Weimar führt, stand, umgeworfen hat, anzeigt, erhält eine Belohnung.<br />

Obwohl die Relationen immer lokal sind (siehe Brandner Folien),<br />

hat der Mensch trotzdem große Verarbeitungschwierigkeiten.<br />

Abweichung von wörtlicher Bedeutung<br />

Der bildhafte Vergleich (übertragene Interpretation) stellt eine<br />

Abweichung von der wörtlichen Bedeutung dar.<br />

Du bist ein Elefant im Porzellanladen.<br />

Wörtlich: Du bist ein<br />

Elefant, der gerade in<br />

einem Porzellanladen ist.<br />

Metaphorisch: Du bist<br />

extrem ungeschickt.


Abweichung von wörtlicher Bedeutung<br />

Metonymie ist eine Begriffsübertragung, die voraussetzt, dass ein<br />

semantischer Zusammenhang zwischen den tatsächlichen<br />

Referenten und dem gewählten Ausdruck besteht.<br />

Das Jägerschnitzel am Ecktisch hat noch nicht bezahlt.<br />

Tatsächlicher Referent:<br />

Mensch im Restaurant<br />

Ich liebe Goethe.<br />

Tatsächlicher Referent: Goethes Werke<br />

Komm, lass uns noch ein Glas trinken.<br />

Tatsäch. Ref.: Inhalt des Glases<br />

Gewählter Ausdruck: Das Ding,<br />

das der Mensch gegessen hat.<br />

Gewählter Ausdruck: Der Author<br />

der Werke (Goethe, der Mensch).<br />

Metapher vs. Metonymie<br />

Gewählter Ausdruck:<br />

Objekt, das den Inhalt<br />

enthählt.<br />

Der Unterschied zwischen Metapher und Metonymie (und<br />

Idiomen) bereitet erfahrungsgemäß Schwierigkeiten.<br />

Also sammeln wir noch einige Beispiele:<br />

Metapher Metonymie<br />

Es brennt mir unter den Fingernägeln.<br />

Etwas auf die Goldwaage legen. Das Weiße Haus macht Schlagzeilen.<br />

Den Faden verlieren.<br />

Die Kinder fressen mir die<br />

Haare vom Kopf.<br />

Unter einer Decke stecken.<br />

Das Eis brechen.<br />

Er isst seinen Teller auf.<br />

Italien hat beim Fußball gewonnen.<br />

Wir sind Papst.<br />

Idiome<br />

“Eingefrorene” Ausdrücke mit einer bestimmten Bedeutung, die<br />

aber nicht unbedingt zugänglich ist (man muss sie auswendig<br />

lernen).<br />

Du bist ins Fettnäpfchen getreten.<br />

Er hat was auf dem Kerbholz.<br />

Was ist überhaupt ein Fettnäpfchen?<br />

Oder ein Kerbholz?<br />

Bedeutungsrelationen<br />

Worte/Wortgruppen werden nach den Relationen gruppiert, die<br />

sie zueinander haben.<br />

Diese Relationen scheinen auch tatsächlich diejenigen zu sein,<br />

nach denen wir unser mentales Lexikon organisieren (zahllose<br />

pyscholinguistische Studien).<br />

Synonymie: Bedeutungsgleichheit von Ausdrücken<br />

Lift/Aufzug Violine/Geige<br />

They live in a big/large house.<br />

I will tell my big sister/large sister.<br />

sehr groß/riesig/gigantisch/kolossal


Denotation und Konnotation<br />

Echte Synonymie ist selten, da wir meist einen konnotativen<br />

Unterschied zwichen Wörtern machen.<br />

A rose is a<br />

Denotation: kontext- und situationsunabhängige,<br />

rose is a<br />

konstante Grundbedeutung (= deskriptive B.)<br />

rose...<br />

Konnotation: individuelle (emotionale), stilistische und<br />

andere Bedeutungskomponenten, die die<br />

Hund vs. Köter<br />

Grundbedeutung überlagern<br />

Denotation<br />

Wörter können eine unterschiedliche deskriptive Bedeutung<br />

haben und trotzdem die gleiche Denotation:<br />

Morgenstern: !auffallend hell leuchtender Stern am<br />

! ! Morgenhimmel vor Sonnenaufgang<br />

Abendstern: ! auffallend hell leuchtender Stern am<br />

! ! Westhimmel nach Sonnenuntergang<br />

Denotation für beides: Venus<br />

Konnotation<br />

Konnotation: individuelle (emotionale), stilistische und andere<br />

Bedeutungskomponenten, die die Grundbedeutung überlagern (Köter<br />

" Hund + ?)<br />

! - expressive Bedeutung: konventionalisierte !Bewertung einer<br />

Sache/eines Sachverhalts durch den Sprecher<br />

! - soziale Bedeutung: Bedeutungskomponente, die etwas über<br />

die soziale Beziehung (oft zwischen Sprecher und Hörer aussagt)<br />

Pferd - Ross - Gaul<br />

Frau - Dame - Weib<br />

Auto - Karre - Schlitten - Klapperkiste<br />

Antonyme<br />

Antonyme sind Gegensatzpaare, die zwei gegensätzliche Pole<br />

einer Skala bezeichnen.<br />

gut vs. schlecht<br />

hoch vs. niedrig<br />

schön vs. häßlich<br />

freundlich vs. un-freundlich<br />

bequem vs. un-bequem

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