Prosit Neujahr! Prosit Neujahr! - madergrafisch
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V O L L I M L E B E N<br />
„In der Stadt geht’s mir gut, aber<br />
Oberösterreichs Landjugend in Zeiten steigender Landflucht.<br />
Im letzten Teil unserer Artikelreihe zur Geschichte der<br />
Landjugend Oberösterreich widmen wir uns dem ländlichen<br />
Raum als Heimat der bäuerlichen Bevölkerung. Wie bereits in<br />
den letzten Beiträgen festgehalten wurde, bot das Land<br />
nicht immer ideale Lebensbedingungen. Steigende Arbeits- und<br />
Perspektivenlosigkeit zwangen viele Menschen in die Städte.<br />
Welche Gegeninitiativen die damalige Landjugend anbieten<br />
konnte, werden wir diesmal näher behandeln.<br />
Besonders während der 50er und 60er<br />
Jahre wanderten viele Jugendliche mit<br />
bäuerlichem Hintergrund in Österreichs<br />
Städte ab. Die Folge waren oftmals verlassene<br />
Höfe und sogar ganze Ort -<br />
schaften. Auch im Referat der Land -<br />
jugend erkannte man dieses Problem,<br />
und reagierte mit Heimat romantik in der<br />
Landjugend-Zeitung:<br />
8 www.ooelandjugend.at<br />
Mein Bauernhof<br />
Gestern habe ich meinen Bruder besucht.<br />
Er ist vor gut einem Jahr in die Stadt in<br />
die Lehre gezogen. Gemeinsam sahen wir<br />
uns seine neue Heimat an, doch hat mich<br />
das Pflastertreten bald müde gemacht. So<br />
kehrten wir in einen Schankgarten ein.<br />
Der Durst wurde gelöscht. Mein Bruder<br />
ist mir etwas fremd vorgekommen. Still<br />
war er immer, aber heute war er fast einsilbig.<br />
Ich merkte seine Freude, die er am<br />
Besuch hatte, aber es wollte keine rechte<br />
Unterhaltung zwischen uns beiden entstehen.<br />
Am Tisch beim Glas packte er alsbald<br />
allmählich aus. Er erzählte von seinem<br />
Meister, was und wie lange er arbeiten<br />
müsse, von den Berufskameraden und<br />
von seinem Verdienst. Er verdiente gut.<br />
Wie es zum zahlen kam, bezahlte aber<br />
doch ich, denn schenken lassen wollte ich<br />
mir nichts. Beim Abschied gab er mir<br />
Grüße für zu Hause auf und sagte dabei:<br />
„Es geht mir gut, aber Dahoam ist’s<br />
koans.“ Und wir gingen auseinander.<br />
Dieser Satz meines Bruders hat mich wieder<br />
zum Nachdenken gebracht. Geht es<br />
mir nicht gerade umgekehrt? Ich habe ein<br />
„Dahoam“, aber kein Geld. (…)<br />
Zu viele sind es, die die Stadt anzieht und<br />
die den Bauernhof verlassen. Wer soll<br />
aber die Frucht der Felder bergen und<br />
Brot schaffen für die Stadt? Wie viele vom<br />
Land wurden in der Stadt unglücklich?<br />
Wie viele plagt das Heimweh trotz Kino<br />
und Vergnügen? Wie viele, die arbeitslos<br />
sind, sehnen sich zurück ins Bauernhaus,<br />
aber ihr Stolz lässt es nicht zu heimzufinden.<br />
Ich wurde immer glücklicher, je weiter ich<br />
heimzu kam. Wenn auch die Arbeit sehr<br />
schwer und der Lohn gering ist, so habe<br />
ich doch ein schönes „Dahoam“, arbeite<br />
inmitten der Natur und nicht in einem<br />
Arbeitsraum beengt durch vier Wände.<br />
Und es macht mich stolz zu dem Stand zu<br />
gehören, der für das Volk Brot schafft –<br />
zum Bauernstand.<br />
Kurzgeschichten wie diese sollten das<br />
„Dahoam“ in den Vordergrund stellen<br />
und aufzeigen, dass eine Abwanderung<br />
in die Städte nicht immer der Weisheit<br />
letzter Schluss sei.<br />
Generationenwechsel<br />
Weiters sollte eine gut überdachte und<br />
strukturierte Hofübergabe der Abwan de -<br />
rung einen Riegel vorschieben. Die Väter<br />
wurden ermutigt, dem vorbestimmten<br />
Sohn schon in jungen Jahren das Ruder<br />
zu überlassen:<br />
„ÜBERGEBT DEN HOF, SOLANGE NOCH<br />
TATKRAFT UND AUFSTIEGSWILLEN DAS<br />
HERZ DES ANERBEN ERFÜLLEN UND<br />
SOLANGE ERWARTET WERDEN KANN,<br />
DASS DIE JUNGE BÄUERIN ALLES DARAN<br />
SETZT, UM DEM HOF ZU DIENEN.“