IV. Zahlbereichserweiterung - Mathematik
IV. Zahlbereichserweiterung - Mathematik
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Didaktik der Algebra M. Ludwig<br />
<strong>IV</strong>. <strong>Zahlbereichserweiterung</strong><br />
5./6. Klasse: Natürliche Zahlen;nach dem neuen Bildungsplan auch negative ganze Zahlen<br />
6. Klasse: Bruchzahlen<br />
7. Klasse: Rationale Zahlen<br />
9. Klasse: Reelle Zahlen<br />
(3) Z = ganze Zahlen<br />
1,2,3,-1,-2,-3,...<br />
Z sind alle natürlichen Zahlen,<br />
negativen Zahlen und die Null<br />
(6) C = alle<br />
komplexe Zahlen<br />
x + iy<br />
Imaginäre Einheit<br />
C<br />
(5) IR = alle reellen Zahlen<br />
3 , log5,...<br />
Die reellen Zahlen lernt der<br />
Hauptschüler so nicht kennen.<br />
Sie rechnen zwar mit Potenzen<br />
und Wurzeln, aber nur mit<br />
solchen, die „aufgehen“<br />
z.B. 4 = 2<br />
1. Die negativen Zahlen<br />
(4) Q = alle rationalen Zahlen<br />
Q = { a /b I a,b є Z ٨ b ≠ 0}<br />
d.h. Q umfasst alle ganzen Zahlen und<br />
alle Bruchzahlen<br />
o Bei den Griechen und Römern waren die negativen Zahlen unbekannt.<br />
o Auch bei Al-Khwarizmi gab es keine negativen Zahlen.<br />
o Sie traten erstmals bei den Indern auf (um 1000 n. Chr.)<br />
o Cardano (16. Jhd.) gab negative Lösungen bei Gleichungen an. Er nannte sie<br />
’ficta’, ’fiktive’ Zahlen oder ’falsche’ Zahlen’ im Gegensatz zu ’vera’, ’wahre<br />
Zahlen’<br />
→ x + 3 = 1 hat keine wahre Lösung.<br />
Er verspottete auch anfangs die Leute, die behaupteten, dass ’-’ mal ’-’ gleich ’+’<br />
gibt. Später adaptierte er es selbst.<br />
o Negative Zahlen werden dann lange Zeit ’affirmative’ (=bejahende) Zahlen<br />
genannt.<br />
o Chr. Wolf (1716) nahm sie im Mathematischen Lexikon auf: positive – negative<br />
Zahlen<br />
o Descartes (1650) verwendete nur das Kartesische<br />
(2) IB = alle Bruchzahlen<br />
½ , 13 /67,...<br />
Bruchzahlen umfassen IN<br />
(1) IN = alle natürlichen Zahlen<br />
1,2,3,... (Zahlen, die von Gott gegeben sind. Der<br />
Rest der Zahlen (wie Bruchzahlen) sind vom Geist<br />
des Menschen gemacht worden)<br />
1
Didaktik der Algebra M. Ludwig<br />
Koordinatensystem (ohne negative Zahlen).<br />
Später wurde es auf unser geläufiges<br />
Koordinatensystem erweitert.<br />
( −1)<br />
1<br />
o D’Alembert um 1750: ( − 1)<br />
⋅ ( −1)<br />
= 1⋅1<br />
und =<br />
1 ( −1)<br />
→ Rechenzeichen und Vorzeichen sind etwas anderes.<br />
1.1. Einführung<br />
o Thermometer:<br />
o Guthaben und Schulden:<br />
Ein Lebensbezug ist zwar gegeben, aber die Schüler können<br />
sich nicht so damit identifizieren (ihr Giro-Konto dürfen sie nicht<br />
überziehen und der Kontostand der Eltern wissen sie meist<br />
nicht).<br />
o Fahrstuhl im Kaufhaus:<br />
(Aber häufig steht statt − 1, −2,...<br />
U 1, U 2,...<br />
)<br />
o Wasserstandsanzeiger:<br />
o Höhenmesser<br />
Ziel: Der Zahlenstrahl wird erweitert!<br />
1.2. Addieren und Subtrahieren negativer Zahlen<br />
z.B.<br />
2+(-3)=?<br />
Thermometer: 3°+(-5°)=?<br />
-5°<br />
− 2 ° − 7°<br />
= ?<br />
Besonders beliebtes Bespiel, da es sehr alltagsnah ist;<br />
außerdem ist beim Thermometer der Zahlenstrahl<br />
schon gegeben.<br />
z.B. ist der Wasserspiegel eines Flusses manchmal über und<br />
manchmal unter dem normalen Pegel.<br />
-3<br />
neu<br />
Der Schüler weiß, dass -3 bedeutet:<br />
auf dem Zahlenstrahl 3 Schritte nach links<br />
→ 2 + ( −3)<br />
= 1<br />
→ Die Temperatur ist um 5° gefallen.<br />
2
Didaktik der Algebra M. Ludwig<br />
1. Schritt: − 2 ° + ( −7°<br />
) = −9°<br />
2. Schritt: − 2 ° − 7°<br />
= −9°<br />
1.3. Multiplikation negativer Zahlen<br />
→ Zurückführung auf Addition:<br />
4 ⋅ ( −3)<br />
= ( −3)<br />
+ ( −3)<br />
+ ( −3)<br />
+ ( −3)<br />
= 12<br />
Es gilt: a ⋅ ( −b)<br />
= ( −a)<br />
⋅ b = −ab<br />
Frage: Was gibt ( − 3)<br />
⋅ ( −4)<br />
?<br />
1. Erklärung:<br />
→ ( − 3)<br />
⋅ ( −4)<br />
= 12<br />
Permanenzprinzip: (→ Rechenregeln sollen im neuen Zahlenbereich weiterhin gültig sein)<br />
3⋅<br />
( −4)<br />
2 ⋅ ( −4)<br />
1⋅<br />
( −4)<br />
0 ⋅ ( −4)<br />
( −1)<br />
⋅ ( −4)<br />
( −2)<br />
⋅ ( −4)<br />
( −3)<br />
⋅ ( −4)<br />
=<br />
=<br />
=<br />
=<br />
=<br />
=<br />
=<br />
2. Erklärung:<br />
−12<br />
− 8<br />
− 4<br />
0<br />
4<br />
8<br />
12<br />
Distributivgesetz:<br />
− 3⋅<br />
− 3⋅<br />
( 4 + ( −4))<br />
= 0<br />
− 3⋅<br />
4 + ( −3)<br />
⋅ ( −4)<br />
= 0<br />
−12<br />
+<br />
0<br />
?<br />
= 0<br />
= 0<br />
⇒<br />
( −3)(<br />
−4)<br />
= 12<br />
⇒ Wenn unsere bisherigen Rechenregeln gültig bleiben sollen, dann muss<br />
( − a) ⋅ ( −b)<br />
= a ⋅ b<br />
sein (und zwar für a, b ∈Q)<br />
3. Erklärung:<br />
+4<br />
+4<br />
+4<br />
+4<br />
+4<br />
+4<br />
5: er verdient 5€ pro Tag<br />
→ 0 wird anders geschrieben<br />
→ Distributivgesetz: ausmultiplizieren<br />
3
Didaktik der Algebra M. Ludwig<br />
-5: er verliert 5€ pro Tag<br />
3: in drei Tagen<br />
-3: vor drei Tagen<br />
− 5 ⋅ 3:<br />
er verliert jeden Tag 5€. In drei Tagen hat er 15€ weniger.<br />
− 5 ⋅ ( −3)<br />
: er verliert jeden Tag 5€. Vor drei Tagen war er 15€ reicher. → +15€<br />
(4. Erklärung:)<br />
Umgangssprachlich: Doppelte Verneinung<br />
z.B. - Es ist heute nicht nicht kalt. → Es ist heute kalt.<br />
- Auf dem PH-Platz beseitigt man die Löcher des Kopfsteinpflasters.<br />
→ Das Kopfsteinpflaster ist vollständig.<br />
Merkregeln:<br />
o ungerade Anzahl an ’-’: Ergebnis ’-’<br />
o gerade Anzahl an ’-’: Ergebnis’+’<br />
o ' + ' ⋅ '+<br />
' = '+<br />
'<br />
'+<br />
' ⋅ '−'<br />
= '−'<br />
'−'<br />
'−'<br />
⋅<br />
⋅<br />
'+<br />
'<br />
'−'<br />
=<br />
=<br />
'−'<br />
'+<br />
'<br />
o Koordinatensystem:<br />
o Kosinus:<br />
2. Die reellen Zahlen<br />
+<br />
_ _<br />
_<br />
+<br />
+<br />
_<br />
+ +<br />
4
Didaktik der Algebra M. Ludwig<br />
2.1. Einführung<br />
o Wie groß ist x, wennn x²=2?<br />
o Wie groß ist die Seitenlänge eines Quadrates mit dem Flächeninhalt 2?<br />
T 2 ⋅T2<br />
= 2 ( T 2 = Tisch 2)<br />
→ Es spielt keine Rolle, welches Zeichen man<br />
a<br />
anfangs einführt oder ob man gleich 2<br />
d t<br />
o Wie lang ist die Diagonale im Quadrat? …<br />
2.2. Näherungsweises Wurzelziehen<br />
Gilt bei einem Näherungsverfahren:<br />
(1) das folgende Intervall liegt im vorhergehenden und<br />
(2) die Intervalllängen werden beliebig klein,<br />
so sagt man, die Intervalle bilden eine Intervallschachtelung.<br />
z.B. a ⋅ a = 2 gesucht: a<br />
1²<br />
1²<br />
1,<br />
25²<br />
1,<br />
375²<br />
1,<br />
375²<br />
1<br />
<<br />
<<br />
<<br />
<<br />
<<br />
2.3. Begründung<br />
a²<br />
a²<br />
a²<br />
a²<br />
a²<br />
<<br />
<<br />
<<br />
<<br />
<<br />
2²<br />
1,<br />
5²<br />
1,<br />
5²<br />
1,<br />
5²<br />
1,<br />
4375²<br />
2 ist eine irrationale Zahl, d.h. sie ist nicht als Bruch darstellbar.<br />
Beweis: (Widerspruchsbeweis)<br />
Annahme: 2 ist ein Bruch.<br />
a ⋅ a = 2 (da = )<br />
() 2 p<br />
2 =<br />
q<br />
p²<br />
2 =<br />
q²<br />
Voraussetzung: ggT ( p,<br />
q)<br />
= 1<br />
q ² ⋅ 2 = p²<br />
⇒ also ist p² durch 2 teilbar und somit auch p!<br />
⇒ p = 2 p'<br />
5
Didaktik der Algebra M. Ludwig<br />
q ² ⋅ 2 = ( 2 p')²<br />
q ² = 2 p'²<br />
⇒ q² ist durch 2 teilbar und somit auch q!<br />
Widerspruch zur Annahme, dass p und q teilerfremd sind!<br />
q.e.d.<br />
(Hinweis zum Widerspruchsbeweis:<br />
vgl. „Tatort“: „Angenommen A ist der Täter, dann müsste er um 19 Uhr dort gewesen sein,<br />
aber…“<br />
hier: „Angenommen<br />
sein…“)<br />
p<br />
2 = ist ein Bruch, dann müssen p und q teilerfremd<br />
q<br />
Anderer Beweis: (jetzt: allgemeiner Beweis)<br />
Behauptung: a ist irrational<br />
Annahme: a ist rational<br />
⇒<br />
p<br />
a =<br />
q<br />
⇒<br />
p²<br />
a =<br />
q²<br />
a ∈ P<br />
⇒ p² = a ⋅ q²<br />
PFZ (Primfaktorzerlegung) von p und q<br />
⇒ ( p1 ⋅ p2<br />
⋅...<br />
⋅ pn<br />
)² = a ⋅ ( q1<br />
⋅ q2<br />
⋅...<br />
⋅ qm<br />
)²<br />
⇒ ( p1² ⋅ p2<br />
² ⋅...<br />
⋅ pn<br />
² = a ⋅ q1²<br />
⋅ q2<br />
² ⋅...<br />
⋅ qm<br />
²<br />
⇒ p ⋅ p ⋅ p ⋅ p ⋅ = a ⋅ q ⋅ q ⋅...<br />
Exkurs:<br />
1<br />
1<br />
p² ist teilbar durch a .<br />
p<br />
q<br />
2<br />
2<br />
... 1 2<br />
⇒ ist teilbar durch a<br />
⇒ ist auch teilbar durch a<br />
Widerspruch zum Hauptsatz der Zahlentheorie:<br />
„Die Primfaktorzerlegung ist eindeutig!<br />
Behauptung: Es gibt genau so viele Quadratzahlen wie natürliche Zahlen:<br />
→ Man kann jeder Quadratzahl eine natürliche Zahl zuordnen!<br />
1 ²<br />
1<br />
2²<br />
2<br />
3²<br />
3<br />
4²<br />
Rechenregeln für irrationale Zahlen<br />
4<br />
...<br />
...<br />
6
Didaktik der Algebra M. Ludwig<br />
Um die Existenz der reellen Zahlen zu sichern, bettet man sie in den Zahlenstrahl<br />
ein.<br />
Wenn man z.B. den Zahlenstrahl an einer beliebigen Stelle durchschneidet, trifft man<br />
sogar sehr wahrscheinlich nicht auf eine rationale Zahl. Denn zwischen zwei<br />
rationalen Zahlen gibt es unendlich viele irrationale Zahlen.<br />
Irrationale Zahlen lassen sich durch unendliche nicht-periodische Dezimalbrüche<br />
darstellen.<br />
Bsp.: - 0 , 10011000111...<br />
-<br />
n<br />
⎛ 1 ⎞<br />
e = lim ⎜1+<br />
⎟<br />
n→∞⎝ n ⎠<br />
- π = 3,<br />
141592...<br />
e und π sind Zahlen, die nicht in einer Gleichung darstellbar sind (im Gegensatz<br />
zu a : x²<br />
= a ).<br />
Es wäre zwar möglich: x ² − π ² = 0 , aber dann wird schon die transzendente Zahl<br />
verwendet.<br />
Anschließend müssen die Rechenregeln erklärt werden. Die Rechenregeln gelten<br />
weiterhin. Hinzu kommen Wurzelgesetze,…<br />
Zur Geschichte von 2<br />
Gespräch des Menon mit Sokrates<br />
7