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Als eine Art Vorbild wirken« - Unterwasser

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p DOWNLOAD · IntervIew mIt mascha Blome u 7/12<br />

»<strong>Als</strong> <strong>eine</strong> <strong>Art</strong><br />

<strong>Vorbild</strong> <strong>wirken«</strong><br />

u: Frau Blome, Sie<br />

haben auf der Resortinsel Machchafushi<br />

schlechte Erfahrungen<br />

gemacht. Was ist damals passiert<br />

– und warum setzen Sie<br />

sich trotzdem so für die Malediven<br />

ein?<br />

Mascha Blome: Ich arbeitete sieben<br />

Tage die Woche teilweise ab 5<br />

Uhr morgens bis „open end, hatte<br />

nur <strong>eine</strong>n halben Tag pro Woche<br />

frei und ich erhielt nur 400$ pro<br />

Monat. In m<strong>eine</strong>r freien Zeit gab<br />

ich mich auch öfter mit Leuten<br />

gleichen Alters aus der Tauchschule<br />

ab. M<strong>eine</strong>m Chef fing dies an<br />

zu missfallen und er verbot es mir.<br />

Eines Tages kündigte mir mein betrunkener<br />

Chef per Telefon und<br />

wollte dies am nächsten Mittag im<br />

nüchternen Zustand wieder zurücknehmen.<br />

Ich habe mich mit<br />

einigen Touristen beraten. Sie haben<br />

m<strong>eine</strong>n Vertrag angesehen<br />

und gesagt, dass ich so etwas niemals<br />

hätte unterschreiben dürfen,<br />

da ich für finanzielle Ausfälle, die<br />

ich in irgend<strong>eine</strong>r Weise verursache,<br />

verantwortlich gemacht werde.<br />

Somit habe ich <strong>eine</strong> schriftliche<br />

Einverständniserklärung zu<br />

der mündlich erteilten Kündigung<br />

verfasst. In den folgenden<br />

zwei Monaten wartete ich darauf,<br />

m<strong>eine</strong>n Reisepass zurück zu bekommen,<br />

um abreisen zu können.<br />

Letzten Endes haben m<strong>eine</strong> Eltern<br />

beim Auswärtigen Amt angeru-<br />

1 · u 7/12<br />

fen. Ein sehr bemühter Mitarbeiter<br />

nahm sich der Sache an. Zwei Tage<br />

später rief mich mein Chef ins<br />

Büro und teilte mir mit, ich würde<br />

in vier Tagen nach Deutschland<br />

fliegen und müsse am nächsten<br />

Tag die Insel verlassen, damit er<br />

mich endlich los sei.<br />

Glücklicherweise habe ich während<br />

der drei Monate Freundschaften<br />

zu vielen Maledivern aufgebaut<br />

und hatte oft Kontakt zu<br />

Mitarbeitern der Wasserfluggesellschaft.<br />

Diese sehr netten und hilfsbereiten<br />

Menschen haben mir ein<br />

Hotelzimmer auf Male organisiert<br />

und mich am nächsten Tag vom<br />

Flughafen abgeholt. Da zu dieser<br />

Zeit gerade die ersten Proteste gegen<br />

das alte Gayoom-Regime begannen,<br />

sollte ich mein Hotelzimmer<br />

nicht all<strong>eine</strong> verlassen und<br />

wurde immer von Bekannten abgeholt<br />

und zurück gebracht.<br />

Seit diesen Erfahrungen haben<br />

mich die Malediven und die Menschen<br />

dort nicht mehr losgelassen<br />

und ich habe ihnen und mir<br />

damals versprochen, ihnen in irgend<strong>eine</strong>r<br />

Weise <strong>eine</strong>s Tages bei<br />

ihren Problemen behilflich zu sein.<br />

u: Sie haben Ihren<br />

Verein arkipal vor Ihrem ersten<br />

Aufenthalt auf Einheimischeninseln<br />

gegründet. Was hat Sie damals<br />

dazu bewogen? Und was<br />

sind die Ziele des Vereins?<br />

c Den <strong>Art</strong>ikel zu diesen Infos finden Sie in u 7/2012.<br />

Dass auf schlechte Erfahrungen trotzdem gute Taten folgen können – das beweist die Bremerin<br />

Mascha Blome mit ihrer Umweltschutzorganisation arkipal e.V.. u sprach mit ihr<br />

über ihre Zeit auf der Insel Machchafushi, Umwelterziehung bei Maledivern und die Zukunft<br />

des Tourismus im Land der 1000 Inselchen.<br />

Foto: pyramedia mediengestaltung


p DOWNLOAD · IntervIew mIt mascha Blome u 7/12<br />

Blome: Ich war schon bei<br />

m<strong>eine</strong>m ersten Aufenthalt auf<br />

Einheimischeninseln als Tourguide.<br />

Dabei habe ich von einheimischen<br />

Resortangestellten oftmals<br />

naive, aber für mich schockierende<br />

Schilderungen über die gängige<br />

Müllentsorgung der Resorts<br />

erhalten. Daher war auch mein eigentlicher<br />

Plan, mich vor allem<br />

den Resorts und deren Bewusstseinsänderung<br />

zu widmen. Neben<br />

der Aufklärung in Sachen<br />

Müll und dem Müllproblem an<br />

sich möchte ich mit arkipal auch<br />

die schon angegriffenen Riffe mit<br />

so genannten Korallentischen<br />

und -Rahmen wieder aufbauen<br />

und stärken. Auch erneuerbare<br />

Energien möchte ich versuchen,<br />

an die Resorts, die Einheimischeninseln<br />

und große Firmen auf den<br />

Malediven zu vermitteln. Vor<br />

allem möchte arkipal allerdings<br />

als <strong>eine</strong> <strong>Art</strong> <strong>Vorbild</strong>funktion wirken<br />

und den „reichen“ Resortbetreibern<br />

und Touristen zeigen, wie<br />

sie der unvergleichlichen Umwelt<br />

der Malediven etwas zurückgeben<br />

können, und dass diese Natur<br />

nicht nur ausgebeutet werden<br />

darf!<br />

u: Umwelterziehung<br />

auf den Malediven – was beinhaltet<br />

das?<br />

Blome: Das größte Problem stellen<br />

die Verpackungen dar. Auch<br />

die Resorts lassen leider immer<br />

noch den größten Teil ihres Mülls<br />

ins Meer werfen. Auf Velidhoo, <strong>eine</strong>r<br />

Einheimischen Insel im Noonu<br />

Atoll, habe ich nun angefangen,<br />

mit Freiwilligen und <strong>eine</strong>r örtlichen<br />

NGO <strong>eine</strong> Müllabfuhr zu organisieren<br />

und gesponserte Mülleimer<br />

aufzustellen. Auf der Insel<br />

Naifaru im Lhaviyani Atoll haben<br />

wir in den Schulen Mülleimer zum<br />

Sortieren von Müll aufgestellt, um<br />

bei den Kindern ein Bewusstsein<br />

für die unterschiedlichen <strong>Art</strong>en<br />

von Müll auszubilden. Dies sind<br />

erste Maßnahmen, die am besten<br />

auf jeder Einheimischeninsel initiiert<br />

werden sollten, später können<br />

dann <strong>eine</strong> Mülltrennung und weitere<br />

Recyclingmöglichkeiten eingeleitet<br />

werden. Vor allem muss<br />

den Maledivern klar gemacht werden,<br />

dass das gesamte Ökosystem<br />

Meer und damit ihr Ernährer,<br />

aus <strong>eine</strong>m gesunden Riff, gesunden<br />

Stränden und <strong>eine</strong>r ausgewo-<br />

2 · u 7/12<br />

genen <strong>Art</strong>envielfalt besteht, die<br />

geschützt und fair behandelt werden<br />

muss.<br />

u: Welche Erfahrungen<br />

haben Sie dabei mit den<br />

Einheimischen gemacht? Ist ein<br />

Bewusstsein für Umweltproblematik<br />

vorhanden oder eher<br />

nicht?<br />

Blome: Ich denke, dies ist ein langer<br />

Prozess und man muss durch<br />

Bildung in den Schulen bei den<br />

Kindern anfangen, damit diese ihre<br />

Eltern beeinflussen können. Bei<br />

den älteren Generationen ist leider<br />

<strong>eine</strong> große Gewohnheit und Ignoranz<br />

vorhanden. Auch bei <strong>eine</strong>m<br />

organisierten Beachcleaning in<br />

der Hitze landeten die vorher verteilten<br />

Handschuhe nach anstrengenden<br />

drei Stunden auf dem<br />

Rückweg als Abfall am Strand. Die<br />

gebildeteren, im Tourismusbereich<br />

arbeitenden und mit den westlichen<br />

Gepflogenheiten vertrauten<br />

Malediver allerdings haben sehr<br />

wohl ein Umweltbewusstsein und<br />

machen ihre Mitmenschen darauf<br />

aufmerksam.<br />

Ich denke, dass dieses Bewusstsein<br />

nur entstehen kann, wenn ihnen<br />

immer wieder erklärt und gezeigt<br />

wird, dass und vor allem warum<br />

Umweltverschmutzung schlecht ist<br />

und auch negative Auswirkungen<br />

auf ihr Leben hat. Dieses Bewusstsein<br />

sollte aber nicht von Fremden<br />

mit erhobenem Zeigefinger vermittelt<br />

werden, sondern in Kleinstarbeit<br />

über <strong>eine</strong>n längeren Zeitraum<br />

unter den Maledivern selber<br />

geschaffen werden.<br />

u: Was könnte man<br />

in punkto Umweltverträglichkeit<br />

des Tourismus auf den Malediven<br />

noch verbessern?<br />

Blome: Immer mehr Resorts<br />

schreiben sich die Attribute Umweltfreundlichkeit<br />

und nachhaltigen<br />

Tourismus auf die Fahne. Sie<br />

versuchen durch Riffaufbau, Müllvermeidung,<br />

erneuerbare Energien<br />

und Aufklärung der Touristen etwas<br />

an die durch den Bau des Resorts<br />

zerstörte Umwelt zurückzugeben.<br />

Es sollte mehr auf erneuerbare<br />

Energien, langfristigen Umwelt-<br />

und Klimaschutz, Wasseraufbereitungsanlagen,<br />

Müllvermeidung<br />

und Aufklärung der Touristen gesetzt<br />

werden. Auch bestimmte Verhaltensregeln<br />

für Taucher müssen<br />

festgelegt und kontrolliert werden,<br />

um die Riffe und scheuen Meerestiere<br />

zu schützen.<br />

u: Derzeit planen Sie<br />

Projekte mit der Tunfischfabrik<br />

Felivaru im Lhaviyani-Atoll. Nun<br />

stehen einige Tunfisch-<strong>Art</strong>en wegen<br />

Überfischung möglicherweise<br />

vor dem Aussterben. Ist <strong>eine</strong><br />

solche Kooperation also nicht<br />

eher kontraproduktiv?<br />

Blome: Während m<strong>eine</strong>s letzten<br />

Malediven-Aufenthaltes hatte ich<br />

die Gelegenheit, zusammen mit<br />

<strong>eine</strong>m Dokumentarfilmer aus England<br />

<strong>eine</strong>n ganzen Tag lang die gesamte<br />

Tunfischdosenfabrik Felivaru<br />

zu besichtigen. Wir waren beeindruckt,<br />

wie nachhaltig, innovativ<br />

und effizient diese Firma arbeitet!<br />

Und vor allem zeigt die Leitung<br />

sehr großes, auch persönliches Interesse<br />

daran, weitere umweltschonende<br />

Maßnahmen kennen<br />

zu lernen und zu implementieren.<br />

Felivaru ist schon all<strong>eine</strong> durch ihre<br />

Fischfangmethode <strong>eine</strong> der wenigen<br />

Fabriken, die durch Pole und<br />

Line fishing auf <strong>eine</strong>n großen Fang<br />

verzichtet, dafür aber die Riffe, bedrohte<br />

Tunfischarten und andere<br />

Meeresbewohner durch die Vermeidung<br />

von Beifang schützt.<br />

Hat Felivaru vor rund 25 Jahren<br />

noch um die 80 Tonnen am Tag gefangen,<br />

so sind es heutzutage gerade<br />

mal noch zehn Tonnen. Gerade<br />

dieser nachhaltige Fischfang<br />

wird immer mehr zu <strong>eine</strong>m Qualitätssiegel.<br />

In England vertreibt die<br />

hochwertige Supermarktkette Waitrose<br />

den Dosentunfisch von Felivaru,<br />

und auch in Deutschland<br />

wird der Tunfisch mittlerweile in<br />

Bio-Supermärkten angeboten.<br />

Da der Fischfang neben dem Tourismus<br />

die einzige Einnahmequelle<br />

für die Malediven darstellt<br />

und beides nicht reduziert werden<br />

kann, muss wenigstens versucht<br />

werden, den Fischfang, die<br />

Produktion und den Vertrieb so<br />

nachhaltig wie möglich zu gestalten.<br />

Und Felivaru macht mit s<strong>eine</strong>n<br />

verschiedenen Versuchen und geplanten<br />

Projekten zusammen mit<br />

arkipal Schritte in die richtige Richtung.<br />

Auch ist die immer größer<br />

werdende Nachfrage nach Bio-Produkten<br />

in Europa <strong>eine</strong> gute Möglichkeit,<br />

nachhaltigen Fischfang<br />

und andere Umwelt und Tier schonende<br />

Projekte zu unterstützen.<br />

u: Der Tourismus<br />

macht auf den Malediven neben<br />

der Fischerei den größten Wirtschaftsfaktor<br />

aus. Ist das eher<br />

gut oder schlecht für die Umwelt?<br />

Blome: Da der Tourismus und der<br />

Fischfang die einzigen Einnahmequellen<br />

darstellen brauchen<br />

die Malediven beides, und man<br />

muss versuchen, das Beste daraus<br />

zu machen und mit den Entwicklungen<br />

der Zeit und mit der Natur<br />

in Einklang zu bringen.<br />

Die maledivische Regierung nutzt<br />

Teile der Einnahmen und der Tourismussteuer,<br />

um die Umwelt zu<br />

schützen und Folgen des Klimawandels<br />

„auszubessern“ und um<br />

Gegenmaßnahmen zu ergreifen.<br />

So war es zumindest bei dem ersten<br />

2008 demokratisch gewählten<br />

Präsidenten Mohamed Nasheed,<br />

der am 07. Februar dieses<br />

Jahres durch <strong>eine</strong>n Militärputsch<br />

gestürzt wurde.<br />

u: Dauerthema Klimawandel<br />

und Anstieg des Meeresspiegels.<br />

Provokant gefragt:<br />

Sind die Malediven überhaupt<br />

noch zu retten?<br />

Blome: Das Problem bei der Antwort<br />

dieser Frage besteht darin,<br />

dass der Klimawandel schon in<br />

vollem Gange ist und k<strong>eine</strong>r genau<br />

voraussagen kann, wie viel<br />

Zeit wirklich bleibt. Alles was im<br />

Kl<strong>eine</strong>n in den bedrohten Gebieten<br />

direkt getan werden kann,<br />

sind wahrscheinlich nur Maßnahmen,<br />

die die Folgen des Klimawandels<br />

vor Ort mit Glück etwas<br />

herauszögern können.<br />

Doch habe ich mich dafür entschieden<br />

diesen an ihrer Situation<br />

meist unschuldigen Staaten<br />

zu helfen, und ich denke, dass<br />

man auch als einzelner versuchen<br />

sollte, etwas zu bewegen und zu<br />

verändern. Daher werde ich nicht<br />

aufgeben, auch wenn das Ergebnis<br />

sein sollte, dass diese Staaten<br />

nicht mehr zu retten sind! Ich<br />

möchte wenigstens mein Ziel, ein<br />

Umweltbewusstsein bei den Menschen<br />

hier wie dort zu schaffen,<br />

realisieren. Und ich kann sagen,<br />

dass ich schon jetzt alle Menschen<br />

in m<strong>eine</strong>r direkten Umgebung,<br />

die nicht viel über die wirklichen<br />

Malediven oder den Klimawandel<br />

wussten, wenigstens etwas verändert<br />

und aufgeklärt habe. ■

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