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<strong><strong>spice</strong>2</strong>_<strong>zu</strong>_<strong>spice</strong>_8_<strong>11</strong>_<strong>08.txt</strong><br />

<strong>Von</strong>: georg.wurth [georg.wurth@hanfverband.de]<br />

Gesendet: Freitag, 28. November 2008 <strong>11</strong>:50<br />

An: Medienprojekt Cannabislegalisierung DE/AT/CH/LU<br />

Betreff: [MAP-DE] DIE ZEIT <strong>zu</strong> Spice<br />

mit einigen interessanten Aussagen:<br />

»Wir verdienen pro Tag allein mit Spice etwa 1000 Euro«, sagt Sven K., der in<br />

Darmstadt einen Headshop betreibt. Der Verkauf läuft so gut, dass er gerade eine<br />

zweite Filiale in Mainz eröffnet hat. Als einer der wenigen hat er die<br />

Kräuterdroge noch im Angebot und vorsorglich einen Vorrat von 1000 Tütchen<br />

angelegt. »Wer ein bisschen was im Kopf hat, der investiert jetzt«, sagt er.<br />

»Die Datenlage ist sehr dünn«, sagt Jürgen Thier-Kundke, Pressesprecher des<br />

Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) in Berlin. Das BfR hat seit einigen<br />

Tagen einen Auftrag aus dem Ministerium, die vorhandenen Informationen <strong>zu</strong> Spice<br />

<strong>zu</strong> sammeln. Eine chemische Untersuchung ist dort, anders als in einigen Medien<br />

behauptet, noch nicht in Planung.<br />

Spice spricht ganz neue Konsumenten an. »Die Kräuterdroge nutzen vor allem<br />

Jugendliche, die nicht süchtig sind«, sagt Musalek. Ähnliches beobachten auch<br />

die Headshop-Betreiber aus Berlin. Die jungen Kunden hätten meist über Freunde<br />

von Spice gehört, sagt George Reskalla. Eine weitere große Gruppe ist in Berlin<br />

mehreren Verkäufern aufgefallen:<br />

Menschen, denen der Führerschein entzogen wurde und die sich regelmäßig<br />

Drogentests unterziehen müssen, um den »Lappen« <strong>zu</strong>rück<strong>zu</strong>bekommen. Spice ist mit<br />

gängigen Drogentests nicht nachweisbar.<br />

Bemerkenswert ist, dass die Verkäufer selbst ihre Finger davon lassen.<br />

»Ich hab das noch nicht versucht und hab es auch nicht vor«, sagt Paul, 29, der<br />

in einem Headshop in Berlin-Kreuzberg hinter dem Tresen steht.<br />

»Die Pflanzen kommen von überall her, und die Firma warnt selbst davor, Spice<br />

als Tee oder im Essen <strong>zu</strong> verwenden.« Vielleicht, mutmaßt Paul, seien die Kräuter<br />

ja mit irgendeinem Mittel besprüht worden.<br />

Bisher sind <strong>zu</strong>mindest den Vergiftungszentralen keine schweren Vorfälle bekannt.<br />

»Wir hatten im Großraum Berlin noch keinen einzigen klinisch relevanten<br />

Zwischenfall, der sich auf Spice <strong>zu</strong>rückführen lässt«, sagt Torsten Binscheck,<br />

Leiter des Giftnotrufs in der Hauptstadt. ...<br />

Auch in der Drogenambulanz am Hamburger Uniklinikum hat erst ein Patient von<br />

Spice berichtet.<br />

==========<br />

Pubdate: 27.<strong>11</strong>.2008<br />

Source: Die Zeit<br />

Contact: http://www.zeit.de/statisches/kontakt/kontakt.jsp<br />

Copyright: © Die Zeit<br />

Website: http://www.zeit.de<br />

Online: http://www.zeit.de/2008/49/M-Spice?page=1<br />

Droge<br />

Voll auf dem Bio-Trip<br />

DIE ZEIT, Ausgabe 49, 2008<br />

<strong>Von</strong> Josephina Maier<br />

Die Kräutermischung Spice wird <strong>zu</strong>r neuen Modedroge. Ihre Verbreitung ist in<br />

Deutschland kaum <strong>zu</strong> kontrollieren. Alle Inhaltsstoffe sind legal.<br />

Doch wie gefährlich ist der Konsum?<br />

Das Design von "Spice" ist auf eine jugendliche Zielgruppe angepasst.<br />

Der Kräutermix wird wie Cannabis geraucht © DIE ZEIT<br />

George Reskalla fragt schon gar nicht mehr, was seine Kunden wollen.<br />

»Kommt nächste Woche wieder«, ruft er, sobald sich in seinem Laden die Tür<br />

öffnet. Reskalla verkauft im Peace-Headshop in Berlin-Friedrichshain<br />

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<strong><strong>spice</strong>2</strong>_<strong>zu</strong>_<strong>spice</strong>_8_<strong>11</strong>_<strong>08.txt</strong><br />

Wasserpfeifen und ähnliches Zubehör. Aber im Moment haben die Kunden nur eins im<br />

Kopf: Spice.<br />

Der Kräutermix, vor dem die Drogenbeauftragte der Bundesregierung erst kürzlich<br />

gewarnt hat, ist fast überall im Bundesgebiet seit Tagen ausverkauft. Seit die<br />

Medien über die Modedroge berichten, rollt über Deutschland und Österreich eine<br />

regelrechte Spice-Welle hinweg. Die Kräutermischung soll eine ähnliche Wirkung<br />

haben wie Cannabis, ist aber für die Behörden schwer fassbar: Niemand weiß,<br />

welche Inhaltsstoffe wirklich in den bunten, metallisch glänzenden Tütchen<br />

stecken und welcher davon die berauschende Wirkung erzeugt. Auch die rechtliche<br />

Situation ist verzwickt: Die Modedroge wird zwar geraucht, aber im Laden<br />

geschickt als Räucherwerk verkauft, mitsamt Warnaufdruck: »Nicht <strong>zu</strong>m Verzehr<br />

geeignet«. Somit gilt sie als Bedarfsgegenstand und unterliegt keiner<br />

Regulierung.<br />

Die Hilflosigkeit der Behörden wirft eine grundsätzliche Frage auf: Wie ist mit<br />

einem Stoff um<strong>zu</strong>gehen, über dessen Risiken so gut wie nichts bekannt ist, den<br />

aber immer mehr Jugendliche konsumieren?<br />

=====<br />

Konsum<br />

Jede Packung Spice enthält drei Gramm Kräuter. Auf der Rückseite bezeichnet<br />

der Hersteller den Inhalt als »exotische Räuchermischung, die beim Verbrennen<br />

ein reiches Aroma entfaltet«. Tatsächlich rauchen die Konsumenten Spice ähnlich<br />

wie Cannabis als Tabak<strong>zu</strong>satz in selbst gerollten Zigaretten.<br />

Stärkegrad<br />

Bisher war die berauschende Kräuterdroge nur in drei verschiedenen Stärken<br />

erhältlich (Silver, Gold und Diamond), inzwischen sind noch zwei weitere Sorten<br />

und mehrere Nachahmerprodukte auf dem Markt. Je nach Stärkegrad verlangen die<br />

Verkäufer zwischen 20 und 35 Euro für ein Tütchen.<br />

Inhaltsstoffe<br />

Neben mehreren exotischen Pflanzen wie dem sibirischen Mutterkraut sollen<br />

darin auch Vanille und Honig enthalten sein. Das Design der rechteckigen Tütchen<br />

ist ebenso wie der Vertrieb professionell und der jugendlichen Zielgruppe<br />

angepasst. Die Risiken des Konsums sind bisher unbekannt.<br />

=====<br />

Nicht nur die Behörden sind überfordert. Mit dem Hype, der derzeit Mitteleuropa<br />

erfasst, haben offenbar weder Hersteller noch Verkäufer gerechnet. Die Londoner<br />

Lieferfirma mit dem programmatischen Namen Psyche Deli kommt mit dem Nachschub<br />

nicht mehr hinterher. »Wir verdienen pro Tag allein mit Spice etwa 1000 Euro«,<br />

sagt Sven K., der in Darmstadt einen Headshop betreibt. Der Verkauf läuft so<br />

gut, dass er gerade eine zweite Filiale in Mainz eröffnet hat. Als einer der<br />

wenigen hat er die Kräuterdroge noch im Angebot und vorsorglich einen Vorrat von<br />

1000 Tütchen angelegt. »Wer ein bisschen was im Kopf hat, der investiert jetzt«,<br />

sagt er.<br />

Paul, 26, Schlosser aus Cloppenburg, hat im Peace-Headshop gerade nach der<br />

Mischung gefragt. »Auf nüchternen Kopf wie ein Trip« fühle sich das an, sagt er,<br />

also wie ein LSD-Rausch. Aber die Wirkung sei bei jedem anders. Was steckt denn<br />

nun in der Kräutermischung, die offiziell als Räucherwerk die Raumluft<br />

erfrischen soll, tatsächlich aber in selbst gerollten Zigaretten gepafft wird<br />

wie Cannabis?<br />

Welcher der Inhaltsstoffe den berauschenden Effekt hervorruft, weiß bisher<br />

niemand. <strong>Von</strong> den auf der Packung aufgeführten Pflanzen ist in Deutschland keine<br />

verboten. Sollten Wirkstoffe gefunden werden, die unter das<br />

Betäubungsmittelgesetz fallen, wäre die Droge schnell vom Markt -- aber eine<br />

gründliche wissenschaftliche Analyse liegt bisher noch nicht vor. »Die Datenlage<br />

ist sehr dünn«, sagt Jürgen Thier-Kundke, Pressesprecher des Bundesinstituts für<br />

Risikobewertung (BfR) in Berlin.<br />

Das BfR hat seit einigen Tagen einen Auftrag aus dem Ministerium, die<br />

vorhandenen Informationen <strong>zu</strong> Spice <strong>zu</strong> sammeln. Eine chemische Untersuchung ist<br />

dort, anders als in einigen Medien behauptet, noch nicht in Planung.<br />

Klarheit schaffen könnte der Londoner Hersteller. Doch der hält sich bedeckt,<br />

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<strong><strong>spice</strong>2</strong>_<strong>zu</strong>_<strong>spice</strong>_8_<strong>11</strong>_<strong>08.txt</strong><br />

die Homepage der Firma ist seit Wochen offline. Vor fünf Jahren nutzten die<br />

Gründer von Psyche Deli schon einmal eine Gesetzeslücke, um Halluzinogene unters<br />

Volk <strong>zu</strong> bringen: Weil nur der Verkauf von getrockneten »magic mushrooms« in<br />

England verboten war, bauten sie die psychoaktiven Pilze selbst an und<br />

verkauften sie frisch auf der Straße.<br />

Die Gesetzeslücke wurde geschlossen, von Psyche Deli war nichts mehr <strong>zu</strong> hören -bis<br />

Spice auftauchte.<br />

Einer der wenigen Wissenschaftler, die sich den Kräutermix gründlicher angesehen<br />

haben, ist Günter Gmeiner von der Nationalen Anti-Doping-Agentur in Österreich.<br />

Er hat im Auftrag einer Zeitung eine Probe von Spice untersucht und kann<br />

<strong>zu</strong>mindest eines sagen: Der Wirkstoff von Cannabis, natürliches<br />

Tetrahydrocannabinol, war nicht enthalten.<br />

»Eine simple Übersichtsanalytik hat auch keine Auffälligkeiten bezüglich anderer<br />

Suchtgifte ergeben«, sagt Gmeiner. Wenn man sich ansehe, welche Inhaltsstoffe<br />

der angegebenen Pflanzen bekannt seien, hätten diese aber »schon einen<br />

sedierenden und teilweise aufputschenden Effekt«.<br />

Eine Untersuchung an der Universität Zürich hat gezeigt, dass <strong>zu</strong>mindest einige<br />

der exotischen Kräuter tatsächlich in den bunten Tütchen stecken.<br />

»In der Schweiz ist Spice bereits Ende 2006 aufgetaucht«, sagt Michael Bovens,<br />

forensischer Chemiker bei der Stadtpolizei Zürich. Er beauftragte damals einen<br />

Botaniker, die getrockneten Pflanzen in einer Stichprobe <strong>zu</strong> analysieren. Eines<br />

der zweifelsfrei nachweisbaren Kräuter war das sibirische Mutterkraut (Leonurus<br />

sibiricus), in der Szene auch »Marihuanilla« genannt. Es stammt ursprünglich aus<br />

Asien und ist in Mexiko schon lange als Cannabisersatz bekannt. Den angeblich<br />

enthaltenen blauen Lotus konnte der Botaniker der Universität Zürich in der<br />

Stichprobe nicht finden. »Der Hersteller macht auf der Verpackung keine<br />

Mengenangaben«, sagt Bovens, »und niemand kontrolliert, ob die Zusammenset<strong>zu</strong>ng<br />

beim Abfüllen gleich bleibt.«<br />

Auch ein deutscher Toxikologe hat Spice schon untersucht. Thomas Daldrup von der<br />

Universität Düsseldorf fand »keinen Hinweis auf Alkaloide« in der Kräuterdroge<br />

-- und vermutet, dass der beschriebene Effekt vor allem auf der Einbildungskraft<br />

der Konsumenten beruhe. Könnte die Rauschwirkung nur ein Placeboeffekt sein?<br />

»Das glaube ich nicht«, sagt Michael Bovens. Er ist wie sein Kollege Günter<br />

Gmeiner überzeugt, dass die Kräutermischung als Tabak<strong>zu</strong>satz tatsächlich eine<br />

psychotrope Wirkung entfaltet. »Cannabis enthält auch keine Alkaloide und hat<br />

trotzdem halluzinogene Eigenschaften«, sagt Bovens. Und wenn Spice keinen Effekt<br />

hätte, »würde sich das in der Szene sofort herumsprechen«. Zudem enthält das<br />

sibirische Mutterkraut, das an der Uni Zürich identifiziert wurde, unter anderem<br />

das Alkaloid Leonurin. Wenn die Zusammenset<strong>zu</strong>ng nicht stark schwankt, müsste es<br />

nachweisbar sein.<br />

»Einen reinen Placeboeffekt schließe ich aus«, sagt auch Michael Musalek. Als<br />

Leiter des Wiener Anton-Proksch-Instituts, der größten Suchtklinik Europas, hat<br />

er sich in den vergangenen Wochen intensiv mit Spice beschäftigt. »Der Effekt<br />

ist erst euphorisierend und enthemmend«, sagt er, »nach relativ kurzer Zeit dann<br />

aber sedierend.« Die Leute würden müde, schließlich richtig <strong>zu</strong>gedröhnt. »Das<br />

haben alle erzählt, mit denen wir bisher gesprochen haben.«<br />

Spice spricht ganz neue Konsumenten an. »Die Kräuterdroge nutzen vor allem<br />

Jugendliche, die nicht süchtig sind«, sagt Musalek. Ähnliches beobachten auch<br />

die Headshop-Betreiber aus Berlin. Die jungen Kunden hätten meist über Freunde<br />

von Spice gehört, sagt George Reskalla. Eine weitere große Gruppe ist in Berlin<br />

mehreren Verkäufern aufgefallen:<br />

Menschen, denen der Führerschein entzogen wurde und die sich regelmäßig<br />

Drogentests unterziehen müssen, um den »Lappen« <strong>zu</strong>rück<strong>zu</strong>bekommen. Spice ist mit<br />

gängigen Drogentests nicht nachweisbar.<br />

Der aktuelle Hype um die Kräutermischung wird von unkritischen Medienberichten<br />

beflügelt -- aber er zeigt auch das Bedürfnis nach einer legalen, wirksamen<br />

Droge in Deutschland. »Gerade für Jugendliche ist der Gang <strong>zu</strong>m Dealer mit Angst<br />

besetzt«, sagt Udo Küstner, Psychologe in der Drogenambulanz des Hamburger<br />

Uniklinikums. Diese Hemmschwelle entfällt bei Spice.<br />

Bemerkenswert ist, dass die Verkäufer selbst ihre Finger davon lassen.<br />

»Ich hab das noch nicht versucht und hab es auch nicht vor«, sagt Paul, 29, der<br />

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<strong><strong>spice</strong>2</strong>_<strong>zu</strong>_<strong>spice</strong>_8_<strong>11</strong>_<strong>08.txt</strong><br />

in einem Headshop in Berlin-Kreuzberg hinter dem Tresen steht.<br />

»Die Pflanzen kommen von überall her, und die Firma warnt selbst davor, Spice<br />

als Tee oder im Essen <strong>zu</strong> verwenden.« Vielleicht, mutmaßt Paul, seien die Kräuter<br />

ja mit irgendeinem Mittel besprüht worden.<br />

Bisher sind <strong>zu</strong>mindest den Vergiftungszentralen keine schweren Vorfälle bekannt.<br />

»Wir hatten im Großraum Berlin noch keinen einzigen klinisch relevanten<br />

Zwischenfall, der sich auf Spice <strong>zu</strong>rückführen lässt«, sagt Torsten Binscheck,<br />

Leiter des Giftnotrufs in der Hauptstadt. Nur ein paar Leute hätten besorgt<br />

angerufen, ob der Konsum gefährlich sei. Auch in der Drogenambulanz am Hamburger<br />

Uniklinikum hat erst ein Patient von Spice berichtet. Auch er war seinen<br />

Führerschein los und musste auf Cannabis verzichten.<br />

Allerdings sind sich die Experten einig, dass der Konsum der Kräuterdroge nicht<br />

harmlos ist. In den Kräutern stecke eine Unzahl chemischer Verbindungen, die<br />

längst nicht alle bekannt seien, warnt Michael Musalek. »Es ist erstaunlich,<br />

dass die Leute glauben, solche Biodrogen seien gesund. Bei synthetischen Mitteln<br />

wissen wir wenigstens, was drin ist.«<br />

In der Schweiz ist Spice nach seinem Auftauchen 2006 wieder rasch aus den<br />

Headshops verschwunden. Der rechtliche Einwand war schlicht und<br />

wirksam: Weil die Pflanzen als Tabak<strong>zu</strong>satz verwendet werden, müsse das<br />

Gesundheitsministerium den Verkauf erst einmal <strong>zu</strong>lassen. Für Zusätze mit<br />

psychotroper Wirkung, <strong>zu</strong> denen auch Spice zählt, gibt es aber keine amtliche<br />

Bewilligung. Die letzten Tüten wurden Anfang 2007 eingezogen.<br />

In Österreich, wo die Spice-Welle gerade einen Höhepunkt erreicht, soll die<br />

Kräutermischung schon bald unter das Arzneimittelgesetz fallen und aus den<br />

Headshops verschwinden. In Deutschland dagegen tut man sich schwer mit einem<br />

Verbot. »Uns liegen <strong>zu</strong> diesen Pflanzen keine belastbaren wissenschaftlichen<br />

Ergebnisse vor«, sagt Sabine Bätzing, die Drogenbeauftragte der Bundesregierung.<br />

Dass dem Konsum unter Jugendlichen Einhalt geboten werden muss, weiß sie auch -anders<br />

als in der Schweiz stehen aber offensichtlich keine rechtlichen<br />

Instrumente <strong>zu</strong>r Verfügung, um dem Missbrauch der Kräutermischung zügig Einhalt<br />

<strong>zu</strong> gebieten. Mit einer rechtlichen Regelung, sagt Bätzing, sei frühestens in<br />

einigen Wochen <strong>zu</strong> rechnen.<br />

Ohnehin ist fraglich, ob ein Produkt wie Spice verschwindet, wenn es aus den<br />

Headshops verbannt ist. Der Verkauf findet vor allem im Internet statt, daran<br />

hat sich auch in der Schweiz nichts geändert. »Das ist wie mit Pharmazeutika«,<br />

sagt Michael Bovens von der Stadtpolizei Zürich.<br />

»Sie zahlen mit Mastercard und kriegen fast alles, was Sie wollen.« Und kaum ist<br />

ein Produkt unter Kontrolle, drängt schon das nächste auf den<br />

Markt: Neben Spice bietet der Hersteller bereits eine zweite Kräutermischung an,<br />

Yucatan Fire. Konkurrenzprodukte wie Sence, Smok oder Chill-X sind inzwischen<br />

sogar bei Amazon bestellbar.<br />

Ein Internethändler, der anonym bleiben möchte, berichtet von 60 Tüten, die er<br />

täglich verschickt, und das seit Monaten. Am Anfang sei er selbst neugierig<br />

gewesen, wie die Wirkung von Spice <strong>zu</strong>stande komme. Deswegen habe er sich von<br />

jeder der angegebenen Pflanzen 100 Gramm bestellt und versucht, die Kräuter<br />

selbst <strong>zu</strong> mischen. Inzwischen glaubt er <strong>zu</strong> wissen, weshalb das nicht<br />

funktionierte: »Die psychotropen Wirkstoffe sind in den Kräutern in viel <strong>zu</strong><br />

niedriger Konzentration enthalten«, sagt er. Die Hersteller nutzten<br />

wahrscheinlich ein oder zwei billige Pflanzen als Trägersubstanz. »Darauf<br />

träufeln sie hochkonzentrierte Extrakte aus den wirklich psychoaktiven<br />

Kräutern.« Die Untersuchung einer Spice-Stichprobe des Schweizer Botanikers<br />

passt da<strong>zu</strong>: Mit dem echten Eibisch überwog in der Mischung eine Pflanze, die<br />

leicht erhältlich ist.<br />

Gleich mehrere Firmen bieten im Internet Extrakte von Kräutern wie Leonurus<br />

sibiricus an, die tatsächlich eine berauschende Wirkung haben.<br />

Ob der Internethändler recht hat oder ob die Spice-Tütchen nicht doch einen<br />

synthetischen Wirkstoff enthalten, das müssen gründliche wissenschaftliche<br />

Analysen zeigen. Bis dahin gibt es nur einen begründbaren Umgang mit der<br />

dubiosen Kräuterdroge: Finger weg!<br />

Diesen Artikel finden Sie als Audiodatei im Premiumbereich unter<br />

www.zeit.de/audio<br />

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