Ulrich Podewils Neu Delhi - DAAD
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<strong>Neu</strong> <strong>Delhi</strong><br />
und sich die Ausbildungschancen für nicht privilegierte gesellschaftliche<br />
Gruppen generell verschlechtern werden. Obwohl die Kasten durch die Verfassung<br />
offiziell längst abgeschafft wurden, befürchten einige, dass eine<br />
Quotenpolitik die Kastenidentitäten eher verstärken wird und keinen sinnvollen<br />
Beitrag zur endgültigen Überwindung des Kastensystems zu leisten vermag.<br />
Die Quotenvergabe an immer neue soziale Untergruppen fördere, so<br />
heißt es, die ohnehin fortgeschrittene Zersplitterung der indischen Gesellschaft<br />
und das kastenorientierte Besitzstandsdenken.<br />
Eine Revision der Quotenpolitik in Indien konnte indes nicht erwartet werden.<br />
Bei einem Gesamtbevölkerungsanteil der OBC-Angehörigen von 40%<br />
sind sie eine allzu wichtige Wählerschicht. Als Reaktion auf die Kritik hat die<br />
Regierung eine Erhöhung der Studienplätze um die umstrittene 27%-Quote<br />
angekündigt. Die von der Presse vorgerechneten Kosten in Höhe von über<br />
fünf Mrd. Euro, vor allem aber die kaum zu verwirklichende Rekrutierung der<br />
erforderlichen Zahl von Hochschullehrern lassen aber mehr als nur Zweifel an<br />
der Möglichkeit der Umsetzung des Versprechens aufkommen.<br />
Das höchste indische Gericht hatte im Eilverfahren verlangt, dass die<br />
Quotierung per Gesetz umgesetzt werde, ein Regierungsbeschluss reiche nicht<br />
aus. Das erforderliche Gesetz wurde im Dezember 2006 verabschiedet, am 4.<br />
Januar 2007 vom Präsidenten unterschrieben und wird vom akademischen<br />
Jahr 2007 an wirksam.<br />
Weit über 100.000 junge Inder studieren im Ausland, nur ganz wenige<br />
Ausländer dagegen in Indien (siehe Statistik). Indische Eliteeinrichtungen wie<br />
die IIT und IIM finden sich in internationalen Rankings in Spitzenpositionen.<br />
Was ist dann natürlicher als Internationalität zu stärken, indem indische<br />
Einrichtungen exportiert und ausländische importiert werden?<br />
Das IIM Bangalore wurde im Januar 2006 eingeladen, in Singapur einen<br />
Campus zu eröffnen. Damit wurde eine heftige Grundsatzdiskussion ausgelöst,<br />
in der der zuständige Erziehungsminister Arjun Singh sich gegen<br />
Ausgründungen aussprach. Mit indischem Geld dürfe nicht im Ausland ausgebildet<br />
werden, die Elitehochschulen müssten allein den indischen<br />
Nachwuchs ausbilden. Präsident Kalam, selbst Wissenschaftler, sah den internationalen<br />
Schritt als Notwendigkeit für die Qualität der Ausbildung an den<br />
IIMs: Wissenschaft brauche den Austausch. Industrievertreter bewerteten<br />
einen solchen Schritt als Vorbereitung eines wirtschaftlichen Austausches. Für<br />
einen Vertreter einer internationalen Austauschorganisation war die<br />
Diskussion bizarr; bezeichnenderweise existiert in Indien, trotz knapp zehn<br />
Mio. Studierender, keine akademische Austauschorganisation. Nach einem<br />
Monat fand man einen Kompromiss: Die IIMs dürfen „offshore“ arbeiten,<br />
müssen dann aber die Zahl der Studienplätze in Indien erhöhen.<br />
Leicht ist es auch für ausländische Hochschulen nicht, in Indien einen<br />
Campus zu eröffnen. Zwar wurden in der Vergangenheit immer wieder ausländische<br />
Hochschulen erwähnt, dabei handelte es sich aber weitgehend um<br />
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