Deutsche in der Vojvodina 1. Muttersprachliche Bezeichnung ...

Deutsche in der Vojvodina
1. Gruppenbezeichnung
2. Sprache
3. Statistik und Demographie
4. Siedlungsgebiet
5. Siedlungs- und Gruppengeschichte
6. Religion, konfessionelle Struktur
7. Politische und kulturelle Selbstorganisation
8. Schulwesen
9. Medien
1.
Muttersprachliche Bezeichnung: Donauschwaben, (Schwaben), Deutsche
Bezeichnung in der Staatssprache (Fremdbezeichnung der Mehrheitsbevölkerung):
Nemac m., Nemica f.,Nemci pl., Švabo m., Švabica f., Švabe pl., Volksdojčer m.,
Volksdojčerka f., Volksdojčeri pl.
2.
Bei der Volkszählung von 1991 haben sich nahezu 1.000 Personen mehr zur
deutschen Nationalität bekannt als zum Deutschen als Muttersprache. Kaum die
Hälfte der Personen mit deutscher Nationalität hatte Deutsch als Muttersprache,
mehr als ein Drittel gab das Serbokroatische als Muttersprache an. Von den
deutschen Muttersprachlern betrachteten sich nahezu 15% als Angehörige der
jugoslawischen Nationalität.

Nationalität der Personen mit deutscher Muttersprache 1991
Nationalität
Zahl der Personen mit
deutscher Muttersprache
2
In Prozent
deutsche 2.140 72,42
jugoslawische 434 14,69
ungarische 128 4,33
kroatische 34 1,15
slowakische 33 1,12
sonstige 186 6,29
insgesamt 2.955 100,00
Muttersprache der Personen mit deutscher Nationalität 1991
Muttersprache
Zahl der Personen mit
deutscher Nationalität
In Prozent
Deutsch 2.140 55,25
Serbokroatisch 1.415 36,53
Ungarisch 242 6,25
sonstige 76 1,96
insgesamt 3.873 100,00
3.
Bevölkerungsentwicklung
Nach der Volkszählung von 2002 verringerte sich die Zahl der Personen mit
Bekenntnis zur deutschen Nationalität nach einer bis 1991 anhaltenden Periode des
Gleichstands erneut. Allerdings beläuft sich nach Schätzungen der in der Vojvodina
tätigen deutschen Organisationen die Zahl der Personen deutscher Herkunft auf
12.000 bis 15.000.

Gesamtzahl und Anteil der Deutschen in der Vojvodina 1948 –2002
Jahr Gesamtbevölkerung
3
Zahl der Deutschen Anteil der Deutschen
Zahl Index in Prozent Index
1948 166.3212 31.821 100,00 1,91 100,00
1953 171.2619 35.290 110,90 2,06 107,70
1961 185.4935 11.432 32,39 0,62 29,91
1971 195.2533 7.243 63,36 0,37 60,19
1981 203.4772 3.808 52,57 0,19 50,45
1991 201.3889 3.873 101,17 0,19 102,76
2002 203.1992 3.152 81, 44 0,16 80,71
Altersspezifische Merkmale
Nach der Volkszählung von 2002 hatten die Deutschen mit 51,2 Jahren das höchste
Durchschnittsalter in der Vojvodina (Männer 46,4, Frauen 56,3). In ihrem Fall
bestand zudem der größte Unterschied zwischen dem Durchschnittsalter der Männer
und der Frauen, nämlich 9,9 Jahre (Gebietsdurchschnitt 3 Jahre).
Altersstruktur der Vojvodina-Deutschen 2002

65 -69
13%
70 -74
11%
60 -64
10%
>75
12%
unbek.
0%
55 -59
6%
4
0 - 4
2%
5-9
3%
10-14
3%
50 -54
5%
15 -19
4%
45 -49
7%
20 -24
3%
40 -44
7%
25 -29
3% 30 -34
35 -39
6%
4%

Stadt-Land-Verteilung
5
In der Zeit zwischen den beiden jüngsten Volkszählungen hat sich der Anteil der
Deutschen, die in der Stadt leben, weiter erhöht: 2002 lebten bereits mehr als 70% in
der Stadt.
Anteil der städtischen und ländlichen Bevölkerung 1991–2002
Wohnort Vojvodina Deutsche
1991 2002 1991 2002
Stadt 55,69 56,71 66,38 70,46
Land 44,31 43,29 33,62 29,54
4.
Verteilung nach Größe der Siedlungen
Nach der Volkszählung von 2002 lebten in 267 der 467 Siedlungen der Vojvodina
Deutsche, insgesamt 3.152 Personen. Ihr Anteil an der Bevölkerung in den einzelnen
Siedlungen überschritt nirgends 3%. Nur in sieben Siedlungen in der Vojvodina
bekannten sich mehr als 100 Personen zur deutschen Nationalität (Novi Sad 301,
Sombor 199, Subotica 176, Pančevo 172, Apatin 142, Zrenjanin 140, Vrbas 106).
Verteilung der Vojvodina-Deutschen nach Siedlungsgröße 2002:
Zahl der Deutschen Zahl der Siedlungen
1-9 216
10-19 21
20-49 17
50-99 6
100-301 7

Siedlungsstruktur
Zahl und Anteil der Batschka-Deutschen 1880–1941
Jahr Gesamtbevölkerung
6
Deutsche Anteil der Deutschen
Zahl Index in Prozent Index
1880 549.803 138.974 100,00 25,28 100,00
1910 708.275 161.760 116,40 22,84 90,35
1921 735.117 173.796 107,44 23,64 103,52
1931 784.896 178.849 102,91 22,79 96,38
1941 786.895 162.056 90,61 20,59 90,38
Zwischen 1880 und 1941 lebten drei Viertel der Batschka-Deutschen in fünf Bezirken
der West-Batschka, entweder als absolute oder relative Mehrheit. Ihre
Bevölkerungsproportion war relativ stabil: es war weder eine
Bevölkerungskonzentration noch eine Zerstreuung festzustellen.
Anteil der Deutschen in den Bezirken der Batschka an der Gesamtzahl der
Batschka-Deutschen 1880–1941
1880 1910 1921 1931 1941
Zahl der Deutschen in den fünf Bezirken 101.762 118.420 126.902 128.408 120.815
Anteil an den Batschka-Deutschen in % 73,22 73,21 73,02 71,80 74,55
Zahl und Anteil der deutschen Bevölkerung in den fünf Bezirken der Batschka
mit deutscher Mehrheit 1880–1941
1880 1910 1921 1931 1941
Bezirk Zahl % Zahl % Zahl % Zahl % Zahl %
Kula 22.806 55,91 26.196 54,39 28.264 55,82 28.679 53,63 26.780 48,23
Sombor 21.470 51,26 24.214 51,55 26.358 53,62 26.241 53,26 25.046 51,17
Odžaci 21.205 53,41 26.421 56,62 28.099 58,12 28.509 55,39 27.721 54,44
Bačka
Palanka
19.123 54,69 22.443 53,39 23.070 55,98 23.735 55,64 22.174 51,38
Apatin 17.158 42,72 19.146 41,34 2.1111 45,51 21.244 46,50 19.094 40,92
Insges. 101.762 51,52 118.420 51,45 126.902 53,83 128.408 52,94 120.815 49,27

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Außerhalb der erwähnten Gebiete lebte noch eine beträchtliche Zahl von Deutschen
in den Städten, insbesondere in Neusatz/Novi Sad. Sie machten kontinuierlich 12%
bis 13% der Batschka-Deutschen aus. Ihr Anteil an der Bevölkerung sank allerdings
von 25,33% im Jahr 1880 auf 17,20% im Jahr 1941.
Zahl der Deutschen im Bezirk Novi Sad bzw. in der Stadt Novi Sad, ihr Anteil an
der Gesamtbevölkerung und an den Batschka-Deutschen 1880–1941
Bezirk Novi
Sad
1880 1910 1921 1931 1941
Zahl % Zahl % Zahl % Zahl % Zahl %
12.696 25,83 13.132 23,71 13.990 25,63 12.941 22,59 12.369 22,60
Stadt Novi Sad 5.159 24,19 5.918 17,62 6.486 16,58 10.993 17,18 7.662 12,41
Insgesamt 17.855 25,33 19.050 21,41 20.476 21,85 23.934 19,73 20.031 17,20
Anteil 12,85 11,78 11,78 13,38 12,36
Die Deutschen im Banat hatten zwischen 1880 und 1931 einen ungefähr gleich
großen Anteil an der Gesamtbevölkerung wie in der Batschka.
Zahl und prozentueller Anteil der Banater Deutschen 1880–1931
Jahr
Gesamt-
bevölkerung
Deutsche
Anteil der
Deutschen
Zahl Index % Index
1880 464.453 110.567 100,00 23,81 100,00
1910 572.781 125.457 113,47 21,90 92,01
1921 561.988 126.512 100,84 22,51 102,78
1931 586.361 124.745 98,60 21,27 94,50
Die Deutschen im Banat stellten in keinem einzigen Bezirk eine absolute Mehrheit.
1880 überschritt ihr Anteil lediglich in zwei Städten 50%: in Weißkirchen/Bela Crkva
(6.644 Personen; 67,5%) und in Werschetz/Vršac (12.354; 55,33%) bei in der
Folgezeit abnehmender Tendenz.
Infolge der Vergeltungsmaßnahmen und der Vertreibung lebte nach dem Zweiten
Weltkrieg – nach der ersten Volkszählung der Nachkriegszeit (1948) – nur mehr ein
Bruchteil der Vojvodina-Deutschen in ihrem Geburtsland. Bei dieser Volkszählung

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ging die Zahl der Personen, die sich zur deutschen Nationalität bekannten, auf ein
Zehntel des Vorkriegsstandes zurück.
Gebietsmäßige Verteilung der Vojvodina-Deutschen 1948
Gebiet/Region
Gesamt-
bevölkerung
Deutsche Anteil der Deutschen
Anteil an den
Vojvodina-Deutschen
Batschka 832.589 10.990 1,32 34,54
Banat 607.108 18.628 3,07 58,54
Syrmien 223.515 2.203 0,99 6,92
Vojvodina 1.663.212 31.821 1,91 100,00
Die Zahl und der prozentuelle Anteil der Deutschen in der Vojvodina hat sich in den
folgenden Jahrzehnten weiter drastisch verringert, am schnellsten im Banat. In der
Batschka leben nach der Volkszählung von 2002 zwei Drittel aller Vojvodina-
Deutschen.
Gebietsmäßige Verteilung der Vojvodina-Deutschen 2002
Gebiet/Region
Gesamtbevölkerung
Deutsche
Anteil an der
Gesamtbevölkerung
Anteil an den
Vojvodina-Deutschen
Batschka 1.010.272 1.897 0,19 60,18
Banat 633.252 868 0,14 27,54
Syrmien 388.468 387 0,10 12,28
Vojvodina 2.031.992 3.152 0,16 100,00
5.
Auf dem Gebiet der heutigen Vojvodina erschienen in den ersten Jahrzehnten des
18. Jahrhunderts die ersten deutschen Siedler zuerst im Banat. Nach der
Rückeroberung von Temeschwar/Timişoara im Jahr 1717 beschloß die Regierung in
Wien, die gesamte Region als Verwaltungseinheit „Banat“ direkt den
Zentralbehörden (Hofkriegsrat und Hofkammer) zu unterstellen und Ansiedlungen in
großem Umfang durchzuführen. Bereits der erste Gouverneur, General Graf
Claudius Florimund Mercy, ließ auch umfangreiche Arbeiten zur Trockenlegung der

9
Sümpfe und zur Flußregulierung vornehmen. 1774 zählte man im Banat in den
damaligen Grenzen 220.000 Vlachen, 100.000 Serben und 53.000 Deutsche als die
drei größten ethnischen Gruppen.
Gleichfalls im 18. Jahrhundert wurden unter der Leitung der ungarischen Hofkammer
viele Deutsche auch in der Batschka angesiedelt, insbesondere entlang der Donau
und in der mittleren Batschka, u.a. in Apatin, Bačka Palanka (Deutsch-Palanka),
Crvenka (Tscherwenka), Gajdobra, Gakovo (Gakova), Filipova, Kernjaja (Kernei),
Odžaci (Hodschag) und Vrbas (Werbaß).
Zwischen den beiden Weltkriegen blieb die Siedlungsstruktur der Vojvodina-
Deutschen unverändert. Ihr zahlenmäßiger Anteil stieg nur in Temerin, Ba čka
Palanka und Sombor, insbesondere wegen der Regermanisierung von Personen, die
sich früher vor allem zur ungarischen Nationalität bekannt hatten. Aufgrund von
Schätzungen war nach dem Ersten Weltkrieg ein Drittel des Bankenkapitals in
deutschen Händen, nahezu die Hälfte der Industrie und ein Drittel des
landwirtschaftlichen Bodens. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Deutschen in
der Vojvodina wie in ganz Jugoslawien vollständig entrechtet und enteignet: Das
Präsidium des Jugoslawischen Antifaschistischen Volksbefreiungsrats traf am 21.
November 1944 den Beschluß, den deutschen Staat und die Personen deutscher
Nationalität zu enteignen (AVNOJ-Beschlüsse). Dieser Beschluß wurde am 9. Juni
1945 per Gesetz sanktioniert. Diejenigen arbeitsfähigen Deutschen, die nicht mit der
deutschen Armee geflüchtet waren, wurden nach Kriegsende zusammen mit einem
Teil der Magyaren in 41 Arbeitslager überstellt. Die Auflösung der Lager erfolgte erst
im Frühjahr 1948: 24.491 Deutsche bekamen erneut die jugoslawische
Staatsbürgerschaft. Von diesen verblieben rund 10.000 in der Vojvodina, während
die übrigen nach Deutschland auswanderten. Bei der Volkszählung des Jahres 1948
betrug die Zahl der Personen, die sich zur deutschen Nationalität bekannten 31.821
und damit rund ein Zehntel des Jahres 1910. Allerdings waren laut Schätzungen
48.000 Personen, die sich damals zur ungarischen Nationalität bekannten, auch
Deutsche. In den folgenden zwei Jahrzehnten wanderte schließlich ein Großteil der
deutschen Bevölkerung aus der Vojvodina aus.

6.
10
Die überwältigende Mehrheit der Vojvodina-Deutschen ist katholisch, aber es gibt
auch evangelische und reformierte Gläubige. Deutsche Reformierte siedelten sich
bereits zu Zeiten von Maria Theresia in der Vojvodina an und in der
Zwischenkriegszeit bestand die jugoslawische reformierte Kirche zu einem Viertel
aus deutschen Glaubensgemeinschaften mit insgesamt 55 Pfarrern.
Ähnlich entwickelte sich die Situation auch im Falle der Lutheraner. Vor dem Zweiten
Weltkrieg bildeten die Deutschen die Mehrheit der evangelischen Gläubigen. Nach
der Vertreibung der Deutschen verblieben in der evangelischen Kirche kaum mehr
deutsche Gläubige. Allerdings wurde aufgrund der Synode der evangelischen Kirche
am 17. Mai 1998 die Statuten der Kirche geändert und diese erneut als eine
Gemeinschaft der deutschen und ungarischen Gläubigen definiert. Zum
Vizepräsidenten der Synode wurde Rudolf Weiss, Vizepräsident des Deutschen
Volksverbandes, gewählt.
7.
Vor den neunziger Jahren besaßen die Deutschen in der Vojvodina keine
Organisationen und auch keine deutschsprachigen Medien. Im Jahre 2002 waren
fünf deutsche Interessenverbände registriert, und zwar in Novi Sad, Subotica,
Sremski Karlovci, Odžaci und Apatin. Als erster Verband wurde 1992 der „Deutsche
Klub Donau“ mit Sitz in Novi Sad gegründet. Bei der Organisation von Kultur- und
Unterhaltungsveranstaltungen kooperiert er mit den Verbänden der Deutschen in
Ungarn. Der Deutsche Volksverband in Subotica hielt seine Gründungsversammlung
am 18. Januar 1997 ab und wurde zwei Monate später offiziell registriert. Die
Organisation hatte 1998 200 Mitglieder. Seit dem 25. Dezember 1998 sendet der
Verband im lokalen Rundfunk wöchentlich ein halbstündiges Programm in deutscher
Sprache. Der Verein der Deutschen in Sremski Karlovci wurde ab Februar 2002
aktiv. Er organisiert Konferenzen, Ausstellungen und Unterhaltungsprogramme. Der
Deutsche Verein in Odžaci zählte Ende 2002 etwa 200 Mitglieder. Der „Adam Berenz
Verein“ in Apatin vefügt über eine Bibliothek und eine lokalgeschichtliche Sammlung.
2002 existierten 16 lokale Verbände, eine Bibliothek und ein Gesangsverein.

8.
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Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die ersten deutschsprachigen Grundschulen im
Herbst 1949 im Zemun (Semlin), Ečka (Etschka) und Padinska Skela eröffnet. 1950
erfolgte in zehn Grundschulen in der Vojvodina deutschsprachiger Unterricht und
1951 wurde an der Lehrerausbildungsstätte in Subotica ein zehnmonatiges Seminar
für Lehrer der deutschsprachigen Klassen organisiert. Nach der Auswanderung der
überwältigenden Mehrheit der Deutschen wurden diese Klassen allerdings
geschlossen. Alle in den neunziger Jahren gegründeten Vereine entfalten
bedeutende Aktivitäten in der Sprachpflege.
9.
Im Frühjahr 1948, kaum ein Monat nach dem Beginn der Auflösung der Sammellager
für Deutsche, wurde in Belgrad erstmals die deutschsprachige Zeitung Der
Schaffende herausgegeben. Die Zeitung erschien fünf Jahre lang, zuerst
zweiwöchentlich, dann wöchentlich. Nach der Einstellung ihrer Publikation gab es in
der Vojvodina ein halbes Jahrhundert lang keine deutschsprachigen
Informationsmedien. Am 25. Dezember 1998 begann der Deutsche Volksverband
wöchentlich ein halbstündiges Programm auf der Frequenz von Radio Subotica zu
senden. Der „Verein für Deutsche Sprache, Literatur und Kultur“ gibt seit 1999 die
Zeitschrift Brücken der Kultur heraus.