(421-492) (1,4 MB) - Anwaltsblatt
(421-492) (1,4 MB) - Anwaltsblatt
(421-492) (1,4 MB) - Anwaltsblatt
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
486<br />
l<br />
für beide Instanzen jeweils geltend gemachte Gebührenerhöhung<br />
nicht angefallen ist.<br />
Allerdings wird vom OLG Düsseldorf (JurBüro 1994, 348 im<br />
Anschluß an Riedel/Sußbauer, 7. Aufl., Rdnr. 12 zu § 6 BRAGO;<br />
vgl. auch OLG Frankfurt GRUR 1984, 162) die Meinung vertreten,<br />
daß die Mitglieder eines nicht rechtsfähigen Vereins im Hinblick<br />
auf das Mandatsverhältnis zu ihrem Prozeßbevollmächtigten auch<br />
dann mehrere Auftraggeber i. S. v. § 6 Abs. 1 S. 1 BRAGO seien,<br />
wenn der Anwalt die Vertretung des Vereins im Passivprozeß übernimmt.<br />
Dem vermag sich der Senat jedoch nicht anzuschließen, weil<br />
eine unterschiedliche Behandlung zum rechtsfähigen Verein – trotz<br />
der Regelung in § 54 BGB – dem Grundsatz der kooporativen<br />
Gleichbehandlung, aber auch dem Sinn von § 6 Abs. 1 BRAGO<br />
widerspricht.<br />
Richtig ist zwar, daß mangels Rechtsfähigkeit nicht der Verein,<br />
sondern über den Vorstand dessen Mitglieder Auftraggeber des<br />
Rechtsanwaltes sind, doch rechtfertigt dies allein nicht die unterschiedliche<br />
Behandlung zu einem rechtsfähigen Verein im Rahmen<br />
des § 6 Abs. 1 BRAGO, bei dem unstreitig eine Erhöhung nach<br />
dieser Bestimmung nicht in Betracht kommt.<br />
Insbesondere die weitgehende prozessuale Gleichbehandlung<br />
des nicht rechtsfähigen Vereines mit dem rechtsfähigen Verein<br />
durch den Gesetzgeber – passive Parteifähigkeit (§ 50 Abs. 2<br />
ZPO), Vollstreckbarkeit in sein Vermögen aufgrund eines Titels gegen<br />
ihn (§ 735 ZPO), Insolvenzfähigkeit (§ 11 Abs. 1 S. 2 InsO) –<br />
legt es nahe, ihn auch im Rahmen des § 6 Abs. 1 BRAGO wie den<br />
rechtsfähigen Verein zu behandeln. Dies gilt um so mehr, als nur<br />
so dem gesetzgeberischen Zweck dieser Bestimmung, die Prozeßgebühr<br />
bei mehreren Auftraggebern zu erhöhen, weil der Rechtsanwalt<br />
regelmäßig durch seine Tätigkeit für mehrere Auftraggeber<br />
mehr als sonst belastet wird (BT-Drucksache 7/2016 S. 99; 7/3243<br />
S. 7), genügt werden kann (im Ergebnis ebenso: OLG München<br />
AnwBl 1994, 471; Gerold/von Eicken, 13. Aufl., Rdnr. 12 a zu § 6<br />
BRAGO; Hansens, 8. Aufl., Rdnr. 6 zu § 6 BRAGO „Verein“;<br />
Hartmann, Kostengesetze, 28. Aufl., Rdnr. 21 zu § 6 BRAGO;<br />
Lappe, NJW 1976, 166; vgl. auch SchlHOLG JurBüro 1992, 168,<br />
das darauf abstellt, ob die Parteien des Rechtsstreits tatsächlich als<br />
eine Person oder als eine Mehrheit von Personen aufgetreten ist;<br />
auch VGH Mannheim NVwZ-RR 1993, 334).<br />
Mitgeteilt von Vizepräsident des OLG Dr. Gerold Johansson,<br />
Karlsruhe<br />
BRAGO § 6 Abs. 1 Satz 2<br />
1. Die anwaltliche Vertretung mehrerer Streitgenossen zur Abwehr<br />
rechtlich selbständiger, wenn auch inhaltsgleicher, Unterlassungsansprüche<br />
läßt eine Erhöhung der Prozeßgebühr nach<br />
§ 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO nicht eintreten.<br />
2. Ist der Unterlassungsanspruch gegen mehrere Streitgenossen<br />
auf ihre gemeinschaftliche oder gesamtschuldnerische Inanspruchnahme<br />
gerichtet, tritt die Erhöhung nach § 6 Abs. 1 Satz<br />
2 BRAGO ein.<br />
3. Die Vertretung von Grundstückseigentümern zur Abwehr<br />
einer Unterlassungsklage, die auf ein alle Grundstücke einheitlich<br />
betreffendes Zugangs- bzw. Notwegerecht gestützt ist,<br />
betrifft denselben Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit und<br />
läßt die erhöhte Prozeßgebühr nach § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO<br />
entstehen.<br />
KG, Beschl. v. 25.8.1998 – 1 W 5034/97<br />
Aus den Gründen: I. Die Kl ist Eigentümerin eines Grundstücks,<br />
zu dessen Gunsten an den Grundstücken der Bekl und der<br />
Nebenintervenientin eine öffentlich-rechtliche Baulast besteht, wonach<br />
eine als Wegerecht bezeichnete, von den Eigentümern als Zugangsweg<br />
zu ihren Grundstücken genutzte und gemeinschaftlich<br />
verwaltete Fläche als Zugang zu ihrem Grundstück zur Verfügung<br />
stehe. Im vorangegangenen Rechtsstreit nahm sie die Bekl auf<br />
Unterlassung des Versperrens des Zugangs zu ihrem Grundstück in<br />
Anspruch, wobei sie die Klage auf die Baulast, ein Notwegerecht<br />
sowie verbotene Eigenmacht stützte. Die Bekl sowie die Nebenintervenientin,<br />
die dem Rechtsstreit auf Seiten der Bekl beitrat,<br />
wurden durch einen gemeinsamen Prozeßbevollmächtigten vertre-<br />
AnwBl 8 + 9/99<br />
Rechtsprechung<br />
ten. Die Klage wurde in II. Instanz abgewiesen. Die Kosten des<br />
Rechtsstreits und der Nebenintervention wurden der Kl auferlegt.<br />
Der Streitwert wurde in beiden Instanzen auf 12.000,– DM festgesetzt.<br />
Die – nicht vorsteuerabzugsberechtigten – Bekl und die Nebenintervenientin<br />
haben zur Kostenfestsetzung für beide Instanzen jeweils<br />
auch eine zutreffend berechnete Erhöhungsgebühr nach § 6<br />
Abs. 1 Satz 2 BRAGO zuzüglich Mehrwertsteuer, insgesamt<br />
3.517,85 DM, angemeldet. Der Rechtspfleger des LG hat den Antrag<br />
insoweit zurückgewiesen. Der hiergegen gerichteten Erinnerung<br />
haben der Rechtspfleger sowie die zuständige Kammer des<br />
LG nicht abgeholfen.<br />
II. Das Rechtsmittel ist gem. § 11 Abs. 1, Abs. 2 Satz 4 und 5<br />
RPflG i. V. m. § 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO zulässig. Es ist auch begründet.<br />
Dem gemeinsamen Prozeßbevollmächtigten der Bekl und<br />
der Nebenintervenientin sind nach § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO erhöhte<br />
Prozeßgebühren einschließlich der auf sie entfallenden Mehrwertsteuer<br />
in der beantragten Höhe entstanden und daher von der<br />
Kl zu erstatten.<br />
Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO erhöht sich die Prozeßgebühr<br />
um 3/10 durch jeden weiteren Auftraggeber bis zu zwei vollen<br />
Gebühren, wenn der Rechtsanwalt in derselben Angelegenheit<br />
für mehrere Auftraggeber tätig wird und der Gegenstand der<br />
anwaltlichen Tätigkeit derselbe ist. Diese Voraussetzungen sind<br />
hier gegeben.<br />
Bei der Vertretung der Bekl handelt es sich um eine Tätigkeit<br />
in derselben Angelegenheit i. S. d. § 13 Abs. 2 Satz 1 BRAGO bereits<br />
deshalb, weil diese als Streitgenossen in einem einheitlichen<br />
Rechtsstreit in Anspruch genommen wurden. Hinsichtlich der<br />
Nebenintervenientin ist diese Voraussetzung ebenfalls gegeben, da<br />
ihr rechtliches Interesse auf die Abwehr des Unterlassungsbegehrens<br />
der Kl aus den gleichen Gründen gerichtet war und die erteilten<br />
Aufträge daher nach Inhalt und Zielrichtung so weitgehend<br />
übereinstimmten, daß von einem einheitlichen Rahmen der Tätigkeit<br />
gesprochen werden kann (vgl. OLG Koblenz, JurBüro 1990,<br />
42 m. w. N.).<br />
Auch die erforderliche Gleichheit des Gegenstandes der anwaltlichen<br />
Tätigkeit ist gegeben. Gleichheit des Gegenstandes i. S.<br />
v. § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO liegt vor, wenn der Rechtsanwalt für<br />
die mehreren Auftraggeber wegen desselben Rechts oder Rechtsverhältnisses<br />
tätig wird, wobei der Begriff des Rechtsverhältnisses<br />
im Prozeß weitgehend dem des Streitgegenstandes entspricht (vgl.<br />
SchlHOLG, JurBüro 1980, 1505/1506). Im Fall des Auftrages zur<br />
Rechtsverteidigung wird der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit<br />
dabei durch den gegnerischen Angriff bestimmt. Daher liegt Gegenstandsgleichheit<br />
vor, wenn mehrere Personen als Gesamtschuldner<br />
in Anspruch genommen werden oder das Rechtsschutzziel<br />
auf ihre gemeinschaftliche Inanspruchnahme gerichtet ist.<br />
Hingegen ist Gegenstandsverschiedenheit gegeben, wenn mehrere<br />
Personen auf jeden von ihnen selbständig betreffende und unabhängig<br />
voneinander zu erfüllende – wenn auch inhaltsgleiche –<br />
Leistungen in Anspruch genommen werden (vgl. zu Vorstehendem<br />
OLG Düsseldorf, JurBüro 1996, 584; MDR 1998, 990; Gerold/<br />
Schmidt/von Eicken, BRAGO, 13.Aufl., § 6 Rdnr. 25 m. w. N.).<br />
Diese Grundsätze gelten auch für die Inanspruchnahme mehrerer<br />
Streitgenossen auf Unterlassung. Auch dann ist danach zu unterscheiden,<br />
ob gegen jeden der Streitgenossen rechtlich selbständige,<br />
sie unabhängig voneinander treffende Unterlassungsansprüche<br />
geltend gemacht werden oder das Rechtsschutzziel auf ihre gemeinschaftliche<br />
oder gesamtschuldnerische Inanspruchnahme gerichtet<br />
ist, und nur in den erstgenannten Fällen Verschiedenheit der<br />
Gegenstände anzunehmen (ebenso OLG Düsseldorf, JurBüro 1994,<br />
544/545 betreffend Verbote, ein Grundstück zu betreten; HansOLG<br />
Hamburg, JurBüro 1989, 64, und OLG Köln, JurBüro 1993, 671,<br />
betreffend die Unterlassung von Behauptungen; OLG Karlsruhe,<br />
JurBüro 1992, 239).<br />
Vorliegend bestand der Streitgegenstand in der Geltendmachung<br />
eines einheitlich gegen alle Bekl gerichteten Anspruchs auf<br />
Unterlassung des Versperrens des Zugangs zum Grundstück der Kl<br />
auf dem über ihre Grundstücke verlaufenden und von ihnen als Gemeinschaftsfläche<br />
verwalteten Zugangsweg, vorrangig gestützt auf<br />
die zugunsten ihres Grundstücks auf diesen Grundstücken bestehende<br />
öffentlich-rechtliche Baulast (Wegerecht), sodann auf ein<br />
Notwegerecht nach § 917 BGB und verbotene Eigenmacht. Der