9. September, 2011 8. September 2011 8.30-9.00 Empfan
9. September, 2011 8. September 2011 8.30-9.00 Empfan
9. September, 2011 8. September 2011 8.30-9.00 Empfan
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<strong>8.</strong> <strong>September</strong> <strong>2011</strong><br />
Kritischer Diskurs und Sprachvariation<br />
Doktorandentagung Suczawa, den <strong>8.</strong><strong>9.</strong> <strong>September</strong>, <strong>2011</strong><br />
<strong>8.</strong>30<strong>9.</strong>00 <strong>Empfan</strong>g und Registrierung (Aula USV, Gebäude E)<br />
<strong>9.</strong>00<strong>9.</strong>30 Eröffnung<br />
<strong>9.</strong>3011.00 Plenumvorträge der keynote speakers (Aula USV, Gebäude E)<br />
• Prof. univ. dr. Hans Wellmann, Universität Augsburg, Zur Stilistik privater Tagerbücher<br />
• Prof. univ. dr. Ana Ruiz, Universidad Autónoma de Madrid, Intertextualidad en literatura intercultural y literatura<br />
digital. Nuevos lectores para un mundo en cambio<br />
• Prof. univ. dr. Cornel Munteanu, Universitatea Jagiellon, Cracovia, Polonia, Discurs i metod în eminescologie<br />
11.0011.10. Pause<br />
11.1011.20 Raum D. Leonida (Gebäude D) Begrüssungswort von der Seite des<br />
GermanistikLehrstuhls zu Suczawa: Raluca DimianHergheligiu – 10 Min<br />
Sektion1 (11.2013.00) Raum D. Leonida (Gebäude D): Moderatorin: Lekt. Dr. Raluca Dimian<br />
Hergheligiu<br />
1. Prof. Dr. Martin Maurach (Universität Kassel, Deutschland): „Vom Übersetzen war nicht<br />
im Traume die Rede“ Zu Oskar Pastiors Poetikvorlesungen und poetischer Praxis<br />
2. Prof. Dr. Ronny Schulz (TU Berlin, Deutschland): Intermedialität und dichterisches<br />
Selbstbewusstsein – Figurengedichte als Konkurrenz und als Ausgangspunkt von<br />
plastischen Artefakten<br />
3. Elena Velescu (EPHE Paris/Universität für Agrarwissenschaft und Tiermedizin “Ion<br />
Ionescu de la Brad“ Iasi): Die Naturkatastrophe im 1<strong>8.</strong> Jahrhundert, zwischen<br />
Faszination und Schrecken in der Italienischen Reise von J. W. von Goethe<br />
4. Alina Chirila (Universität „Alexandru Ioan Cuza“ Iasi): Carmen Sylvas Pelesch Märchen<br />
nicht nur als PropagandaMittel<br />
5. Iulia Zup (Universität „Alexandru Ioan Cuza“, Iasi): Die ersten Canettschen Charaktere:<br />
Commedie humaine an Irren<br />
6. Daniela Sbiera (Universität „Stefan cel Mare“ Suceava): Fremdheit im Spannungsfeld<br />
von Faszination und Angst am Beispiel von Thomas Manns Tod in venedig<br />
7. Laura Mihaileasa (Assist. Dr., Univ. „Stefan cel Mare“ Suceava): Bemerkungen zur<br />
Aufrichtigkeit und Authentizität des Thomas Mannschen Tagebuchs
1515.50 Raum D. Leonida (Gebäude D) Workshop Prof. Dr. Hans Wellmann<br />
(Universität Augsburg): Textanalyse von Filmkritiken. Zur Rezeption von Friedrich<br />
Dürrenmatts "Der Richter und sein Henker".<br />
15.50 16.00 – Kaffeepause<br />
Sektion 2 (16.0017.00) Raum D. Leonida: Moderator: Prof. Dr. Martin Maurach<br />
1. Bozena Ana Badura (University of Virginia, U.S.A.): Die Darstellung der Gleichzeitigkeit<br />
in der Gegenwartsliteratur<br />
2. Carl Mohr (Universität „Stefan cel Mare“, Suceava): Überlegungen zur adäquaten<br />
Sprachmittlung in der interkulturellen Kommunikation<br />
3. Elena Ioana (Universität „Alexandru Ioan Cuza“ Iasi): Vom Strukturalismus zum<br />
Poststrukturalismus. Evolution der linguistischen und kommunikationellen Ethiken im<br />
Europa des 20. Jahrhunderts<br />
Sektion 3 (17.151<strong>8.</strong>30) Raum D. Leonida, Gebäude D: Moderatorin: Doz. Dr.<br />
Irina Osovska<br />
1. Oana VieruGorbanescu (Universität „Al. I. Cuza“ Iasi): Christoph Hein – Rezeption<br />
seiner Prosa – Werke vor der Wende<br />
2. Alexandra Chiriac ( Universität „Al. I. Cuza » Iasi) : Die einheitliche Schrift und die<br />
babylonische SpracheMuschgs. Zur Schriftlichkeit und Mündlichkeit<br />
3. Raluca Dimian Hergheligiu (Universität „Stefan cel Mare“, Suceava): Literatur und<br />
Fotografie<br />
<strong>9.</strong> <strong>September</strong> <strong>2011</strong><br />
Sektion 4 (<strong>8.</strong>3010.30) Raum D. Leonida (Gebäude D): Moderator: Prof. Dr. Hans<br />
Wellmann<br />
1. Yuliya Matskulyak (Nationale Universität „Iuri Fedkovicz“, Czernowitz):<br />
Funktionieren der Hauptwörter mit Sem „Person“ in deutschen Komposita<br />
2. Iryna Osovska (Nationale Universität „Iuri Fedkovicz“, Czernowitz): Sprachliche<br />
Klischees als Repräsentanten des konfliktären verhaltens im deutschsprachigen<br />
Familiendiskurs<br />
3. Mihai Crudu/Raluca Boiciuc (Philadelphia Schule, Suceava): Zur<br />
mannigfaltigen Versprachlichung des Verbes “Sterben” durch euphemistische bzw.<br />
Dysphemische Phraseologismen
4. Larysa Oleksyshyna (Nationale Universität „Iuri Fedkovicz“, Czernowitz,<br />
Ukraine): Okkasioneller Gebrauch von Tiervergleichen in literarischen Werken<br />
5. Tatiana Kononova (Universität Balti, Moldova): Zur Bildung der kommunikativen<br />
soziolinguistischen Kompetenz anhand von Funktionsverbgefügen<br />
6. Patricia Serbac (Medizinische Universität Tg. Mures): Rumäniendeusch:<br />
Interferenzerscheinungen im Bereich des Unterrichts und des Hochschulwesens
ÜBERLEGUNGEN ZUR ADÄQUATEN SPRACHMITTLUNG IN DER<br />
INTERKULTURELLEN KOMMUNIKATION<br />
Carol Mohr<br />
Universitatea „Ştefan cel Mare”, Suceava / Romania<br />
Carl@Mohr.ro<br />
Solomon Marcus susţine, pe bună dreptate, că în cultura românească a existat mereu un „decalaj între<br />
capacitatea de creaţie şi capacitatea de comunicare cu lumea, cea din urmă rămânând mereu inferioară celei dintâi”.<br />
Este greu de cuantificat în ce măsură această stare de fapt se datorează neglijenţei acordate de personalităţile culturii<br />
româneşti modului în care creaţia lor ar fi trebuit transmisă comunităţilor culturale internaţionale sau insuficientei<br />
calificări a mediatorilor lingvistici din spaţiul cultural românesc. Prezenta lucrare cuprinde câteva consideraţii<br />
privind conceptul de „mediere lingvistică adecvată”, redate in limba germana… dar într-o formă compatibilă cu<br />
„glosocosmosul” românesc.<br />
Cuvinte cheie: (EN) interculturality, language mediation, fidelity, adequacy.<br />
Erst seit einigen Jahren wird das Syntagma „mediere lingvistica“ (Sprachmittlung) in der<br />
rumänischen Sprache, als Oberbegriff für „Übersetzen“ und „Dolmetschen“, verwendet. Allerdings,<br />
kommt der Ausdruck hauptsächlich in aus anderen Sprachen übersetzten Texten und nicht in originalen,<br />
kreativen rumänischen wissenschaftlichen Arbeiten vor. Auch im rumänischen Sprachusus ist der<br />
Ausdruck wenig verbreitet. Was adäquate Sprachmittlung bedeutet, wird in sehr wenigen rumänischen<br />
Arbeiten kohärent und korrekt erklärt. Manche rumänischen Gelehrten behaupten, dass es in der<br />
rumänischen Kultur, nach wie vor, eine „Phasenverschiebung“ zwischen der Schöpfungs- und der<br />
Kommunikationsfähigkeit gibt. Solomon Marcus, zum Beispiel, behauptet, dass „der gesamte<br />
Metabolismus zwischen der rumänischen Kultur und anderen Kulturen vernachlässigt wurde“<br />
[MARCUS, <strong>2011</strong>: 30]. Markus erwähnt mehrere namhafte rumänische Kulturschöpfer, die nicht die<br />
Bedeutung der Bekanntmachung Ihrer Ideen in internationalen Fachkreisen erkannt haben und deswegen<br />
eine Teilnahme am „Weltwettbewerb der Werte“ verfehlt haben (darunter Lucian Blaga, C. Rădulescu-<br />
Motru, E. Lovinescu, G. Călinescu, Tudor Vianu. C. Noica). Aber sollte diese Verfehlung nicht auch die<br />
mangelhafte Zusammenarbeit zwischen rumänischen Kulturschöpfern und Kultur- bzw. Sprachmittlern<br />
oder die unausreichende Qualifikation rumänischer Sprachmittler als Ursache haben? Die vorliegende<br />
Arbeit enthält einige allgemeine Überlegungen über den Begriff „adäquate Sprachmittlung“, dargestellt<br />
in einer Form, die mit dem rumänischen Glossokosmos und der typisch- traditionellen „rumänischen<br />
Denkweise“ kompatibel sein könnte.<br />
Sowohl das Übersetzen als auch das Dolmetschen haben Äquivalenzen 1 als Grundlage. Es<br />
handelt sich aber nicht um Äquivalenzverhältnisse im mathematischen Sinne, die gleichzeitig reflexiv,<br />
symmetrisch und transitiv sein müssen. Außerdem, kann der Übersetzungs- bzw. Dolmetschprozess nicht<br />
durch eine bijektive mathematische Funktion modelliert werden, denn dass würde voraussetzen,<br />
dass kein Wort / Syntagma der Zielsprache das Äquivalent mehrerer Worte / Syntagmen der<br />
Ausgangsprache ist<br />
und zugleich,<br />
dass jedes Wort / Syntagma der Zielsprache das Äquivalent eines Wortes / Syntagmas der<br />
Ausgangsprache darstellen soll. Diese Bedingungen sind bei keiner Sprachkombination gegeben. 2<br />
Wenn man hypothetischerweise alles, was je in einer Sprache A geschrieben und gesprochen wurde, in<br />
eine Sprache B übersetzen bzw. dolmetschen könnte, würde sich daraus nicht die gesamte Sprache B<br />
ergeben, sondern nur das Bild der Sprache A in der Sprache B. Egal welche Sprachkombination A – B<br />
man wählen würde, ist das Bild der Sprache A in der Sprache B nicht identisch mit der Sprache B.<br />
1 Äquivalenz ist ein Grundbegriff der Übersetzungswissenschaft. Jedoch ist der Begriff in der Fachliteratur nicht<br />
eindeutig definiert oder, besser gesagt, es gibt keine Definition, die von allen namhaften<br />
Übersetzungswissenschaftlern akzeptiert wurde. Es gibt Kontroversen und fast so viele Definitionen, wie<br />
theoretisierende Übersetzungswissenschaftler (z.B. J.C. Catford, E.A.Nida, H.G. Hönig u. P. Kussmaul, K. Reiss u.<br />
H.J. Vermeer, M. Snell – Hornby, G. Jäger, W. Koller). Obwohl jede Begriffsdefinition aus einer gewissen<br />
Perspektive interessant ist, bringt die Heterogenität der Übersetzungstheorien und Definitionen nicht nur Nutzen<br />
sondern auch Verwirrung bei den praktizierenden Übersetzern.<br />
2 Zum Beispiel, deutsche Worte wie gemütlich, keusch, Heimat können nicht immer vollinhaltlich (oder durch ein<br />
und dasselbe Wort) in anderen Sprachen übersetzt werden.
Aufgrund der unmöglichen Modellierung der Übersetzungs- und Dolmetschprozesse als bijektive<br />
mathematische Funktion, kann man weiter behaupten (und demonstrieren), dass durch die<br />
Rückübersetzung in die Sprache A des Bildes der Sprache A in der Sprache B nicht die gesamte und<br />
unverzehrte Sprache A wieder rekonstruiert wird. Eine Funktion die keine Bjektion ist, kann nicht<br />
invertiert werden und hat also keine Umkehrfunktion. Diese Auslegung kann partikularisiert werden, und<br />
zwar: selten ergibt sich durch Rückübersetzung bzw. Rückverdolmetschung eines<br />
Sprachmittlungsproduktes (wie, zum Beispiel, Übersetzung eines Textes oder Verdolmetschung eines<br />
Sprechaktes) ein Produkt, welches identisch mit dem ursprünglichen Gegenstand der<br />
Sprachmittlungstätigkeit ist.<br />
Unter Berücksichtigung dieser Aspekte, kann festgestellt werden, dass Äquivalenzen im<br />
Sprachmittlungsprozess zwischen jeglichen Sprachen A und B nicht auf Eindeutigkeit beruhen.<br />
Andrerseits ist Eindeutigkeit kein Attribut einer natürlichen Sprache (schon wegen der spracheigenen<br />
Synonymie bzw. Homonymie und Polysemie, geschweige von Phraseologismen, die kontext-, situations-<br />
oder traditionsgebunden sind). Da es keine eindeutigen Zuordnungen gibt, müssen Äquivalenzen<br />
zwischen den Bestandteilen zweier Sprachsysteme durch ein Auswahl- und Optimierungsprozess<br />
festgesetzt werden. Jede Prozessoptimierung erfolgt aufgrund eines oder mehrerer Kriterien. In der<br />
Sprachmittlung, muss man, meines Erachtens, mindestens zwei Hauptkriterien berücksichtigen: Fidelität<br />
und Adäquatheit. Fidelität ist die inhaltliche, ästhetisch-expressive und/oder aufrufbezogene<br />
Übereinstimmung des Ausgangstextes mit dem Zieltext. Adäquatheit bezieht sich auf die<br />
Übereinstimmung der im Zieltext verwendeten Sprachelemente und Strukturen mit den System- und<br />
Normeigenschaften der Zielsprache, die einen bestimmten Sprachusus in einer konkreten<br />
Kommunikationssituation voraussetzen. 3<br />
Das Ergebnis eines Sprachmittlungsaktes (von Reiss und Vermeer „Translat“ genannt), muss<br />
sowohl die Erfordernisse der Fidelität, als auch die Erfordernisse der Adäquatheit erfüllen. Im idealen<br />
Fall, sollte eine Übersetzung oder Verdolmetschung, nach beiden Kriterien beurteilt, optimal sein.<br />
Praktisch aber ergibt sich diese Situation genug selten. In den meisten Fällen, stimmt das<br />
Fidelitätsoptimum mit dem Adäquatheitsoptimum nicht überein. Sollte sich der Sprachmittler für das<br />
Fidelitätsoptimum entscheiden, besteht die Gefahr der deformierten Wahrnehmung (anders gesagt: Der<br />
Leser / Zuhörer, der in der Wirklichkeitserkenntnisart seiner eigenen Sprache verwurzelt ist, deutet falsch<br />
die Informationen, Gefühle und/oder Aufrufe, die der Schreiber / Sprecher zum Ausdruck gebracht hat).<br />
Falls sich aber der Sprachmittler für das Adäquatheitsoptimum entscheidet, besteht die Gefahr des<br />
„Verrats“ durch ungenaue Wiedergabe des in der Ausgangssprache Geschriebenen oder Gesagten.<br />
Selbst die Optimierung des Sprachmittlungsprozesses nach Einzelkriterien ist komplex, jedoch<br />
wesentlich komplizierter ist das Auffinden eines „Optimum – Optimorum“, das zwar nicht einen so<br />
hohen Fidelitätsgrad aufweist, wie das Fidelitätsoptimum, und auch keinen so hohen Adäquatheitsgrad,<br />
wie das Adäquatheitsoptimum, aber dafür am besten der konkreten Kommunikationssituation entspricht.<br />
In der Übersetzungspraxis, wird in erster Linie die Gewährleistung der Fidelität angestrebt (z.B., die<br />
semantische Fidelität). Aspekte betreffend die Adäquatheit werden konsequent nur von gelehrten,<br />
gebildeten und erfahrenen Sprachmittlern verfolgt, und von diesen gibt es in Rumänien sehr wenige,<br />
besonders für die Sprachkombination Rumänisch – Deutsch. In Rumänien (aber nicht nur) sind die<br />
Sprachmittler, die wirklich fähig sind, professionell zu arbeiten, nur eine geringe Quote von der Zahl<br />
derer, die dieses Gewerbe ausüben. Meistens übersetzt man Wörter und nicht Begriffe, Sätze und nicht<br />
Ideen. Man konzentriert sich fast ausschließlich auf das Verstehen und die Wiedergabe von Wörtern,<br />
Syntagmen oder Sätzen und bemüht sich kaum, ständig den nichtsprachlichen Wissensbestand, der in<br />
Texten oder in Sprechakten enthalten ist, zu begreifen. Aus diesem Grund, besteht die Gefahr, dass der<br />
Sprachmittler die Architektur des Textes nicht versteht und deswegen falsche Inhalte, Strukturen und<br />
Formen in der Zielsprache aufbaut. Viele Übersetzer arbeiten nicht in der Art in der ein Sprach-, Kultur-<br />
und Wissensmittler arbeiten sollte, sondern wie Sekretärinnen und Sekretäre, denen man den Auftrag<br />
gibt: „Tippen Sie diesen Text auf Rumänisch, Deutsch und Englisch“.<br />
3 Fidelität und Adäquatheit sind Begriffe, die wir bei Reiss und Vermeer finden [REISS & VERMEER, 1991].<br />
Diese Übersetzungswissenschaftler formulieren u.a. eine „Kohärenzregel („die vom Translator produzierte<br />
Nachricht“ muss „mit dem Zielrezipientensituation kohärent interpretierbar sein [REISS & VERMEER, 1991: 113])<br />
und eine „Fidelitätsregel“ („Eine Translation strebt nach kohärenten Transfer eines Ausgangstextes [REISS &<br />
VERMEER, 1991: 114]). Bei Reiß und Vermeer, bezieht sich Fidelität auf das Verhältnis zwischen Ausgangstext<br />
und Zieltext und Adäquatheit auf die konsequente „Beachtung eines Zweckes (Skopos)“ [REISS & VERMEER,<br />
1991: 139].<br />
2
Zur Zeit, befasst sich eine Parawissenschaft, die erst seit 1972 den Namen Translatologie (auf<br />
Französisch – „traductologie“) trägt 4 , mit der Forschung der Sprachmittlung. Die Translatologie wird von<br />
manchen als echte Wissenschaft betrachtet (und auch „Übersetzungswissenschaft“ genannt), jedoch,<br />
meines Erachtens nach, hat die Translatologie noch nicht das Niveau der Wissenschaftlichkeit voll<br />
erreicht, denn es wird noch nicht genug systematisch und methodisch nach neuen Erkenntnissen gesucht<br />
und noch zu viel empirisch gearbeitet. Fast jeder namhafte Übersetzungswissenschaftler scheint vom<br />
neuen anzufangen, ohne Aspekte des bereits bestehenden Fachwissens zu verwerten oder deren<br />
Unwissenschaftlichkeit eindeutig zu demonstrieren. Echte Wissenschaft fängt an, wann „Adamismus“<br />
aufhört.<br />
Die Translatologie hat einen starken interwissenschaftlichen Charakter und ist in erster Linie mit<br />
der Philologie, der Sprachwissenschaft und den Kommunikationswissenschaften eng verknüpft. Und weil<br />
verschiedene Sprachen aus verschiedenen Kulturen entsprungen sind, ist die Kommunikation durch<br />
Übersetzungen und Verdolmetschungen eine interkulturelle Kommunikation par exellence.<br />
Bei der Sprachmittlung muss man immer die Quasikonsubstantialität von Sprache und<br />
Kulturraum (in dem die Sprache entstanden ist, als Kommunikationsmittel verwendet wird und typische<br />
Kommunikationsmodelle schafft) berücksichtigen. So wie die Linguistik lehrt, ist jede Sprache nicht nur<br />
ein Kommunikationsmittel, sondern auch ein einzigartiger Wahrnehmungs-, Interpretations- und<br />
Symbolisierungsmodus des Daseins und der Weltelemente. Also muss man nicht nur Äquivalenzen<br />
zwischen Elementen, Strukturen und Normen zweier Sprachsysteme, sondern auch Äquivalenzen<br />
zwischen Elementen zweier Weltbilder finden. Die möglichen Äquivalenzen dieser Art sind aber nicht<br />
immer Identitäten, sondern bloß Ähnlichkeiten. Die selben Sachen und Erscheinungen werden in<br />
verschiedenen Sprachen nicht nur durch verschiedene Lautfolgen symbolisiert, sondern können auch<br />
verschiedene Eigenschaften in der subjektiven Welterkenntnisart jeweiliger Sprachen haben. Ein und<br />
dieselbe Sache, die, zum Beispiel, im „rumänischen Glossokosmos“ schön und gut ist, kann im<br />
„deutschen Glossokosmos“ als hässlich und schlecht erscheinen.<br />
So wie jede kulturelle oder wissenschaftliche Tätigkeit, benötigt auch die Sprachmittlung<br />
universale Prinzipien, aus welchen man Theorien und Gesetzmäßigkeiten ableiten können soll. 5 Obwohl<br />
man immer Sprachmittlungskonstellationen entdecken wird, in welchen man solche Prinzipien nicht<br />
konkret anwenden kann, bedeutet es nicht, dass universale Prinzipien Schimären, ohne jeglicher<br />
pragmatischen Bedeutung sind. So wie Einsteins Relativierung von Zeit und Raum und die riemannsche<br />
Geometrie nicht die Wahrnehmung der Menschen, dass die Gegenstände aus dem Umfeld sich immer in<br />
einem euklidischen Raum, nach newtonschen Gesetzen bewegen, geändert hat, ist es vielleicht sinnvoll,<br />
dass man zu mindestens in dieser Protophase der Translatologie erstmals Theorien auf einfachen aber<br />
allgemein anerkannten Grundsätzen, unter Verwendung von eindeutigen Begriffen, errichten soll. Ein<br />
solches Prinzip könnte lauten: „Was man nicht versteht, kann man nicht übersetzen“ 6 . Eine<br />
komplementäre Behauptung wäre: „Wenn man etwas verstanden hat, ist es nicht gewiss, dass man das<br />
Verstandene auch in einer bekannten Sprache übersetzen kann“.<br />
Diese Grundsätze müssen sich die Sprachmittler aneignen, bevor sie komplizierte<br />
übersetzungswissenschaftliche Theorien und Modelle, Fachsprachen und terminologische Systeme zu<br />
lernen und anzuwenden beginnen. Es muss aber betont werden, dass Verstehen nicht einfache<br />
Bedeutungserfassung ist, sondern viel mehr ein inhaltliches Begreifen von Sachlagen und Verhältnissen.<br />
Die Bedeutungserfassung ist kein komplettes Verstehen, und, in vielen Fällen, auch kein „für die<br />
Durchführung der Übersetzung ausreichendes Verstehen“.<br />
Selbstverständlich müssen die Prinzipien einer kulturellen oder wissenschaftlichen Tätigkeit (und<br />
die Sprachmittlung ist eine Tätigkeit dieser Art) auf Wahrheit beruhen. Absolute Wahrheit ist aber ein für<br />
die permanente Orientierung der Kultur- und Wissensakte zu abstrakter Begriff. Deswegen ist die<br />
Schöpfung und Annahme eines partikulären Modells der Wahrheit, ähnlich, zum Beispiel, der<br />
geometrischen Postulate, sehr sinnvoll. Und Paul Ricoeur formuliert mindestens zwei solche Postulate:<br />
a) „Das Unübersetzbare“ gibt es nicht.<br />
4<br />
Die Bezeichnung „Translatologie“ wurde zum ersten mal vom französischen Germanisten, Übersetzer und<br />
Philosophen Jean-René Ladmiral verwendet.<br />
5<br />
Magda Jeanrenaud hat ihr übersetzungswissenschaftliches Buch besonders ausdrucksvoll betitetelt: „Universaliile<br />
traducerii“ [JEANRENAUD, 2006].<br />
6<br />
Im Aufsatz „Traducerea filozofiei, filozofia traducerii”(einführende Studie zu einem Werk Ricoeurs [RICOEUR,<br />
2005:9], übersetzt und zitiert Magda Jeanrenaud folgende Behauptung der Katharina Reiß: „Necesitatea de a putea<br />
reconstitui raţionamentul filozofului se poate reduce la principiul care se aplică la orice tip de text: nu poţi traduce<br />
fără sa înţelegi“.<br />
3
) „Die perfekte Übersetzung“ gibt es auch nicht. [RICOEUR, 2005: 131-132].<br />
Um die aktuellen Herausforderungen der Übersetzungswissenschaft besser zu konturieren,<br />
macht es vielleicht Sinn, einen kurzen Blick in die Vergangenheit des Sprachmittlungsgewerbes zu<br />
werfen. Übersetzen und Dolmetschen sind uralte Tätigkeiten. Da man in mehreren Gemeinsprachen eine<br />
andere Kategorie von Dienstleistungen als das „älteste Gewerbe der Welt“ bezeichnet, ist es vielleicht<br />
nicht unrichtig zu behaupten, dass Sprachmittlung das „zweitälteste Gewerbe der Welt“ sein könnte.<br />
Selbstverständlich haben die Sprachmittler der vergangenen Jahrhunderte über methodische Aspekte und<br />
theoretische Regelungen ihrer Arbeit überlegt. Es wurden aber keine eigentlichen Übersetzungstheorien<br />
überliefert (sondern vielmehr Erklärungen einzelner Übersetzungsprobleme). Jedoch findet man in<br />
älteren sprachwissenschaftlichen und philosophischen Werken Ansätze, die den Übersetzern großen<br />
Nutzen bringen. Seit lange hat man gewusst, aber erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde<br />
theoretisiert, dass Sprachkompetenz und übersetzerische Kompetenz nicht identisch sind, obwohl die<br />
beiden Begriffe keine durchschnittsfremde Inhalte und Umfänge haben. Seit den achtziger Jahren<br />
erschienen zahlreiche Übersetzungstheorien. Einen guten Überblick finden wir bei Radegundis Stolze. In<br />
ihrer Arbeit „Übersetzungstheorien: eine Einführung“ ist ein lutherischer Spruch ausgelegt, der ohne<br />
weiters, neben den obenerwähnten Prinzipien Ricoeurs, als Postulat der Übersetzungswissenschaften<br />
dienen könnte: „«rem tene, verba sequentur» (erfasse die Sache, dann folgen die Worte selbst)“<br />
[STOLZE, 2005:19]. Stolze erwähnt auch den lutherischen Begriff „Verdeutschen“, mit dem ich mich in<br />
meiner Übersetzertätigkeit viel auseinandergesetzt habe 7 . Die in den letzten Jahrzehnten verfassten<br />
Übersetzungstheorien sind sehr verschieden, aber nur manche von ihnen sind in der effektiven<br />
Übersetzungsarbeit von Nutzen (mir, zum Beispiel, half in der Übersetzungsarbeit die kontroversierte<br />
Skopostheorie von Reiß und Vermeer [REISS & VERMEER, 1991] 8 ). Sollte sich aber ein Übersetzer die<br />
Mühe geben all diese Theorien gründlich zu studieren und dazu Anwendungsmöglichkeiten zu<br />
erarbeiten, würde im keine Zeit mehr zum übersetzen bleiben. Eine einheitliche und integrale<br />
Übersetzungstheorie, eine „Bibel des Übersetzens“ gibt es noch nicht und wird anscheinend nur<br />
deklarativ angestrebt.<br />
Dafür aber verbreiten sich mehr und mehr Begriffe wie Sprachindustrie und<br />
Übersetzungsindustrie. In der Praxis, bezieht man sich immer weniger auf den Begriff Übersetzung als<br />
Kunst und immer öfter auf Übersetzung als Industrie. Und weil eine Industrie ohne Normen nicht<br />
funktionieren kann, hat man auch für den Übersetzungsbereich Normen geschafft. Es handelt sich um<br />
sogenannte Qualitätsnormen, die aber vielen professionellen Übersetzern zu verworren und nicht adäquat<br />
erscheinen. Übersetzungsnormen scheinen mehr denen, die mit Übersetzungen Handel treiben, zu dienen,<br />
als denen, die Übersetzungen produzieren. Bis vor einigen Jahren verwendete man in der deutschen<br />
Übersetzungsindustrie die Norm DIN 2345, aufgrund welcher man angeblich die Qualität der<br />
Übersetzung und das Verhältnis zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer regeln sollte. Professionelle<br />
Übersetzer betrachteten die Einführung dieser Norm (in 1998) nicht als wichtige Neuerung des<br />
Übersetzungsgewerbes. Die genannte Deutsche Norm wurde dann durch die europäische Variante DIN<br />
EN 15038 abgelöst. Meine Wahrnehmung ist das freiberufliche Einzelübersetzer auch für diese Norm<br />
wenig Interesse zeigen, indem Verbände und Übersetzungsfirmen, welche mit Sprachmittlungsdienste<br />
handeln, die Norm, je nach Auftraggeber oder Art des Auftrags, beliebig interpretieren. Aber, um zu<br />
leben, müssen sich die Übersetzer auch die Fähigkeit entwickeln, das Produkt ihrer Arbeit zu verkaufen.<br />
Dazu hilft, mehr als die Norm und die verwirrenden Normkonformitätsnachweise, ein einfaches Prinzip:<br />
7 Luthers Übersetzung der Bibel ist heute noch ein maßgebendes Werk der Übersetzungskunst. Es ist zwar keine<br />
perfekte Übersetzung, jedoch, ohne zu spekulieren, kann behauptet werden, dass deutsche Sprache und deutscher<br />
Geist heute anders gewesen wären, wenn es dieses Werk nicht gegeben hätte. Um Luthers übersetzerische<br />
Vorgehensweise zu veranschaulichen, zitiert Stolze folgende Passage aus seinem „Sendebrief vom Dolmetschen“<br />
(1530): „So wenn Christus spricht: »Ex abundantia cordis os loquitur.« Wenn ich den Eseln soll folgen, sie werden<br />
mir die Buchstaben vorlegen und so dolmetschen: Aus dem Überfluss des Herzens redet der Mund. Sage mir, ist<br />
das deutsch geredet? Welcher Deutsche verstehet solches? Was ist Überfluss des Herzen für ein Ding? Das kann<br />
kein Deutscher sagen, es sein denn, er wollte sagen, es bedeute, daß einer ein allzu groß Herz habe oder zuviel Herz<br />
habe; wiewohl das auch noch nicht recht ist, denn Überfluss des Herzens ist kein Deutsch, so wenig als das Deutsch<br />
ist: Überfluss des Hauses, Überfluss des Kachelofens, Überfluss der Bank, sondern so redet die Mutter im Haus und<br />
der gemeine Mann: Was das Herz voll ist, des gehet der Mund über. Das heißt gutes Deutsch geredet, des ich mich<br />
beflissen und leider nicht allwege erreicht noch getroffen habe […]”[STOLZE, 2005: 20]<br />
8<br />
Diese Übersetzungswissenschaftler behaupten im Grunde, dass „Die Dominante aller Translation ist deren<br />
Zweck.“ (Reiß &Vermeer, 1991: 96).<br />
4
das Prinzip der Transparenz. Der Sprachmittler muss jederzeit imstande sein, seinen Auftraggebern (je<br />
nach deren Bildungs- und Wissensniveau) zu erklären, warum er so und nicht anders übersetzt oder<br />
gedolmetscht hat. Davon hängt oft das Prestige des Sprachmittlers ab, und die Honorarhöhe ist leider, in<br />
vielen Fällen, mehr prestige- als qualitätsabhängig, besonders in kleinen Kulturen (in der rumänischen<br />
Kultur, zum Beispiel).<br />
Eine Industrie setztr nicht nur Normen, sondern auch den Einsatz von Maschinen voraus. In der<br />
Übersetzungsindustrie wird, aus Kostengründen, die Automatisierung der Übersetzungsprozesse<br />
erwünscht und, zugleich, die Reduzierung der menschlichen Übersetzungstätigkeit auf Korrigieren,<br />
Revidieren und Umformulieren. Ohne die Bedeutung der Informatik, Computerlinguistik und Technik<br />
für die Sprachmittlungstätigkeit zu minimieren, muss gesagt werden, dass Maschinen zwar Wörter und<br />
Texteile übersetzen können, aber niemals „eine Denkweise in einer anderen Denkweise, eine Kultur in<br />
einer anderen Kultur, eine Tradition in einer anderen Tradition, ein Weltbild in einem anderen Weltbild“<br />
[OPREA, 2008: 340] übertragen werden können. Mir nimmt das Korrigieren einer maschinengefertigten<br />
Übersetzung oft genau so viel Zeit wie das Übersetzen selbst (manchmal sogar mehr, je nach Textsorte).<br />
Es gibt jedoch Übersetzer, die besonders schnell maschinelle Übersetzungen ins Stadium „zur Lieferung<br />
bereit“ verarbeiten, manchmal sogar ohne einen Blick auf den Originaltext zu werfen. Für solche<br />
Übersetzer, hat die „Ethik des Übersetzens“ keine axiologische Relevanz.<br />
Wenn man den aktuellen Stand der Übersetzungswissenschaft und des<br />
Sprachmittlungsgewerbes 9 betrachtet und zu analysieren versucht, stellt man sich die schlichten Fragen:<br />
Wie wird es weiter gehen? Welches ist das Gebot der Zeit? Mir scheint, dass die spätestens 1848<br />
proklamierte Devise „Einheit und Freiheit“ eine nutzvolle Entwicklungsstrategie andeuten könnte, und<br />
zwar: Einheit in der Theorie (das heißt, zumindest, allgemein anerkannte Grundprinzipien und<br />
Definitionen der Termini in den verschiedensten Übersetzungstheorien) und Freiheit der Sprachmittler in<br />
der Bestimmung der Übersetzungsstrategie und der anzuwendenden Sprachmittel. Professionelle<br />
Sprachmittler werden immer ihre Freiheit im Rahmen einer kulturellen und sprachlichen<br />
Systemgebundenheit ausüben, und nicht als Willkür.<br />
Bibliografie<br />
Jeanrenaud, Magda, 2006, Universaliile traducerii. Studii de traductologie, cuv. înainte de Gelu Ionescu. – Iaşi:<br />
Polirom.<br />
Marcus, Solomon, <strong>2011</strong>, Paradigme Universale, editie integrală, prefaţă de Solomon Marcus – Piteşti: Paralela 45.<br />
Oprea, Ioan, 2008, Comunicare culturală şi comunicare lingvistică în spaţiul european, cuvânt înainte de Ioan<br />
Oprea. – Iaşi: Institutul European.<br />
Reiß, Katharina & Vermeer, Hans J., 1991, Grundlegung einer allgemeinen Translationstheorie, 2. Auflage. –<br />
Tübingen: Max Niemeyer.<br />
Ricoeur, Paul, 2005: Despre traducere, traducere şi studiu introductiv de Magda Jeanrenaud, postf. de Domenico<br />
Jervolino. – Iaşi: Polirom.<br />
Stolze, Radegundis, 2005, Übersetzungstheorien – eine Einführung, 4. überarbeitete Auflage. – Tübingen, Narr.<br />
Nota biografică :<br />
Carl Mohr (geb. 1966) ist freiberuflicher Übersetzer und begann 2010 ein Promotionsstudium an der Universität<br />
„Stefan cel Mare“ – Suceava. Zu seinen Forschungsgebieten gehören interkulturelle Kommunikation,<br />
Sprachmittlung und Rechtslinguistik. Grundlegend für seine übersetzungswissenschaftliche Forschung ist die<br />
operative praktische Anwendbarkeit verschiedener Übersetzungstheorien.<br />
This paper has been financially supported within the project entitled „Doctorate: an Attractive Research Career”,<br />
contract number POSDRU/107/1.5/S/77946, co-financed by European Social Fund through Sectoral Operational<br />
Programme for Human Resources Development 2007-2013. Investing in people!”<br />
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(welches in einer Welt, in der physische Grenzen zwischen Völker und Kulturen immer mehr verschwinden,<br />
ausgeübt wird).<br />
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