Kanatschnig Oemer 1996 OIN_Bd_1.pdf - ÖIN
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eintretende Verhalten schwieriger. Was jedoch möglich<br />
ist, sind Aussagen über Beschränkungen (constraints)<br />
des Verhaltens, also über jene Ereignisse, die sich nicht<br />
ereignen können. Derartige Beschränkungen ergeben<br />
sich einerseits daraus, daß jedes System bestimmten<br />
(kulturellen, normativen, genetischen) Verhaltensrestriktionen<br />
unterliegt und daß andererseits das Verhalten<br />
eines Systems an bestimmte Fähigkeiten (Potentiale)<br />
gebunden ist, wodurch ihm darüberhinausgehende<br />
Entwicklungsmöglichkeiten verschlossen bleiben. Das<br />
gezielte Setzen von constraints und das gezielte Nutzen<br />
von Fähigkeitspotentialen sind daher die beiden<br />
grundlegenden Strategien zur Gestaltung komplexer<br />
Systeme. Innerhalb dieser Grenzen ist jedoch das Verhalten<br />
komplexer Systeme prinzipiell unvorhersehbar.<br />
Unter Offenheit von Systemen ist zu verstehen, daß alle<br />
entwicklungsfähigen Systeme mit ihrem Umfeld durch<br />
Energie-, Rohstoff- und/oder Informationsflüsse in<br />
Verbindung stehen. Dadurch ist es diesen komplexen<br />
Systemen erst möglich, auf Dauer eine innere Ordnung,<br />
die für ihr Bestehen wichtig ist, aufrechtzuerhalten. Es<br />
besteht sogar die Möglichkeit, durch diese Beziehungen<br />
mit dem Umfeld den Ordnungsgrad eines Systems zu<br />
erhöhen. Nur offene Systeme können sich demnach weiterentwickeln,<br />
ausdifferenzieren und einen höheren Grad<br />
an Komplexität erreichen (dies allerdings um den Preis,<br />
daß dadurch der „Unordnungszustand“ im Umfeld vergrößert<br />
wird). In einer so angesetzten System-Umfeld-<br />
Theorie bekommt jedes Ereignis einen doppelten Stellenwert:<br />
Es verändert ein System und damit auch sein Umfeld<br />
oder umgekehrt. Das Wesen der Evolution besteht<br />
in diesem Sinne nicht in der einseitigen Anpassung des<br />
Systems an ein vorgegebenes Umfeld, sondern in der<br />
Methodik<br />
16<br />
gleichzeitigen Entwicklung, der sogenannten „Koevolution“<br />
von System und Umfeld. Auf diese Zusammenhänge<br />
ist besonders zu achten, wenn es im nachfolgenden<br />
um die Entwicklung der Wirtschaft innerhalb des gesellschaftlichen<br />
Umfeldes oder um die Entwicklung der Gesellschaft<br />
innerhalb der natürlichen Umwelt geht.<br />
In Hinblick auf die Steuerung komplexer Systeme wurden<br />
die Erkenntnisse der Biokybernetik handlungsorientiert<br />
in einen kybernetischen Managementansatz umgewandelt.<br />
Er behandelt die anthropogene Einflußnahme<br />
auf zweckorientierte soziale Systeme, die sich auch<br />
durch die oben angeführten Eigenschaften Komplexität<br />
und Offenheit kennzeichnen lassen. Dabei wird das Management<br />
in die drei Teilaspekte Gestaltung, Lenkung<br />
und Entwicklung gegliedert.<br />
Gestaltung umfaßt jene schöpferischen, menschlichen<br />
Tätigkeiten, die darauf gerichtet sind, ein System durch<br />
Auswahl (Vernetzung) der korrespondierenden Komponenten<br />
aus dem Umfeld so zu schaffen, daß es seine<br />
Zwecke bzw. Funktionen erfüllen kann und dabei lenkungs-<br />
bzw. entwicklungsfähig bleibt. Diese Aufgabe<br />
erschöpft sich nicht in der Gründung eines Systems, da<br />
auch zu dessen Erhaltung in einem sich ständig verändernden<br />
Umfeld immer wieder Teile neu geschaffen<br />
bzw. umgestaltet werden müssen. In diesem Sinne<br />
bedeutet Gestaltung das Entwerfen von Ordnung, die<br />
umso weniger starr sein darf, je dynamischer sich das<br />
Umfeld entwickelt.<br />
Unter Lenkung wird das Festlegen von Zielen sowie das<br />
Auslösen und Kontrollieren zielgerichteter Aktivitäten des<br />
Systems verstanden. Wenngleich die Lenkung auf ein<br />
bestimmtes Systemverhalten zielt, ist das Objekt des<br />
Lenkens letztlich das einzelne Element, das zu einem