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3D-Wahrnehmung - Universität Ulm

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Hauptseminar: Modelling & Rendering<br />

<strong>3D</strong>-<strong>Wahrnehmung</strong><br />

Sebastian Przewoznik<br />

Abteilung Medieninformatik<br />

Fakultät für Informatik<br />

<strong>Universität</strong> <strong>Ulm</strong><br />

ÜBERBLICK<br />

Als erstes geht dieses Seminar auf die Optik und die<br />

<strong>Wahrnehmung</strong> ein. Anschließend befasst sich die Arbeit mit<br />

Licht- und Schatteneffekten, daraufhin folgt die Perspektive mit<br />

dem Effekt der Bewegungsparallaxe. Dann wird kurz auf die<br />

Bewegung eingegangen. Anschließend wird die <strong>3D</strong>-<br />

<strong>Wahrnehmung</strong> mit Hilfe von Anaglyphenbrillen 1 besprochen und<br />

zum Schluss wird die <strong>3D</strong>-<strong>Wahrnehmung</strong> anhand von<br />

<strong>Wahrnehmung</strong>stäuschungen erklärt.<br />

1. EINLEITUNG<br />

Wenn von neuen Medien die Rede ist, kann man natürlich nicht<br />

ganz darauf verzichten, über jene Sinne und ihre Organe<br />

(Sinnesorgane) zu sprechen, über die es den Menschen erst<br />

möglich ist, in den Genuss eben jener Kommunikationsmittel zu<br />

kommen. Sinnesorgane dienen dem Organismus zur<br />

<strong>Wahrnehmung</strong> der sich permanent ändernden Umwelt. Sie sind<br />

auf bestimmte adäquate Reize spezialisiert.<br />

Im allgemeinen spricht man von den bekannten fünf Sinnen<br />

Sehen, Hören, Tasten, Riechen und Schmecken, die unsere<br />

Empfindungen steuern und dabei auch gleichzeitig von ihnen<br />

beeinflusst werden. Die Sinneswahrnehmungen sind praktisch<br />

verantwortlich für unsere bewusste biologische Existenz.<br />

Im Rahmen dieses Seminars „<strong>3D</strong>-<strong>Wahrnehmung</strong>“ wird der<br />

Bereich der <strong>Wahrnehmung</strong>en über die Augen näher beleuchtet, da<br />

sie den größten Teil der Eindrücke, die das Gehirn empfängt und<br />

weiterverarbeitet, ausmachen.<br />

2. OPTIK UND WAHRNEHMUNG<br />

2.1 Der Sehvorgang: Das Auge<br />

Um im Vorfeld die grobe Funktionsweise des Auges beschreiben<br />

zu können, wird es immer wieder gern mit einer Kamera<br />

verglichen, wenngleich das Auge wesentlich leistungsfähiger ist,<br />

abgesehen von der schlechteren Optik bezüglich der Abbildung<br />

von Bildern auf der Netzhaut (Retina). Das abbildende optische<br />

System des Auges, das also dafür verantwortlich ist, dass<br />

überhaupt ein Bild auf der Netzhaut entsteht, wird durch die Linse<br />

mit Ringmuskel und der Iris, einer Haut mit Loch (Pupille),<br />

gebildet.<br />

1<br />

Spezielle Brille für das Betrachten von dreidimensionalen<br />

Bildern oder Filmen<br />

sp3@informatik.uni-ulm.de<br />

Abb. 1: Der Sehvorgang<br />

Den Sehvorgang kann man sich folgendermaßen vorstellen:<br />

Das Auge wird durch die sechs Augenmuskeln auf den zu<br />

betrachtenden Gegenstand willentlich ausgerichtet. Nun folgt eine<br />

automatische Scharfeinstellung und Belichtung. Dabei wird die<br />

Linse durch den sie umgebenden Ringmuskel derart verformt,<br />

dass ein scharfes (umgekehrtes) Abbild auf der Netzhaut mit ihren<br />

unzähligen Sehzellen entsteht. Als Resultat des Messvorgangs der<br />

Helligkeit der ankommenden Informationen durch die Sehzellen<br />

und ihrer Weiterleitung an das Gehirn über den Sehnerv, steht<br />

eine direkte Steuerung des Lichteinfalls durch die Iris. Sie<br />

vergrößert oder verkleinert die Pupille, so dass mehr oder weniger<br />

Licht durch die Linse einfallen kann.<br />

2.2 Biochemische <strong>Wahrnehmung</strong>: Die<br />

Netzhaut<br />

Die Netzhaut ist die biochemische Grundlage für die optische<br />

<strong>Wahrnehmung</strong>. Es handelt sich um einen kleinen Bereich<br />

fotosynthetischen Gewebes in der Nähe der Pupille.<br />

Sie kleidet fast das ganze hintere Auge aus. Die Sinneszellen der<br />

Netzhaut sind die Photorezeptoren (Zapfen und Stäbchen). Die<br />

Information dieser Sinneszellen wird über den Sehnerv zum<br />

Gehirn geleitet.<br />

Die physische Basis für die <strong>Wahrnehmung</strong> ist daher die<br />

Lichtreizung der Netzhaut. Das entsprechende Muster des<br />

Lichtreizes auf der Netzhaut bestimmt, welche der Zellen das<br />

Signal an das Gehirn weiterleiten. Im Gehirn werden daher alle<br />

Signale der Netzhaut verarbeitet, was die <strong>Wahrnehmung</strong><br />

sozusagen perfekt macht. Egal, ob wir uns nun ein flaches Bild


oder die gigantischen dreidimensionalen Ausmaße des Grand<br />

Canyons betrachten, unsere visuelle <strong>Wahrnehmung</strong> ist lediglich<br />

auf eine Lichtreizung der Netzhaut zurückzuführen.<br />

2.3 Visuelle <strong>Wahrnehmung</strong>: Verarbeitung<br />

optischer Eindrücke im Gehirn<br />

Wie schon erwähnt, empfängt das menschliche Auge die<br />

Lichtstrahlen des Bildes und sendet zur visuellen Auswertung<br />

Signale zum Gehirn. Die Daten, die das Auge liefert, werden im<br />

Gehirn an verschiedenen Stellen verarbeitet (`visuelles Zentrum').<br />

Der von beiden Augen erfasste linke Halbraum wird in der<br />

rechten Hirnhälfte verarbeitet und entsprechend der rechte<br />

Halbraum in der linken Hirnhälfte, was in Abbildung 2 deutlich<br />

wird.<br />

Abb. 2: Kreuzung der Sehnerven<br />

Die Informationen, die vom Auge weitergeleitet werden, gehen<br />

über den Sehnerv (Nervus opticus) zu einem Kreuzungspunkt<br />

(Chiasma opticum), an dem die Informationen beider Augen<br />

zusammenkommen und über die Sehbahn (Tractus opticus)<br />

weitergeleitet werden. Über die rechte Sehbahn werden die<br />

Informationen des linken Halbraums übertragen. Von der<br />

Sehbahn gelangt die Information über ein weiteres Verteilzentrum<br />

und über die Sehstrahlung zur Sehrinde. Im Gehirn (im Bereich<br />

der Sehrinde) läuft der eigentliche Prozess des Sehens und der<br />

<strong>Wahrnehmung</strong> ab. Hier werden Verknüpfungen hergestellt und<br />

die Inhalte des "Gesehenen" mit bereits bekannten Eigenschaften<br />

verglichen und bewertet.<br />

Abb. 3: Weg der Information:<br />

1 Linse, 2 Retina, 3 Sehnerv, 4 Verteilzentrum, 5 Sehrinde<br />

Wir müssen begreifen, wie Auge und Gehirn die Lichtstrahlen<br />

echter dreidimensionaler Objekte empfangen und interpretieren.<br />

Nur so können wir Auge und Gehirn täuschen, die Lichtstrahlen<br />

von einem zweidimensionalen Bild als dreidimensionale Objekte<br />

zu sehen.<br />

Für diese Zwecke ist es notwendig die Eigenschaften des Lichts<br />

zu erwähnen. Wie wir wissen, strömt Lichtenergie in geraden<br />

Linien (Lichtstrahlen) von allen Punkten in alle Richtungen aus,<br />

wenn sie nicht durch irgendetwas abgelenkt oder gebrochen<br />

werden. Wenn ein Lichtstrahl durch die Linse des Auges auf die<br />

Netzhaut fällt, verursacht er eine biochemische Reaktion, worauf<br />

ein Signal an das Gehirn geleitet wird – das macht den Sehprozess<br />

aus.<br />

2.4 Räumliches Sehen<br />

Räumliches Sehen ist ein Verrechnungsergebnis des Gehirns, aus<br />

den beiden Teilbildern, die das jeweilige Auge liefert. Zwar ist es<br />

kein Problem für uns, uns in einer bekannten Umgebung mit nur<br />

einem Auge zu orientieren, jedoch wird dies in unbekannten<br />

Situationen erheblich schwieriger.<br />

Ein Ausweg liefert da das Betrachten aus unterschiedlichen<br />

Richtungen, wodurch ein umfangreicher Eindruck der räumlichen<br />

Umgebung gewonnen werden kann. Das Betrachten aus<br />

unterschiedlichen Richtungen erledigen die beiden Augen aus<br />

einem Abstand von ca. 6-7 cm heraus. Dieses Phänomen, bei dem<br />

die Augen zwei unterschiedliche Bilder wahrnehmen, nennt man<br />

Querdisparation oder Stereopsie. Das Gehirn berechnet aus den<br />

Unterschieden der beiden Bilder die entsprechenden<br />

Tiefeninformationen, die besonders intensiv beim Betrachten<br />

naher Gegenstände ausfällt.<br />

Abb. 4: Das Phänomen der Querdisparation


2.5 Visuelle <strong>Wahrnehmung</strong> von Punkten und<br />

Objekten<br />

In den folgenden Abbildungen wird der Weg des Lichts in<br />

verschiedenen Situationen visuell veranschaulicht. Wir verfolgen<br />

die Lichtstrahlen von ihrem Ausgangspunkt (Punkt auf dem<br />

wahrgenommenen Objekt) bis zum Punkt der <strong>Wahrnehmung</strong><br />

(Punkt, an dem Licht auf der Netzhaut trifft). Ziel der<br />

Darstellungen ist, uns die <strong>Wahrnehmung</strong> von <strong>3D</strong>-Objekten in der<br />

natürlichen Welt und bei der Aufnahme von 2D-Bildern zu<br />

verinnerlichen. Wir werden am Ende sehen, wie das Auge<br />

getäuscht werden kann und wie wir ein 2D-Bild (oder eine<br />

Bildfolge) für dreidimensional halten.<br />

2.5.1 Einzelner Punkt<br />

Abbildung 5 stellt die visuelle Situation für das einfachste Objekt<br />

dar: ein einzelner Punkt als Lichtquelle. Aufgrund der<br />

lichtbrechenden Eigenschaften der fokussierenden Linse treffen<br />

alle von einem Punkt ausgehenden Lichtstrahlen auf der Netzhaut<br />

wieder in einem Punkt zusammen. Die zu einem Punkt<br />

gebündelten Lichtstrahlen werden auch im Gehirn als ein einziger<br />

Punkt wahrgenommen.<br />

Abb. 5: <strong>Wahrnehmung</strong> eines Punktes<br />

2.5.2 Zwei Punkte<br />

Abbildung 6 stellt die gleiche Situation mit zwei Punkten dar.<br />

Abb. 6: <strong>Wahrnehmung</strong> von zwei Punkten<br />

Es fällt auf, dass die Lichtstrahlen in der Abbildung 6 auf die<br />

Netzhaut so einfallen, dass ein umgekehrtes Bild des eigentlichen<br />

Objekts entsteht. Dieses Bild wird aber im Gehirn wieder richtig<br />

herum gedreht.<br />

2.5.3 Linien<br />

Abbildung 7 stellt die Lichtstrahlen für eine Reihe gleich großer<br />

Linienabschnitte dar, die sich in unterschiedlicher Entfernung<br />

vom Auge befinden. Der Abschnitt 1a-1b, der dem Auge am<br />

nächsten ist, wird auf der Netzhaut am größten dargestellt. Der<br />

Abschnitt 3a-3b ist am weitesten vom Auge entfernt und hat das<br />

kleinste Abbild auf der Netzhaut. Das ist nachvollziehbar – weiter<br />

entfernte Objekte erscheinen kleiner.<br />

Abb. 7: Unterschiedliche <strong>Wahrnehmung</strong> gleich großer Linien<br />

In der Abbildung 8 werden verschieden große Linienabschnitte<br />

dargestellt. Abschnitt 1a-1b ist am kleinsten und befindet sich<br />

dem Auge am nächsten. Abschnitt 2a-2b ist etwas größer und<br />

weiter entfernt, Abschnitt 3a-3b ist am größten und auch am<br />

weitesten vom Auge entfernt. Die Lichtstrahlen dieser Abschnitte<br />

treffen alle dieselben Punkte auf der Netzhaut. Die <strong>Wahrnehmung</strong><br />

der Abschnitte 1a-1b, 2a-2b und 3a-3b ist identisch, obwohl die<br />

Abschnitte unterschiedlich groß sind. Dieses Phänomen kann man<br />

sich dadurch erklären, dass die einfallenden Lichtstrahlen, die<br />

vom Abschnitt 1a-1b ausgehen, sich mit denen, die von den<br />

Abschnitten 2a-2b und 3a-3b ausgehen, überlagern. Da die<br />

physische <strong>Wahrnehmung</strong> durch die auf die Netzhaut treffenden<br />

Lichtstrahlen beeinflusst wird, werden alle drei Abschnitte als<br />

identisch angesehen. Das lässt sich ebenfalls nachvollziehen, da<br />

ein kleineres, näheres Objekt nicht zu unterscheiden ist von einem<br />

größeren, aber ansonsten identischen Objekt, das weiter vom<br />

Auge entfernt ist. Deshalb ist es beim Film auch möglich, für<br />

Spezialeffekte mit spektakulären Explosionen oder Ähnlichem<br />

Miniaturmodelle zu verwenden. Aus der Nähe gefilmt sieht das<br />

Miniaturmodell aus wie das Original aus weiter Entfernung.<br />

Abb. 8: Identische <strong>Wahrnehmung</strong> unterschiedlich großer<br />

Linien<br />

Da die <strong>Wahrnehmung</strong> vieldeutig ist, können wir ein Objekt<br />

aussehen lassen wie ein anderes, wenn von diesem Objekt die<br />

gleichen Lichtstrahlen auf das Auge fallen. So können wir auch<br />

ein 2D-Bild erstellen, dessen Lichtstrahlen mit denen eines <strong>3D</strong>-<br />

Objekts übereinstimmen. In diesem Fall würde das Auge das 2D-<br />

Bild als <strong>3D</strong>-Objekt aufnehmen. Das ist auch das Prinzip des<br />

Wunders Linearperspektive, einer Errungenschaft der<br />

Renaissance.<br />

Dies bedeutet allerdings nicht, dass ein 2D-Bild von allen<br />

Standpunkten aus wie ein <strong>3D</strong>-Objekt aussieht. Wenn sich der<br />

Blickwinkel ändert, dann ändert sich auch die Zusammensetzung<br />

der Lichtstrahlen. Die einfallenden Lichtstrahlen ändern sich bei<br />

einem 2D-Bild nicht in gleicher Weise wie bei einem <strong>3D</strong>-Objekt.<br />

Nehmen wir als Beispiel ein Foto mit der Vorderansicht eines


Würfels. Sehen wir und den Würfel und das Foto vor vorn an, so<br />

scheinen sie identisch. Heben wir unseren Kopf aber ein wenig<br />

und schauen auf den Würfel, so können wir etwas von seiner<br />

Oberfläche sehen. Bei dem Foto des Würfel erhalten wir so zwar<br />

eine etwas andere Ansicht des Fotos, die Oberseite des Würfels<br />

können wir dennoch nicht sehen. Ein Foto kann zwar von einem<br />

Punkt aus dreidimensional erscheinen, aber nicht von allen<br />

Blickwinkeln aus, weshalb es von unserem Gehirn schnell als<br />

flache Projektion eines dreidimensionalen Objekts erkannt wird.<br />

2.5.4 Würfel<br />

Bisher waren die Lichtstrahlenabbildungen nur zweidimensional.<br />

Abbildung 9 stellt einen <strong>3D</strong>-Würfel dar und die Strahlen, die von<br />

den Ecken des Würfels auf das Auge fallen.<br />

Eine zweidimensionale Fläche durchschneidet die Lichtstrahlen<br />

vom Würfel. Die Lichtstrahlen des Bildes auf dieser Fläche<br />

stimmen mit den einfallenden Strahlen des dreidimensionalen<br />

Würfels für den gegenwärtigen Blickwinkel überein. Über die<br />

vom Auge empfangenen Lichtstrahlen können wir nicht<br />

bestimmen, ob wir auf den eigentlichen <strong>3D</strong>-Würfel schauen oder<br />

auf ein 2D-Bild des Würfels. Oder anders herum, betrachten wir<br />

das 2D-Bild, könnte es im Gehirn als <strong>3D</strong>-Objekt angesehen<br />

werden, was ja das Ziel der <strong>3D</strong>-Grafik ist.<br />

Abb. 9: Identische <strong>Wahrnehmung</strong> eines dreidimensionalen<br />

Würfels und seines zweidimensionalen Abbildes.<br />

2.6 Erkennung von Bildern: Einfluss von<br />

Umwelterfahrungen<br />

Visuelle <strong>Wahrnehmung</strong> ist durch Erwartungen und Erfahrungen<br />

geprägt. Bilder, die diesen Erwartungen nicht entsprechen, sind<br />

schwer zu interpretieren. Der Mensch nimmt z. B. grundsätzlich<br />

an, dass das Licht von oben kommt (Sonne). Desweiteren erfolgt<br />

die Bildwahrnehmung von links nach rechts und unterbrochene<br />

Konturen werden in unserem Gehirn vervollständigt, was uns die<br />

Abbildung 10 verdeutlicht.<br />

Abb. 10: Liniendarstellung wird als Überlappung von Flächen<br />

interpretiert<br />

3. AUSWIRKUNG VON LICHT UND<br />

SCHATTEN AUF RÄUMLICHES SEHEN<br />

Seit jeher versuchen die Menschen mit verschiedenen Tricks und<br />

Hilfsmitteln, Bildern mehr räumliche Tiefe und Plastizität zu<br />

geben.<br />

Die einfachste Möglichkeit räumliche Tiefe und Plastizität<br />

vorzugaukeln, ist das Spiel mit Licht und Schatten. Schatten<br />

entstehen durch die Lichtundurchlässigkeit von Gegenständen und<br />

geben eine Information über die dreidimensionale Form und Lage<br />

der Lichtquelle.<br />

Schattierung ist ein sehr wirksames Darstellungsmittel, um<br />

Tiefenhinweise bezüglich der Form wie Krümmungen,<br />

Erhebungen und Mulden, also dreidimensionale Attribute eines<br />

Objektes, in einer zweidimensionalen Abbildung hervorzuheben.<br />

Dabei wird der Farb- bzw. Helligkeitsverlauf der Schattierung<br />

durch die relative Orientierung von Teilen der Oberfläche<br />

bezüglich der Lichtquelle bestimmt.<br />

Schatten visualisiert die Verdeckung des Lichts durch ein anderes<br />

Objekt. Abbildung 11 und 12 zeigt, wie wichtig Schatten für die<br />

Darstellung räumlicher Tiefe sein kann. In Abbildung 11 haben<br />

beide Kugeln die gleiche projizierte Größe, ihr Schatten lässt sie<br />

jedoch in unterschiedlicher Entfernung erscheinen. Abbildung 12<br />

zeigt wie eine Schattenprojektion auf eine Grundfläche die<br />

Erkennbarkeit der Tiefenverhältnisse verbessern kann.<br />

Abb. 11: Tiefenhinweise durch Schatten


Abb. 12: Schattenprojektion auf eine Grundfläche<br />

Schattierung ist die ursprünglichste der wahrgenommenen<br />

Hinweise zur Rekonstruktion räumlicher Tiefe.<br />

Abb. 13: konvexe Form<br />

Abb. 14: konkave Form<br />

Obwohl in Abbildung 13 und 14 lediglich kreisförmige Hell-<br />

Dunkel-Übergänge abgebildet sind, nehmen wir in der Abbildung<br />

13 konvexe und in der Abbildung 14 konkave Formen wahr.<br />

Diese Tiefenillusion entsteht, da unser Sehsystem ohne<br />

zusätzliche Tiefenhinweise, von einer einzigen oberhalb der Szene<br />

angeordneten Lichtquelle ausgeht.<br />

Die Dominanz der Darstellung von Schatten für die<br />

<strong>Wahrnehmung</strong> räumlicher Zusammenhänge ist von erheblicher<br />

Bedeutung. Die Projektion von Schatten auf eine Grundfläche<br />

verbessert enorm die <strong>Wahrnehmung</strong> räumlicher Beziehungen<br />

zwischen Objekten. Eine genau Positionierung oder Skalierung<br />

von Objekten ist dadurch möglich, wie es in Abbildung 15<br />

deutlich wird.<br />

Abb. 15: Seitliches Licht (rechts) macht die Form besser<br />

erkennbar als frontales Licht (links)<br />

Schatten können uns Informationen über die Gestalt eines<br />

Objektes oder seine Distanz zu einem anderen Objekt oder einer<br />

Oberfläche geben. Attached shadaw wird der Schatten genannt,<br />

der auf das Objekt selber fällt, und uns Informationen über die<br />

Form des Objektes liefert. Cast shadaw wird der Schatten<br />

genannt, den das Objekt auf ein anderes Objekt oder auf eine<br />

Oberfläche wirft und uns die relative Entfernung angibt.<br />

<strong>3D</strong>-Effekte mit Licht und Schatten und perspektivische räumliche<br />

Tiefe kennen wir auch von diversen Spielen. Aber wirklich<br />

dreidimensional sehen wird erst möglich, wenn beiden Augen<br />

perspektivisch unterschiedliche Bilder angeboten werden.<br />

Derartige Bilder nennt man Stereogramme. Die räumliche<br />

<strong>Wahrnehmung</strong> des Menschen beruht auf mehreren Aspekten, die<br />

zum Teil angeboren, zum Teil erlernt sind, wie im Fall der<br />

SIRDS 2 . Dabei wird das Raumbild in Graustufen umgewandelt<br />

und mit einer Zufalls-Textur überzogen. Mit einer speziellen<br />

(erlernbaren) Sehtechnik, also ohne technische Hilfsmittel, kann<br />

man dann den 3-D-Effekt wahrnehmen. Der Mensch beherrscht<br />

das räumliche Sehen mit beiden Augen - das sogenannte<br />

binokulare Sehen - das räumliche Sehen mit einem Auge<br />

entwickelt sich im Laufe seines Lebens.<br />

4. MONOKULARE TIEFEN-<br />

INFORMATION 3 : DIE PERSPEKTIVE<br />

Die Perspektive liefert uns die Ursache dafür, dass man entfernte<br />

Objekte weniger scharf sieht, weil man dabei durch die Luft, die<br />

kleine Partikel wie Staub oder andere Verschmutzungen enthält,<br />

durchschauen muss.<br />

2<br />

Single Image Random Dot Stereogram: Das Zufallspunkt-<br />

Autostereogramm.<br />

3<br />

Tiefenkriterien, die sich einem unbewegten Bild, etwa einem<br />

Foto, entnehmen lassen (z.B. Lineare Perspektive).


4.1 Lineare Perspektive<br />

Projiziert man eine dreidimensionale Szene auf eine<br />

zweidimensionale Bildfläche, so erhalten wir einen einfachen<br />

geometrischen Effekt, die sog. lineare Perspektive. Parallele<br />

Linien scheinen mit zunehmender Distanz immer mehr zu<br />

konvergieren und im Fluchtpunkt, der sich meistens am Horizont<br />

befindet, aufeinandertreffen (z.B. Eisenbahnschienen).<br />

Abb. 16: Lineare Perspektive<br />

4.2 Perspektivische Verkürzung<br />

Durch die perspektivische Projektion (Zentralprojektion) werden<br />

vom Betrachter entfernte Objekte kleiner dargestellt als nähere.<br />

Das zugrundeliegende Verhältnis zwischen Größe und Entfernung<br />

erlaubt die Abschätzung der Distanz zum Objekt sofern der<br />

Betrachter die Größe des Objektes kennt und umgekehrt. Sind<br />

jedoch weder Größe noch Entfernung zum Objekt bekannt, ist es<br />

nicht möglich die projektive Mehrdeutigkeit aufzulösen.<br />

5. AUSWIRKUNGEN DER BEWEGUNG<br />

AUF DIE <strong>3D</strong>-WAHRNEHMUNG:<br />

BEWEGUNGSINDUZIERTE 4 TIEFEN-<br />

KRITERIEN<br />

Bei Bewegungen handelt es sich um wahrgenommene<br />

Änderungen im Bild. Dabei werden Bildteile verschoben, eine<br />

örtliche und zeitliche Auswertung der Änderung im Bild ist<br />

notwendig. Nicht als Bewegung des Objektes wahrgenommen<br />

werden, sollen beispielsweise hingegen Verdunkelung oder<br />

Erhellung des Objektes oder das Absuchen der Szene mit einem<br />

Scheinwerfer.<br />

Ebenfalls ein wichtiger Punkt bei der <strong>Wahrnehmung</strong> von<br />

Bewegung ist das Abstimmen mit vorhandenen Informationen<br />

über die eigene Bewegung, so dass Eigenbewegung und<br />

Bewegung des betrachteten Objektes unterschieden werden<br />

können. Ein bekanntes Beispiel ist jenes, wo dem Betrachter eines<br />

sich langsam bewegenden Zuges ohne Beachtung der restlichen<br />

Umwelt nicht sofort offensichtlich erscheint, ob sich der<br />

4 Tiefenkritierien, die aus der Bewegung des Beobachters oder der<br />

Bewegung von Objekten in der Umwelt hervorgehen (z.B.<br />

Bewegungsparallaxe).<br />

betrachtete oder der Zug in dem der Betrachter sitzt in Bewegung<br />

ist.<br />

Durch die Bewegung gelangt der Betrachter zu einer Reihe von<br />

leicht unterschiedlichen Bildern. Aus dieser Abfolge von Bildern<br />

wird ein räumlicher Eindruck geschaffen, wobei zwei<br />

Hauptmechanismen wirksam werden:<br />

5.1 Die Bewegungsparallaxe<br />

Das Konzept der Parallaxe ist für die Täuschung des Gehirns<br />

wichtig, eine 2D-Szene für dreidimensional zu halten, mit dem<br />

man einfache, aber überzeugende <strong>3D</strong>-Darstellung erzeugen kann.<br />

5.1.1 Definition der Parallaxe<br />

Parallaxe ist das Phänomen, nach dem sich ein Objekt in<br />

bestimmter Entfernung vom Betrachter schneller zu bewegen<br />

scheint als ein weiter entferntes Objekt mit gleicher<br />

Geschwindigkeit. Ein Beispiel aus dem täglichen Leben kann dies<br />

verdeutlichen. Beim Fahren auf der Autobahn schaut man aus<br />

dem Seitenfenster. Es fällt auf, dass die Bäume gleich neben der<br />

Fahrbahn ziemlich schnell vorüberziehen, während weiter<br />

entfernte Berge sich kaum zu bewegen scheinen. Diese<br />

wahrgenommene Geschwindigkeitsdifferenz wird der<br />

Parallaxeneffekt genannt.<br />

Abb. 17: Das Phänomen der Bewegungsparallaxe<br />

5.1.2 Entstehung der Parallaxe<br />

Die geometrische Analyse in Abbildung 18 zeigt den Grund für<br />

die Parallaxe. In dieser Abbildung haben wir zwei Punkte, einen<br />

näher zum Auge (weiß) und einen weiter entfernt (schwarz).<br />

Angenommen, beide Punkte bewegen sich die gleiche Strecke von<br />

links nach rechts. Die wahrgenommene Bewegung ist die<br />

Bewegung der von der Netzhaut aufgenommenen Punkte, welche<br />

von der Geometrie der einfallenden Lichtstrahlen bestimmt wird.<br />

Wie man mit Hilfe der Abbildung 18 unschwer erkennen kann, ist<br />

die wahrgenommene Geschwindigkeit um so größer, je näher der<br />

Punkt dem Auge ist. Mit anderen Worten, die wahrgenommene<br />

Bewegung verhält sich umgekehrt zur Distanz vom Auge.


Abb. 18: Analyse der Parallaxe<br />

5.1.3 Bedeutung der Parallaxe<br />

Die Parallaxe ist von Bedeutung, weil sie dem Betrachter visuell<br />

suggeriert, dass die Objekte unterschiedlich weit entfernt sind und<br />

auf diese Weise die Illusion dreidimensionaler Tiefe hervorruft.<br />

Wir sind in unserem täglichen Leben so an das Sehen und Erleben<br />

von Parallaxen gewöhnt, dass jede der Parallaxe ähnliche<br />

Bewegung leicht als Parallaxe interpretiert wird und ein Gefühl<br />

von Tiefe entstehen lässt.<br />

5.2 Der kinetische Tiefeneffekt<br />

Dieser Spezialfall der Bewegungsparallaxe entsteht dort, wo sich<br />

ein Objekt durch den Raum bewegt oder an der Stelle rotiert.<br />

Auch hier gibt uns die Abfolge der wahrgenommenen<br />

Bewegungen und Formen des Objekts Informationen über seine<br />

räumliche Gestalt und seine Position im Raum.<br />

Beispiel: Sehen wir einen Zug exakt von vorne, so fehlen uns<br />

wichtige Informationen über die räumliche Beschaffenheit des<br />

Zugs (z.B. die Länge). Bewegt sich aber der Zug neben uns<br />

vorbei, so kann die räumliche Ausdehnung und Gestalt des Zuges<br />

etwa eingeschätzt werden.<br />

Abb. 19: Der kinetische Tiefeneffekt<br />

6. <strong>3D</strong>-WAHRNEHMUNG MIT HILFE VON<br />

ANAGLYPHENBRILLEN<br />

Es gibt eine große Anzahl verschiedener Möglichkeiten, Bilder<br />

dreidimensional, also mit räumlicher Wirkung, darzustellen. Für<br />

die meisten dieser Verfahren werden verschiedene Brillen<br />

benötigt.<br />

6.1 Arten von Anaglyphenbrillen<br />

Die rot/grüne und die rot/blaue Anaglyphenbrille ist besonders<br />

geeignet zur Betrachtung spezieller gedruckter Bilder<br />

(Anaglyphe 5 ). Auch zur plastischen Darstellung von Anaglyphen-<br />

Bildern auf Monitoren oder mit Video-Beamern geeignet.<br />

Abb. 20: rot-grüne und rot-blaue Anaglyphenbrille<br />

Die rot/cyan-Brille löst nach und nach die Verfahren rot/grün und<br />

rot/blau ab. Sie ermöglicht eine bessere Farb-Darstellung als die<br />

beiden anderen Techniken.<br />

Abb. 21: rot-cyan Anaglyphenbrille<br />

5 Ein in Komplementärfarben etwas seitlich verschoben<br />

übereinander gedrucktes und projiziertes Bild, das beim<br />

Betrachten durch eine Farbfilterbrille (Anaglyphenbrille) mit<br />

gleichen Komplementärfarben räumlich erscheint.


6.2 Funktionsweise von <strong>3D</strong>-Brillen<br />

Beim Anaglyphen-Verfahren (rot/grün-Verfahren) werden mit<br />

einer <strong>3D</strong>-Kamera zwei Bilder aufgenommen. Bei dieser Kamera<br />

sind zwei Linsen im Abstand von 7,5 cm nebeneinander<br />

angebracht (Die 7,5 cm entsprechen in etwa dem<br />

durchschnittlichen Abstand der Pupillen des Menschen). Diese<br />

beiden Linsen fokussieren dasselbe Bild, durch ihren Abstand<br />

zueinander jedoch aus leicht unterschiedlichen Blickwinkeln.<br />

Dabei ist auf jeder der beiden Linsen ein (Farb-)Filter aufgebracht<br />

(beim rot/grün Verfahren also auf der rechten Linse ein roter und<br />

auf der linken ein grüner). Wird mit dieser Kamera nun ein Bild<br />

geschossen, so sind auf diesem einen Bild die Bilder der beiden<br />

Linsen übereinanderprojiziert sichtbar. Durch die<br />

unterschiedlichen Aufnahmewinkel liegen die Kanten der<br />

abgelichteten Gegenstände nicht unbedingt aufeinander, sondern<br />

sie können sich auch überschneiden. Dadurch wirken diese Bilder<br />

mit bloßem Auge betrachtet wie verwackelt. Betrachtet man das<br />

Bild jedoch mit entsprechenden Farbfiltern vor den Augen<br />

(rechtes Auge grün, linkes rot), so sieht jedes Auge nur noch das<br />

Bild, das für dieses Auge vorgesehen ist. Aus den beiden<br />

unterschiedlichen Bildern setzt das Gehirn wieder das<br />

dreidimensionale Bild zusammen.<br />

7. WAHRNEHMUNGSTÄUSCHUNGEN –<br />

DER AMESSCHE RAUM ALS BEISPIEL<br />

EINER OPTISCHEN TÄUSCHUNG<br />

Von einer <strong>Wahrnehmung</strong>stäuschung sprechen wir dann, wenn uns<br />

unsere Sinne nachweislich auf fehlerhafte Art die Erfahrung eines<br />

Reizmusters vortäuschen. Die visuellen <strong>Wahrnehmung</strong>stäuschungen<br />

sind demnach also falsche Interpretationen unseres<br />

<strong>Wahrnehmung</strong>ssystems.<br />

Abb. 22: Der Ames-Raum: Ansicht vom speziellen<br />

Betrachterstandort<br />

Betrachtet man die Abbildung 22, so ist man überzeugt 2<br />

verschieden große Menschen zu sehen.<br />

Tatsache ist jedoch, dass sie gleich groß sind. Die Ursache dieser<br />

Täuschung liegt in der Konstruktion des Raumes: die hintere<br />

Wand, die Tür und die Fenster sind so geometrisch geformt, dass<br />

der Raum vom Standpunkt der Bildaufnahme wie ein normales,<br />

rechteckiges Zimmer wirkt. Tatsächlich ist der Raum aber so<br />

gebaut, dass vom Betrachter aus, seine linke hintere Ecke fast<br />

doppelt so weit entfernt liegt wie seine rechte.<br />

Abb. 23: Der Ames-Raum: Blick von Aussen<br />

8. ZUSAMMENFASSUNG: WARUM<br />

SEHEN WIR DREIDIMENSIONAL?<br />

Die Augen des Menschen funktionieren – vereinfacht gesagt – wie<br />

die Linsen eines Fotoapparates. Jedes Auge kann deshalb auch<br />

nur eine zweidimensionale Abbildung seiner Umwelt an das<br />

Gehirn übermitteln. Aus den beiden Bildern, die das Gehirn von<br />

den Augen übermittelt bekommt, kann dieses wieder eine<br />

dreidimensionale Ansicht "zusammensetzen" (Abbildung 4).<br />

Menschen mit Sehstörungen auf einem Auge haben deshalb oft<br />

keine echte dreidimensionale <strong>Wahrnehmung</strong>, was Probleme z.B.<br />

beim Schätzen von Entfernungen mit sich bringt. Auf diesem<br />

Zusammenspiel zwischen den beiden Augen und dem Gehirn<br />

beruht also der ganze "Trick" des dreidimensionalen Sehens.<br />

9. QUELLEN<br />

[1] http://home.wtal.de/schwebin/3d/basics3d.htm<br />

[2] http://www.heise.de/ct/99/07/158/<br />

[3] http://newmedia.idv.edu/fhtw95/s113616/augen.html<br />

[4] http://www.jszw.de/3d_wahrnehmung/grundlagen_3d_<br />

wahrnehmung.html<br />

[5] http://www.jszw.de/3d_wahrnehmung/tiefe.html<br />

[6] http://www.jszw.de/3d_wahrnehmung/modelle.html<br />

[7] http://www.roost-optik.ch/3-dsehen.htm<br />

[8] http://www.inf.fu-berlin.de/~behnke/cv/Intro.html

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