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Ja zum Leben! - Veranstaltungskalender für Körper Geist und Seele

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Thema <strong>Ja</strong> <strong>zum</strong> <strong>Leben</strong><br />

16<br />

Mut zur<br />

Wahrheit!<br />

Mit Existenz- <strong>und</strong> Bindungsängsten<br />

in Beziehungen leben lernen<br />

Von Jochen Meyer<br />

Es gehört <strong>zum</strong> Wesen von Liebesbeziehungen, dass<br />

sie uns mit unseren Ängsten in Verbindung bringen.<br />

Gerade dann, wenn die Liebe zwischen zwei Partnern<br />

sehr groß ist, können in der Tiefe schlummernde Ängste<br />

hochkommen <strong>und</strong> die Beziehung belasten. Wollen<br />

wir Nähe <strong>und</strong> Hingabe in Liebesbeziehungen zulassen,<br />

so sind wir aufgefordert, uns unseren Ängsten zu stellen<br />

<strong>und</strong> mit ihnen umgehen zu lernen. Dies erfordert<br />

Mut, unangenehme Gefühle <strong>und</strong> unbequeme Themen<br />

anzupacken: Mut zur Wahrheit.<br />

In stabilen Paarbeziehungen können solche Ängste<br />

durchlebt <strong>und</strong> auf ges<strong>und</strong>e Weise integriert werden:<br />

<strong>zum</strong> Beispiel Ängste vor Ich-Auflösung in Momenten<br />

ekstatischer Verschmelzung; oder Ängste vor Kontroll-<br />

<strong>und</strong> Machtverlust, wenn wir unser Herz öffnen <strong>und</strong><br />

ganz verletzlich sind. Auch Ängste vor Zurückweisung<br />

oder Ablehnung, Nichtgesehenwerden, Bevorm<strong>und</strong>ung,<br />

Abwertung oder emotionaler Überflutung<br />

können dazugehören – je nach unserer persönlichen<br />

<strong>Leben</strong>sgeschichte. Auf einer noch tieferen Ebene werden<br />

wir durch unsere Partner in Kontakt mit unseren<br />

Existenzängsten gebracht – <strong>und</strong> dies kann vor allem<br />

<strong>für</strong> Menschen mit unsicheren Bindungserfahrungen<br />

<strong>zum</strong> Problem werden.<br />

Je nachdem, wie verunsichernd diese Erfahrungen<br />

in der frühen Kindheit waren, fehlt das Gefühl, auf der<br />

Welt willkommen zu sein, vom <strong>Leben</strong> <strong>und</strong> von anderen<br />

geliebt zu werden. Das Urvertrauen ist gestört. Manche<br />

spüren dieses „ich bin nicht willkommen“ ganz direkt,<br />

andere erleben es wie ein „es ist niemals gut genug – ich<br />

bekomme nicht, was ich brauche“. Andere wiederum<br />

versuchen dies durch Schein-Autonomie zu überspielen:<br />

„danke, ich komme schon klar, ich brauche nicht<br />

soviel“. Oft kommen noch andere Gr<strong>und</strong>gefühle hinzu<br />

wie: „ich bin Schuld, dass alles schiefgeht“ oder „ich<br />

Wir können nur soviel Nähe zu anderen zulassen,<br />

wie wir uns selber nah sind.<br />

muss immer die Kontrolle behalten <strong>und</strong> auf der Hut<br />

sein vor anderen“ (Abwehr eigener Ohnmachtsgefühle).<br />

Wohlgemerkt, hier handelt es sich um Daseinsgefühle,<br />

die unser Sein in der Welt betreffen <strong>und</strong> unser ganzes<br />

<strong>Leben</strong> prägen, nicht um vorübergehende Selbstzweifel,<br />

wie wir sie alle manchmal haben. Sind solche Daseinsgefühle<br />

in Form von Gr<strong>und</strong>überzeugungen verinnerlicht<br />

– das heisst, wir können das <strong>Leben</strong> gar nicht anders<br />

wahrnehmen als latent bedrohlich, mangelbehaftet,<br />

überfordernd usw. – dann projizieren wir dies auch auf<br />

unsere Beziehungen. Wir fühlen uns nicht sicher <strong>und</strong><br />

können unseren Partnern nicht vertrauen.<br />

<strong>Ja</strong>, wir vertrauen letztlich nicht einmal der<br />

Liebe als solcher. Zu einem geliebten Menschen<br />

„<strong>Ja</strong>“ zu sagen fällt uns schwer. Immer<br />

bleibt ein Rest Misstrauen. In der Tiefe spüren<br />

wir nicht Vertrauen, Liebe <strong>und</strong> Selbstsicherheit,<br />

sondern Angst.<br />

Menschen, die nicht über ein sicheres Bindungsverhalten<br />

verfügen, fehlt es an Bindungssicherheit. Nähe<br />

kann dann nicht als etwas Verlässliches oder Stabiles<br />

erlebt werden. Manche Menschen pendeln in ihren<br />

Liebesbeziehungen zwischen Nähe <strong>und</strong> Zurückweisung,<br />

ohne eine ges<strong>und</strong>e Mitte zu finden. Andere können<br />

Liebe nur in Kombination mit Schmerz erfahren<br />

oder das Glück nährender Liebe nicht halten. Wenn<br />

Menschen sich immer wieder an emotional unzugängliche<br />

Partner binden, sich innerlich oder äußerlich<br />

abwesende Partner suchen (Distanz- <strong>und</strong> Fernbeziehungen),<br />

Beziehungen überstürzt abbrechen oder die<br />

Liebe ungewollt auf mehrere Partner verteilen, kann<br />

Bindungsangst die Ursache sein.<br />

Dank der modernen Bindungsforschung sind wir<br />

heute in der Lage, verschiedene Bindungsstile zu unter-<br />

KGSBerlin 04/2010<br />

Foto: © Eric Simard - Fotolia.com

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