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FE-Berechnung von Baugruben mit den<br />

Nachweisverfahren des EC7<br />

Helmut F. Schweiger<br />

1 Einleitung<br />

Mit Inkrafttreten des Eurocode 7 wird das Teilsicherheitskonzept in die europäische<br />

Normung eingeführt. Die unterschiedliche Vorstellung einzelner Mitgliedsländer<br />

führte dazu, dass kein einheitlicher Nachweis der Tragfähigkeit festgeschrieben<br />

wurde sondern im Nationalen Anwendungsdokument die für das jeweilige Land<br />

bindenden Nachweisverfahren festgelegt werden. Die Nachweisverfahren<br />

unterscheiden sich in der Berücksichtigung der Teilsicherheitsbeiwerte und führen<br />

dadurch zu unterschiedlichen Ergebnissen. Werden numerische Methoden nur<br />

Nachweisführung eingesetzt, so zeigt sich, dass nicht alle Nachweisverfahren für alle<br />

Problemstellungen uneingeschränkt anwendbar sind. Dieser Beitrag beschäftigt sich<br />

mit Nachweisen für Baugruben und zeigt an einem einfachen Beispiel die<br />

Unterschiede auf, die sich aus der Anwendung der verschiedenen<br />

Nachweisverfahren ergeben. Ergebnisse einer weltweit durchgeführten<br />

Vergleichsberechnung eines vom ERTC7 der ISSMGE vorgegebenen<br />

Benchmarkbeispiels werden präsentiert. Weiters wird eine dreifach verankerte<br />

Baugrube, die schon vom Arbeitskreis 1.6 der DGGT als Benchmark verwendet<br />

wurde, mit Nachweisverfahren 2 und 3 berechnet und die Ergebnisse verglichen. Der<br />

Beitrag ist als "work in progress" zu sehen und zeigt somit keine Lösungen auf,<br />

sondern soll als Diskussionsgrundlage dienen.<br />

2 Nachweisverfahren des EC7 und numerische Methoden<br />

Die im EC7 angeführten Nachweisverfahren unterscheiden sich in der<br />

Berücksichtigung der Teilsicherheitsfaktoren, wobei im NV2 entweder Einwirkungen<br />

(z.B. Erddruck) oder Beanspruchungen (z.B. Biegemomente) beaufschlagt werden<br />

(letzteres wird in der Literatur auch als NV2* bezeichnet). Bei Anwendung<br />

numerischer Methoden für Nachweise bei Stützbauwerken kommt nur NV2* in Frage,<br />

da der Erddruck ein Ergebnis der Berechnung ist und somit nicht a priori


eaufschlagt werden kann. Beim NV3 werden die Bodenkennwerte (effektiver<br />

Reibungswinkel und effektive bzw. undrainierte Kohäsion) mit Teilsicherheitsfaktoren<br />

faktorisiert. NV3 ist mit numerischen Methoden problemlos umsetzbar, wobei dies auf<br />

verschiedene Weise geschehen kann [z.B. 1]. Auf Grund der vorhandenen<br />

Nichtlinearitäten ergeben die unterschiedlichen Nachweisverfahren unterschiedliche<br />

Ergebnisse, deren Größenordnungen in diesem Beitrag behandelt werden. Ähnliche<br />

Untersuchungen sind in [1], [2] und [3] beschrieben.<br />

3 ERTC7 Benchmark<br />

Aus Anlass der "6th European Conference on Numerical Methods in Geotechnical<br />

Engineering" in Graz im September 2006 wurde vom "European Technical<br />

Committee 7" ein Benchmark-Beispiel (einfach gestützte Baugrube) definiert und<br />

international verbreitet (Abb.1). Als Ergebnis waren die Einbindetiefe, das<br />

Bemessungsmoment der Verbauwand und die Bemessungssteifenkraft verlangt,<br />

wobei numerische Methoden zur Anwendung kommen sollten (auch für die<br />

Ermittlung der erforderlichen Einbindetiefe!). Ziel war, die Unterschiede in den<br />

Ergebnissen auf Grund unterschiedlicher Bemessungspraxis (derzeit bzw. in Zukunft<br />

nach dem jeweils gültigen Bemessungsverfahren nach EC7) in den verschiedenen<br />

Ländern aufzuzeigen. Einige wesentliche Erkenntnisse werden im Folgenden<br />

präsentiert, weitere Informationen sind in [4] enthalten. Insgesamt wurden 13<br />

Lösungen eingereicht, wovon einigen der EC7 zu Grunde lag, einige "EC7-nahe" und<br />

einige nach derzeit gültigen Regelwerken berechnet wurden. Abb. 2 zeigt die<br />

Bandbreite der ermittelten Einbindetiefen und es zeigt sich, dass ein Großteil der<br />

Lösungen zwischen 3.0 und 4.0 m liegt, und diese sind auch diejenigen, die nach<br />

EC7 (bzw. mit EC7-nahen Berechnungen) mit den dort vorgeschlagenen<br />

Sicherheitsfaktoren erhalten wurden. Den außerhalb dieser Bandbreite ermittelten<br />

Einbindetiefen liegen deutlich höhere bzw. geringere Sicherheitsfaktoren zu Grunde.<br />

Die Bandbreite der Biegemomente und Steifenkräfte lag bei den "EC7-nahen"<br />

Berechnungen zwischen 200 und 280 kNm/m bzw. 194 und 360 kN/m [4].<br />

In weiterführenden FE-Berechnungen wurden unterschiedliche Einbindetiefen mit<br />

den Nachweisverfahren 2* und 3 berechnet und die resultierenden Schnittgrößen<br />

verglichen. Abb. 3a zeigt die errechneten Steifenkräfte, Abb. 3b die errechneten<br />

Biegemomente für die Berechnungen mit charakteristischen Bodenkennwerten und


Einwirkungen nach NV2* (veränderliche Auflast mit 1.11 beaufschlagt, Ergebnis x<br />

1.35) sowie NV3. Für dieses Beispiel ergibt sich die minimale Einbindetiefe zu 3.0 m<br />

mit NV2* und zu 3.5 m mit NV3, wobei das Ergebnis von der Wahl des<br />

Wandreibungswinkels beeinflusst wird, so dass diese Aussage (Einbindetiefe NV2 <<br />

NV3) nicht generalisiert werden kann. In diesem Fall liegen die errechneten<br />

Steifenkräfte nach NV3 über denen nach NV2 ermittelten, für die Biegemomente<br />

variiert dies mit der gewählten Einbindetiefe, sodass auch hier keine generell gültigen<br />

Aussagen getroffen werden können. Die in Abb.3 enthaltenen Einbindetiefen < 3.5 m<br />

sind numerisch standsicher, jedoch mit unzureichender Sicherheit.<br />

Abb. 1: ERTC7 Benchmark - Problemdefinition<br />

Einbindetiefe [m]<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13<br />

Berechnung<br />

Abb. 2: ERTC7 Benchmark - Errechnete Einbindetiefen


Steifenkräfte [kN/m]<br />

400.0<br />

350.0<br />

300.0<br />

250.0<br />

200.0<br />

150.0<br />

100.0<br />

50.0<br />

charakteristisch<br />

DA2<br />

DA3<br />

DA2*1.35<br />

0.0<br />

0.0 0.5 1.0 1.5 2.0 2.5 3.0 3.5 4.0 4.5 5.0<br />

Einbindetiefe [m]<br />

Biegemomente [kNm/m]<br />

0.0<br />

0.0 0.5 1.0 1.5 2.0 2.5 3.0 3.5 4.0 4.5 5.0<br />

Einbindetiefe [m]<br />

a) b)<br />

Abb. 3: ERTC7 Benchmark - Errechnete Steifenkräfte (a) und Biegemomente (b)<br />

nach NV2 und NV3<br />

4 AK1.6 Benchmark "3-fach verankerte Baugrube"<br />

Das folgende Beispiel wurde vom Arbeitskreis 1.6 der DGGT "Numerik in der<br />

Geotechnik" als Ergänzung zu den Empfehlungen Nr. 3 "Baugruben" gewählt (Abb.<br />

4). Die Baugrube wurde mit verschiedenen Stoffgesetzen mit der Finite-Elemente-<br />

Methode berechnet. Das verwendete FE-Netz besteht aus ca. 1 800 6-knotigen<br />

Elementen (Abb. 5). In einer Parameterstudie wurden wesentliche Faktoren, die das<br />

Ergebnis der numerischen Berechnung beeinflussen, identifiziert [5]. Die hier<br />

gezeigten Ergebnisse wurden mit dem Hardening Soil Modell berechnet [6]. Im<br />

Folgenden wird gezeigt, welche Unterschiede sich für die Bemessung ergeben, wenn<br />

unterschiedliche Nachweisverfahren zur Anwendung gelangen. Bei Anwendung des<br />

Nachweisverfahrens 2* wird die Berechnung mit charakteristischen<br />

Bodenkenngrößen durchgeführt. Da in diesem Beispiel weder ständige noch<br />

veränderliche Auflasten zu berücksichtigen sind, ist diese Berechnung gleichzeitig<br />

der Nachweis des Grenzzustandes der Gebrauchstauglichkeit. Es muss darauf<br />

hingewiesen werden, dass bei üblicher Definition der charakteristischen Kenngrößen<br />

diese Berechnung nicht die zu erwartenden Verformungen liefert sondern den<br />

Grenzzustand der Verformungen. Die ermittelten Schnittgrößen stellen somit<br />

ebenfalls charakteristische Größen dar, die Bemessungsgrößen können mit den in<br />

den nationalen Anhängen festgelegten Teilsicherheitsbeiwerten ermittelt werden<br />

(Teilsicherheitsfaktoren werden auf Beanspruchungen angewendet).<br />

400.0<br />

350.0<br />

300.0<br />

250.0<br />

200.0<br />

150.0<br />

100.0<br />

50.0<br />

charakteristisch<br />

DA2<br />

DA3<br />

DA2*1.35


2 - 3 x Baugrubenbreite<br />

z<br />

x<br />

30 m<br />

Aushub1 = - 4.80m<br />

Aushub2 = - 9.30m<br />

Aushub3 = -14.35m<br />

Aushub4 = -16.80m<br />

-17.90m<br />

OK Weichgelsohle = -30.00m<br />

γ'=γ' Sand<br />

27°<br />

27°<br />

27°<br />

0.8m<br />

19.8m<br />

0.00m<br />

23.3m<br />

23.8m<br />

GW = -3.00m uGOK<br />

Abb. 4: 3-fach verankerte Baugrube - Geometrie und Aushubphasen<br />

Abb. 5: 3-fach verankerte Baugrube - FE-Netz<br />

Die Tabellen 1 und 2 fassen die Ergebnisse zusammen, wobei zwei Berechnungen<br />

mit unterschiedlichen Wandreibungswinkeln (tanδ = 0.8tanϕ' und tanδ = 0.5tanϕ')<br />

durchgeführt wurden. Es zeigt sich, dass die Bemessungsmomente der beiden<br />

Nachweisverfahren für dieses Beispiel sehr ähnlich sind, die Ankerkräfte jedoch<br />

deutliche Unterschiede zeigen. Letzteres ist darauf zurückzuführen, dass sich die<br />

8.0m<br />

8.0m<br />

8.0m<br />

-32.00m = UK Stahlbetonschlitzwand<br />

2 - 3 x Baugrubenbreite<br />

Vorspannkraft 1. Ankerlage: 768KN<br />

2. Ankerlage: 945KN<br />

3. Ankerlage: 980KN<br />

Ankerabstand 1. Ankerlage: 2.30m<br />

2. Ankerlage: 1.35m<br />

3. Ankerlage: 1.35m<br />

Litzenquerschnitt: 15 cm2 E = 2.1 e8 kN/m2 Sand


Ankerkräfte auch in den Berechnungen mit den abgeminderten Kennwerten (NV3)<br />

wegen der gewählten Vorspannung nur geringfügig ändern.<br />

max.<br />

Biegemoment<br />

kNm/m<br />

Tabelle 1: 3-fach verankerte Baugrube - Ergebnisse für tanδ = 0.8tanϕ'<br />

max.<br />

Biegemoment<br />

kNm/m<br />

Ankerkraft<br />

Lage 1<br />

(kN/m)<br />

Ankerkraft<br />

Lage 1<br />

(kN/m)<br />

Ankerkraft<br />

Lage 2<br />

(kN/m)<br />

Ankerkraft<br />

Lage 2<br />

(kN/m)<br />

Ankerkraft<br />

Lage 3<br />

(kN/m)<br />

Ankerkraft<br />

Lage 3<br />

(kN/m)<br />

äußere<br />

Standsicherheit<br />

charakteristisch 735 349 764 762 1,48<br />

x 1.35 (DA2*) 992 471 1031 1029<br />

äußere<br />

Standsicherheit<br />

charakteristisch 658 334 756 755 1,57<br />

x 1.35 (DA2*) 888 451 1021 1020<br />

DA3 867 358 805 766 1,26<br />

DA3 1020 380 828 783 1,19<br />

Tabelle 2: 3-fach verankerte Baugrube - Ergebnisse für tanδ = 0.5tanϕ'<br />

5 Einfach verankerte Baugrube<br />

Für eine einfach verankerte Spundwand werden Ergebnisse einer konventionellen<br />

Berechnung mit den Ergebnissen einer FE-Berechnung für NV2 und NV3 verglichen.<br />

Abb. 6: Einfach verankerte Baugrube - Geometrie und Aushubphasen


Abb. 6 zeigt die geometrischen Abmessungen, der Anker wurde in der<br />

konventionellen Berechnung als fixes Auflager berücksichtigt, in der FE-Berechnung<br />

als sehr steife Abstützung (um eine bessere Vergleichbarkeit zu ermöglichen).<br />

Bodenkennwerte (charakteristisch):<br />

ϕk = 35°<br />

γk = 18,0 kN/m 3<br />

δk = 2/3·ϕk<br />

Es werden zwei Bemessungssituationen untersucht, die sich in der Belastung<br />

(Tabelle 3) und folgenden Teilsicherheitsbeiwerten für Bemessungssituation 1 bzw. 2<br />

unterscheiden.<br />

Lasten<br />

Bemessungssituation 1<br />

(ständige BS)<br />

Bemessungsituation 2<br />

(vorübergehende BS)<br />

Ständige Last p k [kN/m²] - -<br />

Veränderliche Last q k,1 [kN/m²] 20 20<br />

Veränderliche Last q k,2 [kN/m²]<br />

Tabelle 3: Einfach verankerte Baugrube - Untersuchte Bemessungssituationen<br />

Nachweisverfahren 2 - Bemessungssituation 1:<br />

Teilsicherheitsbeiwerte für Einwirkungen/Beanspruchungen:<br />

ständig ungünstig: γG = 1,35<br />

veränderlich ungünstig: γQ = 1,50<br />

Teilsicherheitsbeiwerte für Widerstände von Stützbauwerken:<br />

Erdwiderstand: γR;v = 1,40<br />

Nachweisverfahren 2 - Bemessungssituation 2:<br />

Teilsicherheitsbeiwerte für Einwirkungen/Beanspruchungen<br />

ständig ungünstig: γG = 1,20<br />

veränderlich ungünstig: γQ = 1,30<br />

Teilsicherheitsbeiwerte für Widerstände von Stützbauwerken<br />

Erdwiderstand: γR;e = 1,30<br />

30


Nachweisverfahren 3 - Bemessungssituation 1:<br />

Teilsicherheitsbeiwert für Bodenkenngrößen: γ ϕ’ = 1,25<br />

Teilsicherheitsbeiwerte für Einwirkungen/Beanspruchungen:<br />

ständig ungünstig: γG = 1,00<br />

veränderlich ungünstig: γQ = 1,10<br />

Nachweisverfahren 3 - Bemessungssituation 2:<br />

Teilsicherheitsbeiwert für Bodenkenngrößen: γ ϕ’ = 1,20<br />

Teilsicherheitsbeiwerte für Einwirkungen/Beanspruchungen:<br />

ständig ungünstig: γG = 1,00<br />

veränderlich ungünstig: γQ = 1,10<br />

Die Erddruckumlagerung in der konventionellen Berechnung wurde bis<br />

Baugrubensohle angesetzt (dies weicht von der bisherigen Vorgangsweise in der<br />

ÖNORM ab), der Erddruckansatz wurde mit 50% aktiv und 50% Erdruhedruck<br />

gewählt. Als Beispiel ist die (umgelagerte) Erddruckverteilung für den Fall NV2 in<br />

Abb. 7 gezeigt. Es wird darauf hingewiesen, dass in den Werten der Abb. 7 die<br />

Partialsicherheitsfaktoren für den Erddruck und der (in diesem Fall veränderlichen)<br />

Auflast enthalten sind (beim NV2* werden charakteristische Größen angesetzt).<br />

Abb. 7: Einfach verankerte Baugrube - Erddruckbild für Nachweisverfahren 2<br />

Die Ergebnisse dieser Vergleichsberechnungen sind in den Tabellen 4 und 5 für die<br />

Bemessungssituationen 1 und 2 zusammengefasst. In der Spalte "Sicherheit" ist die


Sicherheit gegen Versagen des Fußauflagers eingetragen. Für die FE-Berechnung<br />

wurde diese aus Integration der Spannungen im Fußbereich ermittelt.<br />

Sicherheit<br />

BemessungsankerkraftBemessungsmoment<br />

Handrechnung NV2 (NV2*) 1,09 272 228<br />

FEM NV2* 1,22 211 166<br />

Handrechnung NV3 1,11 245 204<br />

FEM NV3 1,28 213 174<br />

Tabelle 4: Vergleich Handrechnung / FEM: Bemessungssituation 1<br />

Sicherheit<br />

BemessungsankerkraftBemessungsmoment<br />

Handrechnung NV2 (NV2*) 1,33 267 197<br />

FEM NV2* 1,44 238 166<br />

Handrechnung NV3 1,22 263 194<br />

FEM DA3 1,42 248 182<br />

Tabelle 5: Vergleich Handrechnung / FEM: Bemessungssituation 2<br />

Die Ergebnisse zeigen, dass für dieses Beispiel die Schnittgrößen aus der<br />

konventionellen Berechnung nach NV2 (bzw. NV2*) etwas höher sind als nach NV3<br />

(insbesondere für die Bemessungssituation 1). Aus der numerischen Berechnung<br />

ergibt sich eine gegenläufige Tendenz. Die Unterschiede zwischen Numerik und<br />

Handrechnung sind für NV3 geringer als für NV2. An dieser Stelle soll angemerkt<br />

werden, dass die Berechnungen nach NV3 mit einem Teilsicherheitsfaktor auf<br />

Bodenkenngrößen von γϕ' = 1,25 (Bemessungssituation 1) und γϕ' = 1,20<br />

(Bemessungssituation 2) durchgeführt wurden. Im österreichischen Nationalen<br />

Anwendungsdokument, das für Baugrubenberechnungen mit numerischen Methoden<br />

das NV3 zulässt, wird für Bemessungssituation 1 γϕ' = 1,30 festgelegt werden.<br />

Weiters ist zu beobachten, dass die Schnittgrößen aus der FE-Berechnung generell<br />

geringer sind. Dazu muss jedoch angemerkt werden, dass diese Berechnungen mit<br />

dem elastisch-ideal plastischen Stoffgesetz nach Mohr-Coulomb mit konstanter<br />

Steifigkeit (E = 65 000 kN/m 2 , ν = 0.3) durchgeführt wurden, um vergleichbare<br />

Berechnungsgrundlagen zu schaffen. Es ist klar, dass die Verwendung höherwertiger<br />

Stoffgesetze zu unterschiedlichen Schnittgrößen führt und damit die Diskrepanzen<br />

zur konventionellen Berechnung größer - oder auch kleiner - ausfallen können als


hier gezeigt. Eine größere Abweichung kann vor allem dann erwartet werden, wenn<br />

die relativen Steifigkeitsunterschiede zwischen Verbau (Wand und Abstützung) und<br />

Baugrund, die in numerischen Berechnungen einen nicht unbedeutenden Einfluss<br />

auf das Ergebnis haben können, eine Erddruckverteilung ergeben, die stark von der<br />

in gängigen Regelwerken angegebenen abweicht. Darüber hinaus sind jedoch<br />

generell Unterschiede je nach verwendetem Stoffgesetz (elastisch-ideal plastisch,<br />

elastisch-plastisch, hypoplastisch, Berücksichtigung von "small strain stiffness", ……)<br />

unvermeidlich. Eine solide Kenntnis der Wirkungsweise hoch entwickelter<br />

Stoffgesetze und eine sorgfältige Parameteridentifikation ist daher unabdingbare<br />

Voraussetzung wenn numerische Verfahren in der Bemessung von<br />

Baugrubenwänden erfolgreich eingesetzt werden sollen.<br />

6 Zusammenfassung<br />

In diesem Beitrag wurden verschiedene Aspekte numerischer Berechnungen von<br />

Baugruben nach den Nachweisverfahren des Eurocode 7 behandelt. Generell ist<br />

festzuhalten, dass alle Nachweisverfahren auch mit numerischen Methoden<br />

durchgeführt werden können. Die Frage ob das Nachweisverfahren 2, d.h.<br />

Berechnung mit charakteristischen Kenngrößen und Anwendung der<br />

Teilsicherheitsfaktoren auf Beanspruchungen, oder das Nachweisverfahren 3, d.h.<br />

Berechnung mit abgeminderten Bodenkenngrößen, sinnvoller ist, kann nicht<br />

eindeutig beantwortet werden. Es scheint unbestritten, dass NV2 (NV2*) der<br />

bisherigen Praxis nahe kommt und daher die attraktivere Variante zu sein scheint.<br />

Dem ist entgegenzuhalten, dass die Argumentation, den Sicherheitsfaktor dort<br />

einzuführen, wo eine der Unsicherheiten liegt (nämlich im Baugrund), ebenfalls<br />

berechtigt ist und gegebenenfalls zu realistischeren Versagensbildern führen kann.<br />

Es konnte auch gezeigt werden, dass keine generelle Aussage darüber getroffen<br />

werden kann, welches Nachweisverfahren "wirtschaftlichere" Schnittgrößen liefert, da<br />

dies von der jeweiligen Problemstellung (Geometrie, Steifigkeitsverhältnisse, Anteil<br />

der ständigen und veränderlichen Lasten, …..) abhängt.<br />

7 Literatur<br />

[1] Schweiger, H.F. (2003). Standsicherheitsnachweise für Böschungen und<br />

Baugruben mittels FE-Methode durch Abminderung der Scherfestigkeit. In: T.


Schanz (Hg.), Workshop: Nachweise für Böschungen und Baugruben mit<br />

numerischen Methoden, Bauhaus-Universität Weimar, Schriftenreihe Geotechnik,<br />

Heft 11, 19-36.<br />

[2] Bauduin, C., De Vos, M. & Frank, R. (2003). ULS and SLS design of<br />

embedded walls according to Eurocode 7. Proc.XIII ECSMGE, Prague (Czech<br />

Republic), Vol. 2, 41-46.<br />

[3] Simpson, B. (2000). Partial factors: where to apply them? Proc. Int. Workshop<br />

on Limit State Design in Geotechnical Engineering, Melbourne, 145-154.<br />

[4] Schweiger, H.F. (2006). Results from the ERTC7 benchmark exercise. In:<br />

Proc. 6th European Conference on Numerical Methods in Geotechnical Engineering<br />

(H.F. Schweiger, ed.), Taylor & Francis, London, 3-8.<br />

[5] Schweiger, H.F. (2002). Musterlösung und Parameterstudie für dreifach<br />

verankerte Baugrube - Anhang zu Empfehlungen Nr. 3 "Baugruben" des<br />

Arbeitskreises AK 1.6 "Numerik in der Geotechnik". Geotechnik, 25, 101-109.<br />

[6] Brinkgreve, R.B.J. (2002). Plaxis, Finite element code for soil and rock<br />

analyses, Users Manual. Rotterdam: Balkema.<br />

Ao.Univ.-Prof. Helmut F. Schweiger<br />

Leiter Arbeitsgruppe Numerische Geotechnik<br />

Institut für Bodenmechanik und Grundbau<br />

Technische Universität Graz<br />

Rechbauerstr. 12, A-8010 Graz<br />

Tel.: +43 (0)316 - 873 / 6234<br />

Fax: +43 (0)316 - 873 / 6232<br />

E-Mail: helmut.schweiger@tugraz.at

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