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Deutsche Zukunft statt Volkstod - NPD-Fraktion im Sächsischen ...

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<strong>Deutsche</strong> <strong>Zukunft</strong><br />

<strong>statt</strong> <strong>Volkstod</strong><br />

Minderheitenvoten der <strong>NPD</strong>-<strong>Fraktion</strong><br />

zum Bericht der Enquetekommission<br />

des <strong>Sächsischen</strong> Landtages<br />

„Demographische Entwicklung und ihre<br />

Auswirkungen auf die Lebensbereiche der<br />

Menschen <strong>im</strong> Freistaat Sachsen sowie ihre<br />

Folgen für die politischen Handlungsfelder“<br />

Beiträge zur<br />

sächsischen Landespolitik<br />

Heft 15


Einführung<br />

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,<br />

die „Enquetekommission des <strong>Sächsischen</strong><br />

Landtages zur Untersuchung der demographischen<br />

Entwicklung und ihrer<br />

Auswirkungen auf die Lebensbereiche<br />

der Menschen <strong>im</strong> Freistaat Sachsen“ hat<br />

ihre Arbeit abgeschlossen und die von<br />

der Kommissionsmehrheit beschlossenen<br />

Feststellungen in einem Abschlußbericht<br />

veröffentlicht.<br />

Wir nationaldemokratischen Vertreter<br />

in der Kommission stellen durch unsere<br />

hier vorgelegten Minderheitenvoten klar,<br />

daß wir den Mehrheitsbericht für unzureichend<br />

und in der Tendenz grundfalsch<br />

halten. Denn angesichts einer deutschen<br />

Bevölkerungskrise, die <strong>im</strong> wahrsten Sinne<br />

des Wortes existenzbedrohend und nur mit<br />

den Folgen des Dreißigjährigen Krieges zu<br />

vergleichen ist, müßte der Bericht eigentlich<br />

<strong>im</strong> wesentlichen aus bevölkerungspolitischen<br />

Handlungsvorschlägen zur<br />

Förderung kinderreicher Familien und zur<br />

Steigerung der Geburtenrate bestehen.<br />

Das fordert sogar der Einsetzungsbeschluß<br />

des Landtages. Nichts davon ist aber erkennbar.<br />

Ganz <strong>im</strong> Gegenteil, es wird sogar<br />

von dem international gebräuchlichen<br />

und wissenschaftlich genau definierten<br />

Begriff Bevölkerungspolitik ausdrücklich<br />

Abstand genommen. Der Bericht enthält<br />

praktisch keinen einzigen konkreten bevölkerungspolitischen<br />

Vorschlag, dafür<br />

aber neben dem üblichen statistischen<br />

Material um so mehr sozialwissenschaftliche<br />

Allerweltsweisheiten oder in „politisch<br />

korrekter“ Diktion dargelegte, bloße<br />

Meinungen. Es handelt sich insofern nach<br />

unserer Auffassung um ein reines Alibido-<br />

Gitta Schüßler,<br />

<strong>NPD</strong>-Landtagsabgeordnete<br />

kument, verfaßt von Menschen, die offenbar<br />

vor allem dem mutmaßlich karriereschädlichen<br />

Verdacht entgehen wollten, sie würden sich für<br />

eine aktive Bevölkerungspolitik zur Erhaltung<br />

des deutschen Volkes einsetzen wollen.<br />

Daß sich dies in der Tat karriereschädlich<br />

auswirken könnte, ist nicht von der Hand zu<br />

weisen, denn erstens ist die politische Klasse<br />

der BRD allem Anschein nach seit Jahrzehnten<br />

dem gegenteiligen Ziel, also dem weiteren demographischen<br />

Verfall des deutschen Volkes,<br />

verpflichtet – in wessen Auftrag, sei hier dahingestellt<br />

–, und zweitens dürften die Führungskader<br />

der Republik aus eben diesem Grund ein<br />

nicht gerade gutes Gewissen haben. Würden<br />

sie nun heute zulassen, daß die Notwendigkeit<br />

einer aktiven Bevölkerungspolitik allgemein erkannt<br />

und anerkannt wird, so würden sie sich<br />

auch die Frage gefallen lassen müssen, warum<br />

sie nicht schon vor Jahrzehnten tätig geworden<br />

seien, als es ungleich einfacher war als heute,<br />

das demographische Problem in den Griff zu<br />

bekommen.<br />

Für diese Sicht der Dinge spricht vor allem<br />

die in der alten BRD jahrzehntelang praktizierte<br />

Unterdrückung jeder ernsthaften bevölkerungspolitischen<br />

Diskussion, eine systematische<br />

Meinungsunterdrückung, die nur bei Annahme<br />

von entsprechenden fremdbest<strong>im</strong>mten Vorgaben<br />

überhaupt rational erklärbar ist. Denn<br />

schon seit Anfang der siebziger Jahre liegt die<br />

westdeutsche Nettoreproduktionsrate bei ungefähr<br />

0,66 (zwei Drittel), und es gibt auch<br />

heute keine Anzeichen für eine Verbesserung in<br />

Richtung des Wertes 1, also der Bestandserhaltung<br />

der Bevölkerung. Die Nettoreproduktionsrate<br />

von zwei Dritteln bedeutet für die Bevölkerungsentwicklung,<br />

daß jede Kindergeneration<br />

zwei Drittel (oder 66 Prozent) der Elterngeneration,<br />

jede Enkelkindergeneration vier Neuntel<br />

(oder 44 Prozent) der Elterngeneration beträgt.<br />

Das wußte man auch in den siebziger Jahren,<br />

und es war insbesondere schon damals vorhersehbar,<br />

daß bei einem derartigen Mißverhältnis<br />

zwischen aufeinanderfolgenden Generationen<br />

die sozialen Sicherungssysteme irgendwann<br />

zusammenbrechen müssen.<br />

Trotzdem haben sich die westdeutschen Politiker<br />

der etablierten Parteien jahrelang mit einer<br />

bemerkenswerten Hartnäckigkeit geweigert,<br />

das Problem überhaupt offiziell zur Kenntnis zu<br />

nehmen. Sie wählten <strong>statt</strong> dessen den Weg der<br />

Masseneinwanderung, mit der Folge, daß heute<br />

in westdeutschen Ballungszentren um die<br />

40 Prozent der Unterdreißigjährigen einen sogenannten<br />

Migrationshintergrund haben, und<br />

Grundschulklassen mit weit überwiegender<br />

Ausländermehrheit eher die Regel als die Ausnahme<br />

sind.<br />

Man kommt um den Verdacht nicht herum,<br />

daß diese Entwicklung von den politischen<br />

Machthabern in Westdeutschland geplant oder<br />

zumindest sehr bewußt billigend in Kauf genommen<br />

worden sein muß. Professor Herwig<br />

Birg, der renommierte deutsche Demograph,<br />

wies indirekt auf diesen Umstand hin, als er<br />

während seines Vortrages vor der Enquetekommission<br />

in Dresden von uns <strong>NPD</strong>-Vertretern<br />

gefragt wurde, wie er die jahrzehntelange<br />

Tabuisierung der Bevölkerungspolitik<br />

beurteile. Er antwortete mit folgendem<br />

Beispiel: Der ehemalige Leiter der Planungsabteilung<br />

<strong>im</strong> Kanzleramt unter Willy<br />

Brandt und Helmut Schmidt, Albrecht<br />

Müller, habe in einem Streitgespräch mit<br />

ihm, Birg, in der Frankfurter Allgemeinen<br />

Zeitung offen zugegeben, daß er in seiner<br />

Amtszeit alles unternommen habe,<br />

um Demographen mundtot zu machen,<br />

zumindest jene Demographen, die, wie<br />

Professor Birg, den Geburtenrückgang als<br />

Bedrohung erkannten und Gegenmaßnahmen<br />

forderten. Professor Birgs Bemerkung<br />

hierzu lautete sinngemäß: Das<br />

wird vielleicht für die künftige Geschichtsschreibung<br />

von Interesse sein, wenn es<br />

einmal um die Klärung der Frage geht,<br />

warum wir sehenden Auges und ohne<br />

Gegenmaßnahmen in die Bevölkerungskatastrophe<br />

gegangen sind.<br />

Zurück zur Bevölkerungsentwicklung:<br />

Die empirisch feststellbaren Folgen des<br />

Geburtenrückgangs sind teilweise sogar<br />

schl<strong>im</strong>mer, als das Zweidrittelverhältnis<br />

zwischen den Generationen zunächst vermuten<br />

läßt. So ging zum Beispiel allein <strong>im</strong><br />

Zeitraum 1988 bis 2003 die Zahl der in<br />

Westdeutschland geborenen 20- bis 30-<br />

Jährigen <strong>Deutsche</strong>n um fast die Hälfte zurück.<br />

Diese Entwicklung wird zwar durch<br />

die starke Zuwanderung in den 1980er<br />

und 1990er Jahren überlagert, was heute<br />

u.a. am starken Ausländeranteil in den<br />

jüngeren Jahrgängen zu erkennen ist,<br />

sie zeigt aber dessen unbeachtet in aller<br />

Deutlichkeit die verhängnisvolle Richtung<br />

der deutschen Bevölkerungsentwicklung,<br />

bei der es sich erkennbar um einen Abschwung<br />

gegen Null handelt.<br />

In den neuen Bundesländern sieht es<br />

keineswegs besser, sondern eher schl<strong>im</strong>mer<br />

als <strong>im</strong> Westen aus, von der Überfremdungsproblematik<br />

einmal abgese-


hen. Sachsen hatte zum Beispiel bis zur<br />

Wende über 5 Millionen Einwohner. Bis<br />

2020, also innerhalb eines Generationenabstandes,<br />

werden es ungefähr 30<br />

Prozent weniger sein. Im selben Zeitraum<br />

ist aber mit einem 50-prozentigen Rückgang<br />

der Zahl der jährlich geborenen Kinder<br />

zu rechnen, so daß der prozentuale<br />

Rückgang der Geburten um zwei Drittel<br />

größer ist als der prozentuale Bevölkerungsrückgang.<br />

Man braucht wirklich<br />

kein Demograph zu sein, um aus solchen<br />

Zahlen den programmierten <strong>Volkstod</strong><br />

herauszulesen. Im Bereich der Schulen,<br />

wo sich der Geburtenrückgang zuerst<br />

zeigt, ist die Schrumpfung besonders<br />

deutlich zu erkennen: Seit dem Schuljahr<br />

1992/1993 ist die Zahl der Schüler an den<br />

sächsischen allgemeinbildenden Schulen<br />

in öffentlicher Trägerschaft um 45 Prozent<br />

zurückgegangen. 40 Prozent der Schulen<br />

wurden geschlossen.<br />

Die sächsischen (und zugereisten) Politiker,<br />

die nach der Wende die Verantwortung<br />

in Sachsen übernahmen, übernahmen<br />

auch bereitwillig die politischen<br />

Verhaltensnormen und Tabus der politischen<br />

Klasse der alten BRD. Dazu gehörten<br />

zum Beispiel die fatalistische Hinnahme<br />

des demographischen Verfalls und<br />

die Tabuisierung der Bevölkerungspolitik.<br />

Deswegen gab es seitens der sächsischen<br />

Politik keinerlei Gegenmaßnahmen, als<br />

die Geburten Anfang der neunziger Jahre<br />

schockartig um die Hälfte zurückgingen,<br />

um sich wenig später auf Westniveau einzupendeln.<br />

Ganz <strong>im</strong> Gegenteil, um den<br />

katastrophalen Geburteneinbruch nicht<br />

thematisieren zu müssen, übertrug das<br />

Kultusministerium die sogenannte Schulnetzplanung<br />

den Bürgermeistern. Diese<br />

entschieden sich – von der Geburtenentwicklung<br />

unbeirrt – in der Regel für den<br />

Schulbau, während hingegen die Staatsregierung<br />

oder die Regierungsbezirke den<br />

Kommunen hätten erklären müssen, daß man<br />

mangels künftiger Kinder auch keine neuen<br />

Schulen brauchte. Genau dies wollte man aber<br />

in der Öffentlichkeit nicht an die Große Glocke<br />

hängen, und zwar deswegen nicht, weil man<br />

die Entstehung eines Problembewußtseins in<br />

der Bevölkerung und damit die Forderung nach<br />

bevölkerungspolitischen Maßnahmen verhindern<br />

wollte. – Bemerkenswert in diesem Zusammenhang<br />

ist, daß ausgerechnet der damalige<br />

Kultusminister, der diese makabre Fehlplanung<br />

zu verantworten hatte, zu den prominentesten<br />

Mitgliedern der Enquetekommission gehörte.<br />

Eine intensive öffentliche Thematisierung der<br />

katastrophalen Geburtenentwicklung blieb in<br />

Sachsen, wie in der gesamten BRD, die ganzen<br />

neunziger Jahre aus. Erst nach der Jahrtausendwende<br />

kam das Thema auf die Tagesordnung,<br />

und zwar hauptsächlich deswegen, weil sich die<br />

Notwendigkeit abzeichnete, einschneidende<br />

demographiebedingte Änderungen an den<br />

Per Lennart Aae,<br />

Parlamentarischer Berater der <strong>NPD</strong>-<br />

<strong>Fraktion</strong> <strong>im</strong> <strong>Sächsischen</strong> Landtag<br />

Bevölkerungspolitik ist <strong>im</strong>mer Familienpolitik!<br />

Familienpolitik muß<br />

bedeuten: Schaffung opt<strong>im</strong>aler<br />

Bedingungen für die Familien, um<br />

den eigenen Nachwuchs möglichst<br />

zahlreich großzuziehen. Politik muß<br />

hierfür Freiraum und Sicherheit<br />

schaffen – für Mütter und Kinder.<br />

Renten- und Krankenversicherungssystemen<br />

vorzunehmen, und weil besonders in den neuen<br />

Bundesländern die Folgen des <strong>Volkstod</strong>es<br />

in Form von Entleerung und Verwahrlosung<br />

nicht mehr zu übersehen waren und aus Regierungssicht<br />

diverse Strukturreformen, wie etwa<br />

die sächsische Landkreisreform, erforderlich<br />

machten. Außerdem mußte ja die Öffentlichkeit<br />

ohnehin irgendwann auf das tatsächliche<br />

Bevölkerungsszenario eingest<strong>im</strong>mt werden.<br />

Dies geschieht nun leider keineswegs dadurch,<br />

daß unverzügliches familien- und bevölkerungspolitisches<br />

Handeln angekündigt<br />

oder gefordert wird. Nein, man spricht<br />

vielmehr verharmlosend von einem „demographischen<br />

Wandel“ – gerade so, als<br />

ob hier lediglich ein best<strong>im</strong>mter stabiler<br />

Bevölkerungszustand von einem anderen<br />

abgelöst werden würde, und wir auch<br />

mit letzterem ganz gut leben könnten. Es<br />

kann nicht deutlich genug gesagt werden:<br />

Diese Unterstellung ist nicht nur sachlich<br />

falsch, sondern angesichts des tatsächlichen<br />

Niedergangs der deutschen Bevölkerung<br />

vor allem auch extrem verlogen<br />

und bösartig! Die richtige Bezeichnung für<br />

die heutige Bevölkerungsentwicklung ist<br />

vielmehr „demographische Katastrophe“,<br />

ein Ausdruck, den auch der derzeitige<br />

CDU-<strong>Fraktion</strong>svorsitzende und ehemalige<br />

sächsische Kultusminister Steffen Flath in<br />

diesem Zusammenhang verwendet hat,<br />

und zwar in einer Landtagsrede <strong>im</strong> Juni<br />

2008.<br />

Die Enquetekommission bezeichnet hingegen<br />

die Katastrophe verharmlosend als<br />

„Wandel“, dem man sogar etwas Positives<br />

abgewinnen könne. Sie schwächt damit<br />

das Bewußtsein für die Gefahr, hemmt die<br />

Selbsterhaltungskräfte und trägt dazu bei,<br />

die Eindämmung der Katastrophe zu verhindern.<br />

Für dieses Ergebnis, das maßgeblich von<br />

jenen Kommissionsmitgliedern geprägt ist,<br />

die sich von Anfang an als entschiedene<br />

Gegner jeglicher geburtenfördernder Familienpolitik<br />

bekannt haben, können und wollen<br />

wir nationaldemokratischen Mitglieder<br />

der Kommission keine Verantwortung übernehmen.<br />

Unsere eigenen Vorstellungen zu<br />

einigen ausgewählten Themenfeldern der<br />

Kommissionsarbeit haben wir in den nachfolgenden<br />

Minderheitenvoten dargelegt.<br />

Gitta Schüßler Per Lennart Aae<br />

Landtagsabgeordnete Parl. Berater<br />

5


Minderheitenvotum der<br />

<strong>NPD</strong> zum Kapitel 2 des<br />

Berichts der Enquetekommission:„Demographischer<br />

Wandel und<br />

bevölkerungsbewußte<br />

Politik“<br />

Minderheitenvotum<br />

Zum Begriff Bevölkerungspolitik<br />

In der von der Mehrheit unterstützten<br />

Textfassung des Berichtes der Enquetekommission<br />

(Mehrheitsvotum) wird vom<br />

Begriff „Bevölkerungspolitik“ Abstand<br />

genommen, und zwar mit der Begründung,<br />

er sei in der Wissenschaft nicht einheitlich<br />

definiert. Dieser Auffassung treten<br />

die Unterzeichner dieses Minderheitenvotums<br />

mit Entschiedenheit entgegen. Der<br />

Begriff ist sowohl <strong>im</strong> wissenschaftlichen<br />

als auch <strong>im</strong> politischen Kontext weitgehend<br />

einheitlich definiert. So definiert<br />

z.B. die demographische Abteilung an<br />

der Stockholmer Universität die „Analyse<br />

von Bevölkerungspolitiken“ wie folgt:<br />

„Diese betrifft politische Entscheidungen,<br />

deren Ziel es ist, die Bevölkerungsentwicklung<br />

zu beeinflussen, oder die diese<br />

Entwicklung tatsächlich beeinflussen,<br />

ohne daß damit eine Absicht verbunden<br />

ist.“ (Schwedisch für Bevölkerungspolitik:<br />

Befolkningspolitik.) Professor Paul Demeny,<br />

Direktor des angesehenen „Population<br />

Councils“ in New York, definiert in<br />

„Population Policy: A Concise Summary“<br />

Bevölkerungspolitik (Englisch: Population<br />

Policy) wie folgt: „Population policies are<br />

deliberately constructed or modified institutional<br />

arrangements and/or specific<br />

programs through which governments<br />

influence, directly or indirectly, demogra-<br />

phic change.“ Bevölkerungspolitik kann geburtenfördernden<br />

oder geburtenbegrenzenden<br />

Charakter haben. In letzterer Bedeutung ist der<br />

Begriff in der internationalen Entwicklungspolitik<br />

hochaktuell und findet in zahlreichen offiziellen<br />

Dokumenten Anwendung, z.B. in der<br />

„Verordnung des Europäischen Rates über die<br />

Unterstützung der Bevölkerungspolitiken und<br />

- Programme in den Entwicklungsländern“.<br />

Im Gegensatz zu vielen Entwicklungsländern<br />

ist in Deutschland nicht eine Geburtenbegrenzung,<br />

sondern eine Geburtenförderung von<br />

existentieller Bedeutung für die <strong>Zukunft</strong> des<br />

Landes. Hierfür sind politische Konzepte und<br />

Programme zu entwickeln, die nach den oben<br />

genannten (deckungsgleichen) Definitionen<br />

unter dem Begriff Bevölkerungspolitik zusammengefaßt<br />

werden.<br />

Die Unterzeichner des Minderheitenvotums<br />

befürchten, daß die Ablehnung des Begriffs<br />

Bevölkerungspolitik durch die Mehrheit der<br />

Enquetekommission weniger mit der angeblich<br />

unklaren wissenschaftlichen Definition des Begriffs<br />

zusammenhängt als mit dem Umstand,<br />

daß nach dem Eindruck der Unterzeichner ein<br />

Großteil der Kommissionsmitglieder jeder gezielten<br />

Bevölkerungspolitik („pronatalistischen“<br />

Politik) grundsätzlich ablehnend gegenübersteht.<br />

Um schon <strong>im</strong> Begrifflichen einer solchen<br />

Haltung entschieden entgegenzutreten, stellen<br />

die Unterzeichner fest, daß nach ihrer Auffassung<br />

auch <strong>im</strong> vorliegenden Bericht Bevölkerungspolitik<br />

der richtige übergeordnete Begriff<br />

für geburtenfördernde politische Maßnahmen<br />

wäre. Gerade angesichts der schwerwiegenden<br />

wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Folgen<br />

der derzeitigen Bevölkerungs<strong>im</strong>plosion in<br />

Deutschland ist es wichtig, einen klaren politischen<br />

Begriff, nicht eine unverbindliche neue<br />

Begriffsschöpfung, wie etwa den <strong>im</strong> Mehrheitsvotum<br />

verwendeten Terminus bevölkerungsbewußte<br />

Politik, zu verwenden.<br />

Zur Frage der Ablehnung einer heutigen Bevölkerungspolitik<br />

mit Verweis auf die Bevölkerungspolitik<br />

des Dritten Reiches<br />

Im Mehrheitsvotum wird unter Punkt 2.1.1<br />

(„Bevölkerungsbewußte Familienpolitik“) festgestellt,<br />

daß „eine explizite Bevölkerungspolitik,<br />

welche darauf zielt, die demographische Entwicklung<br />

zu beeinflussen, (…) in Deutschland<br />

aufgrund der menschenverachtenden Bevölkerungspolitik<br />

der Nationalsozialisten umstritten“<br />

sei. Die Unterzeichner des Minderheitenvotums<br />

sind der Auffassung, daß durch diese einleitende<br />

Feststellung als eigentliche Begründung<br />

für die Ablehnung des international gängigen<br />

Fachbegriffs Bevölkerungspolitik sowie durch<br />

die darauf folgenden, eher skeptischen Aussagen<br />

zu den Möglichkeiten und zum Nutzen<br />

einer geburtenfördernden Politik die Kommission<br />

sich <strong>im</strong> wesentlichen gegen eine entschiedene<br />

Bevölkerungspolitik in Sachsen und<br />

Deutschland stellt. Durch die anschließenden,<br />

sehr vagen und unbest<strong>im</strong>mten Handlungsempfehlungen<br />

unter der Rubrik „Umsetzung von<br />

Kinderwünschen ermöglichen“ und vor allem<br />

durch das weitgehende Fehlen von Handlungsempfehlungen<br />

zur Geburtenförderung <strong>im</strong> weiteren<br />

Verlauf des Berichts wird dieser Eindruck<br />

erheblich verstärkt.<br />

Diese Haltung sehen die Unterzeichner <strong>im</strong><br />

Sinne des Einsetzungsbeschlusses der En-<br />

Es ist schon lange nicht mehr "fünfvor-zwölf"<br />

in der Bevölkerungspolitik.<br />

Trotzdem muß gehandelt werden,<br />

damit alles nicht noch schl<strong>im</strong>mer wird.<br />

quetekommission als kontraproduktiv<br />

und zudem als wissenschaftlich und politisch<br />

falsch an, auch nach den Erkenntnissen<br />

der Kommission selbst. So wird sogar<br />

<strong>im</strong> selben Abschnitt des Mehrheitsvotums<br />

(2.1.1 „Bevölkerungsbewußte Familienpolitik“)<br />

auf folgenden Sachverhalt hingewiesen:<br />

„So sind in Westdeutschland<br />

seit einigen Jahren Frauenjahrgänge in<br />

die Phase der Familiengründung eingetreten,<br />

die durch die seit über 30 Jahren<br />

auf dem niedrigen Niveau von 1,4 Kindern<br />

pro Frau verharrende Geburtenrate<br />

um ein Drittel kleiner sind als ihre Elterngeneration.<br />

Bei gleichem Geburtenverhalten<br />

wie ihre Mütter wird sich die folgende<br />

Generation wieder um ein Drittel<br />

verkleinern und damit zu einer weiteren<br />

Schrumpfung der Gesellschaft führen.“<br />

Die Unterzeichner sind der Auffassung,<br />

daß durch eine ungebremste Fortsetzung<br />

dieser Entwicklung, die mittlerweile gleichermaßen<br />

in Mitteldeutschland <strong>statt</strong>findet,<br />

Deutschland von einem irreversiblen<br />

wirtschaftlichen und sozialen Niedergang<br />

und einer weitgehenden Entvölkerung<br />

und Verwahrlosung großer Teile des Bundesgebietes,<br />

nicht zuletzt in Sachsen,<br />

bedroht wird. Einer solchen Bedrohung<br />

nicht mit größter Entschiedenheit entgegenzutreten,<br />

wäre unverzeihlich.<br />

Als ursächlich für die genannte Haltung,<br />

insbesondere bei jenen Kommissionsmitgliedern,<br />

die anfänglich eine<br />

aktive Bevölkerungspolitik befürwortet<br />

haben (wie schon <strong>im</strong> öffentlich zugänglichen<br />

Einsetzungsbeschluß dokumentiert)<br />

sehen die Unterzeichner vor allem<br />

die verhängnisvolle Stigmatisierung von<br />

Politik und Wissenschaft in Deutschland<br />

durch eine irreführende Darstellung der<br />

Bevölkerungspolitik <strong>im</strong> Dritten Reich an.<br />

Die dadurch verursachte Denkblockade<br />

hat in Westdeutschland seit dreißig Jahren<br />

verhindert, daß die in diesem ganzen


Zeitraum für jeden erkennbare Bevölkerungs<strong>im</strong>plosion<br />

öffentlich erörtert oder<br />

gar aufgehalten werden konnte.<br />

Verbrecherisch waren <strong>im</strong> erweiterten<br />

Kontext der nationalsozialistischen Bevölkerungspolitik<br />

allenfalls die Euthanasie-<br />

und Sterilisationsprogramme. Diese zielten<br />

aber nicht darauf ab, durch Geburtenförderung<br />

„die demographische Entwicklung<br />

zu beeinflussen“, wie es <strong>im</strong> Mehrheitsvotum<br />

heißt, sondern vielmehr darauf, vermeintlich<br />

„Lebensuntaugliche“, unheilbar<br />

Kranke etc. zu töten oder sie durch<br />

Sterilisation (auch Zwangssterilisation) an<br />

der Fortpflanzung zu hindern. Diese Maßnahmen,<br />

die heute einhellig verurteilt<br />

werden, hatten aber weder das Ziel noch<br />

auch nur annähernd den Umfang, um in<br />

irgendeiner Weise die demographische<br />

Struktur in Deutschland beeinflussen zu<br />

können. Mit der Bevölkerungspolitik des<br />

Dritten Reiches <strong>im</strong> eigentlichen Sinne des<br />

Wortes (s. obige Definitionen) hatten sie<br />

nichts zu tun. Diese war vielmehr eine<br />

reine Familienpolitik, die sich als außerordentlich<br />

erfolgreich erwies. So gelang<br />

es zwischen 1933 und 1939, die Geburtenzahl<br />

von 971.174 auf 1.413.230 zu<br />

steigern (45 Prozent). Dies geschah keineswegs<br />

durch offenen oder verdeckten<br />

Zwang, sondern durch Familienförderung<br />

und nicht zuletzt durch Erhöhung<br />

der gesellschaftlichen Wertschätzung<br />

für Familie, Ehe und Kinder. Interessant<br />

ist, daß neben den rein staatlichen Programmen<br />

wie dem Ehestandsdarlehen,<br />

wesentliche Teile dieser Politik über spendenfinanzierte<br />

Hilfsorganisationen, etwa<br />

das Hilfswerk „Mutter und Kind“, oder<br />

über Betriebe mit öffentlich-rechtlichen<br />

Sonderfunktionen abgewickelt wurden,<br />

beispielsweise <strong>im</strong> sozialen Wohnungsbau.<br />

Wenn heute von Bevölkerungspolitik<br />

gesprochen wird, sind selbstverständlich<br />

nicht Euthanasiemorde, die niemals be-<br />

völkerungspolitische Maßnahmen, sondern <strong>im</strong>mer<br />

nur Verbrechen gegen einzelne Individuen<br />

waren, gemeint, sondern ausschließlich positive<br />

Maßnahmen zur Geburtenförderung, wie<br />

sie in vielen Staaten durchgeführt worden sind,<br />

darunter eben auch das Dritte Reich.<br />

Deswegen ist es nach Auffassung der Unterzeichner<br />

völlig indiskutabel, wegen der Bevölkerungspolitik<br />

des Dritten Reiches auf eine heute,<br />

über 60 Jahre später, dringend notwendige<br />

geburtenfördernde Politik zu verzichten. Ein<br />

solches Ansinnen stellt nicht nur die <strong>Zukunft</strong><br />

unseres Landes in Frage, sondern ist auch eindeutig<br />

historisch falsch und unverhältnismäßig.<br />

Zur Frage der Wirksamkeit von<br />

bevölkerungspolitischen<br />

Maßnahmen<br />

Im Abschnitt „Bevölkerungsbewußte Familienpolitik“<br />

werden nach Auffassung der Unterzeichner<br />

des Minderheitenvotums die Möglichkeiten<br />

der Bevölkerungspolitik zu pess<strong>im</strong>istisch<br />

dargestellt. Ein Kardinalfehler, der auch an<br />

anderen Stellen des Berichts gemacht wird, ist<br />

die Beurteilung der Auswirkung einer etwaigen<br />

Verbesserung der Fruchtbarkeit (Geburtenziffer)<br />

anhand von Vergleichen zwischen absoluten<br />

Geburtenzahlen verschiedener Jahre. So<br />

wird am Ende des genannten Abschnittes argumentiert,<br />

daß trotz der „positiven Tendenz<br />

der Geburtenentwicklung“ in Sachsen „aller<br />

Wahrscheinlichkeit nach <strong>im</strong> Jahre 2020 (…) nur<br />

noch etwa halb so viele Kinder geboren werden<br />

wie 1990“. Dies ist wahrlich kein Wunder,<br />

denn erstens kommen ja um 2020 gerade<br />

jene Jahrgänge ins Elternalter, die aufgrund<br />

des Absturzes der Geburtenraten Anfang der<br />

neunziger Jahre nur halb so stark wie frühere<br />

Jahrgänge sind, und zweitens liegt die zusammengefaßte<br />

Geburtenziffer in Sachsen nach<br />

wie vor deutlich unter 1,4. Selbstverständlich<br />

kann eine winzige Verbesserung dieser relativen<br />

Reproduktionszahl um einige Tausendstel angesichts<br />

der Halbierung der Bezugsgröße, also der<br />

Elterngeneration, kaum etwas am Rückgang<br />

der absoluten Kinderzahlen ändern. Das wäre<br />

selbst mit einer wesentlich stärkeren Erhöhung<br />

der Fruchtbarkeit, etwa durch eine gezielte<br />

Bevölkerungspolitik, nicht möglich. Aber der<br />

Vergleich als solcher ist falsch, denn entscheidend<br />

für die kommende Entwicklung ist nicht<br />

die absolute Zahl der Menschen, sondern das<br />

Verhältnis zwischen aufeinanderfolgenden Generationen.<br />

Das kann man z.B. anhand des für die Höhe<br />

der Rentenbeiträge entscheidenden sogenannten<br />

Rentnerquotienten veranschaulichen:<br />

Während dieser nach Berechungen der Rürup-<br />

Kommission bei Fortsetzung der derzeitigen<br />

Geburtenentwicklung von heute etwa 0,52<br />

auf 0,59 <strong>im</strong> Jahre 2020, 0,70 <strong>im</strong> Jahre 2030<br />

und deutlich über 0,80 <strong>im</strong> Jahre 2050 steigen<br />

würde, würde er bei einem heute beginnenden<br />

vollen Generationenausgleich noch <strong>im</strong> Jahre<br />

2050 den heutigen Wert kaum übersteigen<br />

– trotz der gleichzeitigen Zunahme der Lebenserwartung.<br />

Insofern ist es für eine Bevölkerungspolitik nie<br />

„zu spät“. Entscheidend ist vielmehr, daß sie<br />

die zahlenmäßige Relation zwischen aufeinanderfolgenden<br />

Generationen verbessert. Wenn<br />

dies der Fall ist, entfaltet sie ihre Wirkung zum<br />

Teil schon innerhalb einer Generationenspanne,<br />

also in etwa 30 Jahren, und in Gänze innerhalb<br />

von zwei Generationen, also in 60 Jahren. Wenn<br />

etwa aufgrund einer gezielten Bevölkerungspolitik<br />

die altersspezifischen Geburtenziffern<br />

heute kurzfristig um die Hälfte steigen würden,<br />

was in etwa dem Generationenersatz entsprechen<br />

würde, so wären in dreißig Jahren, wenn<br />

die heutigen 30- bis 40-Jährigen in die Rente<br />

gehen, die erwerbstätigen Jahrgänge zwischen<br />

30 und 67 zwar <strong>im</strong>mer noch dünn besetzt, weil<br />

sie ja vor der Geburtenwende geboren wären,<br />

aber die Population der unter 30-Jährigen<br />

würde für die heutigen Altersstufen zwischen<br />

etwa 20 und 40 Jahren entsprechend der Verteilung<br />

der altersspezifischen Geburtenziffern<br />

den Generationenersatz jahrgangsspezifisch<br />

entlang einer fallenden Kurve zwischen<br />

annähernd 100 Prozent (für die heute 20-<br />

Jährigen) und annähernd 66 Prozent (für<br />

die heute 40-Jährigen, entsprechend der<br />

heutigen Nettoreproduktionsrate) darstellen.<br />

Nach einer weiteren Generationenspanne<br />

von 30 Jahren wäre der Generationenersatz<br />

praktisch voll hergestellt – mit<br />

den entsprechenden Konsequenzen für<br />

die Sozialsysteme etc.<br />

Gleichklang von Bevölkerungspolitik<br />

und Politik für die<br />

„alternde Gesellschaft“<br />

Bei der Diskussion der beiden Hauptaspekte<br />

der derzeitigen Bevölkerungsentwicklung,<br />

Geburtenrückgang und Zunahme<br />

der Lebenserwartung, wird häufig<br />

behauptet oder unterstellt, die Zunahme<br />

des Altersquotienten sei das „wichtigere“<br />

Problem, weil es <strong>im</strong> vermeintlichen Gegensatz<br />

zum Problem des Geburtenrückgangs<br />

lösbar sei. Das Gegenteil ist der Fall: An<br />

der Tatsache, daß wir <strong>im</strong>mer älter werden,<br />

können und wollen wir nichts ändern.<br />

Die negative Geburtenentwicklung hingegen<br />

kann mit bevölkerungspolitischen<br />

Maßnahmen ins Positive gewendet werden.<br />

Rein quantitativ verdient es nebenbei<br />

festgehalten zu werden, daß die relative<br />

Zunahme der Anzahl älterer Menschen in<br />

verschiedenen Jahrgängen, bezogen auf<br />

die jeweiligen Alterskohorten, grundsätzlich<br />

einem linearen Verlauf folgt , während<br />

die Schrumpfung aufeinanderfolgender<br />

Generationen exponentiell verläuft, und<br />

zwar mit einem Faktor 2/3 zwischen den<br />

Generationen. Exponentielle Verläufe<br />

haben grundsätzlich schwerwiegendere<br />

Langzeitfolgen als lineare.<br />

Die Zunahme der Anzahl älterer Menschen<br />

stellt aber auch deswegen das<br />

kleinere Problem dar, weil sich parallel zur<br />

Verlängerung der Lebenserwartung durch


zivilisatorische Einflüsse wie die medizinische<br />

Entwicklung und die Ernährung die<br />

Grenze zwischen „Jung“ und „Alt“ allmählich<br />

in Richtung höherer Alterstufen<br />

verschiebt. Es ist natürlich richtig, daß die<br />

Förderung und Gestaltung dieser Verschiebung,<br />

z.B. in wirtschaftlicher und sozialer<br />

Hinsicht, eine wichtige gesellschaftspolitische<br />

Aufgabe darstellt, wie <strong>im</strong> Abschnitt<br />

2.1.2 und 2.2.2 auch sehr gut ausgeführt.<br />

Aber diese Aufgabe darf nicht als<br />

Alternative zu einer geburtenfördernden<br />

Bevölkerungspolitik, sondern nur als begleitende<br />

Maßnahme verstanden werden.<br />

Da die beiden Aufgaben sich funktional<br />

ergänzen und in gar keiner Weise gegenseitig<br />

behindern, muß von einem Vorrang<br />

der einen vor der anderen Aufgabe überhaupt<br />

nicht gesprochen werden.<br />

10 11<br />

Zum Thema Migrationspolitik<br />

Im Abschnitt Bevölkerungsbewußte Migrationspolitik<br />

(Punkt 2.1.3) wird zwar<br />

festgestellt, daß laut Berechnungen des<br />

Statistischen Landesamtes des Freistaates<br />

Sachsen die Zahl der Zuzüge nach Sachsen<br />

und die Zahl der Fortzüge sich angleichen<br />

werden, „so daß Sachsen gegenwärtig<br />

auch mittelfristig nicht mit einem<br />

Gewinn an Menschen durch Migration<br />

rechnen kann“. Gleichzeitig wird aber <strong>im</strong><br />

Mehrheitsbericht auf das historische Beispiel<br />

der Aufnahme von Vertriebenen aus<br />

den deutschen Ostgebieten verwiesen<br />

und festgestellt, solche Bevölkerungsbewegungen<br />

können erhebliche positive Effekte<br />

auf die wirtschaftliche Entwicklung<br />

einer Region haben. Weiterhin heißt es:<br />

„Daher stellt sich für Sachsen die dringliche<br />

Frage, ob die vom Statistischen<br />

Landesamt skizzierte Entwicklung des<br />

Ausgleichs zwischen Zuwanderung und<br />

Abwanderung tatsächlich unabwendbares<br />

Schicksal ist oder ob sich solche Pro-<br />

zesse nicht auch <strong>im</strong> Sinne einer positiven Bevölkerungsentwicklung<br />

beeinflussen lassen.“<br />

Die Unterzeichner des Minderheitenvotums<br />

sind der Auffassung, daß dies ein falscher Vergleich<br />

ist und vor allem eine falsche Perspektive.<br />

Denn erstens stehen kaum mehr <strong>Deutsche</strong><br />

von außerhalb Deutschlands für die Zuwanderung<br />

bereit. Zweitens haben die meisten<br />

Nachbarländer Deutschlands, insbesondere die<br />

osteuropäischen Länder, ebenfalls defizitäre Bevölkerungsentwicklungen<br />

und wünschen mit<br />

Sicherheit keine Abwanderung ihrer jungen,<br />

gut ausgebildeten Menschen nach Sachsen.<br />

Ähnliches gilt für eine etwaige Zuwanderung<br />

aus anderen Bundesländern: Nachdem ganz<br />

Deutschland unter der „demographischen Katastrophe“<br />

leidet, kann sich kein Bundesland<br />

leisten, auf den eigenen Nachwuchs zu verzichten.<br />

Deswegen bliebe <strong>im</strong> wesentlichen nur eine<br />

Zuwanderung aus außereuropäischen Ländern.<br />

Wer die gigantischen Probleme, die in anderen<br />

Bundesländern und teilweise auch schon<br />

in Sachsen damit verbunden sind, kennt, kann<br />

eine solche Lösung nicht ernsthaft empfehlen.<br />

Bevölkerungspolitik durch Förderung<br />

von Großfamilien<br />

Es wird auf Abschnitt 2.2.1 (Umsetzung von<br />

Kinderwünschen ermöglichen) Bezug genommen.<br />

Zusätzlich zu den <strong>im</strong> Bericht aufgeführten<br />

Handlungsempfehlungen schlagen die Unterzeichner<br />

des Minderheitenvotums eine verstärkte<br />

Förderung von Großfamilien vor. Darunter<br />

sind Familien mit mindestens drei Kindern gemeint,<br />

die idealerweise auch <strong>im</strong> Generationenverbund<br />

mit der Großelterngeneration leben.<br />

Da aufgrund der allgemeinen gesellschaftlichen<br />

Entwicklung realistischerweise auch weiterhin<br />

mit einem erheblichen Anteil von Kinderlosen<br />

und Ein-Kind-Eltern zu rechnen ist, kann ein<br />

Ausgleich nur durch einen größeren Anteil von<br />

Familien mit drei oder mehr Kindern geschaffen<br />

werden. Dabei sollte man von den tatsächlichen<br />

Kinderwünschen und den von den Menschen<br />

tatsächlich bevorzugten Lebensformen ausgehen.<br />

Gemäß einer Umfrage des Bundesinstituts<br />

für Bevölkerungsforschung wünschen sich ca.<br />

5 Prozent der sächsischen Frauen kein Kind,<br />

25 Prozent ein Kind, 49 Prozent zwei Kinder<br />

und <strong>im</strong>merhin 21 Prozent drei oder mehr Kinder.<br />

Würden diese Kinderwünsche in Erfüllung<br />

gehen, würden ca. 13 Prozent der sächsischen<br />

Kinder aus 1-Kind-Familien, 50 Prozent aus 2-<br />

Kinder-Familien und 37 Prozent aus Familien<br />

mit drei oder mehr Kindern stammen. Laut<br />

Mikrozensus sieht aber die tatsächliche Verteilung<br />

der in Sachsen lebenden Kinder unter 14<br />

Jahren wie folgt aus: 34 Prozent Einzelkinder,<br />

45 Prozent in Familien mit zwei Kindern und<br />

21 Prozent in Familien mit drei oder mehr<br />

Kindern. Auch wenn man berücksichtigt, daß<br />

diese Daten nur eine Momentaufnahme der<br />

<strong>im</strong> betreffenden Zeitraum tatsächlich in den<br />

Haushalten lebenden Kinder sind, also die endgültigen<br />

Familiengrößen nicht korrekt widerspiegeln<br />

können, legt der Vergleich doch nahe,<br />

daß die starke Dominanz der Zwei-Kinder- und<br />

vor allem der Ein-Kind-Familien über die kinderreichen<br />

Familien (mit mehr als zwei Kindern)<br />

den tatsächlichen Kinderwünschen der<br />

Frauen überhaupt nicht entsprechen dürften.<br />

Es müßte also durch Schaffung geeigneter Bedingungen<br />

möglich sein, eine deutlich größere<br />

Anzahl kinderreicher Familien zu erzielen. Auch<br />

wenn die besonders hohen Kinderwünsche nur<br />

bei einer Minderheit anzutreffen sind, würden<br />

sie bei einer tatsächlichen Realisierung jeweils<br />

viele in anderen Familien nicht geborene Kinder<br />

ersetzen und sich dadurch ganz erheblich auf<br />

die Geburtenrate auswirken.<br />

Auf die Präferenzen dieser familienzugewandten<br />

Minderheit hat sich die Politik zielgenau<br />

einzustellen und die Voraussetzungen<br />

und Anreize dafür zu schaffen, daß ihre bevorzugten<br />

Lebensentwürfe möglichst häufig in die<br />

Tat umgesetzt werden können. Dazu müssen<br />

nicht zuletzt auch die Vorstellungen der betreffenden<br />

Frauen zur Erwerbstätigkeit berücksichtigt<br />

werden. Gemäß der oben genannten Um-<br />

frage streben 20 Prozent von ihnen eine<br />

Vollzeit-Erwerbstätigkeit und 30 Prozent<br />

eine Halbzeitarbeit an. 50 Prozent möchten<br />

ganz zu Hause bleiben, zumindest<br />

so lange die Kinder noch „klein“ sind.<br />

Nach Auffassung der Unterzeichner des<br />

Minderheitenvotums gibt es gerade <strong>im</strong><br />

Rahmen der Förderung von Großfamilien<br />

hervorragende Möglichkeiten, auf diese<br />

Berufswünsche der Frauen einzugehen.<br />

Dabei könnte eine Umgestaltung der Arbeitswelt<br />

unter Aufhebung der scharfen<br />

Trennung zwischen Beruf und Familie besonders<br />

hilfreich sein, wie weiter unten<br />

näher ausgeführt werden soll.<br />

Nachdem für Mehrkinderfamilien die<br />

Wohnungsfrage eines der schwerwiegendsten<br />

Probleme ist, beginnt die praktische<br />

Förderung der Großfamilie damit,<br />

ihr preisgünstigen Wohnraum oder Siedlungsland<br />

zur Verfügung zu stellen. Dies<br />

müßte angesichts der massiven Abwanderung<br />

und des umfangreichen „Rückbaus“<br />

in großen Teilen Sachsens durchaus<br />

möglich sein, wenn die entsprechenden<br />

eigentumsrechtlichen Regelungen und<br />

Abfindungsmodalitäten gefunden werden<br />

können. Jede expandierende Familie,<br />

die sich in einer sich ansonsten entleerenden<br />

Gemeinde ansiedelt, bedeutet<br />

Zuwanderung löst keine Probleme,<br />

sondern schafft nur neue. Ausländerrückführung<br />

ist nicht "unmenschlich",<br />

sondern politisch notwendig.


1<br />

für diese ein Stück Revitalisierung, wirkt auch energiepolitische, umweltpolitische und Minderheitenvotum der <strong>NPD</strong><br />

zum Kapitel 5 des Berichts<br />

der Enquetekommission:<br />

„Wirtschaft und Arbeit“<br />

schaft auf nationaler und regionaler Ebe-<br />

1<br />

sich psychologisch günstig auf das Verharrungsvermögen<br />

der verbliebenen alteingesessenen<br />

Einwohner aus und stärkt<br />

das lokale sozioökonomische Netzwerk.<br />

Diese Siedlungstätigkeit könnte auch<br />

gemeindebezogen betrieben werden, insofern,<br />

als daß an best<strong>im</strong>mten, von Abwanderung<br />

und Verfall der Infrastruktur<br />

bedrohten Orten systematisch Gründerfamilien<br />

angesiedelt werden. Dadurch<br />

könnten kleine Siedlungen von Großfamilien<br />

entstehen, denen zu günstigen Konditionen<br />

Eigentum zur Verfügung gestellt<br />

würde, welches sie in gemeinschaftlicher<br />

Selbsthilfe instand setzen oder ausbauen<br />

könnten. – Im übrigen würden angesichts<br />

der derzeitigen Abwanderung gerade<br />

auch die unter Punkt 2.2.1 des Mehrheitsberichts<br />

vorgeschlagenen Maßnahmen<br />

erst durch die hier vorgeschlagenen<br />

Siedlungsmaßnahmen einen wirklichen<br />

Sinn ergeben.<br />

Der regionalen Ansiedlung und Bindung<br />

von Großfamilien steht die zentralisierte<br />

Wirtschafts- und Arbeitswelt entgegen.<br />

Deswegen muß der Einbindung<br />

dieser Großfamilien in die Arbeitswelt<br />

besondere Aufmerksamkeit geschenkt<br />

werden. Die Unterzeichner des Minderheitenvotums<br />

sprechen sich dafür aus, die<br />

Unterstützungsmaßnahmen für Großfamilien<br />

durch entsprechende Reformen der<br />

Wirtschaft und Verwaltung zu ergänzen.<br />

Zum Beispiel könnten die Betriebe mittels<br />

geeigneter Fördermaßnahmen dazu gebracht<br />

werden, in ausreichendem Umfang<br />

qualifizierte He<strong>im</strong>arbeitsplätze zur Verfügung<br />

zu stellen oder dezentrale Zweigstellen<br />

einzurichten. Zu diesem Zweck<br />

wäre auch ein flächendeckender Ausbau<br />

der Telekommunikation, insbesondere<br />

des Internets erforderlich. Eine derartige<br />

Dezentralisierung hätte nicht nur bevölkerungs-<br />

und strukturpolitische, sondern<br />

viele andere Vorteile. In Verbindung mit dezentralen<br />

Arbeitsplätzen bzw. He<strong>im</strong>arbeitsplätzen<br />

könnte man auch an Arbeitsverträge denken,<br />

die nicht mit einer Einzelperson, sondern mit einer<br />

Familie abgeschlossen werden. Dies könnte<br />

zu einer Art Arbeitsplatzteilung („Jobsharing“)<br />

zwischen Mann und Frau führen, besonders bei<br />

höher qualifizierten Ehepaaren, wodurch für<br />

die betreffenden Frauen der Konflikt zwischen<br />

Familie und Beruf erheblich entschärft werden<br />

könnte: Mann und Frau könnten (in zweifacher<br />

Hinsicht) gleichberechtigt die Betreuung ihrer<br />

Großfamilie und ihres externen Arbeitsfeldes<br />

wahrnehmen.<br />

Aber auch Frauen, die ihre Aufgabe als Mutter<br />

mit einer vollen Erwerbstätigkeit außer Haus<br />

verbinden wollen, hätten vom Leben in Großfamilie<br />

und Siedlungsgemeinschaft erhebliche<br />

Vorteile. Durch den Generationenverbund und<br />

die Zusammenarbeit von Familien innerhalb von<br />

Siedlungen würde auch für diese Frauen der<br />

Konflikt zwischen Familie und Beruf größtenteils<br />

entfallen. Aufgrund der oben genannten<br />

Verteilung der Erwerbstätigkeitswünsche unter<br />

den Frauen mit hohen Kinderwünschen ist insbesondere<br />

davon auszugehen, daß die gegenseitige<br />

Unterstützung bei der Kinderbetreuung<br />

sich auf ganz natürliche Weise anbieten würde.<br />

Die Mehrgenerationenfamilie mit Eltern,<br />

Kindern und Großeltern stellt das Idealmodell<br />

dar für die gemeinsame Daseinsvorsorge der<br />

produktiven Eltern- und Erwerbstätigengeneration,<br />

der noch unproduktiven heranwachsenden<br />

Generation und der abklingend produktiven<br />

älteren Generation. Die ältere Generation<br />

kann <strong>im</strong> Rahmen der Großfamilie die jüngeren<br />

Frauen entlasten und, wie oben schon erwähnt,<br />

ihnen z.B. erlauben, Familie und Beruf relativ<br />

problemlos mit einander zu verbinden. Für die<br />

Sozialisation der Kinder ist der tägliche Kontakt<br />

zur Großelterngeneration von unschätzbarem<br />

Wert. Im Krankheits-/Pflegefall sind die Vorteile<br />

des Generationenverbundes offensichtlich, und<br />

so weiter.<br />

Minderheitenvotum<br />

Weitere Globalisierung der Wirtschaft<br />

ist eine Sackgasse<br />

Die Unterzeichner des vorliegenden Minderheitenvotums<br />

lehnen die einseitig exportwirtschaftlich<br />

und globalistisch orientierte Konzeption<br />

<strong>im</strong> Kapitel 5 des Mehrheitsberichts<br />

der Enquetekommission ab und halten ihr folgenden<br />

raumorientierten wirtschaftspolitischen<br />

Alternativentwurf entgegen:<br />

Die klassische Nationalökonomie leidet unter<br />

der groben Vereinfachung, die ökonomische<br />

Analyse müsse <strong>im</strong> wesentlichen rein quantitativ<br />

ausgerichtet sein, und zwar in bezug auf die<br />

angebotenen und nachgefragten Mengen von<br />

Waren und Dienstleistungen, die Produktionsfaktoren<br />

und ihre Faktorkosten, ohne Rücksicht<br />

auf den Produktionsstandort und seine <strong>im</strong> wesentlichen<br />

sozioökonomisch bedingte gesellschaftliche<br />

Integrität. Noch heute stützen sich<br />

Ökonomen und Politiker bei ihren Plädoyers für<br />

schrankenlosen Freihandel und ungezügelte<br />

Kapitalfreiheit scheinbar bedenkenlos auf das<br />

sogenannte „Gesetz der komparativen Kostenvorteile“<br />

von David Ricardo (ca. 1821!), obwohl<br />

dieses am ehesten mit einer klassischen<br />

Waldrodungsethik in einer mittlerweile von der<br />

globalen Kl<strong>im</strong>akatastrophe bedrohten Welt<br />

vergleichbar ist.<br />

Die Arbeitslosigkeit in Deutschland <strong>im</strong> allgemeinen<br />

und besonders in den am schwersten<br />

betroffenen Landesteilen in den neuen Bundesländern,<br />

etwa in den sächsischen Regionen<br />

Oberlausitz und Westerzgebirge, ist nichts<br />

anderes als ein Ausdruck der Tatsache, daß<br />

unter den Bedingungen der Globalisierung<br />

die sozioökonomische Grundlage der Gesell-<br />

ne massiv wegbricht. Regional geschieht<br />

dies in unterschiedlichem Maße, aber<br />

insgesamt verlor Deutschland z.B. in den<br />

Jahren 1995-2005 2 Millionen sozialversicherungspflichtige<br />

Arbeitsplätze. Zwar<br />

entstand knapp die Hälfte davon in den<br />

folgenden drei Jahren wegen des 2006<br />

einsetzenden Exportbooms neu, aber<br />

nicht in Form der ehemals relativ sicheren<br />

Dauerstellen, sondern zum großen Teil als<br />

befristete Arbeitsplätze, Zeitarbeitsplätze<br />

oder sehr schlecht entlohnte Arbeitsplätze<br />

– gewissermaßen als Jobs auf Abruf.<br />

Die Arbeitslosigkeit, die Mitte 2008 offiziell<br />

ca. 3,4 Millionen beträgt, ist durch fast<br />

eine halbe Million Vorruheständler, über<br />

eine Million Maßnahmeteilnehmer usw.<br />

in Wirklichkeit wesentlich höher, nach<br />

älteren OECD-Angaben typischerweise<br />

50 Prozent über der offiziellen Zahl, nach<br />

anderen Schätzungen noch höher. Es<br />

handelt sich um eine Art Sockelarbeitslosigkeit,<br />

die damit zusammenhängt, daß<br />

die Unternehmen <strong>im</strong>mer stärker internationalisiert<br />

werden – hinsichtlich ihrer<br />

Eigentumsverhältnisse, aber vor allem<br />

ihrer wirtschaftlichen Vernetzung –, daß<br />

sie <strong>im</strong>mer weniger in der deutschen Binnenwirtschaft<br />

und Sozioökonomie verwurzelt<br />

sind, und daß deswegen <strong>im</strong>mer<br />

mehr Menschen in Deutschland aus der<br />

aktiven Teilnahme an der wirtschaftlichen<br />

Leistungsgemeinschaft herausfallen.<br />

Die deutschen Arbeitnehmer wandeln<br />

sich dadurch von Mitgliedern einer integrierten<br />

sozioökonomischen Leistungsgemeinschaft<br />

zum abrufbereiten Produktionsfaktor<br />

der Weltwirtschaft. Je nach<br />

Weltmarktlage und Lage auf den internationalen<br />

Arbeits- und Dienstleistungsmärkten<br />

wird dieser Produktionsfaktor mehr<br />

oder weniger gebraucht. Insbesondere<br />

greifen bei jedem Konjunkturabschwung<br />

die stark internationalisierten und export-


abhängigen deutschen Unternehmen zu<br />

Massenentlassungen, die naturgemäß<br />

diejenigen Regionen am schwersten treffen,<br />

deren sozioökonomische Binnenvernetzung<br />

am stärksten abgebaut worden<br />

ist, was vor allem in den neuen Bundesländern<br />

der Fall ist. Zieht die Konjunktur<br />

dann wieder an, werden wieder Arbeitskräfte<br />

eingestellt, aber vorzugsweise so,<br />

daß man sie schnell wieder los werden<br />

kann, wenn sich die Geschäftslage ändert.<br />

Bei derartigen fremdinduzierten<br />

wirtschaftlichen Wechselbädern kann keine<br />

nachhaltige wirtschaftliche Leistungsgemeinschaft<br />

und damit auch kein sogenannter<br />

selbsttragender Aufschwung<br />

entstehen, nicht national und erst recht<br />

nicht regional in ohnehin abgehängten<br />

Regionen.<br />

Das haben vor allem die neuen Bundesländer<br />

gezeigt, nachdem sie quasi über<br />

Nacht die globalistische Ökonomie übergestreift<br />

bekamen und nun wie kaum<br />

eine andere Region in Deutschland von<br />

der weltwirtschaftlichen Großwetterlage<br />

abhängig sind. Bei dieser stehen wegen<br />

der schweren Krise des Weltfinanzsystems,<br />

wegen der Energie-, Rohstoff- und<br />

Nahrungsmittelknappheit etc. die Zeichen<br />

auf Sturm. Deswegen ist kaum damit zu<br />

rechnen, daß bei einem weiteren einseitigen<br />

Setzen auf die Exportwirtschaft, wie<br />

<strong>im</strong> Kapitel 5 des Mehrheitsberichts der<br />

Enquetekommission empfohlen wird, bei<br />

gleichzeitiger Schrumpfung und Überalterung<br />

der Bevölkerung und der Binnenwirtschaft<br />

ein wirtschaftlicher Aufschwung,<br />

also eine Expansion in Mitteldeutschland<br />

bevorsteht.<br />

Die <strong>im</strong>mer deutlichere „Abkopplung“<br />

der globalisierten deutschen Wirtschaft<br />

von der Gesellschaft und deren sozioökonomischem<br />

Wurzelwerk wurde sogar<br />

vom Präsidenten des Verbandes der Metallarbeitgeber<br />

(Gesamtmetall), Marti-<br />

Kannegießer, mit bemerkenswerter Offenheit<br />

eingeräumt. Ein statistischer Ausdruck für diese<br />

Abkopplung ist das Ergebnis der Input-/Outputrechnung<br />

des Statistischen Bundesamtes<br />

<strong>im</strong> Rahmen der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung,<br />

demzufolge über 40 Prozent der<br />

deutschen Exporte bereits aus <strong>im</strong>portierten<br />

Vorprodukten oder einfach reexportierten Endprodukten<br />

bestehen. Bezogen auf den Gesamt<strong>im</strong>port<br />

wird die Hälfte wieder ausgeführt. Ein<br />

Großteil der Außenhandelswirtschaft hat sich<br />

also tatsächlich vom „Standort Deutschland<br />

abgekoppelt“, wie es Kannegießer ausdrückte.<br />

Nach einer Wortprägung des Leiters des<br />

Münchner ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn, ist<br />

er Teil einer internationalen „Basarökonomie“<br />

geworden. Der Standort Deutschland wird, um<br />

<strong>im</strong> Bilde zu bleiben, <strong>im</strong>mer mehr zum Ladentisch<br />

in einer Basarökonomie degradiert.<br />

Gleichzeitig wird ein <strong>im</strong>mer größerer Teil des<br />

Binnenbedarfs durch Importe abgedeckt, ohne<br />

daß wir derzeit auch nur annähernd die durch<br />

Exporte erwirtschafteten Devisen für Importe<br />

ausschöpfen. Der Spielraum für einen weiteren<br />

Verfall der Binnenwirtschaft ist also noch groß.<br />

Dabei tragen schon die wenigsten <strong>Deutsche</strong>n<br />

auch nur ein einziges Kleidungsstück, das in<br />

Deutschland hergestellt wurde. <strong>Deutsche</strong> Möbel<br />

und Einrichtungsgegenstände gibt es nur<br />

noch in der Luxusklasse und <strong>im</strong>mer mehr Lebensmittel<br />

sind anonymisierte Importe. Auch<br />

die wenigsten Fernseher, Computer- und Computerkomponenten,<br />

Drucker, Scanner, Fax-<br />

Geräte, Mobiltelefone, Softwareprogramme<br />

etc. kommen aus deutscher Produktion. Diese<br />

Entwicklung, die der breit gefächerten, arbeitsteiligen,<br />

sozioökonomisch durchwachsenen<br />

Volkswirtschaft und damit allen darauf aufbauenden<br />

Systemen den Boden entzieht, wird<br />

künftig auch <strong>im</strong> Dienstleistungsbereich verstärkt<br />

Platz greifen, und zwar <strong>im</strong> Rahmen der<br />

EU-Gleichschaltung der Dienstleistungsmärkte<br />

(Stichwort Dienstleistungsrichtlinie), sei es bei<br />

privaten Dienstleistungen wie <strong>im</strong> Taxigewerbe<br />

oder in der Gastronomie, bei öffentlichen<br />

Dienstleistungen wie <strong>im</strong> sozialen Bereich, oder<br />

bei industriellen Dienstleistungen wie bei Instandhaltungsaufgaben,<br />

Kantinenbetrieb, Gebäudereinigung<br />

etc.<br />

Die Vorstellung, daß die hierdurch wegbrechende<br />

sozioökonomische Basis durch eine<br />

weitere einseitige Förderung der Exportwirtschaft<br />

kompensiert werden könnte, ist völlig<br />

illusorisch. Bei der derzeitigen global ausgerichteten<br />

Gemengelage in der Wirtschaft und auf<br />

den Finanzmärkten wird ein Wirtschaftswachstum<br />

von 2,5 Prozent benötigt, damit überhaupt<br />

spürbare Arbeitsmarkteffekte in Deutschland<br />

erzielt werden können. Denn die derzeitige Situation<br />

ist vor allem dadurch gekennzeichnet,<br />

daß das gesamte verarbeitende Gewerbe, nicht<br />

zuletzt die Exportindustrie, bemüht ist, Kostensenkungen<br />

durch Arbeitsplatzabbau <strong>im</strong> Inland<br />

zu erzielen. So baut zum Beispiel der deutsche<br />

Maschinenbau trotz erheblicher Umsatzsteigerungen<br />

<strong>im</strong> Exportgeschäft massiv Arbeitsplätze<br />

ab. Das Gleiche gilt für die Automobilindustrie,<br />

die Chemieindustrie etc.<br />

Die Annahme eines zur Behebung der Massenarbeitslosigkeit<br />

ausreichend hohen, andauernden<br />

Wirtschaftswachstums widerspricht<br />

aber sowohl allen Trends und Prognosen als<br />

auch der sozioökonomischen und demographischen<br />

Situation in Deutschland. Insbesondere<br />

wäre ein andauerndes hohes Wachstum<br />

der am Außenhandel orientierten Wirtschaftsaktivitäten<br />

in einer ansonsten alternden und<br />

schrumpfenden Gesellschaft ein Anachronismus,<br />

der weder möglich noch wünschenswert<br />

ist; letzteres weil es die strukturelle Schieflage,<br />

die zu den heutigen Problemen geführt hat,<br />

nur verschl<strong>im</strong>mern würde, etwa in der gleichen<br />

Weise, wie ein Aufputschmittel zwar für den<br />

Augenblick die letzten Vitalkräfte mobilisiert,<br />

dafür aber den Organismus nachhaltig zerstört.<br />

Wenn man in bezug auf das unter den neuen<br />

Bundesländern besonders stark industrialisierte<br />

Sachsen feststellt, daß, bezogen auf die<br />

Gesamtzahl der Erwerbspersonen, der Anteil<br />

der <strong>im</strong> verarbeitenden Gewerbe Beschäftigten<br />

nur ca. 12 Prozent beträgt, bedeutet<br />

dies nicht, das Erfordernis der weiteren<br />

Ansiedlung von Exportindustrie in Abrede<br />

stellen zu wollen, eher umgekehrt. Aber<br />

es bedeutet vor allem die Erkenntnis, daß<br />

der sozioökonomische Verfall und damit<br />

auch der Verfall der Bevölkerung damit<br />

nicht aufgehalten werden kann. Einzelne<br />

industrielle Erfolge wie bei der Ansiedlung<br />

von Automobil- und Mikroelektronikfirmen<br />

oder be<strong>im</strong> Maschinenbau, z.B. auch<br />

in der Oberlausitz, oder bei technischen<br />

Textilien, z.B. in Chemnitz, reichen eben<br />

nicht aus, um einen virulenten arbeitsteiligen<br />

Binnenmarkt und die daraus folgende<br />

selbsttragende Binnennachfrage<br />

zu ersetzen, zumal die Zulieferbetriebe<br />

seit langem nicht vorwiegend in der Region,<br />

sondern zunehmend europaweit und<br />

sogar weltweit gesucht werden. Wie bereits<br />

erwähnt, wird dies künftig verstärkt<br />

auch für die Dienstleistungen gelten.<br />

Für ganz Deutschland, aber <strong>im</strong> besonderen<br />

Maße für die neuen Bundesländer<br />

gilt, daß eine zur Umkehr der derzeitigen<br />

demographischen und gesellschaftlichen<br />

Implosion ausreichende Verstärkung der<br />

sozioökonomischen Basis nur über eine<br />

Verstärkung der nationalen und regionalen<br />

Binnenmärkte, also der wirtschaftlichen<br />

Binnenkreisläufe und der Binnennachfrage,<br />

möglich ist. Daß dies unter<br />

den Vorzeichen der EU-Wettbewerbspolitik<br />

und der Globalisierung schwierig ist,<br />

bedarf keiner Erläuterung. Unter diesen<br />

Verhältnissen kann eine Belebung am<br />

ehesten über eine Verstärkung der Binnennachfrage<br />

gelingen, vorausgesetzt,<br />

daß diese sich nicht in einer Zunahme des<br />

Konsums von Importprodukten erschöpft.<br />

Da aber weder „Deficit spending“ (wegen<br />

der Haushaltspolitik in den vergangenen<br />

Jahrzehnten und des Hoheitsverlusts <strong>im</strong><br />

Bereich der Währungs- und Finanzpoli-<br />

1 15


tik) noch eine Hochlohnpolitik (wegen<br />

der Globalisierung) praktikabel ist, dürfte<br />

auch dies schwierig sein. Halbwegs realistisch<br />

erscheint unter den derzeitigen<br />

Systemvoraussetzungen nur eine Umschichtung<br />

<strong>im</strong> Bereich der Steuern, weg<br />

von den Einkommens- und Verbrauchssteuern,<br />

hin zur stärkeren Besteuerung<br />

der Kapitalakkumulation, also von Gewinnen,<br />

Erbschaften etc. Gängige bzw.<br />

mögliche Steuerarten hierfür sind Erbschaftssteuer,<br />

Kapitalertragssteuer, Wertschöpfungssteuer,<br />

Maschinensteuer. Die<br />

volkswirtschaftliche Begründung für eine<br />

solche Verlagerung wäre die Feststellung,<br />

daß das Kapital sich seiner ureigensten<br />

Aufgabe, nämlich der Kreislauffunktion<br />

zur Umwidmung von Produktionsfaktoren<br />

innerhalb der Volkswirtschaft, weitgehend<br />

entzieht, das heißt <strong>im</strong> Inland zu<br />

wenig investiv tätig wird. Dagegen spricht<br />

allerdings ein weiterer systembedingter<br />

Umstand: die Kapitalfreiheit. Solange<br />

jede Infragestellung dieser neoliberalen,<br />

monetaristischen „Errungenschaft“ als<br />

Sakrileg gilt, werden die Möglichkeiten<br />

des Staates, das Kapital zum Beispiel auf<br />

dem fiskalischen Weg zur Wahrnehmung<br />

seiner volkswirtschaftlichen Aufgabe zu<br />

zwingen, äußerst beschränkt bleiben.<br />

Um so wichtiger ist es, gerade über<br />

dieses systembedingte Dilemma zu sprechen<br />

und ein Problembewußtsein dafür<br />

zu schaffen, daß es einen Zielkonflikt gibt<br />

zwischen den Interessen der globalen<br />

Ökonomie und Finanzwirtschaft einerseits<br />

und den Überlebensinteressen unserer<br />

Gesellschaft und ihrer sozioökonomischen<br />

Grundlagen andererseits. Wer nicht direkt<br />

einen Systemwechsel anstrebt, der zur<br />

Eindämmung und Umkehrung der gesellschaftlichen<br />

Implosion allerdings notwendig<br />

wäre, der muß zumindest nach Kompromißlösungen<br />

<strong>im</strong> besagten Zielkonflikt<br />

streben, auch wenn diese Gefahr laufen,<br />

als Regelverstöße gegen die <strong>im</strong> wesentlichen<br />

neoliberal geprägten Marktordnungen auf europäischer<br />

und weltweiter Ebene angeprangert<br />

zu werden.<br />

Wenn die Frage der Marktausrichtung eines<br />

Unternehmens gestellt wird, ist es klar, was<br />

gemeint ist. Es geht dann um die Frage, auf<br />

welchen Produkt- oder Dienstleistungsmärkten<br />

das Unternehmen die profitabelsten Geschäfte<br />

machen kann. Die Frage der Marktausrichtung<br />

eines Landes oder einer Region kann aber nicht<br />

in gleicher Weise gestellt werden. Denn für das<br />

Land und seine soziokulturelle Gesellschaft sind<br />

die Märkte in erster Linie die Plattform, auf der<br />

in enger Verzahnung mit dem gesamten Sozialgefüge<br />

die innergesellschaftliche arbeitsteilige<br />

Wirtschaft abläuft. Die Intensität der Wirtschaftstransaktionen<br />

zwischen den Mitgliedern<br />

der Gesellschaft entscheidet über das Maß der<br />

sozialen Verbundenheit und damit auch über<br />

den Strukturierungs- und Organisationsgrad<br />

der Gesellschaft in verschiedenen Hinsichten,<br />

von der öffentlichen Infrastruktur, den sozialen<br />

Sicherungssystemen etc. bis hin zur kulturellgeistigen<br />

Tradition und Identitätsfähigkeit des<br />

Gemeinwesens. Der deutsche Agrar- und Wirtschaftswissenschaftler,<br />

Sozialreformer und Musterlandwirt<br />

Johann Heinrich von Thünen (1783<br />

- 1850) machte anhand seines noch heute viel<br />

beachteten theoretischen Modells der sogenannten<br />

„Thünenschen Ringe“ darauf aufmerksam,<br />

daß räumliche Nähe eine hohe wirtschaftliche<br />

Transaktionshäufigkeit, räumliche<br />

Entfernung eine niedrige bedingt, wobei selbstverständlich<br />

„Nähe“ und „Entfernung“ relative<br />

Begriffe sind, besonders <strong>im</strong> Zeitalter der Kommunikation.<br />

Thünen sprach <strong>im</strong> wesentlichen<br />

von geographischer Entfernung und betrachtete<br />

die davon abhängigen Transportkosten<br />

als die für die Intensität der Wirtschaftstransaktionen<br />

entscheidende Größe. Heute könnte<br />

es angesichts der hohen soziokulturellen Belastung<br />

durch die Globalisierung der Wirtschaft<br />

sinnvoll sein, dieses Modell um die soziale,<br />

kulturelle, verwaltungsmäßige und staatliche<br />

Entfernung zu erweitern. Wenn man die Länder<br />

und Regionen ohne politisch erzeugten<br />

Globalisierungsdruck „alleine läßt“, so stellt<br />

sich nämlich heraus, daß sie <strong>im</strong> Sinne von Thünen<br />

zur Herausbildung wirtschaftlicher Nischen<br />

und regionaler Zentren mit überhöhter Transaktionshäufigkeit<br />

neigen, auch wenn die physischen<br />

Transportkosten inzwischen geringer<br />

(aber nicht vernachlässigbar!) geworden sind.<br />

– Inzwischen nehmen sie bekanntlich wieder<br />

dramatisch zu! – Eine weitere Erkenntnis, für<br />

welche das Thünensche Modell paradigmatisch<br />

sein könnte, ergibt sich aus dem Umkehrschluß<br />

der Feststellung Thünens, die wirtschaftliche<br />

Transaktionsdichte sei umgekehrt proportional<br />

zur räumlichen beziehungsweise zur sozialen,<br />

kulturellen, verwaltungsmäßigen oder staatlichen<br />

Entfernung: Die soziokulturelle Nähe, das<br />

heißt die soziale Dichte in einem Gemeinwesen,<br />

ist direkt proportional der innergesellschaftlichen<br />

wirtschaftlichen Transaktionshäufigkeit.<br />

Dies ist ein alltäglicher Erfahrungswert,<br />

der aber durchaus auch wissenschaftlich,<br />

zum Beispiel humanethologisch und geschichtlich,<br />

begründbar ist.<br />

Diese Erkenntnis, daß ökonomische<br />

Strukturen einer Gesellschaft nicht nur in<br />

rein materieller Hinsicht, also nicht nur zur<br />

Sicherung der Gesamtversorgung mit Gütern<br />

und Dienstleistungen, sondern auch<br />

in soziokultureller und sozioökonomischer<br />

Hinsicht von existentieller Bedeutung für<br />

das Gemeinwesen sind, ist die wichtigste<br />

Voraussetzung für die Behebung der Massenarbeitslosigkeit<br />

und die Beendigung<br />

der sozialen und demographischen Implosion<br />

in ganz Deutschland, aber besonders<br />

in den neuen Bundesländern. Denn<br />

die Sozioökonomie bildet zusammen mit<br />

allen anderen sozialen und kulturellen<br />

Elementen eben ein Systemganzes, nämlich<br />

das identitätsfähige, auf kultureller,<br />

1 1<br />

Mitteldeutschland wurde seit 1990 weitgehend deindustrialisiert. Die verbliebenden<br />

industriellen Kerne und Unternehmensneugründungen wurden<br />

mit Subventionen gefördert. Die Ausrichtung der Industrie wurde aber<br />

allein nach den Erfordernissen einer globalisierten Weltwirtschaft ausgerichtet,<br />

die Regionen haben hierfür nur die Ressourcen zur Verfügung zu<br />

stellen und stehen damit noch in einem ruinösen Wettbewerb zueinander.


insbesondere auch auf ökonomischer Eingebundenheit<br />

der Individuen basierende,<br />

organisch gewachsene Gemeinwesen.<br />

Auch wenn eine Gesellschaft von außen<br />

al<strong>im</strong>entiert und gefüttert werden würde,<br />

so daß sich keine einzige wirtschaftliche<br />

Aktivität „rentieren“ würde, müßte die<br />

Politik bestrebt sein, die inneren sozioökonomischen<br />

Strukturen aufrechtzuerhalten,<br />

da sonst<br />

1 1<br />

•<br />

•<br />

•<br />

•<br />

die wichtigste soziale Einrichtung zur<br />

Sicherung der Überlebensfähigkeit<br />

einer Gesellschaft und zur Sozialisation<br />

nachwachsender Generationen,<br />

nämlich die gemeinsame, arbeitsteilige<br />

Existenzsicherung und Daseinsvorsorge,<br />

wegfallen würde,<br />

die Grundlage für die kulturelle und<br />

geistige Entwicklung verloren gehen<br />

würde,<br />

die wichtigste ökonomische Verteilungseinrichtung,<br />

nämlich die Bezahlung<br />

leistungsgerechter Löhne und<br />

Entgelte, nicht mehr zur Verfügung<br />

stehen würde, und<br />

die Grundlage für die sozialen Transfersysteme<br />

entfallen würde.<br />

Ohne diese, vom sozioökonomischen<br />

System und der hohen innergesellschaftlichen<br />

Transaktionsdichte abhängigen<br />

Merkmale kann keine politisch organisierte,<br />

soziokulturelle Gesellschaft auf<br />

die Dauer überleben. Und gerade das<br />

Überleben des Gemeinwesens ist die<br />

wichtigste Aufgabe der Politik. Dieser ursprünglich<br />

griechische Begriff bedeutet ja<br />

eben die Gesamtheit aller Bestrebungen<br />

zur Förderung des Wohls der Polis, also<br />

der „Stadt“ oder der „Gemeinschaft“,<br />

mithin: der Gesellschaft, des Volkes, des<br />

Landes. Die Zulassung oder gar Förderung<br />

der wirtschaftlich und demographisch bedingten<br />

Entleerung von Landesteilen, also<br />

von historisch gewachsenen Regionen und ihren<br />

Gemeinwesen, etwa mit der Begründung,<br />

sie würden sich nicht „lohnen“, oder die Beachtung<br />

übergeordneter internationaler, also<br />

außergesellschaftlicher Interessen oder der von<br />

ihnen etablierten ökonomischen Ordnungskriterien<br />

mache es erforderlich, kann nur als fatale<br />

politische Anomalie bezeichnet werden.<br />

Deswegen muss die politische Ökonomie<br />

in bezug auf Länder und Landesteile, die aufgrund<br />

einer positiven Rückkopplung zwischen<br />

Schwächen <strong>im</strong> überregionalen und internationalen<br />

Wettbewerb einerseits und weiterem<br />

Strukturabbau andererseits zusehends wirtschaftlich<br />

und demographisch <strong>im</strong>plodieren, zunächst<br />

vor allem ihre Handlungsprioritäten definieren.<br />

Wie alle wirtschaftlichen Indikatoren<br />

in bezug auf die langfristige ökonomische und<br />

demographische Entwicklung in Deutschland,<br />

insbesondere in den neuen Bundesländern,<br />

zeigen, können diese Prioritäten nur wie folgt<br />

festgelegt werden:<br />

•<br />

•<br />

Zunächst das Hauptaugenmerk auf die<br />

Wiederherstellung einer durchwachsenen<br />

arbeitsteiligen Wirtschaft mit annähernder<br />

Vollbeschäftigung <strong>im</strong> Binnenverhältnis legen,<br />

während der Einfluß überregionaler,<br />

vor allem internationaler Märkte auf den<br />

eigenen Binnenmarkt nur so weit zuzulassen<br />

ist, wie er dieses Ziel nicht ernsthaft<br />

gefährdet.<br />

Erst nach Beendigung des derzeitigen<br />

selbstverstärkenden ökonomischen und<br />

demographischen Implosionsprozesses<br />

und Wiederherstellung einer robusten<br />

binnenwirtschaftlichen, sozioökonomisch<br />

tragfähigen Basis einen stärkeren außenwirtschaftlichen<br />

Einfluß auf die eigenen<br />

Märkte wieder zulassen.<br />

Mit anderen Worten: um einen weiteren, zum<br />

Teil irreversiblen Strukturabbau zu verhindern,<br />

vor allem in demographischer Hinsicht,<br />

muß zunächst eine arbeitsteilige Wirtschaft<br />

mit annähernder Vollbeschäftigung <strong>im</strong> Inland<br />

beziehungsweise in den besonders schwer<br />

<strong>im</strong>plodierenden Ländern und Regionen wiederhergestellt<br />

werden, auch wenn dies zum<br />

Beispiel Einschränkungen <strong>im</strong> internationalen<br />

Handelsverkehr notwendig macht. Erst wenn<br />

die sozioökonomische und demographische<br />

Integrität – Überlebensfähigkeit - der eigenen<br />

Gesellschaft gesichert ist und die lebensbedrohenden<br />

Implosionsprozesse zum Stillstand<br />

gekommen oder umgekehrt worden sind, darf<br />

internationalen ökonomischen Ordnungskriterien<br />

wie dem Freihandelsprinzip, wieder mehr<br />

Beachtung geschenkt werden.<br />

Würde man die Reihenfolge zwischen den<br />

oben genannten Prioritäten umkehren, so hieße<br />

dies zu akzeptieren, daß sich die wirtschaftliche<br />

Reaktivierung von Regionen, in denen<br />

das sozioökonomische System zum Teil bereits<br />

zusammengebrochen ist, wegen der Wettbewerbsverhältnisse<br />

auf den Weltmärkten entweder<br />

gar nicht oder nur sehr eingeschränkt<br />

„lohnt“, so daß die Politik diese Regionen weitgehend<br />

„abschreiben“ oder für irgendwelche<br />

Sondernutzungen, etwa als Erholungsgebiete<br />

für die noch verbliebenen sozioökonomisch<br />

virulenten urbanen Regionen, zur Verfügung<br />

stellen müßte.<br />

Die Alternative hierzu, wiederum, ist eine<br />

politische Ökonomie, die Rahmenbedingungen<br />

erlaubt, bei denen die soziokulturelle und biologische<br />

Überlebensfähigkeit des Gemeinwesens<br />

mittels eigener wirtschaftlicher Existenzsicherung<br />

und Daseinsvorsorge in den Vordergrund<br />

gestellt und der Einfluß ökonomischer Fremdstrukturen,<br />

sprich des Weltmarktes, entsprechend<br />

eingeschränkt werden kann.<br />

Wem die Überlebensfähigkeit der identitätsfähigen<br />

Gesellschaft als Selbstzweck keine<br />

ausreichende Begründung hierfür ist, dem sei<br />

noch gesagt, daß in einer <strong>im</strong>mer komplexeren,<br />

instabileren und konfliktträchtigeren Welt bei<br />

weiterer hemmungsloser Zentralisierung, Spezialisierung<br />

und regionaler Strukturverarmung<br />

weder die Energie- und Güterversorgung noch<br />

das ökologische Gleichgewicht zwischen<br />

Mensch und Natur in den einzelnen Regionen<br />

auf die Dauer gesichert wäre. Das<br />

Prinzip des Lebens ist nicht die Vermassung,<br />

sondern die Ausdifferenzierung von<br />

überlebensfähigen Arten und Lebensnischen,<br />

also die Herausbildung von Identitäten.<br />

Das gilt auch für die menschliche<br />

Zivilisation, insbesondere für die Ökonomie.<br />

Minderheitenvotum der<br />

<strong>NPD</strong> zum Kapitel 7 des<br />

Berichts der Enquetekommission:„Raumentwicklung,<br />

Infrastruktur<br />

und Verkehr“<br />

Minderheitenvotum<br />

Das Prinzip der Gleichwertigkeit<br />

der Lebensverhältnisse<br />

Das Gleichwertigkeitsprinzip als zentraler<br />

Gedanke der Raumordnung muß nach<br />

Auffassung der Unterzeichner dieses Minderheitenvotums<br />

künftig präziser ausgelegt<br />

werden als <strong>im</strong> Mehrheitsbericht ausgeführt,<br />

und zwar nach zwei getrennten<br />

Gesichtspunkten, nämlich<br />

erstens nach der Chancengleichheit der<br />

Bewohner verschiedener Landesteile <strong>im</strong><br />

Hinblick auf die Gewährung öffentlicher<br />

Sicherheit und individueller Zugänge zu<br />

den Leistungen der Gesundheitsversorgung,<br />

der öffentlichen Verwaltung und<br />

Rechtspflege, der Bildung und Erziehung<br />

und der Kommunikation, und zwar bei<br />

gleichzeitiger Gewährung des Rechts auf<br />

Beibehaltung der he<strong>im</strong>atlichen Lebensmitte,<br />

und<br />

zweitens nach der Erhaltung der soziokulturellen<br />

und ökologischen Identität


der Landesteile bei besonderer Beachtung<br />

best<strong>im</strong>mter Nachhaltigkeitsmerkmale<br />

wie Bevölkerungsstruktur, Sozialstruktur,<br />

gewerbliche Vielfalt, sozioökonomische<br />

Durchwachsenheit (Vernetzung) und<br />

ausgewogene Verteilung zwischen ländlichem<br />

Raum und zentralen Orten.<br />

Während be<strong>im</strong> ersten Aspekt das Individuum<br />

<strong>im</strong> Vordergrund steht, geht es<br />

be<strong>im</strong> zweiten um das gewachsene Gemeinwesen,<br />

das be<strong>im</strong> Gemeinschaftswesen<br />

Mensch („zóon politikón“) eine<br />

durchaus eigenständige wesenhafte Bedeutung<br />

entfaltet. Letzteres hat auch das<br />

Bundesverfassungsgericht deutlich herausgestellt:<br />

„Das Menschenbild des Grundgesetzes<br />

ist nicht das eines isolierten souveränen<br />

Individuums; das Grundgesetz hat vielmehr<br />

die Spannung Individuum-Gemeinschaft<br />

<strong>im</strong> Sinne der Gemeinschaftsbezogenheit<br />

und Gemeinschaftsgebundenheit<br />

der Person entschieden, ohne dabei deren<br />

Eigenwert anzutasten.“ [Dürig in Maunz-<br />

Dürig, Komm. z. GG. Art. 1 Rdnr. 46]<br />

Unsere Werteordnung, insbesondere<br />

die Werteordnung des Grundgesetzes,<br />

kennt demzufolge ein Recht auf He<strong>im</strong>at.<br />

Dieses Recht würde ausgehöhlt werden,<br />

wenn das Gleichwertigkeitsprinzip der<br />

Raumordnung sich nur auf die Garantie<br />

best<strong>im</strong>mter materieller Standards für die<br />

Einwohner, nicht aber auf die Gewährleistung<br />

der eigentlichen Überlebensfähigkeit<br />

von Regionen, Städten und Gemeinden<br />

beziehen würde. Insbesondere<br />

würde das He<strong>im</strong>atrecht verletzt werden,<br />

wenn das Gleichwertigkeitsprinzip zu Lasten<br />

der Existenzberechtigung von Regionen<br />

ausgelegt werden würde, nämlich<br />

so, als ob die momentane Nichterfüllung<br />

best<strong>im</strong>mter sozioökonomischer Kriterien<br />

Abbaumaßnahmen zu Gunsten von<br />

Zentralregionen rechtfertigen würde. Die<br />

Unterzeichner lehnen solche Tendenzen,<br />

die sie <strong>im</strong> Kapitel 7 des Mehrheitsberichts zu<br />

erkennen glauben, entschieden ab. Ihre Umsetzung<br />

würde nicht nur zur erwähnten schweren<br />

Verletzung des He<strong>im</strong>atrechts, sondern auch<br />

zur Beseitigung der gewachsenen kulturellen<br />

Vielfalt führen. Letztere ist die Grundlage für<br />

unsere Fähigkeit, auf unvorhersehbare künftige<br />

Entwicklungen zu reagieren. Ihre Verdrängung<br />

durch eher monokulturelle Lebensformen <strong>im</strong><br />

Rahmen eines globalen Netzwerkes von Ballungszentren<br />

würde diese Anpassungsfähigkeit<br />

schwer beeinträchtigen, wodurch die Lebensgemeinschaft<br />

von Volk und Land in Sachsen<br />

langfristig gefährdet wäre.<br />

Das Gleichwertigkeitsprinzip der Raumordnung<br />

kann also bei verständiger Auslegung<br />

nicht bedeuten, daß der Freistaat Sachsen verpflichtet<br />

sei, die Folgen des herrschenden Wirtschaftssystems<br />

vollständig zu kaschieren, indem<br />

er durch Transferleistungen dauerhaft für gleiche<br />

materielle Lebensverhältnisse in allen sächsischen<br />

Regionen sorgt. Wie eingangs schon<br />

ausgeführt, besagt das Prinzip nach Auffassung<br />

der Unterzeichner vielmehr erstens, daß der<br />

Staat verpflichtet ist, in Schlüsselbereichen wie<br />

Gesundheit, Bildung, Information, öffentlicher<br />

Verwaltung/Rechtspflege und Kommunikation<br />

den Bewohnern der ökonomisch schwächeren<br />

Regionen mindestens die gleichen Chancen<br />

zu gewähren wie den Bewohnern anderer Regionen,<br />

und zweitens, daß die staatliche Verpflichtung<br />

besteht, die gewachsenen Regionen<br />

in ihrer Substanz zu erhalten. Drittens kommt<br />

die mittelfristige politische Aufgabe hinzu, das<br />

Wirtschaftssystem und die Marktordnung so zu<br />

reformieren, daß die schraubenähnlichen Rückkopplungseffekte,<br />

die best<strong>im</strong>mte Regionen<br />

<strong>im</strong>mer mehr sozioökonomisch herunterziehen,<br />

ausgeschaltet werden.<br />

Das Erhaltungsgebot für die sächsischen Regionen<br />

als Kultur- und Wirtschaftsräume mit<br />

langer Vorgeschichte und entsprechendem<br />

Erfahrungsschatz ist also ein Teil des Gleichwertigkeitsprinzips<br />

und des Chancengleichheitsgebots.<br />

Dabei ist es nicht zuletzt auch eine<br />

notwendige Voraussetzung für die individuell<br />

empfundene Gleichwertigkeit, denn eine authentische<br />

He<strong>im</strong>at ist ein Teil der Lebensqualität.<br />

Ihre Erhaltung ist für die individuelle Identitätsund<br />

Persönlichkeitsentwicklung unverzichtbar.<br />

Gleichzeitig ist es auch zur Bewahrung<br />

der Vielseitigkeit und damit der langfristigen<br />

Entwicklungsfähigkeit des Landes insgesamt<br />

erforderlich. Deswegen sollte das Bestreben,<br />

die wirtschaftlich benachteiligten Regionen zu<br />

erhalten, nicht etwa als sent<strong>im</strong>entales Wunschdenken<br />

der dort ansässigen Bevölkerung abqualifiziert<br />

werden, sondern vielmehr als ein<br />

gemeinsames Anliegen aller Sachsen und des<br />

sächsischen Staates verstanden werden.<br />

Der <strong>im</strong> Mehrheitsbericht der Enquetekommission<br />

postulierte Vorrang der Subjektförderung<br />

vor der Objektförderung steht zu den<br />

oben genannten Leitlinien insofern <strong>im</strong> Widerspruch,<br />

als unter Objektförderung nicht nur<br />

das quantitative Vorhalten von unzureichend<br />

genutzten Ressourcen, sondern auch die qualitative<br />

Erhaltung der sächsischen Industrie- und<br />

Kulturregionen gemeint ist. Daß ersteres wenig<br />

sinnvoll und unter Umständen nicht bezahlbar<br />

ist, ist selbstverständlich. Die Diktion des Bericht<br />

erweckt aber den Eindruck, als ob die empfohlene<br />

Individualförderung den Charakter einer<br />

(aus biologischen Gründen vorübergehenden)<br />

sozialen Mildtätigkeit für besonders ortsgebundene<br />

Personen, vor allem Ältere, haben sollte,<br />

und es sich bei der Ablehnung der Objektförderung<br />

tatsächlich um die Ablehnung der Erhaltung<br />

der Regionen als solcher handeln würde.<br />

Darauf deuten z.B. die Ausführungen <strong>im</strong> Abschnitt<br />

7.2.1 über Transferzahlungen hin. Diese<br />

sollen „<strong>im</strong>mobilen Personen in dünn besiedelten<br />

Regionen begünstigen“, sollen aber nicht<br />

dazu führen dürfen, daß Personen aus anderen<br />

Regionen in die „peripheren Regionen“ umsiedeln.<br />

Auch wenn es an und für sich einleuchtet,<br />

daß bei Transferzahlungen für Bedürftige<br />

Mitnahmeeffekte durch Nichtbedürftige auszuschließen<br />

sind, wird hier der Eindruck erweckt,<br />

daß es sich um begleitende Maßnahmen zur<br />

Linderung von besonderen Härten <strong>im</strong> Zusammenhang<br />

mit dem allgemeinen Rückzug<br />

aus den betreffenden sächsischen<br />

Regionen handele.<br />

0 1<br />

Die Erhaltung des Landes hat<br />

Vorrang vor der Erhaltung<br />

der Wirtschafts-, Kapital- und<br />

Marktordnung<br />

Die Auswirkungen der überregionalen<br />

und übernationalen Marktordnung auf<br />

die Wettbewerbsfähigkeit der Regionen<br />

stellen zunächst eine geschäftliche Herausforderung<br />

für die regionale Wirtschaft<br />

dar. Wenn aber die <strong>im</strong> wesentlichen durch<br />

politische Beschlüsse herbeigeführte Adaption<br />

dieser globalisierten Marktordnung<br />

die Überlebensfähigkeit und damit<br />

gewissermaßen die Existenzberechtigung<br />

eines Großteils der ländlichen Regionen<br />

und vieler alter Wirtschafts- und Kulturregionen<br />

Sachsens in Frage stellt, haben wir<br />

es auch mit einer politisch-strategischen<br />

Herausforderung und vor allem mit einer<br />

Frage der politischen Verantwortung<br />

zu tun, der sich neben der Bundespolitik<br />

nicht zuletzt auch die Landespolitik stellen<br />

muß. Das muß in Sachsen auch vor dem<br />

Hintergrund gesehen werden, daß über<br />

50 Prozent der Bürger in Gemeinden und<br />

Städten mit weniger als 20.000 Einwohnern<br />

leben.<br />

Durch eine Strategie des mittelfristigen<br />

Rück- und Abbaus der sogenannten Entleerungsräume<br />

Sachsens würde sich die<br />

Politik dieser Verantwortung entziehen.<br />

Die am häufigsten genannte Begründung<br />

hierfür sind die hohen Kosten für die Aufrechterhaltung<br />

der Infrastruktur in den<br />

betreffenden Gebieten. Diese wird heute<br />

in vielen Fällen nur von halb so vielen Personen<br />

genutzt, verglichen mit der Personenzahl,<br />

für die sie ursprünglich d<strong>im</strong>ensioniert<br />

wurde, was zur Entstehung von


hohen sogenannten Remanenzkosten<br />

führen kann.<br />

Allerdings ist die hierfür ursächliche demographische<br />

Entwicklung in erster Linie<br />

eine Folge von politischen Fehlentscheidungen,<br />

nicht von ureigenen Strukturmerkmalen<br />

der betroffenen Gebiete. Der<br />

starke Abfall der Geburtenraten Anfang<br />

der neunziger Jahre war z.B. nicht zuletzt<br />

eine Folge des plötzlichen Wegfalls einer<br />

Reihe von in der DDR gewährten Begünstigungen<br />

für Mütter (Babyjahr bei vollen<br />

Bezügen, anschließend garantierter Krippenplatz,<br />

ein Hausarbeitstag <strong>im</strong> Monat<br />

für berufstätige Mütter etc.). Als die dramatischen<br />

Folgen des Wegfalls dieser Vergünstigungen<br />

sichtbar wurden, war die<br />

Politik nicht bereit, mit einer offensiven<br />

Bevölkerungspolitik zu reagieren, obwohl<br />

kein verantwortlicher Politiker übersehen<br />

konnte, daß in extremem Maße Handlungsbedarf<br />

bestand. Die neuen Bundesländer<br />

folgten einfach einer jahrzehntelangen<br />

BRD-Tradition der Tabuisierung<br />

bevölkerungspolitischer Maßnahmen.<br />

Diese waren einfach politisch nicht opportun<br />

– wie sie es heute ebenfalls nicht sind<br />

– und wurden deswegen stillschweigend<br />

unterlassen.<br />

Ein besonders krasser Ausdruck dieses<br />

Versäumnisses, der heute zu erheblichen<br />

Instandhaltungslasten <strong>im</strong> Zusammenhang<br />

mit den Schulschließungen führt, war die<br />

Schulnetzplanung, die vor allem die Planung<br />

und Erneuerung bzw. den Neubau<br />

von Schulen ermöglichen sollte. Statt<br />

die katastrophale Geburtenentwicklung<br />

rechtzeitig nüchtern zur Kenntnis zu nehmen<br />

– und dabei allerdings eventuell den<br />

Ruf nach Gegenmaßnahmen zu provozieren<br />

– wurde die Schulnetzplanung letztlich<br />

auf die unterste Ebene der Gemeinden<br />

verschoben, mit der Folge, daß die<br />

Geburtenentwicklung kaschiert wurde,<br />

und viele Schulbauten geplant und erstellt<br />

wurden, die heute, nachdem die Schülerzahlen<br />

um die Hälfte abgenommen haben, leer stehen<br />

und Kosten verursachen.<br />

So mogelte man sich in der Zeit, als eine Gegensteuerung<br />

noch verhältnismäßig einfach<br />

gewesen wäre, um die unangenehme Pflicht<br />

herum, die Geburtenentwicklung und die späteren<br />

unabwendbaren Folgen für die Gemeinden<br />

offiziell zur Kenntnis zu nehmen. Heute<br />

werden für die sogenannten Entleerungsgebiete,<br />

in denen diese Entwicklung durch mangelnde<br />

wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit<br />

und massive Abwanderung besonders kräftig<br />

verstärkt wurde, sogar Pläne für eine allmähliche<br />

Abwicklung der betroffenen Regionen<br />

selbst entworfen.<br />

Nicht nur die Geburtenentwicklung, sondern<br />

auch die schleppende wirtschaftliche Entwicklung<br />

in den neuen Bundesländern, insbesondere<br />

das Wegbrechen der sozioökonomischen<br />

Grundlagen in den Entleerungsgebieten und<br />

damit die massive Abwanderung der Bevölkerung<br />

ist eine direkte Folge einer grundfalschen<br />

politischen Entscheidung, und zwar der Entscheidung,<br />

die Globalisierung der deutschen<br />

Wirtschaft (Kapitalfreiheit, EU-Integration<br />

u.s.w.) der innerdeutschen Konsolidierung<br />

nach der Wiedervereinigung vorzuziehen. Daß<br />

alte Industrieregionen wie z.B. das Gebiet um<br />

Schwarzenberg <strong>im</strong> Erzgebirge oder der Landkreis<br />

Löbau-Zittau in der Oberlausitz heute<br />

verwahrlosen, liegt nicht an den dort lebenden<br />

Menschen oder an einem etwaigen Mangel an<br />

wirtschaftlichen Traditionen, sondern einzig<br />

und allein daran, daß die Politik nach der Wende<br />

die Weichen in einer Art und Weise stellte,<br />

die nur zum Niedergang führen konnte.<br />

An dieser Feststellung ändert sich auch nichts<br />

durch die Ansätze eines Wiederanknüpfens<br />

an die industrielle Vorkriegsbedeutung Sachsens<br />

in best<strong>im</strong>mten Schwerpunktregionen, vor<br />

allem in den Ballungszentren Dresden, Leipzig<br />

und Chemnitz. Der Unterschied der heutigen<br />

Entwicklung gegenüber der industriellen Blütezeit<br />

Sachsens <strong>im</strong> 19. und 20. Jahrhundert (bis<br />

1945) liegt einmal in der relativen Bedeutung<br />

gegenüber anderen Teilen Deutschlands. Mitteldeutschland<br />

war vor 1945 das ökonomische<br />

Kraftzentrum des Reiches mit einer deutlich<br />

größeren Industrieproduktion je Einwohner als<br />

<strong>im</strong> Westen. Heute ist es umgekehrt. Im raumordnungspolitischen<br />

Zusammenhang wichtiger<br />

ist aber die Tatsache, daß die sächsische<br />

Vorkriegsindustrie ihre Planungs- und Leitstellen<br />

– also ihre „Köpfe“ – in den sächsischen<br />

Metropolen, gleichzeitig aber ein weites Netz<br />

von „verlängerten Werkbänken“ in den sächsischen<br />

Provinzen hatte. Heute sind die sächsischen<br />

Metropolen „verlängerte Werkbänke“<br />

auswärtiger – zum Teil auch ausländischer<br />

– Konzernzentralen, und in der Zulieferlogistik<br />

dieser Mutterkonzerne spielt Sachsen keine<br />

nennenswerte Rolle, was auch mit dem allgemeinen<br />

Trend zur Globalisierung der Warenströme,<br />

nicht zuletzt bei Komponenten und<br />

Halbzeugen, zusammenhängt.<br />

Diese Situation ist für die Provinzen außer-<br />

halb der Metropolen und ihrer Einzugsgebiete<br />

insofern mißlich, als daß das<br />

Geldverdienen zunehmend von letzteren<br />

„monopolisiert“ wird. Die (aus der Sicht<br />

der Metropolen) peripheren Provinzen<br />

werden dadurch <strong>im</strong>mer deutlicher vom<br />

sozioökonomischen Mainstream abgehängt,<br />

ihre eigene Sozioökonomie trocknet<br />

regelrecht aus.<br />

In dieser Situation ist es durchaus naheliegend,<br />

daß eine politische Führung,<br />

deren Ziel nicht die Erhaltung des Landes,<br />

sondern der möglichst schnelle geschäftliche<br />

Erfolg ist, und der vor allem am<br />

„Schönen“ der Bilanzen gelegen ist, eine<br />

Politik der beschleunigten Trockenlegung<br />

der Provinzen und der damit einhergehenden<br />

Bevölkerungstransfers von der Peripherie<br />

zu den Zentren betreiben möchte.<br />

Es gibt deutliche Anzeichen dafür, daß die<br />

Sächsische Staatsregierung eine derartige<br />

Strategie verfolgt. Das Motiv ist jedenfalls<br />

Ein treffendes Sinnbild für die Wirkung des Globalismus ist die Heuschrecke:<br />

Der Heuschreckenschwarm fällt über ganze Regionen her, frißt alles<br />

ratzekahl leer, um dann über die nächste Region herzufallen und dort sein<br />

Zerstörungswerk fortzusetzen.


klar: Einerseits droht die – von der Politik<br />

selbst verschuldete – demographische<br />

Entwicklung mittelfristig auch in den Zentren<br />

die wirtschaftliche Entwicklung zum<br />

Erliegen zu bringen. Andererseits leben<br />

über 50 Prozent der Sachsen in Gemeinden<br />

mit weniger als 20.000 Einwohnern,<br />

davon ein Großteil mit einem auch <strong>im</strong><br />

Vergleich zu den sächsischen Ballungszentren<br />

sehr niedrigen Bruttoinlandsprodukt<br />

je Einwohner. Gleichzeitig werden die Remanenzkosten<br />

für die Aufrechterhaltung<br />

der Infrastruktur in den „unproduktiven“<br />

Regionen <strong>im</strong>mer höher.<br />

Das ist der Hintergrund, vor dem über<br />

die Raumordnungspolitik zu sprechen ist – übrigens<br />

nicht nur in Sachsen, sondern in weiten<br />

Teilen Deutschlands, Ost wie West.<br />

Es geht darum, ob das Land auf dem Altar<br />

des derzeitigen Weltwirtschafts- und Finanzsystems<br />

geopfert werden darf. Davor muß dringend<br />

gewarnt werden! Denn dieses System<br />

entspricht keiner natürlichen Ordnung, und<br />

niemand weiß, wie lange es sich halten wird.<br />

Was man aber mit ziemlicher Sicherheit weiß,<br />

ist, daß ein ehemals kulturell und wirtschaftlich<br />

durchwachsenes, geschichtlich gewordenes<br />

Land, dessen sozioökonomische Basis vernichtet<br />

wurde, sehr bald auch seine allgemeine soziokulturelle<br />

Grundlage verliert und dann nur in<br />

Die Standpunkte der anderen<br />

Verharmlosung, Ignoranz, Begriffsverwirrung; Ablenkung vom eigentlichen<br />

bevölkerungspolitischen Handlungsbedarf durch Konzentration<br />

auf sogenannte „Anpassungsmaßnahmen“, vor allem<br />

<strong>im</strong> Zusammenhang mit der Alterung der Bevölkerung.<br />

Einschätzung des Arbeitsergebnisses der Enquetekommission durch Kommissionsmitglied<br />

Antje Hermenau in der letzten Obleute-Sitzung der Kommission:<br />

„Die Arbeit der Kommission habe gezeigt, daß nicht die fehlenden Geburten,<br />

sondern vielmehr die zunehmende Lebenserwartung und die<br />

wachsende Zahl von alten Menschen das größte Problem darstellen.“<br />

Aus dem Mehrheitsbericht:<br />

„Der Begriff Bevölkerungspolitik ist auch in der Wissenschaft nicht einheitlich<br />

definiert. Deshalb hat sich die Kommission entschlossen, von bevölkerungsbewußter<br />

Politik zu sprechen. In diesem Sinne ist eine bevölkerungsbewußte<br />

Politik <strong>im</strong>mer auch eine Politik zur Modernisierung vorhandener<br />

Strukturen (Bertram 00 ). Die notwendigen Veränderungen <strong>im</strong> Bildungssystem,<br />

<strong>im</strong> Arbeitsmarkt, in den Gesundheitssystemen, bei der Infrastruktur<br />

und in den Verwaltungs- und Finanzsystemen werden in den folgenden<br />

Kapiteln dieses Berichtes ausführlich diskutiert. Es wird deutlich, daß dieser<br />

Anpassungs- und Modernisierungsprozeß auch bedeutet, nicht nur auf<br />

potentielle Risiken hinzuweisen.“<br />

sehr großen Zeiträumen wiederaufgebaut werden<br />

kann – wenn überhaupt.<br />

Handlungsempfehlungen<br />

Um Sachsen und viele andere Teile Deutschlands<br />

wirklich vor diesem Schicksal zu bewahren,<br />

wäre eigentlich eine radikale Reform des<br />

herrschenden Wirtschafts- und Finanzsystems<br />

erforderlich. Aber da hier unter den obwaltenden<br />

Umständen vermutlich die alte Sprichwortweisheit<br />

gilt, wonach das Beste des Guten<br />

größter Feind ist, wären der sächsische Gesetzgeber<br />

und die Sächsische Staatsregierung<br />

gut beraten, wenn sie zunächst innerhalb des<br />

gegebenen ordnungspolitischen Rahmens alles<br />

daran setzen würden, den <strong>im</strong> Augenblick<br />

benachteiligten sächsischen Regionen neues<br />

Leben einzuhauchen.<br />

Führt man sich die kleinräumigen D<strong>im</strong>ensionen<br />

und die derzeit noch relativ dichte Besiedlung<br />

Sachsens vor Augen, dürfte dies eigentlich<br />

nicht schwer sein: Die größte Ausdehnung des<br />

Landes beträgt in Ost-West-Richtung ca. 230<br />

km, in Nord-Süd-Richtung ca. 120 km. Die Entfernung<br />

zwischen der Hauptstadt Dresden und<br />

dem „Entleerungsgebiet“ Oberlausitz beträgt<br />

knapp 100 km (Dresden-Zittau), eine Strecke,<br />

die ein durchschnittlich trainierter Mensch locker<br />

an einem Tag per Fahrrad zurückgelegt,<br />

und die auch täglich von vielen Pendlern zurückgelegt<br />

wird – auch wenn dies natürlich<br />

keinem Idealzustand entspricht. Die Bevölkerungsdichte<br />

des Freistaates beträgt 232 Einwohner/km2<br />

(entsprechend 4300 m 2 /Person).<br />

Hinzu kommt, daß das Land zum überwiegenden<br />

Teil aus kl<strong>im</strong>atisch günstigen Regionen<br />

mit jahrhundertealten Handwerks-, Industrie-<br />

und Handelstraditionen und entsprechend befähigten<br />

Einwohnern besteht. Angesichts der<br />

nach wie vor – trotz Geburtenrückgang etc.<br />

– gegebenen Überbevölkerung Sachsens und<br />

Deutschlands (vgl. z.B.: Sachsen 4.300 m2/Einwohner,<br />

Schweden 50.000 m2 /Einwohner)<br />

wäre es geradezu ein Verbrechen, auch nur in<br />

einem einzigen kleinen sächsischen Landesteil<br />

die jahrhundertealte Kultur-, Gewerbe-<br />

und Siedlungsstruktur zugunsten<br />

einer Zusammenballung der Bevölkerung<br />

in den Metropolen verfallen zu lassen.<br />

Vor dem Hintergrund dieser geographischen<br />

und siedlungsmäßigen Strukturdaten<br />

bietet sich ein Reihe von Struktur-<br />

und Fördermaßnahmen an, die das Ziel<br />

haben, die Attraktivität der benachteiligten<br />

Regionen zu erhöhen, die Abwanderung<br />

zu stoppen und die Ansiedlung von<br />

Betrieben und Familien zu begünstigen.<br />

Die Unterzeichner des Minderheitenvotums<br />

sehen z.B. folgende Fördermaßnahmen<br />

als sinnvoll an:<br />

•<br />

•<br />

•<br />

•<br />

•<br />

•<br />

Dezentralisierung der Wirtschaft<br />

durch regionale Filialen und stationäre<br />

oder mobile Telearbeitsplätze<br />

(He<strong>im</strong>arbeitsplätze).<br />

Dezentralisierung von Bildungseinrichtungen.<br />

Verlegung staatlicher Verwaltungsstellen<br />

in wirtschaftlich benachteiligte<br />

Regionen.<br />

Ausbau der Staats- und Regionalstraßen<br />

sowie des Regionalverkehrs vor<br />

allem <strong>im</strong> Hinblick auf die Nutzung<br />

für den regionalen Berufsverkehr<br />

und die Anbindung der ländlichen<br />

Gemeinden an die regionalen Zentralorte<br />

und die sächsischen Metropolregionen.<br />

Ausbau der Telekommunikationsangebote<br />

und Förderung ihrer gewerblichen<br />

und privaten Nutzung.<br />

Stärkere Vergabe öffentlicher Aufträge<br />

an einhe<strong>im</strong>ische Unternehmen<br />

in den strukturschwachen Gebieten<br />

(Reform des Vergabewesens); wo<br />

dies durch Bundesrecht und EU-<br />

Wettbewerbsrecht verhindert wird,<br />

Verhandlungen mit dem Ziel, Ausnahmeregelungen<br />

zu erhalten.<br />

5


Minderheitenvotum der<br />

<strong>NPD</strong> zum Kapitel 8 des<br />

Berichts der Enquetekommission:„Gesundheit<br />

und soziale Sicherungssysteme“<br />

Minderheitenvotum<br />

Vorschlag einer familien- und<br />

demographiegerechten Rentenbeitragsverteilung<br />

Die Unterzeichner des Minderheitenvotums<br />

regen eine familien- und demographiegerechte<br />

Verteilung des erforderlichen<br />

Rentenbeitragsaufkommens auf einerseits<br />

ermäßigte Beiträge für kinderreiche<br />

Familien und andererseits etwas höhere<br />

Beiträge für andere Beitragszahler an. Es<br />

ist den Unterzeichnern bewußt, daß die<br />

vorgeschlagene Reform nur auf Bundesebene<br />

durchgeführt werden könnte. Sachsen<br />

könnte aber eine entsprechende Gesetzesinitiative<br />

<strong>im</strong> Bundesrat einbringen.<br />

Zur Begründung der Empfehlung wird<br />

zunächst auf die Entwicklung der deutschen<br />

Rentenversicherung, insbesondere<br />

auf ihre Folgen für die Bevölkerungsentwicklung<br />

eingegangen.<br />

Die Entstehung der<br />

deutschen Rentenversicherung<br />

Bis in die zweite Hälfte des neunzehnten<br />

Jahrhunderts bestand ein klarer Zusammenhang<br />

zwischen Familie, Nachwuchs,<br />

materiellem Besitz, laufender sozioökonomischer<br />

Arbeit und Altersvorsorge. Wenn<br />

ein Bauer, Bürger, Häusler oder sonstwer<br />

ein best<strong>im</strong>mtes Alter erreichte und die Relation<br />

seiner eigenen Arbeitsfähigkeit zu<br />

der seiner Kinder auf einen best<strong>im</strong>mten<br />

Punkt zusteuerte, über den zu entscheiden jeder<br />

seinen eigenen Ermessenspielraum hatte,<br />

dann wurden Kinder und Schwiegerkinder vor<br />

dem Dorf- oder Stadtrichter zusammengerufen<br />

und dem ältesten oder jüngsten Sohn (oder<br />

Schwiegersohn) wurde, je nach Erbrecht der<br />

Landschaft, Haus und Hof übergeben. Dabei<br />

wurden Zahlungen an die Geschwister und<br />

Zahlungen und weitergehende Teilnutzungen,<br />

etwa eines Gartens, für das Elternpaar festgelegt,<br />

das sich auf das Altenteil begab. Diejenigen,<br />

die ohne Besitz und Angehörige waren,<br />

fielen den öffentlichen Armenkassen zur Last,<br />

für welche die jeweiligen He<strong>im</strong>atgemeinden<br />

zuständig waren.<br />

Gegen Ende des neunzehnten Jahrhunderts<br />

kam es aber zu einem solchen Zustrom von<br />

Menschen in die Städte, daß dieses System zusammenbrach.<br />

Die He<strong>im</strong>atgemeinden waren<br />

nicht mehr <strong>im</strong>stande, die sehr große Zahl von<br />

abgewanderten Personen in hohem Lebensalter<br />

zurückzunehmen oder zu versorgen, die<br />

städtischen Armenkassen waren aber ebenso<br />

überfordert. Dementsprechend wurde in den<br />

1880er Jahren die Forderung der Bevölkerung<br />

<strong>im</strong> <strong>Deutsche</strong>n Reich nach sozialen Sicherungssystemen<br />

<strong>im</strong>mer stärker, so daß es <strong>im</strong> Jahre 1891<br />

unter Reichskanzler Otto von Bismarck zur Einführung<br />

der gesetzlichen Rentenversicherung<br />

zusammen mit anderen Sozialversicherungen<br />

kam. Dabei wurde zwar zunächst davon ausgegangen,<br />

daß die Familien nach wie vor den<br />

wesentlichen Teil des Lebensunterhaltes der<br />

Älteren tragen sollten, dennoch bedeutete die<br />

Bismarcksche Rentenversicherung einen fundamentalen<br />

und, angesichts der sozialen und<br />

ökonomischen Entwicklung, notwendigen Systemwechsel.<br />

Verlust des Zusammenhangs Familiennachwuchs-Alterssicherung<br />

Daß damit auch ein gefährlicher system<strong>im</strong>manenter<br />

Fehler, nämlich die Entkopplung von<br />

Familienbildung, Nachwuchs, lebensnaher so-<br />

Die Standpunkte der anderen<br />

Ablenkung von der existentiellen Notwendigkeit einer deutschen<br />

Bevölkerungspolitik durch verlogene Hinweise auf die angeblich<br />

„menschenverachtende“ Familienpolitik des Dritten Reiches und<br />

Suggerierung der Gefahr einer nicht einmal in Ansätzen existierenden<br />

„moralischen Diskr<strong>im</strong>inierung von kinderlosen Paaren“.<br />

Aus dem Mehrheitsbericht:<br />

„Eine explizite Bevölkerungspolitik, welche darauf zielt, die demografische<br />

Entwicklung zu beeinflussen, ist in Deutschland aufgrund der menschenverachtenden<br />

Bevölkerungspolitik der Nationalsozialisten umstritten.“<br />

„Eine moralische Diskr<strong>im</strong>inierung von kinderlosen Paaren ist nicht mit den<br />

Grundsätzen der freiheitlichen Gesellschaft vereinbar. Die Landespolitik<br />

muß – auch vor dem Hintergrund der menschenverachtenden Familienpolitik<br />

des Dritten Reiches – die Balance zwischen einer legit<strong>im</strong>en und grundgesetzlich<br />

verankerten Förderung von Familien und dem Respekt vor der<br />

familiären Entscheidung jeder Einzelnen bzw. jedes Einzelnen wahren.“<br />

zioökonomischer Arbeit und Alterssicherung<br />

in Kauf genommen wurde, war zu Bismarcks<br />

Zeiten wahrscheinlich kaum erkennbar, und<br />

auch das Dritte Reich kam in seinen sechs Friedensjahren<br />

– trotz einiger wesentlicher Rentenversicherungsreformen,<br />

z.B. der Einführung<br />

der Krankenversicherung für Rentner und des<br />

automatischen Lohnabszugsverfahrens – leider<br />

nicht dazu, diesen grundlegenden Fehler zu<br />

beseitigen. Als 1957 die Rentenversicherung<br />

tiefgreifend reformiert wurde, wollte der Erfinder<br />

der damals eingeführten Rentendynamisierung,<br />

Wilfried Schreiber, ursprünglich ein aus<br />

zwei zusammenhängenden Teilen bestehendes<br />

soziales Lastenausgleichssystem einführen, und<br />

zwar einerseits aus der dynamischen Rentenformel<br />

und andererseits aus einer „Kindheits- und<br />

Jugendrente“, wie Schreiber den Familienleistungsausgleich<br />

bezeichnete. Dahinter steckten<br />

zwei fundamentale Erkenntnisse, nämlich erstens,<br />

daß die Versorgung der unproduktiven<br />

Jahrgänge nur aus der Arbeit der produktiven<br />

Jahrgänge erfolgen kann, und zweitens, daß<br />

die Lasten für die Versorgung von Kindern und<br />

Jugendlichen einerseits und Rentnern andererseits<br />

in einem gemeinsamen Zusammenhang<br />

gesehen werden müssen.<br />

Diese Einsichten sind in Schreibers Werk<br />

„Existenzsicherheit in der industriellen Gesellschaft.<br />

Vorschläge des Bundes Katholischer<br />

Unternehmer zur Reform der Sozialversicherungen“<br />

(1955) dokumentiert.<br />

Darin heißt es: „Die Altersrenten (...) der<br />

Bevölkerung können <strong>im</strong>mer nur aus dem<br />

laufenden Sozialprodukt aufgebraucht<br />

werden. Eine andere Möglichkeit ist praktisch<br />

nicht gegeben. Wir folgern: eine<br />

Reservebildung wäre sowohl überflüssig<br />

wie schädlich.“ (S. 20) Und weiter: „Mit<br />

der Einrichtung der Altersrente ist das<br />

Problem der Repartierung des Lebenseinkommens<br />

auch auf die ‘unproduktiven’<br />

Lebensphasen Alter und Kindheit erst zur<br />

Hälfte gelöst.“ (S. 31)<br />

Damals in den fünfziger Jahren wurde<br />

allerdings der Kinder- und Jugendteil der<br />

Rentenreform wegen angeblicher Abst<strong>im</strong>mungsschwierigkeiten<br />

vertagt und sollte


später nachgeholt werden. Bei dieser Absichtserklärung<br />

ist es bis heute geblieben.<br />

Das Versäumnis hat sich fatal ausgewirkt<br />

und in erheblichem Maße zum Verlust<br />

des natürlichen Instinkts wie auch des<br />

politischen Bewusstseins für die realen<br />

gesellschaftsbezogenen, sozioökonomischen<br />

Zusammenhänge beigetragen,<br />

insbesondere für den Zusammenhang<br />

zwischen Familie, Nachwuchs, Arbeit und<br />

Alterssicherung.<br />

Der Pr<strong>im</strong>at des kapitalistischen und finanzwirtschaftlichen<br />

Denkens hat diesen<br />

Instinkt- und Bewusstseinsverlust<br />

in fataler Weise verstärkt. Im Westen<br />

Deutschlands wirkt sich dies seit den<br />

siebziger Jahren <strong>im</strong>mer verheerender auf<br />

die sozialen Sicherungssysteme und die<br />

soziökonomische Leistungsgemeinschaft<br />

insgesamt aus. Immer mehr Menschen<br />

sehen sich als eine Art unabhängiger Freibeuter<br />

in einer materiell und finanziell a<br />

priori abgesicherten, also nicht auf die<br />

gemeinsame Daseinsvorsorge angewiesenen<br />

„Gesellschaft“. Sie wähnen sich<br />

gewissermaßen in der Allmende, die, von<br />

Milch und Honig triefend, sich von selbst<br />

erhält, während die jeweiligen Bewohner<br />

kommen und gehen können, wie sie wollen,<br />

ohne jede soziokulturelle, völkisch-familiäre<br />

Bindung, ohne einen echten Generationenvertrag<br />

und ohne gemeinsame<br />

sozioökonomische Daseinsvorsorge.<br />

Von dieser fatalen Grundst<strong>im</strong>mung geprägt,<br />

hat sich die westdeutsche Gesellschaft<br />

jahrzehntelang in der trügerischen<br />

Sicherheit gewogen, durch das Ansparen<br />

von Rentenanwartschaften werde ein<br />

Kapital gebildet, das <strong>im</strong> Alter Sicherheit<br />

gewähre, und zwar unabhängig von der<br />

Entwicklung und der künftigen Verfassung<br />

der Volksgemeinschaft, obwohl diese<br />

für unser materielles und geistiges Dasein<br />

grundlegend ist und fast alle realen<br />

ökonomischen und kulturellen Leistungen<br />

zu erbringen haben wird, von und mit denen<br />

wir später <strong>im</strong> Alter leben wollen.<br />

Die demographischen und<br />

sozioökonomischen Folgen<br />

In Verbindung mit anderen kulturellen und<br />

ökonomischen Einflüssen, vor allem der Globalisierung<br />

und der ihr zugrunde liegenden<br />

Entnationalisierung des Kapitals, hat diese Fehlsteuerung<br />

schon seit den siebziger Jahren in<br />

Westdeutschland einen historisch einmaligen<br />

Bevölkerungsschwund verursacht: Jede neue<br />

Generation beträgt etwa zwei Drittel der Vorgängergeneration.<br />

Zwischen den Jahren 1988<br />

und 2003 nahmen die „alteingesessenen“<br />

westdeutschen Jahrgänge zwischen 20 und 30<br />

Jahren um fast die Hälfte ab. Diese Entwicklung<br />

hätte das gesetzliche Rentensystem verhindern<br />

oder zumindest stark abmildern können, z.B.<br />

wenn es 1957 nach dem Gesamtkonzept von<br />

Wilfried Schreiber reformiert worden wäre.<br />

Der Osten Deutschlands folgt seit 1990 dem<br />

schlechten Beispiel des Westens. Hinzu kommt<br />

der sozioökonomische Kahlschlag ganzer Regionen,<br />

die von der wirtschaftlichen Entwicklung<br />

abgehängt wurden, weil die Wiedervereinigung<br />

und die eigentlich auf die Tagesordnung<br />

gehörende deutsche ökonomische Integration<br />

in eine <strong>im</strong>mer extremere kapitalistische Globalisierung<br />

und EU-Integration umgelenkt wurden<br />

und werden. Dieser sozioökonomische Schock<br />

der ehemaligen DDR-Gebiete verstärkt für diese<br />

die durch die Übernahme des westdeutschen<br />

Familien- und Reproduktionsverhaltens<br />

ohnehin <strong>im</strong>plosionsartige Entwicklung. Auch<br />

hier stellt die gesetzliche Rentenversicherung<br />

ein wichtiges Handlungsfeld für eine erfolgversprechende<br />

Reformpolitik dar.<br />

Der Zusammenhang Familiennachwuchs-Alterssicherung<br />

Wie bereits erwähnt, schwebte Wilfried Schreiber<br />

eine sogenannte „Kindheits- und Jugend-<br />

rente“ vor. Durch sie sollte in Verbindung mit<br />

der Altersrente eine ausbalancierte Solidargemeinschaft<br />

zwischen den Generationen wiederhergestellt<br />

werden, und zwar dergestalt, daß die<br />

schaffenden Jahrgänge die gesamten Versorgungslasten,<br />

also die Lasten für die Versorgung<br />

sowohl der noch nicht als auch der nicht mehr<br />

schaffenden Jahrgänge leistungsgerecht unter<br />

sich aufteilten. Dadurch, daß diese Reform nicht<br />

konsequent umgesetzt wurde, blieben zwar die<br />

Lasten zur Versorgung der Rentner auf alle verteilt,<br />

aber der andere Teil der gemeinsamen Versorgungslasten,<br />

die Versorgung der Jüngeren,<br />

blieb gleichzeitig <strong>im</strong> wesentlichen bei den Eltern<br />

hängen, die diese Hälfte nach wie vor zum weit<br />

überwiegenden Teil allein tragen müssen, obwohl<br />

sie <strong>im</strong> Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung<br />

genau wie die Kinderlosen ihren<br />

Anteil zur Finanzierung der Renten beitragen.<br />

Dabei leisten die Eltern durch das Großziehen<br />

der Kinder ohnehin den entscheidenden Beitrag<br />

zur Versorgung der künftigen Rentner, insbesondere<br />

zu ihren eigenen Renten. Man kann<br />

diesen Zusammenhang auch aus einem anderen<br />

Blickwinkel betrachten: Wenn sich familienplanerisch<br />

alle so verhalten hätten wie die heutige<br />

Minderheit der Eltern von zwei oder mehr<br />

Kindern, hätten wir heute etwa 50 Prozent<br />

mehr Beitragszahler für die Rentenversicherung.<br />

Denn wir haben in Deutschland<br />

eine Nettoreproduktionsrate von ca.<br />

65 Prozent, d.h. jede Generation beträgt<br />

65 Prozent der Elterngeneration. Deswegen<br />

gibt es heute – grob gerechnet – auch<br />

nur 65 Prozent jener Beitragszahler, die<br />

wir gehabt hätten, wenn die Mehrkinderfamilie<br />

die Regel geblieben wäre. Wäre<br />

letzteres der Fall gewesen, hätte also der<br />

durchschnittliche Rentenbeitrag nur 65<br />

Prozent vom heutigen Wert betragen.<br />

Deswegen wäre es durchaus gerecht,<br />

wenn diejenigen, deren Verhalten, sofern<br />

es sich allgemein durchsetzen würde, in<br />

spätestens zwei Generationen zur Herstellung<br />

einer günstigeren Lastenverteilung<br />

führen könnte, tatsächlich nur 65 Prozent<br />

ihres derzeitigen Beitrages zahlen würden.<br />

Das würde auch der Intention von<br />

Wilfried Schreiber entgegenkommen, und<br />

zwar insofern, als daß es den Effekt eines<br />

Ausgleichs zwischen den Lasten für die<br />

Rente und die Kinder- und Jugendversor-<br />

Wohlstand und Stabilität kann es auf Dauer nur geben, wenn es Solidarität<br />

zwischen den Generationen gibt. Solidarität bedeutet: Eltern stehen für ihre<br />

Kinder und die Kinder für ihre Eltern ein! Wenn es zu wenig Kinder gibt,<br />

dann zerreißt das Netz der Solidarität zwischen den Generationen.


Die Standpunkte der anderen<br />

0<br />

1<br />

Gezieltes Verstellen der Perspektive, unter anderem durch Verwendung<br />

von falschen Vergleichen: weg vom Generationendenken,<br />

hin zur bevölkerungspolitischen Resignation wegen fehlender<br />

kurzfristiger Effekte.<br />

Aus dem Mehrheitsbericht:<br />

„Auch wenn die gegenwärtig positive Tendenz der Geburtenentwicklung<br />

1 anhalten sollte, werden aller Wahrscheinlichkeit nach <strong>im</strong> Jahre<br />

2020 mit etwa 26.400 Kindern nur noch etwa halb so viele Kinder geboren<br />

wie 1 0 (Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen 00 ).<br />

Auch ein noch so kinder- und familienfreundliches Sachsen kann daher<br />

eine Stabilisierung der Bevölkerungszahlen durch steigende Geburtenraten<br />

in naher <strong>Zukunft</strong> kaum erreichen.“<br />

1 Hinweis: In Wirklichkeit ist die leichte Zunahme der absoluten Geburtenzahlen keineswegs auf eine höhere Geburtenziffer<br />

pro Frau, sondern allein auf die vorübergehend etwas größere Anzahl von Müttern, bedingt durch den<br />

sogenannten „Honecker-Knick“ in den siebziger und frühen achtziger Jahren, zurückzuführen.<br />

gung hätte. Alternativ könnte man es als<br />

Beitragsermäßigung für das Großziehen<br />

künftiger Beitragszahler interpretieren,<br />

was auf ungefähr das Gleiche hinausliefe.<br />

Vor allem hätte es aber einen Anreizeffekt<br />

für mehr Kinder, und zwar in doppelter<br />

Hinsicht: Erstens würden die Eltern selbst<br />

weniger Beiträge zahlen, zweitens ihre<br />

Arbeitgeber weniger Lohnnebenkosten.<br />

Letzteres wäre ein wirksamer Anreiz zur<br />

bevorzugten Einstellung von Eltern in den<br />

Betrieben, einer der Standardforderungen<br />

des Bielefelder Professors Herwig Birg in<br />

der bevölkerungspolitischen Debatte.<br />

Zur Kompensation der Beitragsermäßigung<br />

für Kinderreiche müßten die übrigen<br />

Beitragszahler selbstverständlich<br />

einen höheren Beitrag zahlen, damit das<br />

zur Auszahlung der Renten erforderliche<br />

Gesamtbeitragsaufkommen gleich bliebe.<br />

Obwohl die Detailgestaltung einer derartigen<br />

Reform sicherlich eine sehr komplexe<br />

Aufgabe für Rentenexperten wäre,<br />

könnte es sich lohnen, anhand einer schematischen<br />

Betrachtung zu einer gewissen<br />

Vorstellung von der Art der Umverteilung zu<br />

gelangen. Das soll hier abschließend versucht<br />

werden:<br />

Es sei von einem erforderlichen Rentenaufkommen<br />

von A Euro und von N Beitragszahlern<br />

ausgegangen. Diese seien in diesem schematischen<br />

Beispiel als Äquivalenzbeitragszahler<br />

angenommen, d.h. sie zahlen alle den Durchschnittsbeitrag.<br />

Dieser beträgt A/N Euro. Des<br />

weiteren sei von einem relativen Anteil der zu<br />

begünstigenden kinderreichen Beitragszahler<br />

von q Prozent der gesamten Beitragszahler ausgegangen.<br />

(In der Praxis würde wahrscheinlich<br />

ein mehrstufiges Model zur Anwendung kommen,<br />

aber hier soll es der Einfachheit halber bei<br />

der Zweiteilung bleiben.) Da der ermäßigte Beitrag<br />

0,65 x A/N Euro betragen soll, ergibt sich<br />

die Summe aller ermäßigten Beiträge zu<br />

q/100 x N x 0,65 x A/N =<br />

q/100 x 0,65 x A Euro.<br />

Zur Kompensation der dadurch entstehenden<br />

Mindereinnahmen müssen die restlichen<br />

100-q Prozent der Beitragszahler mit einem<br />

Beitragsaufschlag belastet werden. Dieser sei<br />

hier einheitlich als D Euro angenommen. Die<br />

Beiträge der höher belasteten Beitragszahler<br />

summieren sich demzufolge zu:<br />

(1 - q/100) x N x (A/N + D) Euro.<br />

Da diese beiden Gesamtbeitragssummen nach<br />

wie vor zusammen das erforderliche Gesamtbeitragsaufkommen<br />

(A Euro) ergeben müssen,<br />

läßt sich hieraus ein Faktor r best<strong>im</strong>men, der bei<br />

Multiplikation mit dem derzeitigen Rentensatz<br />

den neuen Rentensatz der 100-q Prozent höher<br />

belasteten Beitragszahler ergibt:<br />

r = 1 + D 100 - 0,65 x q<br />

=<br />

A / N 100 - q<br />

Geht man z.B. von einem Anreizsystem aus,<br />

von dem zunächst 20 Prozent kinderreicher<br />

Beitragszahler profitieren sollen, so ergibt sich<br />

r zu 1,0875. Multipliziert man diesen Faktor mit<br />

dem derzeitigen Betragssatz von 19,9 Prozent,<br />

so erhält man 21,64 Prozent als neuen Beitrags-<br />

satz für die Höherbelasteten, also 1,74<br />

Prozentpunkte mehr als jetzt. Erhöht man<br />

q auf 30 Prozent, so ergibt sich der neue<br />

Beitragssatz für die Höherbelasteten zu<br />

22,88 Prozent, also 2,98 Prozentpunkte<br />

mehr als jetzt.<br />

Wenn man bedenkt, daß unter der Hand<br />

über Beitragssätze für das Jahr 2030 von<br />

bis zu 30 Prozent gesprochen wird, und<br />

daß die Bundesbank nach einer aktuellen<br />

Meldung nur ein Jahr nach der Erhöhung<br />

des Rentenalters von 65 auf 67 Jahre eine<br />

erneute Erhöhung auf 68 ½ Jahre fordert,<br />

weil sonst die Rentenversicherung „nicht<br />

mehr finanzierbar“ sei, so erscheint der<br />

hier angesprochene Ausgleichsmechanismus<br />

auch für die dadurch Belasteten<br />

nicht dramatisch. Er könnte aber einen<br />

Beitrag dazu leisten, die katastrophale<br />

Bevölkerungs<strong>im</strong>plosion in Deutschland zu<br />

stoppen und wenigstens in ein bis zwei<br />

Generationen zu einem ausgewogenen<br />

Verhältnis zwischen den Generationen<br />

zurückkehren.<br />

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