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3 Internationales Privatrecht - Ordinariat für Privat- und ...

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1. Einführung<br />

LAW<br />

F A C T S<br />

3<br />

INSTITUT FÜR RECHT DER WIRTSCHAFT<br />

ORDINARIAT FÜR PRIVAT- UND WIRTSCHAFTSRECHT<br />

O. UNIV.-PROF. DDR. ARTHUR WEILINGER<br />

<strong>Internationales</strong> <strong><strong>Privat</strong>recht</strong><br />

Version 1.4<br />

Jeder Staat hat seine eigene <strong><strong>Privat</strong>recht</strong>sordnung. Weist demnach ein Fall Bezüge zu<br />

mehreren Staaten auf, so ist zunächst festzustellen, welches nationale Recht in concreto<br />

zur Anwendung gelangt. Das Internationale <strong><strong>Privat</strong>recht</strong> (IPR) dient somit als reines<br />

„Kollisionsrecht“ dazu, das auf den jeweils zu lösenden Fall anzuwendende „Sachrecht“<br />

(materielles <strong><strong>Privat</strong>recht</strong> eines Staates) zu ermitteln. Dieser Frage kommt große<br />

Bedeutung zu, da die <strong><strong>Privat</strong>recht</strong>sordnungen der Staaten untereinander erhebliche Unterschiede<br />

aufweisen.<br />

Beispiel:<br />

Ein in Eisenstadt ansässiger Hauseigentümer (kein Verbraucher) bestellt bei einem Fachhändler mit Sitz<br />

in Sopron Wärmedämmplatten <strong>für</strong> die Reparatur seines Hauses. Der Hauseigentümer macht Gewährleistung<br />

<strong>und</strong> Schadenersatz geltend. Da der Werkunternehmer jedoch seinen Sitz in Ungarn hat, stellt sich<br />

zunächst die Frage, welche Rechtsordnung auf den Fall anwendbar ist. Gem Art 4 Abs 1 lit a Rom I-VO<br />

gilt ungarisches <strong><strong>Privat</strong>recht</strong>.<br />

Ein Auslandsbezug liegt zB vor, wenn ein Beteiligter eine fremde Staatsangehörigkeit<br />

aufweist oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland hat, die streitgegenständliche<br />

Sache im Ausland ist, das zu beurteilende Rechtsgeschäft im Ausland vorgenommen<br />

wurde oder der Rechtsakt einer ausländischen Behörde beurteilt werden soll.<br />

Das IPR beruht einerseits auf im innerstaatlichen (autonomen) Bereich geschaffenen<br />

Normen, wie etwa dem B<strong>und</strong>esgesetz über das internationale <strong><strong>Privat</strong>recht</strong> (IPRG), oder<br />

auf in Umsetzung einer EG-Richtlinie erlassenen Normen, zB dem B<strong>und</strong>esgesetz über<br />

internationales Versicherungsvertragsrecht <strong>für</strong> den Europäischen Wirtschaftsraum<br />

(IVVG). Weitere Kollisionsnormen finden sich auch in einigen privatrechtlichen Nebengesetzen,<br />

so etwa in § 13a KSchG, § 7 AHG oder Art 91 bis 98 WechselG.<br />

Andererseits basiert das IPR auf zahlreichen völkerrechtlichen Verträgen. Von großer<br />

praktischer Bedeutung ist insbesondere die Verordnung über das auf vertragliche<br />

Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (sog Rom I-VO), die am 17. Dezember 2009<br />

1


in Kraft tritt <strong>und</strong> das bisher geltende Europäische Vertragsstatutübereinkommen (EVÜ)<br />

ersetzt. Die Rom I-VO ist eine Verordnung der Europäischen Union (VO 593/2008/EG)<br />

<strong>und</strong> als solche in ihren Mitgliedstaaten unmittelbar anwendbar. Gleiches gilt <strong>für</strong> die bereits<br />

seit 11.Jänner 2009 geltende Verordnung über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse<br />

anzuwendende Recht (sog Rom II-VO; VO 864/2007/EG). Beide Rechtsakte<br />

sind auf die Vereinheitlichung des internationalen Vertragsrechts innerhalb der EU<br />

gerichtet.<br />

Der wesentlichste Regelungsgr<strong>und</strong>satz des IPRG ergibt sich aus der Generalklausel des<br />

§ 1 Abs 1 IPRG, wonach Sachverhalte mit Auslandsberührung nach jener Rechtsordnung<br />

zu beurteilen sind, zu der die stärkste Beziehung besteht. In welchen konkreten<br />

Sachverhaltsmerkmalen („Anknüpfungsmomenten“) sich diese „stärkste Beziehung“<br />

sodann ausdrückt, wird abhängig vom jeweiligen Rechtsgebiet durch diverse Anknüpfungsregeln<br />

normiert.<br />

Ähnlich dem Prinzip der „stärksten Beziehung“ sieht die Rom I-VO in Art 4 Abs 3 den<br />

Verweisungsgr<strong>und</strong>satz der „engsten Verbindung“ vor. Anders als im IPRG normieren<br />

die Art 4 Abs 1 <strong>und</strong> 2 Rom I-VO aber eine Reihe von zwingenden Anknüpfungspunkten;<br />

Art 4 Abs 3 Rom I-VO ist hier nur eine „Ausweichklausel“.<br />

2. Anknüpfungsregeln<br />

• Rechts- <strong>und</strong> Geschäftsfähigkeit natürlicher Personen<br />

Für alle Fragen, welche die Rechtsstellung sowie die Rechts- <strong>und</strong> Geschäftsfähigkeit<br />

natürlicher Personen betreffen, knüpft § 12 IPRG am Personalstatut an. Gem § 9<br />

IPRG ist das Personalstatut das Recht jenes Staates, dem die betreffende Person angehört,<br />

dh idR dessen Staatsbürgerschaft sie besitzt.<br />

Beispiel:<br />

Ein erst 13-jähriger österreichischer Staatsbürger schließt in Italien einen Kaufvertrag über einen<br />

Sportwagen der Marke „Maserati“ ab, ohne dass sein gesetzlicher Vertreter dem zustimmt. Ist dieser<br />

Vertrag gültig?<br />

Lösung:<br />

Die Frage der Geschäftsfähigkeit des 13-Jährigen ist gem § 12 IPRG nach seinem Personalstatut zu<br />

beurteilen. Nachdem der Betreffende ein österreichischer Staatsangehöriger ist, ergibt sich die Antwort<br />

aus dem österreichischen Sachrecht, in concreto aus § 151 ABGB. Nachdem der Kauf eines<br />

Sport-wagens keine geringfügige Angelegenheit des täglichen Lebens darstellt <strong>und</strong> der gesetzliche<br />

Vertreter des 13-Jährigen diesem Vertrag nicht zustimmt, ist das Rechtsgeschäft nicht rechtswirksam.<br />

• Rechts- <strong>und</strong> Geschäftsfähigkeit juristischer Personen, insb Gesellschaften<br />

Die Rechts- <strong>und</strong> Geschäftsfähigkeit juristischer Personen ist nach dem Recht des<br />

Sitzstaates (tatsächlicher Sitz der Hauptverwaltung, § 10 IPRG) zu beurteilen.<br />

Das „Sitzrecht“ regelt nicht nur den Erwerb <strong>und</strong> Verlust, sondern auch Umfang <strong>und</strong><br />

Wirkung der Rechtsfähigkeit, sowie Fragen der inneren <strong>und</strong> äußeren Organisation<br />

(Gesellschaftsstatut).<br />

2


Ob etwa ein „trust“ mit Sitz in London eine Liegenschaft in Wien erwerben kann,<br />

hängt davon ab, ob er rechtsfähig ist. Die Rechtsfähigkeit wäre gemäß § 12 IPRG<br />

nach englischem Recht zu beurteilen.<br />

Beispiel:<br />

Eine in Delaware gegründete Corporation mit Sitz in Michigan ist an einer österreichischen GmbH<br />

beteiligt. Bei einer Generalversammlung der GmbH beruft sich ein Vice-President der Corp. auf seine<br />

organschaftliche Vertretungsmacht <strong>für</strong> die Corporation.<br />

Lösung<br />

Dem Sitzrecht einer Gesellschaft unterliegen alle Bereiche ihrer Innen- <strong>und</strong> Außenorganisation. Umfasst<br />

ist somit auch die Beurteilung der organschaftlichen Vertretungsmacht. Es kommt daher zu einer<br />

Gesamtverweisung in das IPR des B<strong>und</strong>esstaates Michigan. Das Kollisionsrecht Michigans verweist<br />

der Gründungstheorie folgend in das IPR des B<strong>und</strong>esstaates Delaware. Dieses verweist sodann in das<br />

Gesellschaftsrecht Delawares. [vgl OGH NZ 1989, 249 (250)]<br />

Das österreichische IPR folgt der Sitztheorie. Nach dem auf diese Weise ermittelten<br />

Personalstatut wird auch ermittelt, ob es sich um eine inländische oder ausländische<br />

juristische Person handelt. Dagegen ist nach der im angelsächsischen Rechtskreis<br />

herrschenden Gründungstheorie jene Rechtsordnung maßgebend, welche der juristischen<br />

Person die Rechtskraft verliehen hat.<br />

Europaweite Verwirrung rief vor diesem kollisionsrechtlichen Hintergr<strong>und</strong> bereits<br />

das „Centros-Urteil“ (EuGH 09.03.1999, Rs C-212/97, Slg 1999, I-1459 = wbl<br />

1999, 262) hervor. Aus diesem ist nämlich der Schluss zu ziehen, dass die Relevanz<br />

der Sitztheorie in jenen Mitgliedstaaten der EU, in welchen sie vom IPR vorgesehen<br />

ist, zu Gunsten der Durchsetzung der Niederlassungsfreiheit (Art 49, 55 AEUV)<br />

stark relativiert wurde. Es folgten im November 2002 das „Überseering-Urteil“<br />

(EuGH 05.11.2002, Rs C-208/00; zu diesem Urteil auch Handig, ecolex 2003, 87),<br />

wonach die Rechtsfähigkeit von Gesellschaften aus EU-Mitgliedstaaten nicht über<br />

Umwege herbeizukonstruieren, sondern nach ihrem Gründungsstatut anzuerkennen<br />

sei. Mit dem „Inspire Art-Urteil“ (EuGH 30.09.2003, Rs C-167/01; zu diesem Urteil<br />

auch Ratka, Ges 2003, 432) scheint das Recht auf nahezu freien Zuzug von Gesellschaften<br />

innerhalb der EU wohl endgültig gesichert. Der EuGH entschied darin,<br />

dass ein Mitgliedstaat zuziehenden Gesellschaften aus anderen Mitgliedstaaten –<br />

auch wenn er diese prinzipiell anerkennt – sein eigenes Gesellschaftsrecht nicht einmal<br />

partiell durch gesetzlich festgelegte „Sonderanknüpfungsnormen <strong>und</strong> -<br />

bestimmungen“ (die im konkreten Fall Firma, Publizität, Mindestkapital <strong>und</strong> Haftung<br />

betroffen hatten) aufzwingen könne. Damit erscheint die Judikaturlinie des<br />

EuGH in Richtung völliger Liberalisierung der Sitzverlegung von Gesellschaften innerhalb<br />

der EU unumkehrbar geworden zu sein.<br />

Andererseits hat sich der EuGH jüngst im Cartesio-Urteil (EuGH 16.12.2008, Rs C-<br />

210/06; s hierzu Ratka/Rauter, wbl 2009, 62) dahingehend geäußert, dass sich eine<br />

Gesellschaft gegenüber jenem Staat, aus dem sie wegzieht, nicht auf ihre Niederlassungsfreiheit<br />

berufen kann. Es gilt daher in Zukunft zwischen Zuzugs- <strong>und</strong> Wegzugsfällen<br />

zu unterscheiden. Nur in Ersteren ist die Sitztheorie insoweit unionsrechtswidrig,<br />

als sie im Widerspruch zur Niederlassungsfreiheit der Art 49, 55<br />

AEUV steht, <strong>und</strong> darf in jenen Fällen, die einen Bezug zum EU-Recht aufweisen,<br />

nicht weiter angewendet werden. Das EU-Recht folgt hier der Gründungstheorie.<br />

3


• Vertragliche Schuldverhältnisse<br />

Von dem das Schuldrecht betreffenden „Abschnitt 7“ des IPRG, der ursprünglich die<br />

§§ 35 bis 49 umfasste, blieb nach dem In-Kraft-Treten der Rom I-VO sowie der Rom<br />

II-VO nur mehr der modifizierte § 35 IPRG. Die Regelungen <strong>für</strong> vertragliche<br />

Schuldverhältnisse beinhaltet nunmehr die Rom I-VO; die Bestimmungen über die<br />

Anknüpfung gesetzlicher Schuldverhältnisse, nämlich der (ungerechtfertigten) Bereicherung,<br />

der Geschäftsführung ohne Auftrag <strong>und</strong> des außervertraglichen Schadenersatzes<br />

finden sich demgegenüber in der Rom II-VO. Die das internationale Schuldrecht<br />

betreffenden §§ 36 bis 45 IPRG sind damit formell aufgehoben <strong>und</strong> durch die<br />

Bestimmungen der beiden Verordnungen ersetzt worden.<br />

Der sachliche Anwendungsbereich der Rom I-VO erstreckt sich gem Art 1 Abs 1<br />

auf die kollisionsrechtliche Anknüpfung vertraglicher Schuldverhältnisse (Kauf,<br />

Miete, Arbeitsvertrag ua), soweit der Sachverhalt eine Verbindung zum Recht verschiedener<br />

Staaten aufweist. Gem Art 2 kommen die Regeln der Rom I-VO als „loi<br />

uniform“ auch dann zur Anwendung, wenn die Verweisung in das Recht eines Staates<br />

führt, der kein Mitgliedstaat der EU ist. Ausdrücklich vom sachlichen Anwendungsbereich<br />

der Rom I-VO ausgenommen sind va die Anknüpfung hinsichtlich des<br />

Personenstandes sowie der Rechts-, Geschäfts- <strong>und</strong> Handlungsfähigkeit von natürlichen<br />

Personen (s Art 1 Abs 2 lit a Rom I-VO). Weitere Ausnahmen finden sich in<br />

Art 1 Abs 2 lit b bis j Rom I-VO (ua vertragliche Schuldverhältnisse aus dem Familien-<br />

<strong>und</strong> Erbrecht, Verpflichtungen aus Wechseln <strong>und</strong> Schecks, Fragen aus dem Gesellschaftsrecht<br />

<strong>und</strong> der organschaftlichen Stellvertretung).<br />

Auf die Rechtsverhältnisse des Art 1 Abs 1 Rom I-VO ist sodann gem Art 3 Rom I-<br />

VO gr<strong>und</strong>sätzlich das von den Parteien ausdrücklich oder schlüssig gewählte Recht<br />

anzuwenden (Gr<strong>und</strong>satz der Parteiautonomie). Eine Einschränkung der Rechtswahlfreiheit<br />

besteht lediglich bei Verbraucher- <strong>und</strong> Arbeitsverträgen.<br />

Soweit jedoch keine gültige Rechtswahl durch die Vertragsparteien erfolgt ist, unterliegt<br />

der Vertrag den Anknüpfungen des Art 4 Abs 1 Rom I-VO. Kaufverträge<br />

über bewegliche Sachen unterliegen etwa gem Art 4 Abs 1 lit a dem Recht jenes<br />

Staates, in dem der Verkäufer seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; Dienstleistungsverträge<br />

gem Art 4 Abs 1 lit b dem Recht jenes Staates, in dem der Dienstleistende<br />

seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.<br />

Findet sich in Art 4 Abs 1 Rom I-VO keine <strong>für</strong> den konkreten Vertrag passende Regel,<br />

so kommt Art 4 Abs 2 Rom I-VO zur Anwendung, nach dem das Recht jenes<br />

Staates anzuwenden ist, in dem die Partei, welche die <strong>für</strong> den Vertrag charakteristische<br />

Leistung – idR jene Leistung, die nicht in einer Geldschuld besteht – zu<br />

erbringen hat, ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat.<br />

Für Verträge über ein dingliches Recht an einem Gr<strong>und</strong>stück (Eigentum, Pfandrecht<br />

ua) oder ein Recht zur Nutzung eines Gr<strong>und</strong>stücks (Miete, Pacht ua), <strong>für</strong> welche<br />

die Parteien keine Rechtswahl getroffen haben, bestimmt Art 4 Abs 1 lit c Rom<br />

I-VO, dass das Recht des „Belegenheitsortes“ der Liegenschaft anzuwenden ist (lex<br />

rei sitae).<br />

Für besondere Vertragstypen gelten jedoch Sonderanknüpfungstatbestände. Für<br />

Verbraucherverträge – dh Verträge, die eine natürlichen Person zu einem nicht ihrer<br />

beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit zurechenbaren Zweck mit einem Unter-<br />

4


nehmer abschließt – ist gem Art 6 Abs 1 Rom I-VO das Recht jenes Staates einschlägig,<br />

in welchem der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, sofern<br />

der Unternehmer entweder seine unternehmerische Tätigkeit in dem Staat ausübt, in<br />

dem der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat (lit a) oder seine unternehmerische<br />

Tätigkeit auf irgendeine Weise auf diesen Staat ausrichtet (lit b; zB<br />

durch Werbung in diesem Staat).<br />

Eine Rechtswahl ist zwar möglich, gem Art 6 Abs 2 Rom-I VO bleiben jedoch die<br />

zugunsten des Verbrauchers zwingende Bestimmungen des nach Art 6 Abs 1 Rom-I<br />

VO anzuwendenden Rechts unberührt.<br />

Beispiel:<br />

Ein Unternehmer aus Budweis bewirbt mit Postwurfsendungen in Österreich seinen kostengünstigen<br />

Großhandelsmarkt. Damit österreichische K<strong>und</strong>en in die Tschechische Republik reisen, um bei ihm<br />

einzukaufen, bietet der Unternehmer ihnen einen kostenlosen Bustransfer nach Budweis an. Ein österreichischer<br />

Staatsbürger, der von diesem Angebot Gebrauch macht, erwirbt vom tschechischen Unternehmer<br />

einen Elektrorasenmäher, wobei die Gewährleistung bei Vertragsschluss ausgeschlossen<br />

wird. Zu Hause angekommen bemerkt der K<strong>und</strong>e jedoch, dass die Stromversorgung des Rasenmähers<br />

defekt ist. Er möchte nun seine Ansprüche nach den §§ 922 ff ABGB geltend machen. Ist dies gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

möglich?<br />

Lösung:<br />

Hier liegt ein Fall mit Auslandsbezug über ein vertragliches Schuldverhältnis vor, weswegen die<br />

Rom I-VO gem Art 1 Abs 1 anwendbar ist. Da die Vertragsparteien im konkreten Fall keine Rechtswahl<br />

getroffen haben, ist nach den Anknüpfungsregelungen der Art 4 ff Rom I-VO vorzugehen.<br />

Nachdem der Sachverhalt nahe legt, dass der österreichische K<strong>und</strong>e den Elektrorasenmäher zu privaten<br />

Zwecken verwenden wird, ist hier von einem Verbrauchervertrag nach Art 6 Abs 1 Rom I-VO<br />

auszugehen. Damit ist gem Art 6 Abs 1 Rom I-VO das Recht jenes Staates anzuwenden, in welchem<br />

der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, im konkreten Fall also österreichisches Sachrecht.<br />

Voraussetzung ist allerdings, dass eine der beiden Voraussetzungen des Abs 1 lit a oder lit b<br />

vorliegt. Dies ist hier der Fall, da der Unternehmer mit Sitz in Budweis in Österreich <strong>für</strong> seine Produkte<br />

wirbt (er bietet ja sogar einen kostenlosen Shuttlebus an), er erstreckt also seine gewerbliche<br />

Tätigkeit auf den Verbraucherstaat. Es ist daher österreichisches Recht anzuwenden.<br />

Das österreichsche Sachrecht sieht nun in § 9 Abs 1 KSchG vor, dass Gewährleistungsrechte des<br />

Verbrauchers nicht vor Kenntnis eines Mangels ausgeschlossen werden dürfen. Der österreichische<br />

K<strong>und</strong>e wird sich daher gegen den tschechischen Unternehmer gr<strong>und</strong>sätzlich erfolgreich auf die<br />

§§ 922 ff ABGB berufen können.<br />

Der Gr<strong>und</strong>satz der Parteiautonomie wird auch <strong>für</strong> Arbeitsverträge eingeschränkt.<br />

Art 8 Rom I-VO soll verhindern, dass ein Arbeitnehmer durch freie Rechtswahl dem<br />

arbeitsrechtlichen Schutz jenes Staates entzogen wird, in dem er <strong>für</strong> gewöhnlich seine<br />

Arbeit verrichtet oder in dem sich die Niederlassung seines Arbeitgebers befindet<br />

(Art 8 Abs 2 Rom I-VO).<br />

Für die Abtretung <strong>und</strong> den Übergang von Forderungen (Zession) sehen die<br />

Art 14 f Rom I-VO besondere Kollisionsnormen vor. Ua wird bestimmt, dass das<br />

Recht, welches <strong>für</strong> das der Abtretung zugr<strong>und</strong>e liegende Kausalgeschäft maßgebend<br />

ist, auch die Verpflichtungen zwischen Zedent <strong>und</strong> Zessionar beherrscht. So richtet<br />

sich etwa die Zession einer Kaufpreisschuld nach jenem Sachrecht, dem der Kaufvertrag<br />

unterliegt.<br />

Fragen der Wirksamkeit, der Form sowie der Reichweite eines Vertrages sind gem<br />

Art 10 ff Rom I-VO wiederum gr<strong>und</strong>sätzlich nach jenem Sachrecht zu klären, welches<br />

<strong>für</strong> den Vertrag selbst maßgebend ist.<br />

5


• Schuldverhältnisse aus unerlaubter Handlung<br />

Der europäische Gesetzgeber regelte in Art 4 Rom II-VO die schadenersatzrechtliche<br />

Verantwortlichkeit, die nicht auf einer Pflichtverletzung aus einem schuldrechtlichen<br />

Sonderverhältnis, etwa einem Vertragsverhältnis, beruht. Vorbehaltlich<br />

wirksamer Rechtswahl <strong>und</strong> einiger Sonderanknüpfungen ist iZw das Recht jenes<br />

Staates maßgeblich, in dem der Schaden eingetreten ist (lex loci damni) - dieser<br />

muss nicht mit dem Handlungs- oder Unterlassungsort übereinstimmen.<br />

Beispiel:<br />

Während der Fußball-EM treffen die Mannschaften von Spanien <strong>und</strong> Italien in Wien aufeinander. Im<br />

Zuge eines Handgemenges vor dem Stadion versetzt ein italienischer Fan seinem spanischen Gegenüber<br />

einen Faustschlag ins Gesicht, wodurch dieser einen Bruch des Nasenbeins erleidet. Der Verletzte<br />

begehrt vom Täter den Ersatz aller hieraus entstandenen Schäden. Nach welchem nationalen Recht<br />

ist vorzugehen?<br />

Lösung:<br />

Obzwar weder das Personalstatut des Täters, noch jenes des Opfers ins österreichische Sachrecht verweist,<br />

ist dieses nach Art 4 Abs 1 Rom II-VO dennoch anwendbar, da sich der Ort, an dem der Schaden<br />

eingetreten ist, dh im konkreten Fall der Ort, an dem das Nasenbein gebrochen wurde, in Österreich<br />

befindet. Der Spanier wird seine Ansprüche daher gem § 1325 ABGB geltend machen müssen.<br />

• Sachenrecht<br />

Gem § 31 Abs 1 IPRG sind Erwerb <strong>und</strong> Verlust dinglicher Rechte an körperlichen<br />

Sachen (Eigentum, Pfandrecht, Servituten ua) gr<strong>und</strong>sätzlich nach dem Recht jenes<br />

Staates zu beurteilen, in dem sich die Sachen bei Vollendung des dem Erwerb oder<br />

Verlust zugr<strong>und</strong>e liegenden Sachverhalts befinden (lex rei sitae).<br />

Beispiel (ähnlich OGH 5 Ob 642/89):<br />

Der Inhaber eines Teppichhauses in der BRD vereinbart mit einem österreichischen Teppichhändler<br />

einen Kaufvertrag über 54 in Deutschland lagernde Teppiche, wobei das Eigentumsrecht bis zur vollständigen<br />

Bezahlung des Kaufpreises durch den österreichischen Händler beim deutschen Inhaber des<br />

Teppichhauses verbleiben soll. Nachdem sich die Teppiche bei Vertragsschluss <strong>und</strong> Vereinbarung des<br />

Eigentumsvorbehalts in der BRD befinden, ist das vorbehaltene Eigentum des Inhabers nach dem<br />

deutschen BGB zu beurteilen.<br />

Schwierigkeiten bereitet der Gr<strong>und</strong>satz der lex rei sitae jedoch bei Sachen auf dem<br />

Transport. Wegen der Zufälligkeit ihres jeweiligen Aufenthalts <strong>und</strong> der Flüchtigkeit<br />

des Bezugs zum Transitland, richten sich die dinglichen Rechte an solchen „res in<br />

transitu“ vielmehr nach dem Sachrecht des Bestimmungsorts.<br />

Betreffend Immaterialgüterrechte (geistiges <strong>und</strong> gewerbliches Eigentum) verfügt<br />

§ 34 Abs 1 IPRG, dass deren Entstehen, ihr Inhalt <strong>und</strong> Erlöschen nach dem Recht jenes<br />

Staates zu beurteilen sind, in dem eine Benützungshandlung gesetzt wird. Die<br />

Rechtsfolgen einer Verletzung von Immaterialgüterrechten richten sich nach<br />

Art 8 Abs 1 Rom II-VO nach dem Recht jenes Staates, in dem die Verletzungshandlung<br />

gesetzt wird („Schutzlandanknüpfung“).<br />

6


Beispiel (ähnlich OGH 4 Ob 106/91):<br />

Werden in Österreich von einer deutschen Firma Tonträger eines US-amerikanischen Produzenten<br />

vertrieben, obwohl dieser Firma kein Recht zum Vertrieb in Österreich zusteht, so ist die Verletzung<br />

der Rechte des Produzenten nach österreichischem Sachrecht, genauer nach dem Urheberrechtsgesetz<br />

zu beurteilen.<br />

• Familienrecht<br />

Im Familienrecht knüpft das IPRG fast ausnahmslos an das Personalstatut der beteiligten<br />

Personen, dh idR an deren Staatsangehörigkeit, an.<br />

Im Eherecht werden zB die Formvorschriften bei Auslandeheschließungen entweder<br />

nach dem Personalstatut der Verlobten oder nach dem Ort der Eheschließung beurteilt<br />

(§ 16 Abs 2 IPRG).<br />

Beispiel:<br />

Ein Österreicher <strong>und</strong> eine deutsche Staatsbürgerin heiraten in Las Vegas. Das <strong><strong>Privat</strong>recht</strong> des US-<br />

B<strong>und</strong>esstaates Nevada sieht, anders als das ABGB <strong>und</strong> das deutsche BGB es zwingend erfordern, keine<br />

Zeremonie vor einem staatlichen Standesbeamten, sondern vor einem privaten Friedensrichter vor.<br />

Ist die Ehe dennoch rechtsgültig zustande gekommen?<br />

Lösung:<br />

Ob diese Ehe in einer gültigen Form geschlossen wurde, bestimmt sich, da die Eheschließung im Ausland<br />

erfolgt ist, nach § 16 Abs 2 IPRG. Dieser verweist auf das Personalstatut der Eheleute oder auf<br />

die Formvorschriften des Sachrechts am Ort der Eheschließung. Gemessen am Personalstatut der Eheleute<br />

wäre ihre Eheschließung ungültig, da sie dem österreichischem <strong>und</strong> dem deutschem Recht widerspricht.<br />

Jedenfalls eingehalten wurden jedoch die Formvorschriften am Ort der Trauung, dh des<br />

US-B<strong>und</strong>esstaates Nevada. Da nach § 16 Abs 2 IPRG die Anknüpfung an die „Ortsform“ gleichwertig<br />

mit jener an das Personalstatut ist, ist diese Ehe rechtswirksam zustande gekommen.<br />

Davon zu unterscheiden sind die materiellen Voraussetzungen der Eheschließung<br />

(Ehefähigkeit, Ehehindernisse), die sich gem § 17 IPRG <strong>für</strong> jeden Verlobten alleine<br />

nach seinem Personalstatut bestimmen.<br />

Beispiel:<br />

Nehmen Sie an, dass in obigem Fall der österreichische Staatsbürger zur Zeit seiner Eheschließung<br />

erst 15 Jahre alt war. Zur Frage der Ehefähigkeit verweist § 17 IPRG dem Personalstatut entsprechend<br />

in das österreichische Sachrecht. Die Ehefähigkeit ergibt sich demnach aus § 1 EheG, welcher hier<strong>für</strong><br />

gr<strong>und</strong>sätzlich die Vollendung des 18. Lebensjahres fordert. Nachdem der Betreffende dieses Alter<br />

noch nicht erreicht hat, ist die Ehe in diesem Fall nicht gültig zustande gekommen.<br />

Ganz ähnlich verweisen die §§ 21 ff IPRG im Bereich des Kindschafts- <strong>und</strong> Obsorgerechts<br />

(eheliche oder uneheliche Abstammung, Adoption, Vorm<strong>und</strong>schaft etc)<br />

auf das Personalstatut der Eltern bzw des Kindes.<br />

• Erbrecht<br />

§ 28 Abs 1 IPRG unterstellt die gesamte „Rechtsfolge von Todes wegen“ (Umfang<br />

des Nachlasses, Bestimmung der Erben <strong>und</strong> der Pflichtteilsberechtigten ua) dem Personalstatut<br />

des Erblassers im Zeitpunkt seines Todes.<br />

7


Beispiel (nach OGH 6 Ob 638/91):<br />

Die Erblasserin, eine israelische Staatsangehörige mit Wohnsitz in Österreich, hinterlässt ihr gesamtes<br />

Vermögen testamentarisch ihrer Nichte. Die Enkelin der Erblasserin, ihre einzige Nachkommin in gerader<br />

Linie, macht nunmehr ihren Anspruch auf den Pflichtteil nach §§ 762 f ABGB geltend. Wird sie<br />

damit Erfolg haben?<br />

Lösung:<br />

Ob in diesem Fall der Enkelin ein Anspruch auf den Pflichtteil zukommt, bestimmt sich gem § 28 Abs<br />

1 IPRG nach dem Personalstatut der Erblasserin. Da diese im Zeitpunkt ihres Todes Staatsbürgerin Israels<br />

war, wäre auf deren Rechtsnachfolge gem § 9 Abs 1 IPRG gr<strong>und</strong>sätzlich israelisches Recht anzuwenden.<br />

Dieses verweist jedoch seinerseits in das österreichische Recht zurück. Gem § 5 Abs 2<br />

IPRG ist damit endgültig österreichisches Sachrecht, in diesem Fall das ABGB, anzuwenden. Die Enkelin<br />

wird daher mit ihrem Pflichtteilsanspruch Erfolg haben.<br />

Hinsichtlich Fragen der Gültigkeit letztwilliger Verfügungen ist zu differenzieren.<br />

Die Testierfähigkeit des Erblassers oder sonstige Wirksamkeitsvoraussetzungen einer<br />

letztwilligen Verfügung bestimmen sich gem § 30 IPRG gr<strong>und</strong>sätzlich nach dem<br />

Personalstatut des Erblassers im Zeitpunkt der Errichtung der letztwilligen Verfügung,<br />

dh etwa beim Verfassen eines Testaments, subsidiär das Personalstatut des<br />

Erblassers im Zeitpunkt seines Todes.<br />

Die Einhaltung der Formerfordernisse, zB der eigenhändigen Schriftform, ist demgegenüber<br />

abweichend von § 8 IPRG nach dem Haager Testamentsübereinkommen<br />

zu beurteilen. Dieses bietet eine Fülle von Anknüpfungsmöglichkeiten<br />

<strong>für</strong> die Formgültigkeit letztwilliger Verfügungen, unter anderem den Ort, an<br />

dem sie errichtet wurde oder den Staat, dessen Staatsangehörigkeit der Erblasser im<br />

Zeitpunkt der Errichtung der Verfügung oder seines Todes besessen hat.<br />

3. Der internationale Warenkauf nach dem UN-Kaufrechtsübereinkommen (UN-K)<br />

Das Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 11. April 1980 beinhaltet die als österreichisches<br />

Sachrecht geltenden Normen, welche die Fragen aus grenzüberschreitenden<br />

Warenkaufverträgen regeln. Innerhalb seines Anwendungsbereichs verdrängt<br />

das UN-K idR die Bestimmungen des ABGB, UGB <strong>und</strong> EVÜ. Dieser Anwendungsbereich<br />

erstreckt sich auf Kaufverträge über Waren, dh über körperliche, bewegliche<br />

Sachen zwischen Vertragsparteien, wenn diese ihre Niederlassung in zwei verschiedenen<br />

Vertragstaaten des UN-K haben oder wenn die Regeln des IPR zur Anwendung<br />

des Rechts eines Vertragstaates führen (Art 1 Abs 1 UN-K). Deren Personalstatut<br />

ist hierbei nicht relevant, sodass zB beide Partner dieselbe Staatsangehörigkeit haben<br />

können (Art 1 Abs 3 UN-K). Ausgenommen vom Anwendungsbereich des UN-K sind<br />

laut dessen Art 2 insb Warenkäufe zum persönlichen Gebrauch. Ebenso wenig regelt<br />

das UN-K Fragen der Gültigkeit eines Kaufvertrages, des Eigentums an einer verkauften<br />

Ware, der Geschäftsfähigkeit, Vertretung, Verjährung, Zession, Schuldübernahme<br />

<strong>und</strong> –beitritt, der Sittenwidrigkeit <strong>und</strong> der Zulässigkeit von Vertragsstrafen. Art 6 UN-K<br />

erlaubt den Vertragsparteien darüber hinaus die Geltung des Übereinkommens auf ihren<br />

konkreten Vertrag ganz auszuschließen. Die konkrete Parteienvereinbarung geht den<br />

Normen des UN-K stets vor.<br />

Beispiel:<br />

Ein Unternehmen mit Sitz in Österreich vereinbart mit einem in den USA niedergelassenen Unternehmen<br />

den Verkauf von Motorblöcken. Dabei reklamiert das österreichische Unternehmen eine Klausel in den<br />

8


Kaufvertrag, wonach auf diesen Vertrag „ausschließlich österreichisches Recht zur Anwendung kommt“.<br />

Schließt diese Formulierung die Anwendung des UN-K aus?<br />

Lösung:<br />

Hier liegt ein Kaufvertrag über Waren, dh über körperliche, bewegliche Sachen, in concreto Motorblöcke,<br />

vor. Der sachliche Anwendungsbereich des UN-K ist damit eröffnet. Vertragspartner sind zwei Unter-nehmen,<br />

die ihre Niederlassung in zwei verschiedenen Vertragstaaten des UN-K, nämlich Österreich<br />

<strong>und</strong> den USA, haben. Auch der räumliche Anwendungsbereich des UN-K ist somit eröffnet. Nachdem<br />

der Sachverhalt nicht nahe legt, dass die Motorblöcke zum persönlichen Gebrauch vorgesehen sind <strong>und</strong><br />

auch sonst keine Ausnahme nach Art 2 UN-K vorzuliegen scheint, wäre der konkrete Kaufvertrag gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

nach den Normen des UN-K zu beurteilen. Möglich ist jedoch, dass die Vertragspartner mit der<br />

Formulierung, wonach „ausschließlich österreichisches Recht zur Anwendung kommt“, die Geltung des<br />

UN-K gem Art 6 abbedungen haben. Dabei darf jedoch nicht übersehen werden, dass das UN-K ein Teil<br />

der österreichischen Rechtsordnung ist, wodurch eine derart pauschale Formulierung dessen Anwendbarkeit<br />

nicht ausschließt, solange die Vertragsparteien keine weiteren Indizien setzen, die einen Ausschluss<br />

nahe legen (vgl auch OGH 2 Ob 328/97t).<br />

In den Art 14 bis 24 UN-K wird sodann der Vertragsabschluss geregelt. Die wichtigste<br />

Abweichung von den Normen des ABGB beinhalten die Art 15 f UN-K, wonach mittels<br />

einer Rücknahmeerklärung gr<strong>und</strong>sätzlich die Möglichkeit besteht, ein Angebot so lange<br />

zu widerrufen, als der Adressat nicht angenommen hat, dh das Angebot wird eben nicht<br />

als stets bindend begriffen.<br />

Die Art 25 bis 88 UN-K regeln hiernach den wichtigsten Teil des UN-K, nämlich das<br />

materielle Kaufvertragsrecht. Zu den Verkäuferpflichten zählt Art 30 UN-K ua die<br />

Pflicht, die Ware zu liefern <strong>und</strong> das Eigentum zu übertragen. Zum Lieferort wird hierbei<br />

mangels abweichender Vereinbarung die Niederlassung des Verkäufers bestimmt (Art<br />

31 UN-K). Die Lieferung des Verkäufers hat in angemessener Frist zu erfolgen, sofern<br />

kein anderer Zeitpunkt vereinbart wird (Art 33 UN-K). Ob eine gelieferte Ware sodann<br />

auch dem vertragsmäßigen Zustand entspricht, ist gem Art 35 UN-K idR nach dem gewöhnlichen<br />

Zweck <strong>und</strong> Gebrauch derselben zu beurteilen. Diese Beurteilung hat laut<br />

Art 36 UN-K in jenem Zeitpunkt zu erfolgen, in dem die Gefahr vom Verkäufer auf den<br />

Käufer übergeht (s hierzu Art 66 ff UN-K).<br />

Den Käufer wiederum trifft eine Untersuchungs- <strong>und</strong> Rügepflicht (Art 38 f UN-K). Er<br />

hat dem Verkäufer bei vertragswidriger Lieferung binnen angemessener Frist die Art<br />

der Vertragswidrigkeit der Ware genau zu bezeichnen, widrigenfalls er sein Recht, sich<br />

auf diese Vertragswidrigkeit zu berufen, verliert. Darüber hinaus trifft den Käufer freilich<br />

die Verpflichtung zur Zahlung des Kaufpreises <strong>und</strong> zur Annahme der Ware (Art 53<br />

ff UN-K).<br />

Das UN-K offeriert schließlich sowohl dem Verkäufer als auch dem Käufer diverse<br />

Rechtsbehelfe, die ihnen bei einer dem jeweils anderen Vertragspartner zurechenbaren<br />

Vertragsverletzung zustehen. Der einheitliche Terminus „Vertragsverletzung“ umfasst<br />

dabei die aus dem ABGB bekannten Tatbestände des Verzugs, der Unmöglichkeit <strong>und</strong><br />

der Gewährleistung.<br />

So kann der Verkäufer seinem Gegenüber eine Nachfrist zur Erfüllung seiner Pflichten<br />

setzen (Art 63 UN-K) <strong>und</strong> bei Verstreichen derselben oder bei Vorliegen einer wesentlichen<br />

Vertragsverletzung (s hierzu Art 25 UN-K) die Aufhebung des Vertrages erklären<br />

(Art 64 UN-K). Neben diesen spezifischen Behelfen ist es dem Verkäufer gleichsam<br />

möglich <strong>für</strong> jede ihn schädigende Vertragsverletzung gem Art 74 ff UN-K Schadenersatz<br />

vom Käufer zu fordern.<br />

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Der Käufer wiederum kann bei einer vertragswidrigen Warenlieferung vom Verkäufer<br />

primär die Verbesserung der Ware verlangen (Art 46 Abs 3 UN-K). Liegt jedoch ein<br />

wesentlicher oder nicht behebbarer Mangel vor, so steht dem Käufer darüber hinaus das<br />

Recht auf Ersatzlieferung (Art 46 Abs 2 UN-K) oder der Rücktritt vom Vertrag zu (Art<br />

49 UN-K). In jedem Fall, also auch bei einem unwesentlichen Mangel, kann der Käufer<br />

das Recht auf Preisminderung gem Art 50 UN-K geltend machen, sofern eine mögliche<br />

<strong>und</strong> zumutbare Verbesserung der Ware nicht erfolgt ist. Konkurrierend zu den soeben<br />

genannten Rechtsbehelfen ist es dem Käufer möglich, vom Verkäufer Schadenersatz zu<br />

begehren (Art 74 ff UN-K). Das Verschulden des Vertragspartners ist hierbei keine<br />

Voraussetzung. Bereits eine konkrete Vertragsverletzung ist zur Geltendmachung von<br />

Schadenersatzansprüchen ausreichend.<br />

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