Layout Vorschlag - Arbeit und Leben
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<strong>Arbeit</strong>szeitverlängerung schafft <strong>Arbeit</strong>splätze ...<br />
... <strong>und</strong> die Erde ist eine Scheibe<br />
Märchen Nr.1: In Deutschland wird zu wenig<br />
gearbeitet<br />
Deutschland ist nicht das Land der 35-St<strong>und</strong>en-Woche. Die<br />
durchschnittlichen Tarifarbeitszeiten sind hierzulande nur eine<br />
St<strong>und</strong>e kürzer als in der Europäischen Union: 37,7 St<strong>und</strong>en.<br />
Tatsächlich aber arbeiten die Vollzeitbeschäftigten in Ost- <strong>und</strong><br />
Westdeutschland r<strong>und</strong> 40 St<strong>und</strong>en pro Woche.<br />
Märchen Nr. 2: Längere <strong>Arbeit</strong>szeit heißt weniger<br />
<strong>Arbeit</strong>slosigkeit<br />
Es gibt keinen nachweisbaren Zusammenhang zwi-schen<br />
Wochenarbeitszeit <strong>und</strong> <strong>Arbeit</strong>slosigkeit. Länder mit kürzeren<br />
<strong>Arbeit</strong>szeiten als Deutschland zählen weniger <strong>Arbeit</strong>slose,<br />
Länder mit längeren <strong>Arbeit</strong>szeiten haben eine höhere<br />
<strong>Arbeit</strong>slosigkeit. In der EU betrug im Jahre 2002 die Wochenarbeitszeit<br />
aller Voll- <strong>und</strong> Teilzeitbeschäftigten 36,1 St<strong>und</strong>en,<br />
die <strong>Arbeit</strong>slosenquote 8 Prozent. In den Niederlanden waren<br />
es 30,1 St<strong>und</strong>en <strong>und</strong> 3,2 Prozent, in Deutschland 35,2<br />
St<strong>und</strong>en <strong>und</strong> 8,2 Prozent, in Spanien 38,6 St<strong>und</strong>en <strong>und</strong> 13<br />
Prozent.<br />
Märchen Nr.3: Die deutsche Wirtschaft ist nicht<br />
wettbewerbsfähig<br />
Im europäischen <strong>und</strong> internationalen Vergleich ist die deutsche<br />
Wirtschaft äußerst wettbewerbsfähig. Das beweisen Exportüberschüsse<br />
<strong>und</strong> Lohnstückkosten. Unser Land ist Exportweltmeister<br />
– noch vor den USA <strong>und</strong> Japan. Selbst die FINANCIAL<br />
TIMES DEUTSCHLAND schreibt, das Problem der deutschen<br />
Wirtschaft sei nicht mangelnde Wettbewerbsfähigkeit.<br />
Märchen Nr. 4: Es geht ja nur um die Rückkehr zur<br />
40-St<strong>und</strong>en-Woche<br />
Die 40-St<strong>und</strong>en-Woche ist nicht das Ziel. Sie gibt es ja schon<br />
in vielen Bereichen. <strong>Arbeit</strong>geber <strong>und</strong> Politik aber wollen mehr:<br />
die „Flexibilität“ der Beschäftigten. Vielen droht die 42- oder<br />
gar die 45 St<strong>und</strong>en-Woche.<br />
Märchen Nr. 5: Längere <strong>Arbeit</strong>szeit schafft <strong>und</strong><br />
sichert <strong>Arbeit</strong>splätze<br />
Zusätzliche <strong>Arbeit</strong>splätze entstehen, wenn Unternehmen<br />
ihren Absatz nicht mit Mehrarbeit <strong>und</strong> höherer Effektivität,<br />
sondern nur noch mit mehr Beschäftigten <strong>und</strong> mehr Produktion<br />
steigern können. Das Hauptproblem der Wirtschaft ist<br />
die Wachstumsschwäche aufgr<strong>und</strong> der mangelnden Nachfrage<br />
im Land. So haben die Unternehmen keinen Gr<strong>und</strong>, ihre<br />
Produktion auszudehnen <strong>und</strong> zusätzliche Leute einzustellen.<br />
Verlängerte <strong>Arbeit</strong>szeit bedeutet, dass mit gleich vielen<br />
Menschen mehr hergestellt werden kann.<br />
Fünf Märchen <strong>und</strong> fünf Tatsachen<br />
1. Tatsache: <strong>Arbeit</strong>szeitverlängerung ist Lohnkürzung<br />
Wer die <strong>Arbeit</strong>szeit ohne Lohnausgleich verlängern will, verschleiert<br />
damit nur seine Absicht, die Löhne zu kürzen. Mehr<br />
<strong>Arbeit</strong>en zum selben Geld bedeutet einen geringeren St<strong>und</strong>enlohn.<br />
Dass mancherorts die <strong>Arbeit</strong>szeiten tatsächlich verlängert<br />
wurden ist das Ergebnis von Erpressung <strong>und</strong> nicht von<br />
Vernunft. Die Unternehmen spielen mit der Angst der<br />
Beschäftigten vor einem Verlust ihres <strong>Arbeit</strong>splatzes.<br />
2. Tatsache: Längere <strong>Arbeit</strong>szeit ohne Lohnausgleich<br />
vernichtet <strong>Arbeit</strong>splätze<br />
Wenn mehr <strong>Arbeit</strong>sst<strong>und</strong>en auf weniger Köpfe verteilt werden,<br />
kann kostengünstiger produziert <strong>und</strong> auf <strong>Arbeit</strong>skräfte<br />
verzichtet werden. Der Einzelbetrieb hat einen Kostenvorteil,<br />
er kann seine Produktion vielleicht sogar ausdehnen – allerdings<br />
auf Kosten anderer Wettbewerber. Die machen das<br />
dann genauso <strong>und</strong> der Vorteil des Einzelnen verschwindet.<br />
Insgesamt sinkt dann die Nachfrage weil weitere Beschäftigte<br />
arbeitslos werden.<br />
3. Tatsache: Längere <strong>Arbeit</strong>szeit ist familien- <strong>und</strong><br />
frauenfeindlich<br />
Bei kürzerer <strong>Arbeit</strong>szeit können Frauen <strong>und</strong> Männer ihre<br />
Familien- <strong>und</strong> Erwerbsarbeit miteinander zu teilen. Unter längeren<br />
<strong>Arbeit</strong>szeiten der Eltern leiden die Kinder zuerst. Um<br />
Kindererziehung <strong>und</strong> Hausarbeit zu gewährleisten werden<br />
Frauen wieder aus dem Erwerbsleben gedrängt. Für sie bleiben<br />
dann „Mini-Jobs“ <strong>und</strong> schlecht bezahlte Teilzeitjobs.<br />
4. Tatsache: Länger arbeiten heißt unflexibel<br />
arbeiten<br />
Verlängerte <strong>Arbeit</strong>szeiten verringern die Spielräume für<br />
schwankende <strong>Arbeit</strong>szeiten. Wir haben ein System hoch flexibler<br />
<strong>Arbeit</strong>szeiten in den Betrieben entwickelt – mit Zeitkonten,<br />
Mehrarbeit, saisonal verteilter <strong>Arbeit</strong>szeit oder<br />
Gleitzeit. So kann auf Schwankungen im <strong>Arbeit</strong>sanfall schnell<br />
reagiert werden. Wird die tägliche <strong>und</strong> wöchentliche<br />
<strong>Arbeit</strong>szeit verlängert, dann wird die Bandbreite für diese<br />
Schwankungen schmaler.<br />
5. Tatsache: Längere <strong>Arbeit</strong>szeiten senken die<br />
Produktivität<br />
Längere <strong>Arbeit</strong>szeit senkt die Produktivität. <strong>Arbeit</strong>swissenschaftlich<br />
ist es erwiesen, dass bei längeren <strong>Arbeit</strong>szeit die<br />
Leistung sich verteilt, pro St<strong>und</strong>e also sinkt. Längere <strong>Arbeit</strong>szeiten<br />
senken die Produktivität, die aber gerade den Lohnkostenvorteil<br />
der deutschen Wirtschaft ausmacht.<br />
Fazit: Sachlich spricht alles gegen längere <strong>Arbeit</strong>szeit. Sie löst kein Problem,<br />
sondern schafft nur neue.<br />
„Die Diskussion um längere <strong>Arbeit</strong>szeiten aber auf dem aktuellen Stammtischniveau zu führen<br />
nach dem Motto ‚Wenn jeder mehr arbeitet, ist doch klar, dass am Ende mehr rauskommt‘ ist für<br />
Deutschland nicht hilfreich <strong>und</strong> grenzt an Volksverdummung.“ (Die Wirtschaftszeitung FINANCIAL<br />
TIMES DEUTSCHLAND am 1.11.2004)<br />
Hrsg.: DGB Südniedersachsen-Harz, www.dgb-suedniedersachsen-harz.de