BGH, Beschluss vom 7. Dezember 1959, BGHSt 14, 38 – Beamter ...
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Universitäts-Repetitorium der Humboldt-Universität zu Berlin<br />
<strong>BGH</strong>, <strong>Beschluss</strong> <strong>vom</strong> <strong>7.</strong> <strong>Dezember</strong> <strong>1959</strong>, <strong>BGH</strong>St <strong>14</strong>, <strong>38</strong> <strong>–</strong> <strong>Beamter</strong><br />
Sachverhalt: Bruno ist städtischer <strong>Beamter</strong>. Zu seinen Aufgaben gehört<br />
es, in Fällen, in denen das Staatliche Chemische Untersuchungsamt Lebensmittelproben<br />
beanstandet, die Bruno bei Kaufleuten entnommen hat,<br />
die Beanstandungen den Kaufleuten mitzuteilen. Zugleich hat er den Kaufleuten<br />
Rechnungen des Untersuchungsamts über die dort entstandenen Untersuchungskosten<br />
nebst Zahlkarte mit der Aufforderung zu überreichen,<br />
den Kostenbetrag zu überweisen. Dagegen darf Bruno die Forderungen<br />
selbst nicht einziehen. Trotzdem kassiert er bei mehreren Kaufleuten den<br />
Betrag in der Absicht, das Geld für sich zu verbrauchen, was er auch alsbald<br />
tut. In der Absicht, das kassierte Geld auch tatsächlich zu verbrauchen,<br />
wird Bruno tatkräftig von seiner Lebensgefährtin Frieda unterstützt,<br />
welche die Umstände genau kennt.<br />
Thema: § 246 StGB; mehrfache Zueignung<br />
Materialien: Arbeitsblatt Examinatorium BT Nr. 43<br />
Universitäts-Repetitorium der Humboldt-Universität zu Berlin / Strafrecht / Prof. Heinrich
Universitäts-Repetitorium der Humboldt-Universität zu Berlin<br />
Lösungsübersicht:<br />
Strafbarkeit Brunos<br />
A. Strafbarkeit wegen Betrugs, § 263 I, III Nr. 4 StGB<br />
I. Tatbestand<br />
1. Objektiver Tatbestand<br />
a) Täuschung (+)<br />
b) Irrtum (+)<br />
c) Vermögensverfügung (+)<br />
d) Vermögensschaden<br />
aa) Vermögensschaden bei den Kunden (<strong>–</strong>)/(+)<br />
bb) Vermögensschaden beim Amt (+)<br />
2. Subjektiver Tatbestand<br />
II. Rechtswidrigkeit/Schuld (+)<br />
III. Strafzumessung: § 263 III Nr. 4 StGB (+)<br />
IV. Ergebnis (+)<br />
B. Strafbarkeit wegen Unterschlagung, § 246 I StGB, durch Entgennahme<br />
der Zahlungen<br />
I. Tatbestand<br />
1. Objektiver Tatbestand<br />
a) Fremde bewegliche Sache (+)<br />
b) Zueignung (+)<br />
c) Objektive Rechtswidrigkeit der Zueignung (+)<br />
2. Subjektiver Tatbestand (+)<br />
II. Rechtswidrigkeit/Schuld (+)<br />
III. Ergebnis (+), aber Subsidiaritätsklausel<br />
C. Strafbarkeit wegen Untreue, § 266 I Alt. 2 StGB (<strong>–</strong>)<br />
D. Strafbarkeit wegen Unterschlagung, § 246 I StGB, durch Ausgeben<br />
des Geldes<br />
I. Tatbestand<br />
1. Objektiver Tatbestand<br />
a) Fremde bewegliche Sache (+)<br />
b) Zueignung<br />
Problem: Ist eine erneute Zueignung einer durch eine rechtswidrige<br />
Tat bereits erlangten Sache möglich?<br />
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Universitäts-Repetitorium der Humboldt-Universität zu Berlin<br />
- <strong>BGH</strong>: Tatbestandslösung (<strong>–</strong>)<br />
- a.M.: Konkurrenzlösung (+)<br />
c) Objektive Rechtswidrigkeit der Zueignung (+)<br />
2. Subjektiver Tatbestand (+)<br />
II. Rechtswidrigkeit/Schuld (+)<br />
III. Ergebnis (+), aber mitbestrafte Nachtat<br />
Strafbarkeit Friedas<br />
Strafbarkeit wegen Beihilfe zur Unterschlagung, §§ 246 I, 27 StGB<br />
I. Tatbestand<br />
1. Objektiver Tatbestand<br />
a) Vorliegen einer vorsätzlichen rechtswidrigen Haupttat<br />
Nach der Tatbestandslösung (<strong>–</strong>)<br />
Nach der Konkurrenzlösung (+)<br />
b) Hilfeleisten zu dieser Tat (+)<br />
2. Subjektiver Tatbestand<br />
a) Vorsatz bzgl. der Haupttat (+)<br />
b) Vorsatz bzgl. der Hilfeleistung (+)<br />
II. Rechtswidrigkeit/Schuld (+)<br />
III. Ergebnis (+)<br />
Universitäts-Repetitorium der Humboldt-Universität zu Berlin / Strafrecht / Prof. Heinrich
Universitäts-Repetitorium der Humboldt-Universität zu Berlin<br />
Lösungsvorschlag:<br />
Strafbarkeit Brunos<br />
A. Strafbarkeit wegen Betrugs, § 263 I, III Nr. 4 StGB<br />
Bruno könnte sich durch die Entgegennahme des Geldes wegen Betrugs<br />
gegenüber den Kunden in einem besonders schweren Fall gemäß § 263 I,<br />
III Nr. 4 StGB strafbar gemacht haben.<br />
I. Tatbestand<br />
1. Objektiver Tatbestand<br />
a) Täuschung<br />
Zunächst müsste Bruno die Kunden getäuscht und dadurch einen Irrtum bei<br />
ihnen erregt oder unterhalten haben. Täuschung ist jede Einwirkung auf das<br />
Vorstellungsbild eines anderen, um eine Fehlvorstellung über äußere oder<br />
innere Tatsachen, also beweisbare Zustände und Ereignisse der Gegenwart<br />
oder Vergangenheit, hervorzurufen.<br />
Bruno täuschte die Kunden darüber, dass er nicht berechtigt war, das Geld<br />
selbst einzuziehen.<br />
b) Irrtum<br />
Durch die Täuschung erregte er bei den Kunden die der Realität nicht entsprechende<br />
Vorstellung, Bruno habe tatsächlich die Berechtigung, dass<br />
Geld einzuziehen.<br />
c) Vermögensverfügung<br />
Dieser Irrtum müsste zu einer Vermögensverfügung seitens der Kunden<br />
geführt haben. Eine Vermögensverfügung ist jedes Handeln, Dulden oder<br />
Unterlassen, das sich unmittelbar vermögensmindernd auswirkt.<br />
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Die Kunden zahlten an Bruno. Damit nehmen sie jedenfalls eine Handlung<br />
vor, die tatsächlich auf ihr Vermögen einwirkt, unabhängig davon, ob der<br />
Schaden bei ihnen oder beim Amt eintritt.<br />
d) Vermögensschaden<br />
Schließlich müsste durch die Vermögensverfügung ein Vermögensschaden<br />
eingetreten sein. Ein Vermögensschaden liegt vor, wenn das Vermögen,<br />
also die Summe aller geldwerten <strong>–</strong> ihr nach der Rechtsordnung zustehenden<br />
<strong>–</strong> Güter einer Person, nach der Verfügung weniger wert ist als vor der Verfügung.<br />
Fraglich ist, wer letztlich Geschädigter ist. In Betracht kommen sowohl die<br />
verfügenden Kunden selbst als auch das Amt, in dem Bruno arbeitet.<br />
aa) Vermögensschaden bei den Kunden<br />
Unproblematisch wäre es, wenn die Kunden als Geschädigte anzusehen<br />
sind, denn dann würde Personenidentität zwischen dem Getäuschten und<br />
dem Geschädigten bestehen. Ein Vermögensschaden der Kunden ist nur<br />
dann zu bejahen, wenn sie durch ihre Zahlung gegenüber Bruno nicht von<br />
ihrer Leistungspflicht gegenüber dem Amt befreit wurden.<br />
Bruno war nicht zur Einziehung von Zahlungen berechtigt, handelte also<br />
nicht als rechtsgeschäftlicher Vertreter des Amtes. Er könnte jedoch mit<br />
einer Rechtsscheinsvollmacht gehandelt haben. Eine Duldungsvollmacht ist<br />
mangels Wissens des Amtes von der Zahlungseinziehung durch Bruno<br />
selbst ausgeschlossen. Denkbar ist jedoch eine die Kenntnis des Vertretenen<br />
nicht voraussetzende Anscheinsvollmacht des Bruno. Das Amt hätte<br />
erkennen können und verhindern müssen, dass Bruno wiederholt als sein<br />
Vertreter aufgetreten ist. Das Amt hat Bruno eine Stellung eingeräumt <strong>–</strong><br />
Übergabe von und Information zu Rechnungen <strong>–</strong>, aus welcher Dritte wie<br />
die ihm gegenüber verfügenden Kunden auf seine Bevollmächtigung schließen<br />
durften. Bruno handelte somit mit Anscheinsvollmacht (a.A. gut vertretbar).<br />
Deshalb konnten die Kunden befreiend ihm gegenüber leisten. Ihrer<br />
Vermögensverfügung steht ein <strong>–</strong> wirtschaftlich <strong>–</strong> gleichwertiges Äquivalent<br />
gegenüber und zwar die Erfüllung einer Verbindlichkeit. Demnach wurde<br />
ihr Vermögen nicht geschädigt.<br />
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bb) Vermögensschaden beim Amt<br />
Als Geschädigter ist deshalb nur noch das Amt in Erwägung zu ziehen. Ein<br />
Vermögensschaden des Amtes läge vor, wenn die Kunden durch die Bezahlung<br />
an Bruno gleichzeitig über die Forderung verfügen würden, die das<br />
Untersuchungsamt gegen sie besitzt <strong>–</strong> dies ist angesichts der geschilderten<br />
befreienden Wirkung ihrer Leistung zu bejahen <strong>–</strong> und wenn sie zur Verfügung<br />
über die Forderung des Amtes überhaupt berechtigt waren.<br />
Das Erfordernis der Verfügungsbefugnis dient dazu, in Fällen eines wie hier<br />
vorliegenden Dreiecksbetrugs den Charakter des Betrugs als Selbstschädigungsdelikt<br />
zu wahren. Die Anforderungen an das Näheverhältnis zwischen<br />
Verfügendem und Geschädigtem sind zwar anders als beim Sachbetrug<br />
beim Forderungsbetrug nicht allzu hoch, da hier die Abgrenzung zum<br />
Fremdschädigungsdelikt eines mittelbaren Diebstahls sehr klar ist. Aber der<br />
Verfügende muss grundsätzlich zumindest „im Lager“ des Geschädigten<br />
stehen, also eine bestimmte Beziehung zum geschädigten Vermögen haben.<br />
Bei einem über seine Leistungspflicht getäuschten Schuldner besteht in der<br />
Regel ein Näheverhältnis, sofern seine Schuld durch die irrtumsbedingte<br />
Leistung an den Nichtberechtigten erlöscht (vgl. §§ 407 f. BGB, 56 HGB).<br />
Aus der gesetzlichen Befugnis, die fremde Forderung zum Erlöschen zu<br />
bringen, ergibt sich das nötige Näheverhältnis. Ausschlaggebend ist, dass<br />
zwischen verfügendem Schuldner und geschädigten Forderungsinhaber ein<br />
Schuldverhältnis bestand. Hier vertrauten die Kunden auf die Anscheinsvollmacht<br />
des Bruno und handelten bei ihrer Verfügung im vermeintlichen<br />
Interesse des Amts. Das Amt muss sich aufgrund der angenommenen Anscheinsvollmacht<br />
das Handeln der Kaufleute zurechnen lassen.<br />
Geschädigter ist mithin das Amt und ein Vermögensschaden ist zu bejahen.<br />
Der objektive Tatbestand ist erfüllt.<br />
2. Subjektiver Tatbestand<br />
Bruno handelte vorsätzlich und mit der Absicht, sich einen Vermögensvorteil<br />
zu verschaffen, auf den er keinen Anspruch hatte, der also rechtswidrig<br />
war.<br />
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Auch der subjektive Tatbestand ist erfüllt.<br />
Bruno handelte tatbestandsmäßig.<br />
II. Rechtswidrigkeit/Schuld<br />
Es sind keine die Rechtswidrigkeit oder Schuld seines Handelns ausschließenden<br />
Gründe ersichtlich.<br />
III. Strafzumessung: § 263 III Nr. 4 StGB<br />
Unter Strafzumessungsgesichtspunkten kommt ein besonders schwerer Fall<br />
gemäß § 263 III Nr. 4 StGB in Betracht.<br />
Dazu müsste Bruno seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger<br />
missbraucht haben.<br />
Bruno handelte durch die Forderungseinziehung außerhalb seines Zuständigkeitsbereichs<br />
unter Ausnutzung der durch sein Amt gegebenen Handlungsmöglichkeiten.<br />
Damit hat er seine Stellung als Amtsträger missbraucht<br />
und so das Regelbeispiel des § 263 III Nr. 4 StGB verwirklicht.<br />
IV. Ergebnis<br />
Bruno hat sich durch die Forderungseinziehung wegen Betrugs gegenüber<br />
den Kunden zulasten des Amtes in einem besonders schweren Fall gemäß<br />
§ 263 I, III Nr. 4 StGB strafbar gemacht.<br />
B. Strafbarkeit wegen Unterschlagung, § 246 I StGB, durch Entgennahme<br />
der Zahlungen<br />
Durch die Entgegennahme der Zahlungen könnte sich Bruno ferner wegen<br />
einer Unterschlagung gemäß § 246 I StGB strafbar gemacht haben.<br />
I. Tatbestand<br />
1. Objektiver Tatbestand<br />
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a) Fremde bewegliche Sache<br />
Das kassierte Geld müsste als taugliches Tatobjekt zunächst eine fremde<br />
bewegliche Sache sein.<br />
Die Kunden wollten das Geld nicht Bruno, sondern dem Amt übereignen.<br />
Es stand mithin nicht im Alleineigentum des Bruno und war damit für ihn<br />
eine fremde Sache, die auch beweglich war.<br />
b) Zueignung<br />
Fraglich ist, ob Bruno sich dieses zugeeignet hat.<br />
Anders als beim Diebstahl genügt dabei allein der subjektive Wille, sich<br />
eine Sache zuzueignen, nicht für die Bejahung einer Zueignungshandlung.<br />
Erforderlich ist vielmehr zusätzlich ein irgendwie gearteter objektiver, d.h.<br />
äußerlich in Erscheinung tretender Zueignungsakt.<br />
aa) Zueignungswille<br />
Bruno müsste demnach mit Zueignungswillen, also vorsätzlich in Bezug auf<br />
eine zumindest vorübergehende Aneignung und eine dauerhafte Enteignung<br />
des Eigentümers, gehandelt haben. Aus dem Wortlaut ergibt sich, dass anders<br />
als bei § 242 StGB eine Aneignungsabsicht nicht erforderlich ist. Es genügt<br />
vielmehr sowohl bezüglich des Aneignungs- als auch bezüglich des Enteignungselements<br />
jede Vorsatzform.<br />
Bruno wollte das Geld nicht an das Amt weitergeben, sondern es für sich<br />
nutzen. Er wollte mithin das Amt dauerhaft enteignen und das Geld dem eigenen<br />
Vermögen einverleiben. Sein Zueignungswille ist daher zu bejahen.<br />
bb) Zueignungsakt<br />
Brunos Zueignungswille müsste sich in einem Zueignungsakt objektiviert haben.<br />
Allein schon in der Entgegennahme des Geldes durch Vortäuschen der<br />
Einziehungsermächtigung liegt eine nach außen erkennbare Manifestation<br />
des Zueignungswillens, da Bruno zu einer solchen Entgegennahme des Geldes<br />
nicht berechtigt war.<br />
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c) Objektive Rechtswidrigkeit der Zueignung<br />
Mangels eines fälligen und einredefreien Anspruchs ist diese Zueignungshandlung<br />
des Bruno auch rechtswidrig.<br />
Eine Qualifikation nach § 246 II StGB scheidet aus, da das Amt dem<br />
Bruno hier gerade kein Geld anvertraut hat.<br />
Der objektive Tatbestand ist erfüllt.<br />
2. Subjektiver Tatbestand<br />
Bruno handelte vorsätzlich auch in Bezug auf die Rechtswidrigkeit der Zueignung.<br />
Brunos Handeln ist tatbestandsmäßig.<br />
II. Rechtswidrigkeit / Schuld<br />
Sein Handeln war auch rechtswidrig und schuldhaft.<br />
III. Ergebnis<br />
Bruno hat sich wegen Unterschlagung gemäß § 246 I StGB strafbar gemacht.<br />
Entsprechend der Subsidiaritätsklausel des § 246 I StGB tritt diese Vorschrift<br />
jedoch zurück, wenn die Tat durch eine andere Vorschrift mit<br />
schwererer Strafe bedroht ist. Da Brunos sich bereits wegen Betrugs gemäß<br />
§ 263 I, III Nr. 4 StGB strafbar gemacht hat, tritt die Unterschlagung<br />
durch die Entgegennahme des Geldes hinter den Betrugstatbestand zurück.<br />
C. Strafbarkeit wegen Untreue, § 266 I Alt. 2 StGB<br />
Eine Strafbarkeit wegen Untreue scheitert am fehlenden Treueverhältnis<br />
bzw. an einer Vermögensbetreuungspflicht des Bruno für das Vermögen<br />
des Amtes. Aus seiner Anstellung, die ihn zur Entnahme von Proben und<br />
Überreichung von Rechnung berechtigt, ergibt sich keine typische und we-<br />
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sentliche Pflicht zur Wahrnehmung der Vermögensinteressen des Amtes.<br />
Dies ist ebenfalls nicht aus der beamtlichen Treuepflicht herzuleiten.<br />
D. Strafbarkeit wegen Unterschlagung, § 246 I StGB, durch Ausgeben<br />
des Geldes<br />
Durch das Ausgeben des Geldes könnte sich Bruno abermals wegen Unterschlagung<br />
gemäß § 246 I StGB strafbar gemacht haben.<br />
I. Tatbestandsmäßigkeit<br />
1. Objektiver Tatbestand<br />
a) Fremde, bewegliche Sache<br />
Die an Bruno gezahlten Gelder und damit beweglichen Sachen müssten für<br />
ihn fremd sein. Die Kunden wollten das Geld nicht Bruno, sondern dem<br />
Amt übereignen und daher waren die Gelder für ihn fremd.<br />
b) Zueignung<br />
Neben der Entgegennahme der Zahlungen könnte zudem in dem Ausgeben<br />
des Geldes eine Zueignungshandlung gesehen werden. In diesem Fall stellt<br />
sich das Problem, ob eine erneute Zueignung überhaupt möglich ist <strong>–</strong> und<br />
erst auf Konkurrenzebene zurücktritt <strong>–</strong> oder bereits tatbestandlich ausscheidet.<br />
Gegen die Möglichkeit einer erneuten Zueignung spricht zunächst der<br />
Wortlaut „Zueignung“, denn nach natürlichem Sprachverständnis kann man<br />
sich etwas, das man sich bereits zugeeignet hat, nicht nochmals zueignen.<br />
Andererseits ist es durchaus denkbar, dass sich die Situation des Eigentümers<br />
durch die erneute Zueignung noch verschlechtert; aus der Perspektive<br />
des Eigentümers besteht also ein Schutzbedürfnis. Nähme man jedoch mit<br />
jeder erneuten „Zueignungshandlung“ eine erneute tatbestandliche Zueignung<br />
an und regelte man deren Verhältnis zueinander erst auf der Konkurrenzebene,<br />
so könnte man durch die beispielsweise beim Gebrauch einer<br />
Sache entstehende Kette von Zueignungshandlungen die Verjährungsregeln<br />
aushebeln: Immer wenn eine der früheren Zueignungshandlungen verjährt,<br />
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könnte man auf eine zeitlich später erfolgende zurückgreifen.<br />
Für die Möglichkeit einer erneuten Zueignung und somit für die sog. Konkurrenzlösung<br />
ist jedoch die Tatsache anzuführen, dass nach der Tatbestandslösung<br />
eine Bestrafung der Teilnehmer an späteren Zueignungshandlungen<br />
mangels geeigneter Haupttat nicht möglich wäre. Sieht man hingegen<br />
in der erneuten Zueignungshandlung eine tatbestandliche Zueignung und<br />
lässt diese erst auf der Konkurrenzebene als bloße mitbestrafte Nachtat<br />
ausscheiden, so ist eine Teilnehmerstrafbarkeit möglich. Ein derart befriedigendes<br />
Ergebnis ist auch nicht über die Anschlussdelikte der §§ 257 ff.<br />
StGB zu erreichen, da diese einen wesentlich engeren Anwendungsbereich<br />
haben.<br />
Nach der hier vertretenen Konkurrenzlösung liegt mangels eines fälligen und<br />
einredefreien Anspruchs auch eine rechtswidrige Zueignungshandlung des<br />
Bruno vor.<br />
Der objektive Tatbestand ist erfüllt.<br />
2. Subjektiver Tatbestand<br />
Bruno handelte vorsätzlich auch in Bezug auf die Rechtswidrigkeit der Zueignung.<br />
Brunos Handeln ist tatbestandsmäßig.<br />
II. Rechtswidrigkeit / Schuld<br />
Sein Handeln war auch rechtswidrig und schuldhaft.<br />
III. Ergebnis<br />
Bruno hat sich wegen Unterschlagung gemäß § 246 I StGB strafbar gemacht.<br />
Diese erneute Unterschlagung durch den Verbrauch des Geldes tritt<br />
als Sicherungsunterschlagung als mitbestrafte Nachtat hinter dem Betrug<br />
zurück.<br />
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Universitäts-Repetitorium der Humboldt-Universität zu Berlin<br />
Strafbarkeit Friedas<br />
Strafbarkeit wegen Beihilfe zur Unterschlagung, §§ 246 I, 27 StGB<br />
I. Tatbestand<br />
1. Objektiver Tatbestand<br />
a) Vorliegen einer vorsätzlichen, rechtswidrigen Haupttat<br />
Zunächst müsste eine vorsätzliche und rechtswidrige Haupttat gegeben sein.<br />
Wenn man oben der Konkurrenzlösung folgt, ist dies in der von Bruno verübten<br />
vorsätzlichen und rechtswidrigen Unterschlagung durch den<br />
Verbrauch des Geldes gem. § 246 I StGB zu sehen.<br />
b) Hilfeleisten zu dieser Tat<br />
Indem Frieda dem Bruno bei dem Ausgeben des Geldes half, hat sie auch<br />
eine Unterstützungshandlung zu dieser Tat i.S.d. § 27 StGB geleistet.<br />
2. Subjektiver Tatbestand<br />
Frieda handelte dabei sowohl mit Vorsatz in Bezug auf diese Haupttat als<br />
auch auf ihre Unterstützungshandlung.<br />
II. Rechtswidrigkeit/Schuld<br />
Frieda handelte sowohl rechtswidrig als auch schuldhaft.<br />
III. Ergebnis<br />
Frieda hat sich mithin wegen Beihilfe zur Unterschlagung gemäß §§ 246 I,<br />
27 StGB strafbar gemacht.<br />
Universitäts-Repetitorium der Humboldt-Universität zu Berlin / Strafrecht / Prof. Heinrich