SÄCHSISCHES ARCHIVBLATT - Archivwesen - Freistaat Sachsen
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Online-Präsentation der Beständeübersicht<br />
des Staatsfilialarchivs Bautzen auf<br />
der Homepage des Sächsischen Staatsarchivs<br />
frei.<br />
Prof. Dr. Winfried Müller (TU Dresden)<br />
rief in seinem Festvortrag die regionale<br />
Vielfalt der Oberlausitz während der<br />
Frühen Neuzeit in Erinnerung, eine Vielfalt,<br />
die sich in der Überlieferung der<br />
Archive widerspiegle. Mannigfaltigkeit<br />
für die Oberlausitz sah Müller insbesondere<br />
auch in religiöser, ethnischer und<br />
verfassungsgeografischer Hinsicht gegeben,<br />
ohne allerdings den grundsätzlichen<br />
Konflikt zwischen Pluralisierung<br />
und Normierung außer Acht zu lassen.<br />
Er bezeichnete die Oberlausitz metaphorisch<br />
als eine mannigfaltige Brückenlandschaft,<br />
die in der Lage gewesen sei,<br />
Gegensätze um des inneren Friedens<br />
willen auszugleichen.<br />
Die Vorträge am 8. November widmeten<br />
sich ganz dem <strong>Archivwesen</strong> und beschäftigten<br />
sich zunächst mit Bautzner<br />
Einrichtungen. Grit Richter-Laugwitz<br />
(Archivverbund Bautzen) skizzierte den<br />
Werdegang des Staatlichen Zweigarchivs<br />
für die Oberlausitz zum jetzigen<br />
Staatsfilialarchiv Bautzen. Die Idee, ähnlich<br />
wie in Bayern oder Preußen auch in<br />
<strong>Sachsen</strong> Zweigarchive einzurichten, um<br />
das 1834 gegründete Hauptstaatsarchiv<br />
in Dresden zu entlasten, stammte von<br />
dessen Direktor Hans Beschorner. Mit<br />
der Fusion der Kreishauptmannschaften<br />
Dresden und Bautzen am 1. Juli 1932 und<br />
der drohenden Verlegung des Bautzner<br />
Behördenarchivs in die Landeshauptstadt<br />
wurde die Archivfrage virulent.<br />
Ungeachtet der unterschiedlichen Vorstellungen<br />
kam ein tragfähiger Kompromiss<br />
zustande. Aber erst die Gründung<br />
des Archivverbunds Bautzen durch die<br />
Vereinigung des Stadtarchivs mit der<br />
hiesigen Außenstelle des Staatsarchivs<br />
sowie der Bezug moderner Räumlichkeiten<br />
in den adaptierten Gebäuden<br />
Schloßstraße 10–14 brachten eine glückliche<br />
Lösung.<br />
Anja Moschke (Archivverbund Bautzen)<br />
schnitt daran anknüpfend ein Stück<br />
Oberlausitzer Justiz- und Verwaltungs-<br />
geschichte nach 1835 anhand von Vorakten<br />
aus den Beständen des Staatsfilialarchivs<br />
Bautzen an. Vorakten sind<br />
Registraturgut in Form von Sammelbeständen<br />
von abgebenden Behörden<br />
bzw. deren Vorgängern. Jede aufgelöste<br />
Registratur übergab ihre Akten an die<br />
Nachfolgeinstitution, bis sie vom zuständigen<br />
Archiv übernommen wurden.<br />
In den 1960er-Jahren ging das Historische<br />
Staatsarchiv Bautzen dazu über,<br />
auf Basis der Ordnungs- und Verzeichnungsgrundsätze<br />
der Staatlichen<br />
Archivverwaltung der DDR seine Pertinenzbestände<br />
neu zu bearbeiten.<br />
Seither werden die Provenienzen der<br />
Archivalien ermittelt und dementsprechend<br />
neue Bestände gebildet, die zuvor<br />
aus älteren herauszulösen sind. Die<br />
Gliederung der Bestände im Staatsfilialarchiv<br />
Bautzen orientiert sich dabei an<br />
jener des Sächsischen Staatsarchivs, in<br />
dessen Tektonik sie sich einfügt.<br />
Dr. Birgit Mitzscherlich (Diözesanarchiv<br />
Bautzen) referierte über das Bautzner<br />
Domstift und sein Archiv. Seit dem 16.<br />
Jahrhundert bewahrt es rund 1.200<br />
Urkunden auf, die Rechtsangelegenheiten,<br />
Zehnt und Zinsabgaben betreffen.<br />
Dank geringer Verluste hat sich ein<br />
ziemlich geschlossener Bestand erhalten,<br />
der über das Bautzner Domstift<br />
als politische Größe, als kirchliche Behörde<br />
und Grundherrschaft sowie über<br />
die ökonomischen Grundlagen und<br />
Verhältnisse der Gemarkung mit ihren<br />
20 Dörfern Auskunft gibt. Dr. Annett<br />
Bresan (Sorbisches Kulturarchiv) wählte<br />
den rund 200 Jahre alten Lebensbericht<br />
des sorbischen Heidebauern Hanso<br />
Nepila aus Rohne im Schleifer Kirchspiel<br />
als Aufhänger, um das Sorbische<br />
Kulturarchiv und dessen Archivalien als<br />
Quellen der sorbischen Geschichte vorzustellen.<br />
Den Grundstock für diese<br />
Einrichtung bildete das Sammelgut sorbischen<br />
Schrifttums aus dem Besitz<br />
der wissenschaftlich-kulturellen Gesellschaft<br />
„Macica Serbska“, das 1904 im<br />
„Wendischen Haus“ am Lauengraben<br />
ein Domizil fand. 1953 gelangten die<br />
von den Nationalsozialisten 1941 konfiszierten<br />
Bestände an das Institut für<br />
sorbische Volksforschung, das die insti-<br />
tutionelle Nachfolge der „Macica Serbska“<br />
angetreten hatte und sich um den<br />
Aufbau eines sorbischen Zentralarchivs<br />
bemühte.<br />
Dass die Teilung <strong>Sachsen</strong>s 1815 nicht nur<br />
eine tiefe politische Zäsur war, sondern<br />
auch die Archivlage und kommunale<br />
Überlieferung der Oberlausitz nachhaltig<br />
beeinflusste, legte Siegfried Hoche<br />
(Ratsarchiv Görlitz) in seinem Beitrag<br />
dar. Der Eigentumswechsel der an<br />
Preußen gefallenen Gebiete zog eine<br />
Sondierung der Archive nach sich, um<br />
dem Rechtsnachfolger das benötigte<br />
behördliche Schriftgut auszuhändigen,<br />
wie es im Friedenstraktat vorgesehen<br />
war. Die Übergabe zog sich Jahrzehnte<br />
hin und führte zu Verlusten, ebenso wie<br />
später die Verwaltungsreform in Preußen.<br />
Veränderungen der behördlichen<br />
Strukturen und wechselnde Zuständigkeiten<br />
im Laufe des 19. Jahrhunderts,<br />
z. B. die Eingliederung der Landkreise<br />
Görlitz, Rothenburg und Lauban in<br />
den niederschlesischen Regierungsbezirk<br />
Liegnitz oder die Gründung des<br />
kgl. Oberlandesgerichts für die Oberund<br />
Niederlausitz in Glogau, schlugen<br />
sich in der Archivierung nieder, die<br />
pragmatisch nach aktuellem Nutzen<br />
erfolgte.<br />
Thematisch knüpfte hier Dorota<br />
Sokolowska ´ (Staatsarchiv Wroclaw) ´ mit<br />
ihrem Bericht über Ober- und Niederlausitzer<br />
Archivalien im Staatsarchiv<br />
Wroclaw ´ an, das heute zu den größten<br />
Sammlungen dieser Art in Polen zählt.<br />
Zu den erhalten gebliebenen Altbeständen<br />
gehören Archivalien aus der<br />
preußischen Oberlausitz, die zwischen<br />
1815 und 1945 nach Breslau gelangten.<br />
Dr. Lenka Matusíková (Nationalarchiv<br />
Prag), deren Vortrag stellvertretend von<br />
Jan Zdichynec (Prag) gehalten wurde,<br />
bot einen Überblick über die Bestände<br />
des Prager Nationalarchivs vom<br />
Mittelalter bis ins 19. Jahrhundert,<br />
soweit sie die beiden Lausitzen als böhmische<br />
Nebenländer betreffen. Neben<br />
Pergamenturkunden des 13. Jahrhunderts<br />
aus dem Archiv der böhmischen<br />
Krone und Dokumenten des Zittauer<br />
Johanniterordens umfassen sie u. a.<br />
<strong>SÄCHSISCHES</strong> <strong>ARCHIVBLATT</strong> Heft 1 / 2009<br />
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