SÄCHSISCHES ARCHIVBLATT - Archivwesen - Freistaat Sachsen
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ief Erstaunen hervor, sondern auch<br />
die große Zahl der verarbeiteten Metalle.<br />
Hans Ludwig Knau (Kierspe) stellte<br />
die Rennfeuerverhüttung im Sauerland<br />
vor. In seinem Beitrag wurde deutlich,<br />
dass bei der Erforschung von technischer<br />
Innovation im Hochmittelalter<br />
die klassische Geschichtswissenschaft<br />
von den Methoden und Erkenntnissen<br />
der Archäologie nur profitieren kann.<br />
Der Einsatz von (moderneren) Floßöfen<br />
lässt sich oftmals nur über eine Untersuchung<br />
der Schlacken nachweisen.<br />
Andrea Kramarczyk (Chemnitz) stellte<br />
die beiden Saigerhütten Chemnitz und<br />
Grünthal vor. Während am Standort<br />
Grünthal im Prinzip seit dem 16. Jahrhundert<br />
bis heute Metallverarbeitung<br />
betrieben wird, war die Saigerhütte<br />
Chemnitz nur wenige Jahrzehnte in<br />
Betrieb. Allerdings diente sie Georg<br />
Agricola als Vorbild und Modell für seine<br />
Beschreibung einer Saigerhütte, so dass<br />
nun in Zusammenarbeit mit dem Institut<br />
für Wirtschafts- und Technikgeschichte<br />
der Bergakademie der genaue Standort<br />
der Hütte ergraben werden soll. Frau<br />
Kramarczyk wies mit Nachdruck darauf<br />
hin, dass sowohl für die Gruben als auch<br />
für die Hüttenbetriebe fundierte prosopografische<br />
Untersuchungen der Unternehmer<br />
und Anteilseigner noch ausstehen.<br />
Quellenmaterial dafür wäre<br />
reichlich vorhanden.<br />
Reinhard Köhne (Meschede) wandte<br />
sich am Beispiel der Hütte Olsberg den<br />
traditionsreichen sauerländischen Hüttenwerken<br />
zu. Dem stellte Joachim<br />
Scholz (Freiberg) die Entwicklung des<br />
Hüttenstandorts Muldenhütten gegenüber.<br />
Jan Ludwig (Bochum) berichtete in<br />
seinem Beitrag über die Hütten im<br />
Umfeld des Bergwerks Ramsbeck über<br />
ein groß angelegtes Spekulationsunternehmen<br />
Mitte des 19. Jahrhunderts, das<br />
bis in den Harz und das Erzgebirge hinein<br />
wirkte, allerdings schon nach wenigen<br />
Jahren wieder in sich zusammenbrach.<br />
Darauf hin berichtete Andreas<br />
Kahl (Schneeberg) über die fiskalische<br />
„Königlich Sächsische Antons-Silberschmelzhütte“.<br />
Deren Einrichtung war<br />
vor allem ein Prestigeprojekt, die Hütte<br />
arbeitete in den rund 30 Jahren ihres<br />
Bestehens Mitte des 19. Jahrhunderts zu<br />
keinem Zeitpunkt rentabel. Prof. Dr.<br />
Manfred Rasch (Duisburg) verdeutlichte<br />
dem entgegen am Beispiel des Hochofenbaus<br />
für die Henrichshütte in<br />
Hattingen in der Mitte des 19. Jahrhunderts,<br />
dass die finanziellen Aufwendungen<br />
für Großinvestitionen zwar zum<br />
Ruin der ursprünglichen Investoren führen<br />
konnten, aber langfristig durchaus<br />
wirtschaftlich erfolgreich waren.<br />
Die Exkursionen führten die Teilnehmer<br />
zunächst zum historischen Hüttenstandort<br />
Halsbrücke. Unter der fachkundigen<br />
Führung von Jens Kugler konnten<br />
sich alle Teilnehmer ein Bild vom<br />
Standort und der noch verbliebenen und<br />
gefährdeten historischen Bausubstanz<br />
machen. In Muldenhütten konnte mit<br />
dem Zylindergebläse eine noch vorhandene<br />
und funktionsfähige, restaurierte<br />
technische Einrichtung des frühen<br />
19. Jahrhunderts vorgeführt werden.<br />
Doch schon in unmittelbarer Nähe<br />
wurde durch den maroden und abrissgefährdeten<br />
Zustand des historischen<br />
Hüttenensembles die schwierige Gratwanderung<br />
zwischen Erhaltung, Weiterund<br />
Umnutzung alter Industriestandorte<br />
deutlich. Die Halsbrücker und<br />
Muldenhüttener Anlagen besitzen inzwischen<br />
Seltenheitswert. Im Freibergsdorfer<br />
Hammer wurde ein wiederhergestelltes<br />
und funktionsfähiges Hammerwerk<br />
vorgeführt, das bis in das<br />
20. Jahrhundert hinein mit Wasserkraft<br />
in Betrieb war. Den Abschluss der<br />
Veranstaltung bildete schließlich eine<br />
halbtägige Exkursion zum historischen<br />
Bergbaugebiet „Hoher Forst“ bei Kirchberg<br />
(Schneeberg) mit der Wüstung<br />
Fürstenberg. Unter der Führung der<br />
Kirchberger Natur- und Heimatfreunde<br />
konnte das Stollensystem des 15. Jahrhunderts<br />
besichtigt werden, welches bei<br />
Bergbauaktivitäten in der 1940er-Jahren<br />
durch englische Kriegsgefangene angeschnitten<br />
worden war. Übertägig waren<br />
die beeindruckenden Überreste der<br />
Bergstadt Fürstenberg zu sehen. Alle<br />
Exkursionsteilnehmer waren sich einig,<br />
dass diese nicht überformte wüste Stadt<br />
des 13. Jahrhunderts von höchstem wissenschaftlichem<br />
Interesse ist, da es sich<br />
hier wahrscheinlich um eine nicht abgeschlossene,<br />
hochmittelalterliche Stadtgründung<br />
handelt, die anscheinend nach<br />
wenigen Jahrzehnten ihrer Existenz<br />
wieder aufgegeben wurde.<br />
Der Workshop machte deutlich, wie<br />
wichtig die überregionale und interdisziplinäre<br />
Zusammenarbeit bei der Bearbeitung<br />
von bergbau- und hüttengeschichtlichen<br />
Themen ist. Die Reaktionen<br />
der rund 30 Teilnehmer ließen ein<br />
Bedürfnis nach weiterem fachlichen<br />
Austausch über regionale und fachliche<br />
Grenzen hinweg klar erkennen.<br />
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PETER ___________________________<br />
HOHEISEL<br />
BERGARCHIV ___________________________<br />
FREIBERG<br />
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DIE EXKURSIONSTEILNEHMER BESICHTIGEN DAS ZYLINDERGEBLÄSE MULDENHÜTTEN<br />
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FOTO: JENS PFEIFER<br />
<strong>SÄCHSISCHES</strong> <strong>ARCHIVBLATT</strong> Heft 1 / 2009<br />
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