Newsletter Nr 54_EA - Europäische Akademie Bad Neuenahr ...
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Editorial<br />
In cooperation with the FernUniversität in<br />
Hagen and the Johannes Gutenberg-Universität<br />
Mainz, the <strong>Europäische</strong> <strong>Akademie</strong><br />
is offering the study course “Medical<br />
Ethics” on beginning of the summer<br />
semester 2005. This study course requires<br />
four semesters and addresses physicians<br />
and university graduates who operate in<br />
the field of health care. After accreditation<br />
the study course will be offered as an<br />
advanced vocational master study course.<br />
Contents of the studies are after introductions<br />
into medical ethics, philosophical and<br />
medical anthropology, different medico<br />
ethical problems as for example the selfdetermination<br />
of the patient within the<br />
physician-patient-relationship, the representation<br />
of patients’ interests in health<br />
care, and also the economic exploitation of<br />
scientific developments as well as case<br />
studies in the field of medical ethics and<br />
law.<br />
The results from the project groups of the<br />
<strong>Europäische</strong> <strong>Akademie</strong>, that deal with subjects<br />
relevant for medical ethics, such as<br />
embryo research, xenotransplantation and<br />
organ donation and organ trade, will be<br />
included in this study course. Furthermore,<br />
the results of the research colloquia jointly<br />
organised with the FernUniversität in<br />
Hagen will be integrated into the modules.<br />
Topics such as preimplantation diagnostics<br />
and euthanasia will be considered here. By<br />
coorganising the study course “Medical<br />
Ethics” the research results of the <strong>Europäische</strong><br />
<strong>Akademie</strong> will be accessible to a wider<br />
scientific public. Further information on the<br />
study course “Medical Ethics” is available<br />
under: Medizinethik@fernuni-hagen.de.<br />
The <strong>Newsletter</strong> will report regularly on the<br />
study course.<br />
UH<br />
●<br />
Focus<br />
Auf den ersten Blick erscheint es überhaupt<br />
nicht schwierig, die Wunschvorstellungen<br />
zusammenzustellen, die die meisten<br />
Menschen mit der Vorstellung einer<br />
verlängerten Altersphase verbinden. Stichwortartig<br />
lauten diese Wunschvorstellungen<br />
beispielsweise:<br />
– Verlängerung des Lebens soweit biologisch<br />
vorstellbar;<br />
– ein Leben ohne Krankheiten;<br />
– Leben in einer altersspezifisch geprägten<br />
sozialen Umwelt;<br />
– Angebote für altersspezifische kulturelle<br />
Aktivitäten;<br />
– eine möglichst kurze Sterbephase;<br />
– ein menschenwürdiger Tod unter selbstbestimmten<br />
Umständen.<br />
Grundsätzlich muss man sich bei der kritischen<br />
Untersuchung dieser Wunschvorstellungen<br />
vor Augen halten, dass sie auch<br />
bei Erfüllung die condition humaine zwar<br />
verbessern, aber im Prinzip nicht verändern<br />
würden. Aber auch die Verbesserungen<br />
der condition humaine stellen sich<br />
nicht von selbst ein. Ihre Realisierung hat<br />
sich mit erheblichen Kohärenzproblemen<br />
<strong>54</strong> (March 2005)<br />
Zur Kritik einiger Visionen vom Altern<br />
Carl Friedrich Gethmann<br />
Der Fortschritt der medizinbezogenen Grundlagenforschung und der klinischen Disziplinen hat in den<br />
letzten Jahrzehnten zu einer deutlichen Erhöhung der Lebenserwartung geführt. Die rasanten Entwicklungen<br />
in den genannten Wissenschaftsbereichen lassen erwarten, dass sich dieser Prozess fortsetzen<br />
wird. Die sozialwissenschaftliche Altersforschung hat ergeben, dass zwischen einer dritten<br />
Lebensphase des aktiven Alters und einer vierten Lebensphase des hohen Alters unterschieden werden<br />
muss. Insbesondere in Bezug auf die dritte Lebensphase stellen sich die Fragen der Gestaltung<br />
schon seit geraumer Zeit. Die hier diskutierten Probleme lassen erkennen, um wie viel schwieriger die<br />
Fragen der Gestaltung des Alters sich darstellen werden, wenn die vierte Altersphase der Qualität nach<br />
zunehmend den Bedingungen der dritten Altersphase angenähert wird.<br />
Die englische Fassung dieses Textes kann auf der Homepage der <strong>Europäische</strong>n <strong>Akademie</strong> abgerufen<br />
werden unter: www.europaeische-akademie-aw.de. The English version of this article is available at<br />
www.europaeische-akademie-aw.de.<br />
auseinanderzusetzen. Probleme der externen<br />
Kohärenz ergeben sich, wenn diese<br />
Wunschvorstellungen mit anderen ebenfalls<br />
recht trivialen Wunschvorstellungen<br />
konfrontiert werden. Probleme der internen<br />
Kohärenz ergeben sich, wenn man die<br />
Realisierbarkeit einzelner miteinander<br />
konfrontiert. Erst wenn man durch solche<br />
Kohärenzüberlegungen sozusagen in die<br />
Tiefe des Wunschsyndroms blickt, zeigt<br />
sich, welche gesellschaftlichen Folgen<br />
durch die Perspektive einer Ultra-Lebensverlängerung<br />
zu gegenwärtigen sind.<br />
Phasenhaftigkeit und Einheit der<br />
Lebensgeschichte<br />
„Der Mensch“ sozusagen in seiner Vollgestalt<br />
ist jedoch weder ein Gegenstand<br />
der Selbst- noch der Fremderfahrung. Vielmehr<br />
erfährt man sich und andere immer<br />
nur in der einen oder in der anderen Phase<br />
seines Lebens. Dabei scheint jede Phase<br />
ihre spezifischen Berechtigungen und Verpflichtungen<br />
zu haben. Wenig überraschend<br />
ist das in Bezug auf Kindheit und<br />
Jugend. Hier gibt es eine lange Moral- und<br />
Rechtsgeschichte, die die Sonderstellung
2 <strong>Newsletter</strong> No. <strong>54</strong> <strong>Europäische</strong> <strong>Akademie</strong> <strong>Bad</strong> <strong>Neuenahr</strong>-Ahrweiler<br />
des Jugendlichen immer schon gesehen<br />
und geregelt hat. Dahinter steht das erfahrungsgestützte<br />
Bild, dass die Identität des<br />
Menschen in der Jugendphase erst allmählich<br />
entsteht. Erst wenn die Identität ihre<br />
Vollform erreicht hat, werden dem Individuum<br />
alle Berechtigungen eingeräumt,<br />
aber auch alle Verpflichtungen abverlangt.<br />
Nicht so selbstverständlich ist dies in<br />
Bezug auf das Alter. Zwar gibt es schon<br />
lange das Rechtsinstitut einer Vormundschaft<br />
im Alter, das gewisse Analogien zur<br />
Kindschaftsphase herstellt. Es ist jedoch<br />
davor zu warnen, hier vorschnell klappsymmetrische<br />
Vorstellungen anzuwenden,<br />
wonach das Erwachsenenstadium die<br />
eigentliche Lebensphase darstellt, und<br />
Kindheit und hohes Alter hinsichtlich der<br />
alterspezifischen Berechtigungen und Verpflichtungen<br />
um diese Achse aufeinander<br />
abbildbar seien. Das bedeutet, dass das Bild<br />
eines allmählichen Vergehens der Identität<br />
in der Altersphase, symmetrisch zum allmählichen<br />
Entstehen einer Identität in der<br />
Jugendphase, zurückzuweisen ist.<br />
Ein Anwendungsbeispiel dafür ist, dass der<br />
Eintritt ins Berufsleben nicht klappsymmetrisch<br />
auf den Austritt aus dem Berufsleben<br />
abgebildet werden darf. Die Verlängerung<br />
der Lebenserwartung hat in den<br />
letzten Jahrzehnten dazu geführt, dass die<br />
Phase nach dem Berufsleben (die dritte<br />
Altersphase) länger geworden ist. Die<br />
Grenze zwischen Berufsleben und der dritten<br />
Altersphase ist also nicht entsprechend<br />
mitgewandert, das durchschnittliche Renten-<br />
bzw. Pensionsalter in Deutschland hat<br />
sich (im Zusammenhang mit dem Problem<br />
der Arbeitslosigkeit) vielmehr nach vorn<br />
verlagert. Durch die Verlängerung der Ausbildungsphase<br />
ist die eigentliche Einkommensphase<br />
von zwei Seiten aus gewissermaßen<br />
zusammengestaucht worden. Es<br />
dürfte auf der Hand liegen, dass die Tendenz<br />
zur zeitlichen Vorverlegung der dritten<br />
Altersphase ökonomisch nicht durchhaltbar<br />
sein wird.<br />
Bezüglich der die Berufstätigkeit beendenden<br />
Altersgrenze ist ferner zu bedenken,<br />
dass sich diese primär einer typisierenden<br />
Vermutung hinsichtlich der körperlichen<br />
Arbeitsfähigkeit verdankt. Mit der Abnahme<br />
körperlicher Extrembeanspruchung<br />
und der Zunahme von Berufen, die eher<br />
auf sogenannte geistige Kompetenzen<br />
abheben, verliert eine typisierende Altersgrenze<br />
ihre Plausibilität. Das Verhältnis<br />
zwischen der zweiten und dritten Lebensphase<br />
wird darum auch immer weniger<br />
nach dem Schema einer möglichst kurzen<br />
Investitionsphase im Verhältnis zu einer<br />
möglichst langen Ertragsphase gesehen.<br />
Gerade bei Menschen mit Berufen, die<br />
neben dem Einkommen auch eine sehr<br />
starke Selbstverwirklichungsfunktion aufweisen,<br />
wird das Ende der Berufszeit mit<br />
60 oder 65 Jahren als zu früh empfunden.<br />
Man kann daher absehen, dass die<br />
Wunschvorstellungen vieler Menschen<br />
eher dahin gehen, das Ende des Berufslebens<br />
nach dem (bedauerlicherweise abgeschafften)<br />
Modell der Emeritierung von<br />
Universitätsprofessoren zu gestalten. Das<br />
bedeutet, dass man in einem erheblichen<br />
zeitlichen Korridor (etwa zwischen dem 60.<br />
und dem 75. Lebensjahr) selber bestimmen<br />
möchte, in welchem Umfang man die<br />
Arbeitsbelastung reduzieren möchte und<br />
wann sie überhaupt aufhören soll. Ferner<br />
wird man dazu neigen, mit der Zurückführung<br />
der beruflichen Verpflichtungen<br />
nicht unbedingt auch die der beruflichen<br />
Berechtigungen zu verbinden.<br />
Die Probleme externer Kohärenz, die mit<br />
einem solchen Wunschbild eines frei gestaltbaren<br />
Berufsendes verbunden sind,<br />
liegen auf der Hand. Sie beginnen damit,<br />
dass es in vielen Berufen, in denen Positionen<br />
nicht beliebig vermehrbar sind und in<br />
denen insbesondere Parallelpositionen<br />
wenig Sinn ergeben, zu einem Phänomen<br />
kommt, das im militärischen Bereich als<br />
„Beförderungsstau“ bezeichnet wird. Dessen<br />
Folgen kann man sich leicht ausmalen.<br />
Sie liegen in der Demotivierung der nachrückenden<br />
jungen Leute und in dem Verzicht<br />
auf mit der Jugendlichkeit nun einmal<br />
verbundenen Innovationsleistungen.<br />
Professoren oder Generäle von 110 Jahren,<br />
hinter denen bereits 90jährige potentielle<br />
Nachfolger warten, dürften kein Paradigma<br />
eines funktionsfähigen beruflichen<br />
Lebens darstellen.<br />
Trotz der Zerlegung der Identität der Persönlichkeit<br />
in Phasen muss sozusagen gegenläufig<br />
an der Einheitlichkeit und der<br />
Erfahrung der Kontinuität festgehalten<br />
werden. Es ist ja der individuelle Mensch<br />
selbst, der sich zuschreibt, alt zu sein, und<br />
nicht jemand, der von jemandem sagt,<br />
jetzt sei er alt. Hier ist erneut auf die Primärerfahrung<br />
der Lebensgeschichte abzuheben.<br />
Der generische Singular, die Rede<br />
von „dem Menschen“, die in juridischen<br />
und moralischen Kontexten eine wichtige<br />
Rolle spielt (beispielsweise: „Die Würde des<br />
Menschen ist unantastbar“) muss somit<br />
trotz der Erfahrung der Phasenhaftigkeit<br />
mit Blick auf den individuellen Menschen<br />
verteidigt werden.<br />
Wenn man den alten Menschen – trotz<br />
gegebenenfalls bestehender Einschränkungen<br />
seiner Möglichkeiten, denen dann<br />
durch Betreuungsverhältnisse Rechnung<br />
zu tragen ist – als Subjekt im Vollsinne<br />
anerkennt, ergeben sich erhebliche Probleme<br />
für das außerberufliche soziale Leben.<br />
Man muss sich vor Augen halten, dass ein<br />
120-jähriger Mensch durchaus mit vier<br />
Nachkommensgenerationen konfrontiert<br />
sein könnte. Die Vorstellung einer Vielgenerationen-Lebensgemeinschaft<br />
stößt<br />
aber sehr schnell an Grenzen. Im Übrigen<br />
kommt es – unterstellt, dass das soziale<br />
Leben weiter durch eheartige Strukturen<br />
geprägt ist – zu einer erheblichen Vermehrung<br />
der Verwandtschaftsbeziehungen.<br />
Was das bedeutet ist schwer vorstellbar;<br />
jedenfalls wird man nach aller Lebenserfahrung<br />
nicht von vorne herein vermuten<br />
können, dass die sozialen Verhältnisse<br />
durch höhere Friedfertigkeit bestimmt sein<br />
werden.<br />
Nach den Studien der Altersforscher gehen<br />
die Wünsche bezüglich der dritten Lebensphase<br />
vor allem dahin, Möglichkeiten<br />
intensiverer Teilnahme am Kulturleben zu<br />
eröffnen. Das bedeutet, dass die Gesellschaft<br />
ein entsprechendes Kulturangebot<br />
bereit halten muss. Im Übrigen wird es<br />
auch aus gerontologischer Sicht sinnvoll<br />
sein, Kultur nicht nur passiv erlebbar zu<br />
machen, sondern aktive Teilnahme zu<br />
ermöglichen. In der Tendenz muss man<br />
sich Legionen von Musikorchestern, Chören<br />
oder Vernissagen vorstellen, die zu<br />
hören oder zu sehen niemand die Zeit hat.<br />
Nicht die Aufführung für ein Publikum,<br />
sondern das aktive Ausüben stellt die Standardform<br />
der Kunstausübung dar. Dazu<br />
bedarf es jedoch professioneller Einübung<br />
und Anleitung.<br />
Unvollkommenheit und Endlichkeit<br />
Das Phänomen der Phasenhaftigkeit des<br />
Lebens ist ein wesentlicher Endlichkeitsindikator<br />
des Lebens. Die These besagt,<br />
dass die menschliche Existenz zu keiner<br />
Zeit unter der regulativen Idee der Perfektion<br />
oder der Perfektionierung steht. Das<br />
Alter ist nicht die Schwundform irgendeiner<br />
Vollform, und zwar nicht darum, weil<br />
es keine Schwundphänomene gäbe, sondern<br />
weil diese Schwundphänomene nicht<br />
relativ zu einer Vollform zu verstehen sind.<br />
Zur Illustrierung dieser Behauptung ist auf<br />
die erheblichen Schwundphänomene des<br />
Erwachsenenstatus gegenüber dem<br />
Jugendstatus einerseits und gegenüber<br />
dem Altersstatus andererseits hinzuweisen.<br />
Das häufig herausgehobene Phänomen der<br />
Altersweisheit zeigt, dass auch der Erwachsenenstatus<br />
keine Vollform ist. Altern ist<br />
nicht Menschsein im defizienten Modus,<br />
trotz aller biologisch erklärbaren Einschränkungen.<br />
Der wichtigste Anwendungsfall für diesen<br />
grundsätzlichen Hinweis ist der Wunsch<br />
nach der Befreiung von Krankheiten. Bezüglich<br />
dieser Wunschvorstellung als solcher<br />
wird es möglicherweise die wenigsten<br />
Meinungsverschiedenheiten geben. Hier ist<br />
allerdings zunächst einmal die Euphorie zu<br />
dämpfen, die sich mit dem Fortschritt der<br />
Genomforschung ergeben hat. Nur die<br />
wenigsten Krankheiten sind vollständig<br />
oder weitestgehend genetisch bestimmt.<br />
Bezüglich der großen Zahl der genetisch<br />
mitbestimmten Krankheiten und der vermutlich<br />
nicht eben kleinen Zahl der rein<br />
umweltbestimmten Krankheiten wird die
<strong>Europäische</strong> <strong>Akademie</strong> <strong>Bad</strong> <strong>Neuenahr</strong>-Ahrweiler <strong>Newsletter</strong> No. <strong>54</strong> 3<br />
Entwicklung der Genetik entsprechend nur<br />
teilweise oder gar keinen Erfolg bringen.<br />
Vielmehr wird ein länger lebender Mensch<br />
rein statistisch Krankheiten sogar mit<br />
zunehmender Wahrscheinlichkeit erleben.<br />
Das Beispiel des Verhältnisses von Altern<br />
und Krankheit illustriert, dass, wie immer<br />
sich die Visionen für das Alter erfüllen, der<br />
Mensch ein wesentlich durch Kontingenz<br />
bestimmtes Wesen bleibt. Die Kontingenzbewältigungsaufgabe<br />
schlechthin wird<br />
jedoch weiter der eigene Tod bleiben.<br />
Selbst die schönste Vision darf nicht übersehen<br />
lassen, dass auch ein Mensch, der<br />
120 Jahre alt wird, ein Ende zu gegenwärtigen<br />
hat. Die condition humaine wird<br />
weiterhin durch das „Sein zum Tode“ zu<br />
verstehen sein. Diese Einsicht sollte allerdings<br />
wiederum nicht entmutigen, die<br />
letzte Phase des Lebens, die Phase des<br />
Sterbens, als Gestaltungsaufgabe wahrzunehmen.<br />
Allerdings ist gut vorstellbar, dass<br />
es gelingen wird, die Sterbephase, vor der<br />
viele Menschen mehr Angst haben als vor<br />
dem (für sie ja nicht erlebbaren) Tod, tendenziell<br />
zu verkürzen. Im Übrigen gilt in<br />
Bezug auf den Tod im ultra-hohen Alter<br />
noch stärker als bisher schon die Forderung,<br />
einen selbstbestimmten Tod zu<br />
ermöglichen.<br />
Die Einsicht in die wesentliche Kontingenz<br />
des Menschen als Sein zum Tode erlaubt es,<br />
eine letzte Warnung zu formulieren. Es<br />
kann nicht Teil einer kohärenten menschlichen<br />
Vision vom Alter sein, nicht nur den<br />
genetischen Mechanismus des Alterns,<br />
sondern auch den des Todes zu beherrschen,<br />
und somit eine praktische Unsterblichkeit<br />
zu realisieren. Ein endloses Leben<br />
wäre ein Leben, in dem alle Erfahrungen<br />
immer noch gemacht werden könnten –<br />
also nie gemacht würden –, ein Leben, in<br />
dem alle Entscheidungen immer noch<br />
getroffen werden könnten – also nie<br />
getroffen würden. Ein solches Leben ohne<br />
Ende überfordert also die menschliche<br />
Vorstellungskraft keineswegs, im Gegenteil:<br />
wir können es uns so gut vorstellen,<br />
dass wir es uns sinnvoll nicht wünschen<br />
können. Ein endloses Leben sollte daher<br />
auch nicht das Ziel derjenigen Wissenschaften<br />
sein, die sich diagnostisch und<br />
therapeutisch mit dem Altern beschäftigen.<br />
Professor Dr. Dr.h.c Carl Friedrich Gethmann ist<br />
Direktor der <strong>Europäische</strong>n <strong>Akademie</strong> GmbH; er<br />
hat einen Lehrstuhl für Philosophie an der Universität<br />
Duisburg-Essen. Der Beitrag ist eine<br />
Kurzfassung des Essays „Phasenhaftigkeit und<br />
Identität menschlicher Existenz. Zur Kritik einiger<br />
Visionen vom Altern“, in: Max-Planck-Gesellschaft<br />
(Hg.) Biomolecular Aspects of Aging.<br />
The Social and Ethical Implications, München<br />
2002, 50–61<br />
●<br />
Working Groups<br />
Nanomaterials, Nanodevices,<br />
Nanocomputing. Standortbestimmung<br />
und Perspektiven<br />
The project group „Nanomaterials, Nanodevices,<br />
Nanocomputing. Standortbestimmung<br />
und Perspektiven“ held a meeting in<br />
<strong>Bad</strong> <strong>Neuenahr</strong>-Ahrweiler from 10 to 11 February<br />
2005. There, the group verified the<br />
completeness status of the text contributions<br />
to the upcoming book and discussed<br />
its strategy concerning the patent analysis<br />
for the different fields of Nantotechnology.<br />
As a result, the technology field “Biomedical<br />
Opportunities and Applications”, will<br />
not be treated in the same way as the technology<br />
fields “Materials” and “Information<br />
Storage”. Instead, it will be dealt with by<br />
examining one single field topic exemplarically.<br />
This is due to the fact that the scientific<br />
biomedical community uses terms for<br />
the respective field in different ways, rendering<br />
an analysis within the study’s<br />
nomenclature futile.<br />
Project Coordinator:<br />
Dipl.-Ing. Wolfgang Rathgeber<br />
Phone +49 (0) 26 41 - 973 308<br />
wolfgang.rathgeber@dlr.de<br />
Intervening in the Psyche. Novel Possibilities<br />
as Social Challenges<br />
Two talks were presented during the project<br />
group’s 4 th meeting in Ahrweiler on<br />
17/18 February 2005. Being the clinical<br />
coordinator of an open-label pilot study to<br />
treat patients suffering from Huntington’s<br />
disease (HD) by means of Neurotransplantation<br />
(NT) Dr. Anne-Catherine Bachoud-<br />
Lévi (Hôpital Henri Mondor, Créteil Cedex)<br />
provided a comprehensive survey on the<br />
results of these trials. The overall situation<br />
of three out of five patients that received<br />
NT improved or at least got stabilized due<br />
to the treatment. These promising results<br />
are counterbalanced by some severe<br />
adverse effects like sub-dural haematoma<br />
that occurred for hitherto unknown reasons.<br />
Apart from reporting on the clinical<br />
results Dr. Bachoud-Lévi committed herself<br />
to the trade-off between scientific and<br />
ethical constraints that afflicts her<br />
research to a high degree. For instance,<br />
methodological rigour would call for a<br />
reliable control group that is hard to<br />
achieve in the case of NT unless one opts<br />
for an ethically suspicious procedure like<br />
sham surgery (in which patients undergo<br />
all the perioperative measures including<br />
general anaesthesia unknowing that they<br />
do not receive the actual treatment). Altogether,<br />
it is way too early to come to a<br />
conclusion about the effectiveness of NT<br />
for the treatment of HD. It was never<br />
expected to offer a cure for HD in the first<br />
place, but merely a deceleration of the<br />
gradual worsening of the symptoms asso-<br />
ciated with HD. Whether this aim allows<br />
for further trials in the face of the yielded<br />
complications remains an open question.<br />
After her talk chairman Professor Dr.<br />
Merkel asked Dr. Bachoud-Lévi whether<br />
she was ready to join the project group.<br />
Her decision to do so was acclaimed by all<br />
members of the project group.<br />
The second talk was given by Dr. Andrea<br />
Ludolph (Department of Child and Adolescent<br />
Psychiatry, Universitätsklinik Ulm)<br />
who attended the meeting as a proxy for<br />
Professor Dr. Jörg Fegert. She initiated a<br />
first discussion on the usage of psychopharmaceutical<br />
drugs by addressing<br />
the topic of Attention Deficit/Hyperactivity<br />
Disorder (ADHD) and its treatment by<br />
amphetamine derivatives. Initially, she<br />
enumerated the risk factors that have been<br />
found to account for the astounding<br />
prevalence of ADHD that is approximated<br />
to amount to 3–7% of school-age children<br />
having ADHD at any given time. It has<br />
been established in large multimodal<br />
treatment studies that a combined treatment<br />
with amphetamine medication and<br />
behavioural therapy is producing best<br />
results for ADHD. However, the resultant<br />
alleviation of symptoms can be accredited<br />
to a large extent to the drug treatment,<br />
whereas behavioural therapy only<br />
accounts for a slight reduction in ADHD<br />
symptoms. Accordingly, Dr. Ludolph<br />
dwelled on the physiological effect on the<br />
dopaminergic system in the brain by which<br />
amphetamine derivatives are assumed to<br />
operate on ADHD. Quite obviously, the<br />
project group will need to devote much<br />
more time to the intricate questions surrounding<br />
the usage of psychopharmaceutical<br />
drugs in children.<br />
Project Coordinator:<br />
Dr. Thorsten Galert<br />
Phone +49 (0) 26 41 – 973 307<br />
thorsten.galert@dlr.de<br />
Conferences<br />
●<br />
Workshop “Räumliche Auswirkungen<br />
der Virtualisierung”<br />
On 15 March 2005, the “<strong>Akademie</strong> für<br />
Raumforschung und Landesplanung” (ARL,<br />
Hannover) organized an expert meeting on<br />
virtualisation effects on spatial scales in<br />
Frankfurt am Main. The conference aimed<br />
at reviewing and discussing the consequences<br />
from the rapidly emerging information<br />
and communication technologies<br />
on urban planning and development in<br />
view of future research activities and related<br />
policies. Dr. Stephan Lingner was invited<br />
to give a talk on “Zukunftsforschung und<br />
Technikfolgenabschätzungen”.<br />
●
4 <strong>Newsletter</strong> No. <strong>54</strong> <strong>Europäische</strong> <strong>Akademie</strong> <strong>Bad</strong> <strong>Neuenahr</strong>-Ahrweiler<br />
News<br />
Neuer Studiengang Medizinethik<br />
Zum Sommersemester 2005 wird die <strong>Europäische</strong><br />
<strong>Akademie</strong> in Zusammenarbeit mit<br />
der der FernUniversität in Hagen sowie der<br />
Johannes Gutenberg-Universität Mainz an<br />
der FernUniversität in Hagen einen viersemestrigen<br />
Studiengang „Medizinethik“<br />
anbieten, an dem Absolventen eines<br />
medizinischen Studiengangs und im<br />
Gesundheitswesen tätige Hochschulabsolventen<br />
teilnehmen können. Der Studiengang<br />
wird nach erfolgter Akkreditierung<br />
und unter Anrechnung der bis dahin erbrachten<br />
Prüfungsleistungen als weiterbildender<br />
Masterstudiengang durchgeführt .<br />
Studieninhalte sind nach Einführungen in<br />
die Medizinethik, in die philosophische und<br />
medizinische Anthropologie verschiedene<br />
medizinethische Probleme wie z.B. die<br />
Selbstbestimmung des Patienten im Rahmen<br />
des Arzt-Patient-Verhältnisses, die Vertretung<br />
von Patienteninteressen im Gesundheitswesen,<br />
aber auch die ökonomische Verwertungnaturwissenschaftlich-medizinischer<br />
Erkenntnisse und exemplarische Studien<br />
zu Medizinethik und Recht.<br />
Die Kooperationspartner erarbeiten gemeinsam<br />
das praxisorientierte Studienmaterial<br />
im Rahmen interdisziplinärer Forschungsprojekte<br />
und bearbeiten dieses für die Lehre<br />
im Fernstudium. Praktische Anwendung in<br />
der konkreten Situation ärztlicher Entscheidungen<br />
findet in Präsenzphasen in der<br />
Mainzer Universitätsklinik statt. Die Partner<br />
sehen dieses Weiterbildungsangebot für<br />
medizinisch Tätige als Chance, sich die<br />
immer wichtiger werdende Sekundär-Kompetenz<br />
der ethischen Reflexion professionell<br />
und berufsbegleitend anzueignen.<br />
Research Report 2003–2004<br />
The <strong>Europäische</strong> <strong>Akademie</strong> released its<br />
research report 2003-2004. The report<br />
documents the interdisciplinary and international<br />
orientation that is central to the<br />
research activities undertaken by the<br />
<strong>Europäische</strong> <strong>Akademie</strong>. The scientific work<br />
of the academy is rendered fully transparent<br />
and accessible to the scientific communities<br />
and the public, above all by the<br />
spring and autumn conferences, numerous<br />
expert meetings as well as the four institutionalised<br />
publications (book series “Wissenschaftsethik<br />
und Technikfolgenab-<br />
schätzung” ,with 25 volumes, the series<br />
“Graue Reihe”, the scientific journal<br />
“Poiesis & Praxis”, the third volume of<br />
which will be completed in the beginning<br />
of 2005, and the <strong>Newsletter</strong>). One main<br />
emphasis of the presented research report<br />
is on the projects of the fourth generation,<br />
which are due to be completed in 2005<br />
and 2006. Based on the experience gained<br />
during 18 interdisciplinary projects that<br />
have been carried out (including those<br />
which are currently running) the instrument<br />
of the interdisciplinary project group<br />
may be regarded as having proved itself as<br />
a mode of operation.<br />
Publisher: <strong>Europäische</strong> <strong>Akademie</strong> zur Erforschung von Folgen wissenschaftlich-technischer Entwicklungen<br />
<strong>Bad</strong> <strong>Neuenahr</strong>-Ahrweiler GmbH, Wilhelmstraße 56, D-53474 <strong>Bad</strong> <strong>Neuenahr</strong>-Ahrweiler<br />
e-mail: europaeische.akademie@dlr.de, Internet: www.europaeische-akademie-aw.de<br />
Director: Professor Dr. phil. Dr. phil. h.c. Carl Friedrich Gethmann (V.i.S.d.P.)<br />
Editing: Sevim Kiliç, Dipl.-Päd., Phone +49 (0) 2641-973 313, Fax 973 320, sevim.kilic@dlr.de<br />
●<br />
Call for Papers<br />
The scientific journal POIESIS & PRAXIS is<br />
conceived as an interdisciplinary forum for<br />
reflections on the scientific and technological<br />
future of our civilisation. In detail,<br />
the contributions collected within the<br />
journal will be devoted to:<br />
• Research into the consequences of scientific,<br />
technological and bio-medical<br />
advancements and their relevance to<br />
society;<br />
• Reflections on this type of study in the<br />
sense of ethics of science and technology<br />
assessment. This will include philosophical<br />
aspects of science, as well as the<br />
pertinent legal, sociological and economic<br />
implications;<br />
• Discussion of the methods, ideas and<br />
processes of ethics of science and technology<br />
assessment;<br />
• The analysis of the relationship between<br />
technology assessment and ethics of science<br />
on the one hand and politics and<br />
society on the other.<br />
POIESIS & PRAXIS is a scientific peerreviewed<br />
journal primarily aimed at interested<br />
parties from research establishments<br />
in the fields of philosophy, natural, social<br />
and legal sciences, as well as in the medical<br />
disciplines. In addition, it is addressed to<br />
decision-makers in political institutions<br />
and in business.<br />
Managing Editor: Dr. Stephan Lingner<br />
Phone: +49 (0) 26 41 - 973 306<br />
stephan.lingner@dlr.de<br />
●<br />
Personalities<br />
Gundolf Gubernatis studied human medicine<br />
at the Medizinische Hochschule Hannover<br />
and finished his Ph.D. in anaesthesiology<br />
in1981. From 1981-1989 he completed<br />
his professional training as physician for<br />
surgery in the Universitätsklinik Göttingen<br />
in the department of Professor Dr. Peiper, in<br />
the Technische Universität München in the<br />
department of Professor Dr. Siewert and in<br />
the Medizinische Hochschule Hannover in<br />
the department of Professor Dr. Pichlmayr.<br />
In 1990 Professor Dr. Gubernatis was awarded<br />
the Venia legendi for surgery. The topic<br />
of his professorial dissertation is: Early postoperative<br />
rejection after liver transplantation.<br />
From 1990–1995 he was assistant<br />
medical director at the Klinik für Abdominal-<br />
und Transplantationschirurgie der<br />
Medizinischen Hochschule Hannover and in<br />
addition from 1994–1995 assignee of the<br />
Deutsche Stiftung Organtransplantation<br />
(DSO) for the functional and structural<br />
advancement of the field organ donation in<br />
the region Lower Saxony/Ostwestfalen.<br />
From 1996–2000 he was active as managing<br />
doctor of the organisation centre of the<br />
DSO for the Federal state of Lower Saxony.<br />
After having attended an in-service study<br />
hospital management for physicians in Hannover<br />
from 1998-1999, he graduated as<br />
“Medical Hospital Manager (MHMr)”. Since<br />
2000 Professor Gubernatis is managing doctor<br />
for the region Nord of the DSO. Besides,<br />
he is active as professor and scientist at the<br />
Medizinische Hochschule Hannover since<br />
1990.<br />
Professor Dr. Gundolf Gubernatis is a member of<br />
the project group “Incentives for Organ Donation”<br />
of the <strong>Europäische</strong> <strong>Akademie</strong>.<br />
●<br />
Print: Warlich Druck Ahrweiler GmbH, <strong>Bad</strong> <strong>Neuenahr</strong>-Ahrweiler<br />
ISSN 1432-0150, frequency of publication: 8 – 10 times per year, 2.700 copies, reproduction is permitted<br />
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