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3010096 EA - Graue Reihe 42 Cover - Europäische Akademie Bad ...

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GRAUE REIHE · NR. <strong>42</strong> · MAI 2007<br />

Gesellschaftliche Randbedingungen<br />

der Virtualisierung urbaner<br />

Lebenswelten<br />

Stephan Lingner, Simone Allin, Gerhard Steinebach (Hrsg.)


GRAUE REIHE · NR. <strong>42</strong> · MAI 2007<br />

Gesellschaftliche Randbedingungen<br />

der Virtualisierung urbaner<br />

Lebenswelten<br />

Stephan Lingner, Simone Allin, Gerhard Steinebach (Hrsg.)


Publisher<br />

Die Schriften der „<strong>Graue</strong> <strong>Reihe</strong>“ umfassen aktuelle Materialien und Dokumentationen,<br />

die von den Wissenschaftlern der <strong>Europäische</strong>n <strong>Akademie</strong> zur Erforschung<br />

von Folgen wissenschaftlich-technischer Entwicklungen <strong>Bad</strong> Neuenahr-Ahrweiler<br />

GmbH laufend erarbeitet werden. Die Publikationen der „<strong>Graue</strong> <strong>Reihe</strong>“ werden<br />

als Manuskripte gedruckt und erscheinen in loser Folge im Selbstverlag der <strong>Europäische</strong>n<br />

<strong>Akademie</strong>. Sie können über die <strong>Europäische</strong> <strong>Akademie</strong> auf schriftliche<br />

Anfrage bezogen werden.<br />

<strong>Europäische</strong> <strong>Akademie</strong><br />

zur Erforschung von Folgen wissenschaftlich-technischer Entwicklungen<br />

<strong>Bad</strong> Neuenahr-Ahrweiler GmbH<br />

Wilhelmstraße 56, 53474 <strong>Bad</strong> Neuenahr-Ahrweiler<br />

Tel. +49 (0) 26 41 973-300, Fax +49 (0) 26 41 973-320<br />

e-mail: europaeische.akademie@ea-aw.de<br />

Homepage: www.ea-aw.de<br />

Direktor<br />

Professor Dr. Dr. h.c. Carl Friedrich Gethmann (V.i.S.d.P.)<br />

ISSN<br />

1435-487 X<br />

Redaktion<br />

Katharina Mader, M.A.; Friederike Wütscher<br />

Layout und Druck<br />

Köllen Druck+Verlag, Bonn+Berlin, www.koellen.de


Vorwort<br />

Die urbane Entwicklung wird heute durch die großen Trends des demographischen<br />

Wandels, der Globalisierung und der Technisierung beeinflusst. Neben räumlichen<br />

Konsequenzen führt dies auch zu weit reichenden gesellschaftlichen Veränderungen.<br />

Diese werden überlagert durch die Virtualisierungsfolgen der zunehmenden Anwendung<br />

moderner und sich fortentwickelnder Informations- und Kommunikationstechniken<br />

(IKT) in den verschiedenen Lebensbereichen des Menschen. Die vorausschauende<br />

Beschreibung von Interaktionen sozio-ökonomischer und technischer Megatrends mit<br />

der Virtualisierung von Lebenswelten in der modernen Informationsgesellschaft ist<br />

daher ein wichtiger Baustein für die zukunftsgerechte Beurteilung stadtplanerischer<br />

Konzepte und Vorhaben. So ist beispielsweise eine Überlagerung der beschriebenen<br />

Projektionen mit übergreifenden gesellschaftlichen Trends – wie die Alterung der<br />

Gesellschaft in Europa – zu verzeichnen, die die Ausprägung der obigen Effekte und<br />

damit den raumplanerischen Handlungsbedarf erheblich beeinflussen könnten.<br />

Der kritischen Erörterung relevanter Entwicklungstrends mit externen Fachwissenschaftlern<br />

diente ein Workshop „Gesellschaftliche Randbedingungen der Virtualisierung<br />

urbaner Lebenswelten“ am 16.10.2006 in der <strong>Europäische</strong>n <strong>Akademie</strong> in <strong>Bad</strong> Neuenahr-Ahrweiler.<br />

1 Die zentralen Ergebnisse dieses Expertengesprächs werden im vorliegenden<br />

Band der <strong>Graue</strong>n <strong>Reihe</strong> dokumentiert, wobei zwei Beiträge nur als Folienpräsentationen<br />

verfügbar sind. Sie werden – als deskriptive Basis – in die Studie der <strong>Europäische</strong>n<br />

<strong>Akademie</strong> „Raumplanung und die Virtualisierung von Lebenswelten“ einfließen. Die Studie<br />

wiederum ist Teil des Gemeinschaftsvorhabens „Räumliche Auswirkungen der Virtualisierung<br />

und ihre technologisch-gesellschaftlichen Randbedingungen“ mit der Technischen<br />

Universität Kaiserslautern, Lehrstuhl Stadtplanung (Professor Dr.-Ing. G. Steinebach)<br />

und dem Deutschen Zentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) (Professor Dr. Hans<br />

Hagen). Das von Professor Steinebach koordinierte Gesamtvorhaben 2 wird vom Hochschulprogramm<br />

„Wissen schafft Zukunft“ des Landes Rheinland-Pfalz gefördert.<br />

Stephan Lingner, <strong>Bad</strong> Neuenahr-Ahrweiler April 2007<br />

Simone Allin, Kaiserslautern<br />

Gerhard Steinebach, Kaiserslautern<br />

1 Neben den Autoren dieses Bandes trugen folgende weitere Teilnehmer des Fachgesprächs zur gemeinsamen<br />

Diskussion bei: H. Leprich, T. Müller, A. Siegler (alle am Lehrstuhl Stadtplanung der TU Kaiserslautern)<br />

sowie Dr. B. Droste-Franke und A. Schlochtermeier (beide an der <strong>Europäische</strong>n <strong>Akademie</strong>).<br />

2 Siehe hierzu: Schriften zur Stadtplanung (Hg. G. Steinebach), Bd. 6, 12/2006<br />

3


Inhaltsverzeichnis<br />

Einführung .................................................................................................... 7<br />

Stephan Lingner<br />

Raumrelevanz der Virtualisierung .............................................................. 9<br />

Gerhard Steinebach<br />

Megatrend „Demographie“ ........................................................................ 29<br />

Heinrich Mäding<br />

Hinweise der Lebensstilforschung für die Debatten<br />

um Virtualisierung und Reurbanisierung .................................................. 41<br />

Annette Spellerberg<br />

Recodierung des urbanen Raums durch das Internet? .......................... 57<br />

Dieter Hassenpflug<br />

Räumliche Trends in der Telekommunikationslandschaft Europas –<br />

Analyse ausgewählter ESPON-Ergebnisse ................................................ 63<br />

Erich Dallhammer<br />

Wie sicher ist die Stadt? Wie urban kann Sicherheit sein?<br />

Mögliche Folgen des Megatrends „Sicherheit“ für die<br />

Virtualisierung urbaner Lebenswelten ...................................................... 81<br />

Holger Floeting<br />

Gesellschaftliche Randbedingungen der Virtualisierung<br />

von Lebenswelten und ihre Folgen. Synopsis und Fazit ............................ 89<br />

Stephan Lingner<br />

5


Einführung<br />

Stephan Lingner<br />

Moderne Informations- und Kommunikationstechniken (IKT) haben mit wachsender<br />

Tendenz Einzug in viele Lebensbereiche des Menschen gehalten. Ein wichtiger<br />

Bereich, in dem die Emergenz von IKT zu neuen Herausforderungen für die Gesellschaft<br />

führen wird, ist im öffentlichen Leben sowie in der Entwicklung urbaner und<br />

ländlicher Räume zu suchen. So werden sich beispielsweise im Wirtschaftsleben<br />

durch die zunehmende Bedeutung von „E-Business“ Szenarien für den zukünftigen<br />

Mobilitäts- und Infrastrukturbedarf signifikant ändern, die wiederum rechtzeitig in<br />

eine sachgerechte Raumplanung einfließen sollten. Dabei hat die planerische Sicht zu<br />

berücksichtigen, dass eine Überlagerung der beschriebenen Projektionen mit übergreifenden<br />

gesellschaftlichen Trends – wie der Alterung der Gesellschaft in Europa<br />

– zu erwarten ist. Entsprechende Entwicklungstrends werden die Ausprägung der<br />

obigen Effekte und damit den raumplanerischen Handlungsbedarf voraussichtlich<br />

erheblich beeinflussen.<br />

Darüber hinaus sind im Zusammenhang mit dem zunehmenden Einsatz von IKT im<br />

Raum sowohl Anonymitätserwartungen der Bürger als auch ihre Ansprüche an<br />

gesellschaftlicher Teilhabe tangiert, die es in einem Folgeband der <strong>Graue</strong>n <strong>Reihe</strong> kritisch<br />

zu reflektieren gilt.<br />

Zum Virtualisierungsbegriff<br />

Aus gesellschaftswissenschaftlicher Sicht lassen sich sowohl theoretische als auch<br />

praktische Zugänge zur Verwendung von „Virtualität“ finden. So hat man ausgehend<br />

vom Begriff virtus (lat. Kraft, Vermögen) schon frühzeitig eine erkenntnistheoretische<br />

Vorstellung von Virtualität entwickelt, die als „absolute Realität“ versucht,<br />

ein umfassendes Verständnis von Wirklichkeit als Ergebnis nicht nur ihrer<br />

objektiven Anteile, sondern auch ihrer subjektiven Einflüsse zu konzipieren (s. Mittelstraß<br />

1996, Stichworte: Realität, Virtualität). Danach wirken sowohl Gegenstände<br />

(Objekte) und ihre Dynamik als auch der handelnde oder nach Erkenntnis strebende<br />

Mensch auf das ein, was sich dem Beobachter als (absolute) Realität zeigt.<br />

Diese integrierte Sicht schließt nicht nur den Menschen als Umweltgestalter ein, sondern<br />

auch als seine Umwelt nach seinen (subjektiven) Wahrnehmungen und Zwecken<br />

7


Definierender. Demgegenüber läuft die alltagssprachliche Verwendung der Begriffe<br />

von Realität und Virtualität auf einen Dualismus hinaus, der den Gegensatz zwischen<br />

körperlich bestehenden Einheiten oder Prozessen und solchen, die sich auf die immaterielle<br />

oder Vorstellungswelt beschränken, betont. Lebenspraktisch war diese Perspektive<br />

in vielen Fällen besser operabel, weswegen sie sich in der Alltagswelt auch<br />

durchgesetzt hat. Diese „materialistische“ Sichtweise stößt allerdings an Grenzen –<br />

beispielsweise dann, wenn es um die entsprechende Einordnung moderner („virtueller“)<br />

IKT-Inhalte geht: So sind für deren Verständnis die ihnen zugrunde liegenden<br />

„realen“ Binär-Codes irrelevant – im Gegensatz zu ihren „phänotypischen“ Ausprägungen<br />

und ihren gewollten bzw. wahrgenommenen Bedeutungen. Mit Blick auf<br />

die angesprochene Virtualisierungsproblematik könnte daher die integrative Perspektive<br />

von Virtualität, die notwendigerweise auch Realität impliziert, hier relevant<br />

werden.<br />

Dr. rer. nat. Stephan Lingner, Dipl.-Geol.<br />

<strong>Europäische</strong> <strong>Akademie</strong> zur Erforschung von Folgen wissenschaftlichtechnischer<br />

Entwicklungen <strong>Bad</strong> Neuenahr-Ahrweiler GmbH<br />

Literatur<br />

Mittelstraß J (1996) Enzyklopädie Philosophie und Wissenschaftstheorie. Bd. 3 und 4. Stuttgart/Weimar<br />

8


Raumrelevanz der Virtualisierung<br />

Gerhard Steinebach<br />

2.1 Ausgangslage<br />

Der Workshop „Gesellschaftliche Randbedingungen der Virtualisierung urbaner<br />

Lebenswelten“ steht im Gesamtzusammenhang des Forschungsprojektes „Räumliche<br />

Auswirkungen der Virtualisierung und ihre technologisch-gesellschaftlichen<br />

Randbedingungen“ der Technischen Universität Kaiserslautern, Lehrstuhl Stadtplanung,<br />

Professor Dr.-Ing. G. Steinebach, der <strong>Europäische</strong>n <strong>Akademie</strong> in <strong>Bad</strong> Neuenahr-Ahrweiler,<br />

Professor Dr. Dr. h.c. Carl Friedrich Gethmann, und des Deutschen<br />

Zentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI), Professor Dr. Hans Hagen. Die Untersuchungsgegenstände<br />

der einzelnen Beiträge des Workshops befassen sich mit Teilaspekten<br />

dieser Problematik und dienen der Grundlagenermittlung im Rahmen des<br />

Forschungsprojektes.<br />

Darüber hinaus sind in das Forschungsprojekt Erkenntnisse aus der am Lehrstuhl<br />

Stadtplanung federführend betreuten Erarbeitung der Wettbewerbsbeiträge für die<br />

Städte Kaiserslautern und Homburg/Saar im Rahmen des von der Deutschen Telekom<br />

AG im Frühjahr 2006 ausgelobten, deutschlandweiten Städtewettbewerbs<br />

„T-City“ eingeflossen. Im Rahmen des Wettbewerbs wurden Konzepte entwickelt,<br />

die die spezifischen Aufgaben und Herausforderungen der Städte mit Hilfe moderner<br />

Informations- und Kommunikationstechnologien besser bewältigen und zugleich<br />

ein gut vernetztes Gemeinwesen schaffen sollen. Im kommunalen Wettstreit um den<br />

Ausbau einer der modernsten städtischen Highspeed-Infrastrukturen und die Durchführung<br />

einer Vielzahl thematisch passender Einzelprojekte standen ebenfalls die<br />

Betrachtung der allgemeinen Wirkungen des Einsatzes elektronischer Informationsund<br />

Kommunikationssysteme für die Stadt als Lebensraum sowie die entsprechenden<br />

Folgen der Virtualisierung in den unterschiedlichen Lebenswelten des Menschen<br />

im Mittelpunkt.<br />

2.1.1 Problemstellung<br />

Die sich rasant fortentwickelnden Informations- und Kommunikationstechnologien<br />

und die zunehmende Anwendung in verschiedenen Lebensbereichen des Menschen<br />

führen zu zahlreichen Konsequenzen (Steinebach 2005). Dieser hier als „Virtuali-<br />

9


sierung“ bezeichnete Prozess betrifft die technologischen Grundlagen und Möglichkeiten<br />

zum partiellen oder vollständigen Ersatz sowie zur Ergänzung von Gegenständen<br />

oder Abläufen sowie Vorgängen durch (binäre) Daten.<br />

Seine Bezüge sind unter anderem gesellschaftlicher und räumlicher Natur. Beide stehen<br />

in einem Wechselwirkungsverhältnis und können nicht isoliert voneinander<br />

betrachtet werden. Im Folgenden werden zunächst die Gesamtzusammenhänge dargestellt<br />

und sodann die räumlichen Bezüge thematisiert.<br />

Die Abhängigkeiten der Kommunikationsmöglichkeiten von der Ausbreitung und<br />

Verfügbarkeit der Kommunikationsinfrastrukturen sowie der Sicherheit, der Kapazität<br />

und Schnelligkeit der Datenströme sind weitere wichtige Aspekte, die hier aber<br />

nicht vertiefend zu erörtern sind.<br />

2.1.2 Zielsetzung<br />

Für den Raumwissenschaftlicher dürfen die räumlichen Konsequenzen der Virtualisierung<br />

und die Ableitung der sich daraus ergebenden Anforderungen an die raumbezogene<br />

Planung nicht außer Betracht bleiben. Dazu bedarf es aber zunächst der<br />

Grundlagenermittlung gesellschaftlicher, technischer und räumlicher Zusammenhänge,<br />

um über eine möglichst frühzeitige Bestimmung der Potenziale der Virtualisierung<br />

Erkenntnisse zu positiven und negativen Folgewirkungen zu erzielen.<br />

In diesem Beitrag soll quasi in einem Vorgriff festgestellt werden, in welchem Raumbezug<br />

die Virtualisierung steht, um damit in einem ersten Schritt Bindeglieder zwischen<br />

den sich in den folgenden Beiträgen äußernden Disziplinen zu formulieren.<br />

2.2 Dimensionen der Virtualisierung urbaner Lebenswelten<br />

In Bezug auf die gesellschaftliche Dimension der Virtualisierung stehen der demographische<br />

Wandel und der Wandel der Lebensstile im Mittelpunkt. Hinzu kommen<br />

die ökonomische Dimension in Form des ökonomischen Wandels und der Globalisierung<br />

sowie die technologische Dimension.<br />

2.2.1 Gesellschaftliche und soziale Dimension<br />

Die gesellschaftliche Dimension der Virtualisierung lässt sich anhand der sozioökonomischen<br />

Megatrends des demographischen Wandels, des Wandels der Lebensstile,<br />

der Entwicklung hin zur Informations- bzw. Wissensgesellschaft und eines<br />

10


gesamt-gesellschaftlichen Wandels aufgrund einer veränderten Sicherheitslage<br />

beschreiben.<br />

Mit den Auswirkungen des demographischen Wandels beschäftigt sich der Beitrag<br />

von Professor Dr. Heinrich Mäding (Difu Berlin).<br />

Neben der Veränderung der Altersstruktur der Gesellschaft zeigt sich vor allem ein<br />

Wandel der Lebensstile hin zu einer Pluralisierung und Heterogenität. Aufgabe der<br />

Städte ist es, den verschiedenen Ansprüchen der Lebensstilgruppen an den städtischen<br />

Raum Platz zu bieten. Die Entwicklung von Lebensstilen und die Zusammenhänge<br />

mit der Virtualisierung urbaner Lebenswelten ist Thematik des Beitrages<br />

von Juniorprofessorin Dr. Annette Spellerberg (TU Kaiserslautern).<br />

Weitere Aspekte der gesellschaftlichen und sozialen Dimension der Virtualisierung<br />

zeigen sich im Wandel hin zur Informations- bzw. Wissensgesellschaft. Die Auswirkungen<br />

der Informationsgesellschaft auf den öffentlichen Raum sind Thema des<br />

Beitrages zur Recodierung des urbanen Raums durch das Internet von Professor Dr.<br />

Dieter Hassenpflug (Bauhaus-Universität Weimar).<br />

Mit den möglichen Folgen der Veränderung der Sicherheitslage für die Virtualisierung<br />

urbaner Lebenswelten beschäftigt sich der Beitrrag von Holger Floeting (Difu<br />

Berlin). Neben Sicherheitsfragen sind im Zusammenhang des gesellschaftlichen Wandels<br />

durch den vermehrten Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien<br />

im Raum sowohl Anonymitätserwartungen der Bürger als auch ihre Ansprüche<br />

an gesellschaftlicher Teilhabe tangiert. Schlagworte wie „digitale Spaltung“ und<br />

„gläserner Mensch“ sind Thematiken, die es im Forschungszusammenhang kritisch<br />

zu reflektieren gilt.<br />

Zusammenfassend stellen sich aus gesellschaftswissenschaftlicher Sicht folgende<br />

Kernfragen:<br />

– Welche Konsequenzen ergeben sich im Kontext des Wandels der Lebensstile, des<br />

demographischen Wandels und des Wandels hin zur Informations- bzw. Wissensgesellschaft<br />

sowie im Kontext von Sicherheitsfragen aus der fortschreitenden<br />

Durchdringung der Lebenswelten des Menschen durch IuK-Technologien?<br />

– Inwieweit ist der Einsatz von IuK-Technologien in der Lage, die gesellschaftlichen<br />

Entwicklungen/Probleme, d. h. die gesellschaftlichen Folgen im Kontext des Wandels<br />

der Lebensstile, des demographischen Wandels bzw. im Kontext von Sicherheitsfragen,<br />

zu verstärken oder abzuschwächen?<br />

11


– Ist hier eine einheitliche Entwicklung zu beobachten oder existieren standortbe-<br />

dingte Unterschiede (nach Regionen, Stadt – ländlicher Raum etc.)?<br />

– Welche Bereiche, Funktionen und Umfänge unserer heutigen Realität lassen sich<br />

zukünftig gerechtfertigt oder gar wünschbar virtualisieren?<br />

2.2.2 Ökonomische und technologische Dimension<br />

Neben der weitergehenden Erforschung der Rolle gesellschaftlicher Megatrends<br />

bedarf es auch der Untersuchung der ökonomischen und technologischen Zusammenhänge.<br />

Hierzu soll gegebenenfalls ein weiteres Fachgespräch stattfinden.<br />

2.2.3 Räumliche Dimension<br />

Vor allem die Anpassungserfordernisse vorhandener und der Ausbau zukünftiger<br />

Verkehrs- und sonstiger Infrastruktursysteme (vor allem Kommunikationsinfrastruktur,<br />

siehe auch Städtewettbewerb „T-City“ der Deutschen Telekom AG,<br />

www.t-city.de, 30.4.2007) spielen unter Berücksichtigung der potenziellen Veränderungen<br />

in den Nutzungsmustern des Menschen und als Standortfaktor für die<br />

Ansiedlung von Unternehmen eine bedeutungsvolle Rolle. Im Weiteren sind zu den<br />

Folgen der Virtualisierung die Gestalt- und die Funktionveränderungen öffentlicher<br />

Räume (Stichworte „places vs. spaces“) zu nennen.<br />

Zusammenfassend lassen sich aus räumlicher Sicht folgende Kernfragen stellen:<br />

– Was sind die räumlichen Dimensionen und was die räumlichen Auswirkungen der<br />

Virtualisierung?<br />

– Wie gestaltet sich die Virtualisierung? Als Ersatz oder Ergänzung von „Realität“?<br />

– Was sind die Standortansprüche von Personen und Unternehmen an die Städte<br />

und Dörfer im Kontext der Virtualisierung?<br />

– Ist Virtualisierung ein Standortfaktor?<br />

– Trägt Virtualisierung zur Standortqualität bei?<br />

– Welche Konsequenzen ergeben sich derzeit im Kontext der Rolle des urbanen<br />

Raumes aus der fortschreitenden Durchdringung der Lebenswelten des Menschen<br />

durch IuK-Technologien?<br />

– Ist hier eine einheitliche Entwicklung zu beobachten oder existieren standortbedingte<br />

Unterschiede (Stadt – ländlicher Raum etc.)?<br />

– Inwieweit ist der Einsatz von IuK-Technologien in der Lage, diese Folgen im Kontext<br />

der Rolle des urbanen Raumes zu verstärken oder abzuschwächen?<br />

12


2.3 IuK-Infrastruktur und technologische Vorraussetzungen<br />

2.3.1 Information und Kommunikation<br />

Der theoretische Begriff der Kommunikation ist zunächst vieldeutig. Begriffskritische<br />

Studien kommen auf 160 Definitionen oder definitorische Sätze (Merten 1999).<br />

Zudem ist die Begrifflichkeit eher uneinheitlich und sie verändert sich wie auch der<br />

ganze Bereich der Kommunikation rasch (Maletzke 1998). Im Folgenden wird jedoch<br />

versucht, die Begrifflichkeit soweit einzugrenzen, dass klar wird, was hier unter<br />

Kommunikation verstanden wird.<br />

Den Begriff Kommunikation kann man je nach Kontext und Bedarf eng oder weit<br />

fassen. Der engere Kommunikationsbegriff bezieht sich auf die Gemeinsamkeiten<br />

zwischen verschiedenen Menschen, auf einen sozialen Prozess. Unter Kommunikation<br />

kann demnach auf der menschlichen Alltagsebene der wechselseitige Austausch<br />

und auch die gemeinsame Generierung von Gedanken in Sprache, Gestik, Mimik,<br />

Schrift oder Bild verstanden werden. Stark verkürzt lässt sich sagen, dass Kommunikation<br />

die Bedeutungsvermittlung zwischen Lebewesen ist. Diese Verkürzung wird<br />

jedoch seit einigen Jahren vielfach nicht mehr anerkannt (Maletzke 1998). Ein umfassender,<br />

weiter gefasster Begriff der Kommunikation wird in vielen verschiedenen<br />

Bereichen und in den entsprechenden Wissenschaften angewandt. So wird auch in<br />

Bezug auf Prozesse unter Tieren (animalische Kommunikation), Prozesse innerhalb<br />

lebender Organismen (Biokommunikation) wie auch innerhalb oder zwischen technischen<br />

Systemen (technische Kommunikation, Maschinenkommunikation) oder<br />

zwischen Menschen und technischen Apparaten, zum Beispiel Computern (Mensch-<br />

Maschine-Kommunikation) von Kommunikation gesprochen (Maletzke 1998).<br />

Kommunikation dient dazu, sich zu verständigen und mitzuteilen, d. h. Kommunikation<br />

stellt das zum Teil wechselseitige Übermitteln von Daten oder von Signalen<br />

mit einem festgelegten Bedeutungsinhalt dar. Diese Signale dienen als Auslöser für<br />

bestimmte Reaktionen. Man geht dabei von einem wechselseitigen Verstehensprozess<br />

zwischen Partnern mit einer gemeinsamen Basis aus, also von der Voraussetzung,<br />

dass jeglicher Kommunikation ein dem Sender und Empfänger gemeinsamer Symbolvorrat<br />

(shared code) zugrunde liegt (Graumann, in: Maletzke 1998). Die Daten<br />

bzw. Signale müssen in eine Syntax, also in einen logischen und systematischen Kontext<br />

gebracht werden, um als Information ausgetauscht bzw. übertragen werden zu<br />

können (Kübler 2003). Kommunikation kann demnach als ein Ereignis der Über-<br />

13


tragung oder des Austauschs von Informationen bzw. von Wissen zwischen Menschen,<br />

zwischen Maschinen und Geräten oder zwischen Menschen und Maschinen<br />

über verschiedene Medien bezeichnet werden.<br />

In Bezug auf den Begriff der Kommunikation soll zwischen der Übertragung von<br />

Informationen und Wissen unterschieden werden. Standardisierte Informationen<br />

weisen eine eindeutige Bedeutung auf und lassen sich kontextunabhängig suchen,<br />

interpretieren und verstehen (Läpple 2003). Bezüglich der Virtualisierung der Übertragung<br />

von Informationen lässt sich demnach eine eindeutige Orts- und Zeitunabhängigkeit<br />

feststellen.<br />

In Bezug auf die Virtualisierung der Vermittlung von kontextgebundenem Wissen lassen<br />

sich keine so eindeutigen Aussagen treffen. Die Vermittlung von kontextgebundenem<br />

Wissen ist anders als die reine Übertragung von Informationen stark abhängig<br />

von einem gemeinsamen kognitiven, kulturellen und sozialen Kontext. Für die<br />

Wissensübermittlung lässt sich aufgrund der Kontextabhängigkeit von nicht kodifiziertem<br />

Wissen beispielsweise nach wie vor eine Notwendigkeit häufiger persönlicher<br />

(„face-to-face“) Kontakte oder zwischenbetrieblicher Mobilität von Arbeitskräften<br />

erkennen (Läpple 2003).<br />

In Bezug auf die Kommunikation ist der Begriff der Virtualisierung als partieller<br />

oder vollständiger Ersatz bzw. als Ergänzung von Kommunikationsabläufen und<br />

-vorgängen, das heißt des Informationsaustauschs durch (binäre) Daten zu verstehen.<br />

Dies ermöglicht es, bislang papiergebundene oder persönlich vis-à-vis bzw. fernmündlich<br />

ablaufende Kommunikation vollständig elektronisch bzw. elektronisch<br />

unterstützt abzuwickeln. Aufgrund der Ubiquität von Kommunikation als Voraussetzung<br />

gesellschaftlicher und technischer Prozesse stellt die virtualisierte Kommunikation<br />

somit eine Basisfunktion dar, die die anderen städtebaulichen Grundfunktionen<br />

Wohnen, Arbeiten, Freizeit und Verkehr im erheblichen Maße beeinflusst.<br />

2.3.2 IuK-Infrastrukturversorgung<br />

Betrachtet man die allgemeine Entwicklung im Bereich der Kommunikationsinfrastrukturen,<br />

so lässt sich eine zunehmende Durchdringung der unterschiedlichen<br />

Lebensbereiche des Menschen und ein besonderer Einfluss des vermehrten Einsatzes<br />

moderner Informations- und Kommunikationsinfrastrukturen (Breitbandtechnik<br />

etc.) im Bereich der genannten Grundfunktionen feststellen. Zu den bereits „klassischen“<br />

Angeboten virtualisierter Kommunikation gehören der E-Mail-Verkehr und<br />

14


das World Wide Web im Zusammenhang mit den Erleichterungen durch die Einführung<br />

von HTML und Browsern zum intuitiven Suchen und Finden von Informationen.<br />

Der Ausbau und die Integration verschiedener Online-Dienste werden<br />

vorangetrieben und Software für Kommunikation und Datenaustausch entwickelt<br />

(Langenhagen-Rohrbach 2006).<br />

Die modernen Kommunikationsmöglichkeiten unterliegen durch ständige Innovationen<br />

fortlaufend Veränderungen. Aufgrund der fortschreitenden technologischen<br />

Entwicklung, sei es durch die stetige Zunahme von Übertragungsraten oder die vermehrte<br />

Nutzung von Funktechnologien, wird sich die „Landschaft“ der IuK-Dienste<br />

weiterhin nachhaltig verändern und es werden neue Wachstumsmöglichkeiten<br />

erschlossen (Bundesregierung 2006). Die durch die Universalität der Einsetzbarkeit<br />

und die globalen Vernetzungsmöglichkeiten der dezentralen Strukturen der Informations-<br />

und Kommunikationstechnologien entstehenden Anwendungsbereiche sind<br />

vielfältig und bislang bei weitem nicht ausgeschöpft (Läpple 2003).<br />

Von besonderer Bedeutung sind in diesem Zusammenhang die Zugangsmöglichkeiten<br />

zu entsprechenden Kommunikations- und Informationsinfrastrukturen. Bislang<br />

ermöglicht die Entwicklung der Informations- und Kommunikationstechnologien<br />

eine Überwindung der Schranken von Raum und Zeit nur bis zu einem gewissen<br />

Grad. Neben den eigentlichen Zugangsoptionen ist der Nutzen, den die Informations-<br />

und Kommunikationstechnologien mit sich bringen, abhängig insbesondere<br />

von der Sicherheit, der Zuverlässigkeit und der Leistungsfähigkeit, die die Netze<br />

bieten. Das heißt, es muss gewährleistet werden, schnell, sicher und von überall auf<br />

entsprechend leistungsfähige Kommunikationsstrukturen bzw. Informationen zugreifen<br />

zu können. Eine ubiquitäre Versorgung mit Informations- und Kommunikationstechnologien<br />

in allen Teilräumen ist bislang jedoch nur eingeschränkt gewährleistet.<br />

Von Interesse sind demnach Aussagen zur Verbreitung von Festnetz- bzw. Mobiltelefonanschlüssen<br />

und zum Versorgungsgrad mit Breitbandinternetanschlüssen im<br />

privaten und gewerblichen Bereich. In diesem Zusammenhang ergeben sich heute<br />

noch beachtenswerte nationale Unterschiede (siehe Beitrag von Dr. Erich Dallhammer<br />

(ÖIR Wien) zu den europäischen Trends hinsichtlich der Verbreitung von Kommunikationstechnologie<br />

in diesem Band).<br />

Zwar ist die Zahl der Mobilfunk-„Anschlüsse“ zwischenzeitlich stark angestiegen:<br />

Rein rechnerisch ergibt sich eine Anschlussdichte je Einwohner von 100 % (Bun-<br />

15


desregierung 2006). In Bezug auf ISDN-Anschlüsse im Telefonnetz liegt Deutschland<br />

zudem im internationalen Vergleich weit vorn (Langenhagen-Rohrbach 2006).<br />

Gleichzeitig steigt die Beliebtheit des Internets kontinuierlich an. Insgesamt sind zurzeit<br />

knapp 60 % der Deutschen online. Das heißt, dass 3 % mehr Bundesbürger als<br />

im Vorjahr Zugang zum World Wide Web und den damit verbundenen Angeboten<br />

haben (Bundesregierung 2006). Neben der Einrichtung flächendeckender Mobilfunknetze<br />

werden zunehmend auch leistungsfähige Datennetze und Datenfunknetze<br />

mit stetig steigenden Datenübertragungsraten aufgebaut.<br />

Hinsichtlich der Verfügbarkeit von Breitbandanschlüssen kann momentan jedoch<br />

lediglich von einer mittleren Anschlussdichte von 17 % aller Haushalte ausgegangen<br />

werden (Langenhagen-Rohrbach 2006). Im Juli 2006 betrug die Zahl der Breitbandanschlüsse<br />

14 Millionen (Bundesregierung 2006). Diese mangelnde Versorgung<br />

erklärt sich vor allem durch die noch fehlende Erschließung der ländlichen Räume<br />

und peripheren Regionen.<br />

2.3.3 Technologische Anforderungen an IuK-Infrastruktur und Endgeräte<br />

Eine zukunftsfähige Informations- und Kommunikationsinfrastruktur sollte grundsätzlich<br />

folgenden Ansprüchen entsprechen:<br />

– Sicherheit und Integrität,<br />

– Nutzerfreundlichkeit,<br />

– Zuverlässigkeit und<br />

– Leistungsfähigkeit sowie Verfügbarkeit.<br />

Insbesondere aufgrund der zunehmenden Mobilität der Endgeräte und der globalen<br />

Vernetzung von Informations- und Kommunikationssystemen spielen vertrauenswürdige<br />

Plattformen, Endgeräte oder Software eine immer größere Rolle. Es gilt<br />

daher, sowohl sichere Speicherungs- und Rechensysteme sowie sichere Zugangsmöglichkeiten<br />

zu den Informations- und Kommunikationsnetzen zu gewährleisten.<br />

Stichworte in diesem Zusammenhang sind neben der Verschlüsselung von Informationen<br />

die elektronische Authentisierung, Zertifizierung oder biometrische Verifikation<br />

(Bundesregierung 2006).<br />

In Bezug auf die Nutzerfreundlichkeit erscheint vor allem eine verbrauchergerechte<br />

Gestaltung der Informationsgesellschaft als Voraussetzung für eine alle Grundfunktionen<br />

durchdringende Nutzung der Informations- und Kommunikationstechnologien<br />

erforderlich. Um einer mediale Spaltung entgegenzuwirken müssen hier-<br />

16


ei alle Bevölkerungsgruppen einbezogen werden. Bislang lassen sich beispielsweise<br />

private PC-Nutzer in zwei Kategorien einteilen: Einerseits sind etliche PC-Nutzer<br />

sehr versiert, wenn es um das Beheben von Pannen und den Betrieb des Systems<br />

geht. Die bestehenden privaten Nutzungsmöglichkeiten von PCs kommen dieser<br />

Benutzergruppe mit vielen Konfigurationsmöglichkeiten entgegen. Andererseits<br />

sind viele private PC-Nutzer lediglich Anwender, da sie mit der Komplexität der<br />

Aufgaben im Rahmen des PC-Betriebs nicht konfrontiert werden wollen. Häufige<br />

Neuinstallationen, Datenverluste und Workarounds sind die Folge. Der PC wird<br />

nicht immer als hilfreiches Werkzeug wahrgenommen. Zudem gibt es eine große<br />

Bevölkerungsgruppe, die zu den technischen Entwicklungen keine Beziehung herstellen<br />

kann.<br />

Das Ausmaß der zukünftigen Virtualisierung wird demnach abhängig sein von der<br />

Integration „ferner“ Nutzergruppen und der Beachtung sozialräumlicher Voraussetzungen.<br />

Technikferne Bevölkerung ist nur zu gewinnen, wenn Nutzerfreundlichkeit,<br />

Zuverlässigkeit und Vertrauen in die Informations- und Kommunikationssysteme<br />

gestärkt werden und die Bedienung so einfach gestaltet ist wie beispielsweise das<br />

Anschalten eines Fernsehgerätes. Einen besonders wichtigen Aspekt bildet daher die<br />

Mensch-Technik-Interaktion. Die Potenziale innovativer Informations- und Kommunikationstechnologien<br />

und -dienste werden langfristig nur Einzug in der gesamten<br />

Gesellschaft erhalten, wenn neue, konsequent auf die Bedürfnisse von Menschen<br />

unterschiedlichen Alters, verschiedener Interessen und Fähigkeiten ausgerichtete<br />

Benutzungsschnittstellen, d. h. zielgruppenspezifische Endgeräte, verfügbar sein werden<br />

(Bundesregierung 2006).<br />

Neben der bereits erwähnten Verfügbarkeit und Leistungsfähigkeit von Kommunikationsinfrastrukturen<br />

wird der Zuverlässigkeit der Informations- und Kommunikationssysteme<br />

eine besondere Bedeutung zugemessen. Angesichts der zunehmenden<br />

Komplexität der Systeme gilt es, für eine funktionelle Zuverlässigkeit insbesondere<br />

von unterstützenden Systemen (E-Safety) zu sorgen (Bundesregierung 2006).<br />

Der Trend geht zu einer immer stärkeren Unterstützung des Menschen in seiner<br />

gewohnten Umgebung. So werden sich Arbeitsschwerpunkte immer mehr in das private<br />

Umfeld verlagern. Ein gesellschaftlich akzeptiertes Ziel ist es, möglichst lange die<br />

Selbständigkeit der Menschen zu erhalten und ihnen die Möglichkeit zu bieten, weiterhin<br />

in ihrer vertrauten Umgebung zu leben. Dies wird gegenwärtig durch Unterstützungssysteme<br />

versucht zu verbessern. Durch den Einsatz verschiedener kombi-<br />

17


nierter virtueller Systeme kann auch eine gezielte Hilfe „in den eigenen vier Wänden“<br />

erfolgen. Solche Systeme stehen allerdings noch am Anfang ihrer Entwicklung.<br />

2.4 Relevante Lebensbereiche<br />

Einkaufen<br />

Die Entwicklung des Einzelhandels ist im hohen Maße von technologischen Neuerungen<br />

auf der einen und sozio-ökonomischen Rahmenbedingungen auf der anderen<br />

Seite abhängig. Somit bestimmen beispielsweise Lebensstiländerungen oder die ökonomische<br />

Situation der Konsumenten die Entwicklung der privaten Konsumausgaben<br />

und damit letztendlich die Umsätze im Einzelhandel (Floeting und Oertel 2002).<br />

Diese sich dynamisch verändernden Rahmenbedingungen haben dabei unter anderem<br />

auch zu einem allgemeinen Strukturwandel im traditionellen Einzelhandel beigetragen.<br />

Veränderungen der Betriebsformen, beispielsweise durch das Selbstbedienungsprinzip<br />

und die Niedrigpreispolitik der Discountmärkte, neue Verkaufsformen,<br />

wie Urban-Entertainment-Center, und das Aufkommen neuer Vertriebswege,<br />

wie Factory-Outlet-Center, Versandhandel und E-Commerce/E-Shopping, sind Kennzeichen<br />

dieses Strukturwandels (Baeuchle 2006). Die klassischen innerstädtischen<br />

Kauf- und Warenhäuser sowie Fachgeschäfte haben darüber hinaus als Folge des<br />

wachsenden Trends hin zur Filiarisierung und Uniformisierung der Angebote große<br />

Schwierigkeiten, sich am Markt zu positionieren (Zerweck 2002).<br />

Gerade für diese Betriebstypen mit den genannten Problemen bietet der Bereich der<br />

Online-Angebote neue Potenziale, um weiteren Umsatzeinbußen entgegen zu wirken<br />

(Floeting und Oertel 2002). Darüber hinaus besteht auch auf Seiten der Konsumenten<br />

bereits heute grundsätzlich die Möglichkeit, die eigene Grundversorgung<br />

auf Bestellung via Internet zu sichern (Steinebach 2003). Ein partieller bis<br />

vollständiger Ersatz ist dabei heute beispielsweise im Kontext der Grundfunktion<br />

des Einkaufens für den (Teil-)Vorgang der Informationsgewinnung seitens des interessierten<br />

Kunden über ein bestimmtes Produkt oder eine Dienstleistung zu beobachten.<br />

Der reale Beratungsservice des Mitarbeiters im Geschäft vor Ort wird<br />

durch die eigenständige Recherche des Kunden im World Wide Web (nahezu)<br />

obsolet. Der eigentliche (Teil-)Vorgang des Einkaufens der Ware findet anschließend<br />

in realer Form im Fachgeschäft oder – als ergänzende Option für den Kunden<br />

– ebenfalls über ein virtuelles Portal im Internet statt. Letztere, elektronisch<br />

18


unterstützte Form des Einkaufens kann bei entsprechenden Nutzerzahlen mit<br />

umfangreichen Konsequenzen für Lage, Erreichbarkeit, Größe und das Vorhandensein<br />

und die städtebauliche Qualität von Einkaufs- und Logistikstandorten<br />

verbunden sein.<br />

Das Internet als Vertriebsweg für Unternehmen in Deutschland spielt trotz steigender<br />

Umsätze jedoch noch eine untergeordnete Rolle. Nach Untersuchungen des Statistischen<br />

Bundesamtes stieg zwar der Anteil der von allen deutschen Unternehmen<br />

im Jahr 2005 über das Internet realisierten Umsätze gemessen am Gesamtumsatz im<br />

Vergleich zu 2003 um mehr als die Hälfte (+ 58 %), bewegte sich jedoch mit 3,8 %<br />

noch immer auf niedrigem Niveau (destatis 2007).<br />

Rund 12 % der Unternehmen in Deutschland verkauften im Jahr 2005 ihre Waren<br />

oder Dienstleistungen über das Internet, zwei Prozentpunkte mehr als in 2003. Hierbei<br />

zeigt sich eine Abhängigkeit von der Größe der Unternehmen: Während 11 % der<br />

Unternehmen mit weniger als 20 Beschäftigten im Jahr 2005 Verkäufe über das<br />

Internet tätigten, waren es bei Unternehmen mit 250 und mehr Beschäftigten immerhin<br />

26 %. Die Unternehmen, die Produkte oder Dienstleistungen über das Internet<br />

verkaufen, erzielten im Jahr 2005 auf diesem Wege 12,5 % ihres Gesamtumsatzes<br />

(2003: 10 %) (destatis 2007).<br />

Der Anteil an Umsätzen über das Internet schwankt branchenabhängig: Einen stark<br />

überdurchschnittlichen Umsatzanteil über den elektronischen Vertriebsweg erzielten<br />

Unternehmen aus dem Wirtschaftszweig Forschung und Entwicklung (37,4 %), dem<br />

Bereich der sonstigen Dienstleistungen (24,6 %), des Grundstücks- und Wohnungswesen<br />

(23,4 %), der Vermietung beweglicher Sachen (23,1 %) und der Datenverarbeitung<br />

(22,2 %), obwohl in diesen Bereichen nur verhältnismäßig wenige Unternehmen<br />

das Internet für Verkäufe nutzten. Demgegenüber verkauften mit 29 % im<br />

Bereich Kultur, Sport und Unterhaltung zwar relativ viele Unternehmen ihre Produkte<br />

über das Internet, erzielten damit jedoch nur einen Umsatzanteil von 7,1 %. Das Hotelleriegewerbe<br />

(17,3 % Umsatzanteil mit Online-Verkäufen) und das Verarbeitende<br />

Gewerbe (15,1 %) liegen beim Branchenvergleich im Mittelfeld (destatis 2007).<br />

Rund 62 % der im Jahr 2005 über das Internet gekauften Produkten und Dienstleistungen<br />

entfielen auf Privatkunden und 38 % auf andere Unternehmen oder die<br />

öffentliche Verwaltung. Im Vergleich zu 2003 hat sich damit das Verhältnis stark<br />

zugunsten der Privatkunden verschoben. Im Jahr 2003 gingen 53 % der Online-Verkäufe<br />

an Privatkunden und 47 % an andere Unternehmen (destatis 2007).<br />

19


Nach den Ergebnissen des Online Shopping Survey (OSS) 2006 1 der GfK (Gesell-<br />

schaft für Konsumforschung) kaufen mittlerweile mehr als die Hälfte der Deutschen<br />

(52 %) zwischen 14 und 69 Jahren im Internet ein. Die Zahl der eShopper liegt<br />

inzwischen bei 28,6 Millionen Personen. Das entspricht einem Zuwachs von 41 %<br />

gegenüber 2002 (20,2 Millionen Personen). Die höchsten Anteile finden sich in den<br />

Altergruppen 20–29 Jahre (76 %), 30–39 Jahre (69 %) und 14–19 Jahre (67 %).<br />

Die stärksten Zuwächse lassen sich bei den Frauen (+ 50 %) und in der Altersgruppe<br />

50–69 Jahre (+ 79 %) verzeichnen (GfK – Enigma GfK 2007).<br />

Produktbereiche mit einem hohen Anteil weiblicher oder älterer Konsumenten als<br />

Zielgruppe haben demnach eine gute Ausgangsposition, um vom weiteren Wachstum<br />

der kommenden Jahre profitieren zu können. Hierunter fallen beispielsweise Reisedienstleistungen<br />

und Verbrauchsgüter wie Kosmetik- und Körperpflegeprodukte<br />

sowie Medikamente und Nahrungsergänzungsmittel (GfK – Enigma GfK 2007).<br />

Hohe Wachstumsraten lassen sich bei elektronischen und anderen langlebigen<br />

Gebrauchsgütern erkennen. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Konsumenten<br />

in den vergangenen Jahren deutlich häufiger bereit waren, auch Transaktionen für<br />

hochpreisige Produkte über das Web zu tätigen (GfK – Enigma GfK 2007). Neben<br />

den ursprünglichen, internet-affinen Medienprodukten wie zum Beispiel Bücher und<br />

Tonträger, werden verstärkt – meist teurere – Artikel wie Elektrogeräten, Bekleidung<br />

und Haushaltswaren sowie Reisen online eingekauft gekauft (GfK – GfK Panel<br />

Services Deutschland 2007). Die erfolgreichsten Produktbereiche im Jahr 2006<br />

waren Bücher (11,1 Millionen Käufer). Die Plätze zwei und drei belegten die Warengruppen<br />

Bekleidung mit 10,4 Millionen sowie Veranstaltungstickets mit 9,4 Millionen<br />

Online-Konsumenten (GfK – Enigma GfK 2007).<br />

Nach den Ergebnissen der GfK-Studie WebScope zum Kaufverhalten im Internet 2<br />

(Gesellschaft für Konsumforschung) gaben deutsche Verbraucher im Jahr 2006 über<br />

15,3 Milliarden Euro für Waren und Dienstleistungen aus, die direkt über das Inter-<br />

1 Der Online Shopping Survey (OSS) der ENIGMA GfK ist eine jährlich wiederkehrende Studie. Im Januar<br />

und Februar 2007 wurden in Deutschland insgesamt 1.336 Personen zwischen 14 und 69 Jahren telefonisch<br />

zu den Themen Internetnutzung, Rolle des Internets beim Einkauf bezüglich 28 Produkt- und<br />

Dienstleistungsbereichen sowie zum kostenpflichtigen Musik-Download befragt. www.enigma-gfk.de,<br />

30.4.2007.<br />

2 Die GfK-Studie WebScope misst seit 2001 alle zwei Monate Käufe und Bestellungen von Waren und<br />

Dienstleistungen im Internet. Neben dem Erwerb von Neuprodukten werden auch Auktions- und Tauschbörsen<br />

mit Gebrauchsgütern beobachtet. Basis ist eine repräsentative Stichprobe von 10.000 deutschen<br />

Internetnutzern ab 14 Jahren. Vgl. www.gfk.com, 30.4.2007.<br />

20


net gekauft wurden. Im Vergleich zum Jahr 2005 (knapp 13 Milliarden Euro) entspricht<br />

dies einer Zunahme von 18 %. Mit diesen Umsatzsteigerungen verzeichnet<br />

das Internet die größte Dynamik unter den Absatzwegen. Dieser Umsatzanstieg lässt<br />

sich nach Angaben der GfK darauf zurückführen, dass sowohl die Zahl der Käufe<br />

insgesamt als auch die Ausgaben pro Kauf zugenommen haben (GfK – GfK Panel<br />

Services Deutschland 2007). Nach den Ergebnissen des GfK Universalpanel3 betrugen<br />

im ersten Halbjahr 2006 die Durchschnittsausgaben pro Haushalt im Bereich<br />

Non-Food-Artikel rund 2.100 Euro, davon betrug der via Internet gekaufte Anteil<br />

139 Euro (6,6 %) (GfK – GfK Panel Services Deutschland 2006).<br />

Nach einer Prognose des Hauptverbandes des Deutschen Einzelhandels (HDE) zur<br />

Entwicklung des Onlinehandels werden die Online-Shopping-Umsätze im Jahr 2007<br />

um etwa 12 % wachsen. Sie werden nach Angaben des HDE von 16,3 Milliarden<br />

Euro im Jahr 2006 auf 18,3 Milliarden Euro ansteigen. Trotz des Anstiegs liegt der<br />

Umsatzanteil des eCommerce am gesamten Einzelhandelsumsatz bei nur etwa 2,5 %<br />

(HDE 2007). Bei Non-Food-Artikeln lag der Anteil des Onlineverkaufs am Gesamtumsatz<br />

im Jahr 2006 bei rund 7 % (2005: 6 %, 2004: 5 %). Reisen und Veranstaltungstickets<br />

werden inzwischen zu knapp einem Drittel im Netz gekauft (2005: 25 %,<br />

2004: 21 %) (GfK – GfK Panel Services Deutschland 2007).<br />

Prognosen aus dem Jahr 2000, die bis 2015 eine Steigerung des Marktanteils des<br />

gesamten Online-Shoppings auf bis zu 50 % voraussagten, sind aus der heutigen<br />

Sicht stark anzuzweifeln (Grabow et al. 2003). Nach einer Schätzung des Instituts<br />

für marktorientierte Unternehmensführung (IMM) an der LMU München werden<br />

bis zum Jahr 2020 etwa 20 % bis 25 % des Handels im Internet stattfinden. Dieser<br />

Wert soll vor allem durch die zunehmende Verbreitung der Breitbandtechnologie<br />

erreicht werden, denn in den meisten städtischen Regionen mit Breitbandanschluss<br />

wird deutlich mehr online bestellt als in den ländlichen Gebieten, in denen schmalbandige<br />

Verbindungen vorherrschen (FAZ 2005).<br />

Wohnen<br />

Die Sozial- und Altersstruktur der Bevölkerung einer Stadt gehören zu den wichtigsten<br />

Einflussfaktoren auf die Entwicklung des Wohnens. Rückläufige Bevölkerungszahlen,<br />

wachsende Überalterung sowie eine größer werdende Heterogenität der Bevöl-<br />

3 Mit dem GfK Universalpanel misst die GfK Panel Services Deutschland seit 1998 kontinuierlich alle<br />

Käufe von Non-Food-Artikeln deutscher Privathaushalte. Als Basis dient eine repräsentative Stichprobe<br />

von 8.000 deutschen Privathaushalten. Vgl. www.gfk.com, 30.4.2007.<br />

21


kerung durch Zuwanderung sind vor diesem Hintergrund mit weitreichenden Auswirkungen<br />

auf Lebensformen und Haushaltstypen verbunden (Steinebach 2004).<br />

In letzter Zeit rücken zudem die Bedürfnisse der aufgrund verschiedener Faktoren<br />

zunächst an Bedeutung einbüßenden Innenstädte und ihre Renaissance als Wohnstandort<br />

vermehrt in den Fokus der planerischen Aufmerksamkeit (Steinebach 2004).<br />

Geeignete Wohnformen, die die vorhandene Nachfrage in angemessener Weise<br />

befriedigen, müssen jedoch gerade in den Innenstädten auf einem möglichst gerechten<br />

Ausgleich einer Vielzahl kontroverser Interessen aufbauen (Steinebach 2005).<br />

Hinzu kommt, dass sich aktuell durch den vermehrten Einsatz von Informations- und<br />

Kommunikationstechnologien und die entsprechenden Möglichkeiten des technologischen<br />

Fortschritts und der Vernetzung innerhalb der „eigenen vier Wände“ eine<br />

neue Art der Konzentration des Lebens auf den Wohnort abzeichnet (Steinebach<br />

2005). Diese – aufgrund der „digitalen Spaltung“ in der Gesellschaft bislang<br />

recht einseitige – Fokussierung bestimmter Bevölkerungsgruppen auf den eigenen<br />

Wohnbereich wird dabei nicht ohne Wirkungen auf soziale, kulturelle und andere<br />

gesellschaftliche Verhältnisse bleiben (Steinebach 2005).<br />

Die Technisierung und Automatisierung des Wohnens bietet zukünftig auch für bislang<br />

eher nicht an diesen Entwicklungen teilhabende Bevölkerungsgruppen neue<br />

Potenziale: So ist derzeit beispielsweise im Bereich der Suche nach selbstbestimmten<br />

Wohnformen für Senioren – insbesondere auch auf Seiten der Nachfrager – eine<br />

große Offenheit gegenüber dem Einsatz moderner Endgeräte im häuslichen Bereich<br />

(Stichwort „Assisted Living“) und eine dementsprechende Dynamik in der Entwicklung<br />

bedarfsgerechter, vernetzter Lösungen zu beobachten.<br />

Arbeiten<br />

Aktuelle Veränderungen in den Beschäftigungsstrukturen stehen in einem engen<br />

Zusammenhang mit dem übergeordneten Trend der Entwicklung von der die beiden<br />

vergangenen Jahrhunderte prägenden Industriegesellschaft hin zur modernen Dienstleistungs-<br />

und Informationsgesellschaft (Steinebach et al. 2004). Informationen und<br />

Wissen werden im Rahmen dieser sich wandelnden wirtschaftlichen Tätigkeitsfelder<br />

zu einem immer bedeutsameren „Rohstoff“ (Floeting/Oertel 2002).<br />

Parallel dazu haben sich auch die Anforderungen seitens der Unternehmen an die<br />

räumlichen Standortvoraussetzungen weiterentwickelt. Im Zuge der Globalisierung<br />

ist zum einen eine Konzentration der Steuerungszentralen großer Unternehmen in<br />

22


„entsprechend“ großen Zentren zu beobachten. Zum anderen erfolgt bei der Standortwahl<br />

für betriebliche Entscheidungszentralen bei Verfügbarkeit von Informationsund<br />

Kommunikationssystemen vermehrt eine Orientierung am Minimum harter<br />

Standortfaktoren bei gleichzeitiger Fokussierung auf das Vorhandensein möglichst<br />

optimaler weicher Standortfaktoren (Steinebach 2005).<br />

Mit dem Einsatz elektronischer Informations- und Kommunikationssysteme in der<br />

Arbeitswelt wurde des Weiteren auch die Möglichkeit der so genannten Telearbeit<br />

geboren. Telearbeit ist heute im überwiegenden Maße durch alternierende Tätigkeiten<br />

gekennzeichnet. Das bedeutet, dass neben der Arbeit in einem zentralen Büro an<br />

zumeist einem Wochentag von zuhause aus gearbeitet wird (Floeting und Oertel<br />

2002). Die mit der neuen Form des Arbeitens in den 1990er Jahren verbundenen<br />

Hoffnungen im Hinblick auf die Berufstätigkeit junger Eltern oder generell erwerbsfähiger<br />

Personen in strukturschwachen ländlichen Räumen müssen aus heutiger<br />

Sicht relativiert werden. Zwar hat der Anteil der Telearbeit in den vergangenen Jahren<br />

in Europa deutlich zugenommen. In Deutschland arbeiteten 1999 jedoch nur<br />

sechs Prozent der Erwerbstätigen in Telearbeit (hier verstanden im engeren Sinne: an<br />

mindestens einem vollem Arbeitstag pro Woche wird von zuhause aus gearbeitet).<br />

Dieser Anteil ist bis heute (2005) auf 6,8 % angewachsen (Stieler 2006).<br />

Freizeit und Kultur<br />

Die gegenwärtige Gesellschaft ist durch ein verändertes Verhältnis von Freizeit auf der<br />

einen und Arbeitszeit auf der anderen Seite gekennzeichnet (Floeting 2002). Die Vorstellungen<br />

von Arbeitsverhältnissen und ihren Zeitstrukturen waren – und sind es zum<br />

Teil immer noch – jedoch sehr stark von den Erfordernissen der Industriegesellschaft,<br />

von Massenproduktion und Vollbeschäftigung geprägt (Henckel et al. 1999). Dabei<br />

hat der Anteil an „frei verfügbarer Zeit“ pro Person in den vergangenen Jahren durch<br />

die Flexibilisierung von Arbeitsverhältnissen und -zeiten, aber auch durch die wachsende<br />

Arbeitslosigkeit deutlich zugenommen (Henckel et al. 1999).<br />

Durch die vermehrte Verfügbarkeit freier Zeit haben sich zudem auch die räumlichen<br />

Anforderungen an Freizeitstandorte und -einrichtungen verändert. So hat nicht nur<br />

insgesamt die Zahl der Freizeitanlagen zugenommen, sondern es ist auch ein deutlicher<br />

Trend zu mehr Flächenverbrauch für Arenen, erlebnisorientierte <strong>Bad</strong>elandschaften,<br />

Center Parks, Urban Entertainment-Center usw. zu beobachten (Steinebach<br />

2004 und Mösel 2002). Des Weiteren steigt auch im Bereich Freizeit, Unterhaltung<br />

und Kultur die Bedeutung des Einsatzes elektronischer Informations- und<br />

23


Kommunikationssysteme. Diese eröffnen neue Zugänge zu Informationen über ein<br />

möglichst auf die individuellen Bedürfnisse abgestimmtes und gleichzeitig qualitativ<br />

hochwertiges Angebot, das in Teilen auch gleich online erlebbar ist. Bestimmte Formen<br />

von Jugendkultur und Freizeitgestaltung finden darüber hinaus sogar bereits<br />

heute nahezu ausschließlich im virtuellen Raum statt: Die Website „MySpace“<br />

(www.myspace.com, http://de.myspace.com (deutsche Seite)), auf der sich insgesamt<br />

über 112 Millionen Nutzer – und unter ihnen viele Jugendliche – weltweit über das<br />

Medium Internet zusammenfinden, virtuelle Freundschaften schließen und Musiktitel<br />

austauschen, ersetzt als neue Generation des „sozialen Netzwerks“ in so manchem<br />

Kinder- und Jugendzimmer – zumindest zeitweise – die Existenz realer Freunde<br />

und Kontakte (Schütz 2006).<br />

Bildung<br />

Die derzeitige und zukünftige Entwicklung der Gesellschaft in Deutschland wird –<br />

wie in anderen hochentwickelten Ländern auch – im zunehmenden Maße durch die<br />

Neu- und Weiterentwicklung moderner Informations- und Kommunikationstechnologien<br />

und den damit verbundenen neuen Wegen der Kommunikation und Weitergabe<br />

von Informationen und Wissen geprägt (werden). Wissen und der Zugang<br />

zu diesem als die Chance auf Bildung werden somit zur Schlüsselressource mit einer<br />

weitreichenden ökonomischen Bedeutung und stellen zunehmend eine Bedingung für<br />

die Teilhabe an diversen sozio-ökonomischen Prozessen dar. Da Wissen und die<br />

Chancen auf Bildung in unserer Gesellschaft jedoch nicht gleich verteilt sind, bergen<br />

diese auch die Gefahr von Brüchen und Polarisierung.<br />

Im Kontext der Virtualisierung sind derzeit vor allem eine <strong>Reihe</strong> neuer Angebote und<br />

Möglichkeiten im Bereich der vernetzten Aus- und Weiterbildung zu konstatieren.<br />

Betreutes E-Learning, also durch elektronische Medien unterstütztes Lernen per<br />

Fernunterricht oder Fernstudium beinhaltet die Option, auf Bildungsangebote von<br />

Hochschulen, Instituten etc. über eine räumliche Distanz hinweg und dementsprechend<br />

ohne die Notwendigkeit der Präsenz vor Ort beispielsweise von zuhause aus<br />

zugreifen zu können. Darüber hinaus stellen immer mehr Hochschulen in Deutschland<br />

unter anderem den Service virtueller Bibliotheken zur Verfügung, welcher auch<br />

das „normale“ Studium erleichtern soll.<br />

In den letzten Jahren stieg in Deutschland die Anzahl derjenigen Menschen auf heute<br />

insgesamt etwas über 300.000 an, die von den genannten eLearning-Angeboten<br />

Gebrauch machen. Im Jahr 2006 belegten dabei erstmals mehr Frauen als Männer<br />

24


staatlich zugelassene Fernlehrgänge oder eLearning-Kurse (Forum DistancE-Learning<br />

2006). Obwohl die Gruppe der 25- bis 30-Jährigen besonders stark wächst,<br />

konnten auch die älteren Fernlernenden (jenseits der 40) zulegen (Forum DistancE-<br />

Learning 2006). Sie fragen vor allem fachliche Angebote in den Themenbereichen<br />

Psychologie und Pädagogik nach (Forum DistancE-Learning 2006).<br />

Europaweit sind heute zudem mehr als zwei Drittel der Schulen mit einem schnellen<br />

Internetzugang ausgestattet. Dennoch existieren nach wie vor große Unterschiede in<br />

Bezug auf die Qualität des Zugangs. In Deutschland besteht hier beispielsweise eine<br />

sehr starke Abhängigkeit von der jeweiligen Schulart (Stiftung Digitale Chancen<br />

2006). Kontrovers diskutiert wird darüber hinaus der Beitrag von Computerspielen<br />

(insbesondere Vielpersonen-Online-Rollenspiele) zur Entwicklung bestimmter<br />

Fähigkeiten bei Kindern, die auch im späteren Berufsleben von Vorteil sein können.<br />

Einige Experten sehen hier durchaus positive Einflüsse beispielsweise im Bereich<br />

der Entwicklung von Kombinationsgabe, Kooperationsfähigkeit, strategischem und<br />

taktischem Denken (Heise-Ticker 2006).<br />

Transport und Logistik<br />

Der Megatrend der Globalisierung und die damit einhergehende Zunahme der weltweiten<br />

Vernetzung und Kooperation von Unternehmen mit dem Ziel einer fortschreitenden<br />

wirtschaftlichen Expansion führte in der Vergangenheit zu einem starken<br />

Zuwachs insbesondere im Bereich des Transportverkehraufkommens über weitere<br />

Distanzen hinweg und zur Notwendigkeit der Lagerung bzw. Verteilung von<br />

Gütern, Waren etc. (Floeting und Oertel 2002). Im Nahbereich (bis 50 km) hingegen<br />

sind auf der Basis aktueller Zahlen aus dem Jahr 2005 bezogen auf den LKW-Güterverkehr<br />

sogar Rückgänge zu verzeichnen, die allerdings seit den 1990er Jahren mit<br />

Verlagerungstrends hin zum wachsenden Markt der Kurier-, Express- und Paketdienste<br />

korrelieren (BAG 2006). Die damit einhergehenden, primär auf die Umweltqualität<br />

bezogenen Problemstellungen (u. a. Flächenverbrauch, Immissionen etc.)<br />

sind von zentraler Relevanz für die Steuerung der zukünftigen Raum- und Stadtentwicklung.<br />

Neue Anforderungen ergeben sich vor diesem Hintergrund beispielsweise<br />

im Kontext der Suche nach geeigneten Standorten für so genannte Pick-up-Points, die<br />

in erster Linie an zentralen Verkehrsknotenpunkten sowie entlang bestehender Verkehrsachsen<br />

mit bedeutenden Pendlerverflechtungen angesiedelt werden sollen.<br />

Aufgrund der mit dem rasanten Verkehrswachstum verbundenen Umweltprobleme<br />

wird seit vielen Jahren eine Entkopplung von Wirtschaftswachstum und Verkehrs-<br />

25


wachstum angestrebt. Eine zielgerichtete Strukturpolitik, die weniger verkehrsintensive<br />

Strukturen in Raum, Wirtschaft und Gesellschaft fördert (z. B. Mischnutzungen,<br />

Förderung von Telearbeit und Einkaufen im Internet etc.), könnte hier unterstützend<br />

wirken (Floeting und Oertel 2002).<br />

Mit dem voranschreitenden Einsatz moderner Informations- und Kommunikationssysteme<br />

ist vor diesem Hintergrund zudem die Hoffnung verbunden, eine zumindest<br />

teilweise Substitutionswirkung im Hinblick auf den vorhandenen Verkehrsaufwand<br />

zu erreichen. Allerdings ergeben bisherige empirische Forschungen zu diesem<br />

Themenkomplex kein einheitliches Bild: Es sind demnach sowohl Substitutionseffekte<br />

(z. B. durch die Möglichkeit der Abhaltung von Videokonferenzen etc.) als auch<br />

Induktionseffekte zu konstatieren. Neue Verkehrsströme werden dabei beispielsweise<br />

durch einen steigenden Bedarf an face-to-face-Kontakten als Folge der Vergrößerung<br />

geschäftlicher Netzwerke, der Beschleunigung einzelner Transaktionen<br />

und dementsprechend der quantitativen Zunahme dieser Aktivitäten induziert (Floeting<br />

und Oertel 2002).<br />

2.5 Fazit<br />

Die vorangehenden Ausführungen machen deutlich, dass die räumlichen Auswirkungen<br />

der Virtualisierung nicht losgelöst von ihren technologisch-gesellschaftlichen<br />

Randbedingungen und den in diesen Kontexten wiederum zu erwartenden Folgen zu<br />

erfassen und bewerten sind. Es besteht verstärkter Untersuchungsbedarf angesichts der<br />

globalen und lokalen Entwicklung. Der Raumplanung ist normatives Zielwissen an<br />

die Hand zu geben, um nicht etwaigen gesellschaftlich problematischen Entwicklungen<br />

Vorschub zu leisten. Die Beantwortung der Frage nach dem Substitutionspotenzial<br />

raumrelevanter Funktionen durch Virtualisierung auf der einen und den Induktionsrisiken<br />

auf der anderen Seite stellt in diesem Zusammenhang die zentrale Fragestellung<br />

mit Blick auf die räumlichen Bezüge und die raumbezogenen Auswirkungen<br />

dar. Die folgenden Beiträge befassen sich mit Teilaspekten der Gesamtproblematik und<br />

dienen der Grundlagenermittlung im Rahmen des Forschungsprojektes.<br />

26<br />

Professor Dr.-Ing. Gerhard Steinebach<br />

Lehrstuhl Stadtplanung an der Technischen Universität Kaiserslautern


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Merten K (1999) Einführung in die Kommunikationswissenschaft. Münster<br />

Mösel S (2002) Kombinierte Großprojekte des Handels und der Freizeit als Impulsgeber für die<br />

Stadtentwicklung. In: Troeger-Weiß G (Hrsg.) Materialien zur Regionalentwicklung und<br />

Raumordnung. Band 3. Selbstverlag des Lehrstuhls Regionalentwicklung und Raumordnung<br />

an der Technischen Universität Kaiserslautern<br />

Schütz (2006) Und alle wollen mitmachen. Neues Leben im Internet: Gestalten statt konsumieren<br />

– MySpace und YouTube populärste „Soziale Netzwerke“. In: Die Rheinpfalz, Nr.<br />

222, Ausgabe vom 23.9.2006<br />

Steinebach G (2005) The Spatial Impacts of the Virtualisation of ‘Lebenswelten’. In: Newsletter<br />

– <strong>Akademie</strong>brief der <strong>Europäische</strong>n <strong>Akademie</strong> zur Erforschung von Folgen wissenschaftlich-technischer<br />

Entwicklungen (<strong>EA</strong>). Nr. 53. <strong>Bad</strong> Neuenahr-Ahrweiler<br />

Steinebach G (2004) Im Blickpunkt: Pfälzische Innenstädte – Haben sie eine Überlebenschance?<br />

In: Die Rheinpfalz, Nr. 132, Ausgabe vom 9.6.2004<br />

Steinebach G (2003) Raumwirksame Aspekte der Virtualisierung von Lebenswelten. Unveröffentlichtes<br />

Positionspapier zum gleichnamigen Arbeitskreis der <strong>Akademie</strong> für Raumforschung<br />

und Landesplanung (ARL). Kaiserslautern<br />

Steinebach G, Gethmann CF, Hagen H (2006) Räumliche Auswirkungen der Virtualisierung und ihre<br />

technologisch-gesellschaftlichen Randbedingungen (Zwischenbericht). Gefördert vom Ministerium<br />

für Wissenschaft, Weiterbildung, Forschung und Kultur des Bundeslandes Rheinland-Pfalz. In:<br />

Steinebach G (Hrsg.) Schriften zur Stadtplanung. Band 6. Selbstverlag der Technischen Universität<br />

Kaiserslautern. Zwischenbericht (unveröffentlicht), Stand Kaiserslautern Dezember 2006<br />

Steinebach G, Müller P (2006) Dynamisierung von Planverfahren der Stadtplanung durch<br />

Informations- und Kommunikationssysteme (IuK-Systeme). In: Steinebach G (Hrsg.) Schriften<br />

zur Stadtplanung. Band 4. Selbstverlag der Technischen Universität Kaiserslautern. Kaiserslautern<br />

Steinebach G, Müller P, Feser H-D (2004) Stadtentwicklungskonzeption StadtTechnopole_Kaiserslautern.<br />

Kaiserslautern – Entwicklung der Stadt zum Technologiestandort. In: Steinebach G (Hrsg.)<br />

Schriften zur Stadtplanung. Band 2. Selbstverlag der Technischen Universität Kaiserslautern<br />

Steinebach G, Müller P (2006) Dynamisierung von Planverfahren der Stadtplanung durch<br />

Informations- und Kommunikationssysteme (IuK-Systeme). In: Steinebach G (Hrsg.) Schriften<br />

zur Stadtplanung. Band 4. Selbstverlag der Technischen Universität Kaiserslautern.<br />

Stieler M (2006) Neuer Telearbeit-Trend. Artikel bei Spiegel-Online am 16.1.2006<br />

Stiftung Digitale Chancen (2006) Europaweit mehr als 2/3 der Schulen mit schnellem Internetzugang<br />

ausgestattet – Deutschlands Lehrer setzen den Computer jedoch selten ein. Aktuelle<br />

Berichte zum Bereich Schule/Universität. Im Internet unter: http://www.digitale-chancen.de/content/stories/index.cfm/aus.2/key.2402/secid.50/secid2.63<br />

Zerweck D (2002) Handels- und Erlebnisstandort City. Instrumente zur Sicherung, Pflege und<br />

Entwicklung. Planerin 1:36–38, Berlin<br />

28


Megatrend „Demographie“<br />

Heinrich Mäding<br />

Demographischer Wandel<br />

– Nationales Bevölkerungsvolumen<br />

– Geburtsziffer, Lebenserwartung<br />

– Zuwanderung<br />

– Bevölkerungsentwicklung<br />

– Nationale Bevölkerungsstruktur<br />

– Alterung<br />

– Heterogenisierung<br />

– Vereinzelung<br />

– Intranationale Wanderungen<br />

– großräumige Wanderungen<br />

– kleinräumig: Suburbanisierung<br />

500<br />

450<br />

400<br />

350<br />

300<br />

250<br />

200<br />

150<br />

100<br />

50<br />

Reichsgebiet, BRD, alte Länder und Berlin-West<br />

DDR, neue Länder und Berlin-Ost<br />

0<br />

1870 1880 1890 1900 1910 1920 1930 1940 1950 1960 1970 1980 1990 2000<br />

Abbildung 1: Zusammengefasste Geburtenziffern in den Jahren 1871–1999; ab den<br />

1950er Jahren: getrennte Aufzeichnung in Ost- und Westdeutschland<br />

Quelle: Eigene Darstellung nach: Schwarz, K., 100 Jahre Geburtenentwicklung in: Zeitschrift<br />

für Bevölkerungswissenschaften, 4/97; Statistisches Bundesamt<br />

210<br />

29


1600<br />

1400<br />

1200<br />

1000<br />

800<br />

600<br />

400<br />

200<br />

0<br />

1950<br />

1952<br />

1954<br />

1956<br />

1958<br />

1960<br />

1962<br />

1964<br />

Zuzüge<br />

Fortzüge<br />

Überschuß Zuzüge<br />

Überschuß Fortzüge<br />

1966<br />

1968<br />

1970<br />

1972<br />

1974<br />

1976<br />

1978<br />

1980<br />

1982<br />

1984<br />

1986<br />

1988<br />

1990<br />

1992<br />

1994<br />

1996<br />

1998<br />

2000<br />

Abbildung 2: Wanderungen zwischen Deutschland und dem Ausland 1950–2002<br />

(in 1000)<br />

Quelle: Eigene Darstellung nach: Statistisches Bundesamt, Statistisches Jahrbuch 2004<br />

Millionen Millionen<br />

87<br />

87<br />

85<br />

83<br />

81<br />

79<br />

77<br />

75<br />

73<br />

71<br />

69<br />

67<br />

65<br />

63<br />

61<br />

59<br />

57<br />

55<br />

2000<br />

2002<br />

9. koordinierte<br />

Bevölkerungsvorausberechnung<br />

10. koordinierte<br />

Bevölkerungsvorausberechnung<br />

2004<br />

2006<br />

2008<br />

2010<br />

2012<br />

2014<br />

2016<br />

2018<br />

2020<br />

2022<br />

2024<br />

2026<br />

2028<br />

2030<br />

2032<br />

2034<br />

2036<br />

2038<br />

2040<br />

20<strong>42</strong><br />

2044<br />

2046<br />

2048<br />

85<br />

83<br />

81<br />

79<br />

77<br />

75<br />

73<br />

71<br />

69<br />

67<br />

65<br />

63<br />

61<br />

59<br />

57<br />

2050 55<br />

Abbildung 3: Entwicklung der Bevölkerungszahlen in Deutschland bis 2050 –<br />

Varianten der 9. und 10. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung<br />

Quelle: Eigene Darstellung nach: Statistisches Bundesamt, Juli 2000 und Juni 2003<br />

30


Abbildung 4: Bevölkerungsentwicklung der Städte mit mehr als 20.000 Einwohnern<br />

im Ost-West-Vergleich (1989 bis 1999 in Prozent)<br />

Quelle: Wolf Beyer/Wieland Zupp, Langfristige Bevölkerungsentwicklung Brandenburger Städte<br />

bis zum Jahre 2040, in RuR 2/2002, S. 91<br />

31


POTSDAM<br />

OLDENBURG<br />

HEIDELBERG<br />

LEIPZIG<br />

AUGSBURG<br />

HAMBURG<br />

BONN<br />

ESSLINGEN<br />

LANDSHUT<br />

NÜRNBERG<br />

MANNHEIM<br />

OSNABRÜCK<br />

DRESDEN<br />

WIESBADEN<br />

FLENSBURG<br />

FREIBURG<br />

KÖLN<br />

FRANKFURT AM MAIN<br />

BREMEN<br />

BERLIN<br />

DORTMUND<br />

KIEL<br />

HEILBRONN<br />

KARLSRUHE<br />

MÜNSTER<br />

DÜSSELDORF<br />

BRAUNSCHWEIG<br />

MÖNCHENGLADBACH<br />

SOLINGEN<br />

STUTTGART<br />

KASSEL<br />

TRIER<br />

DUISBURG<br />

BOCHUM<br />

BIELEFELD<br />

WUPPERTAL<br />

ERFURT<br />

MÜLHEIM (RUHR)<br />

KOBLENZ<br />

GELSENKIRCHEN<br />

ROSTOCK<br />

ESSEN<br />

SCHWERIN<br />

MAGDEBURG<br />

CHEMNITZ<br />

HALLE<br />

-18,5<br />

-16,2<br />

-12,5<br />

-13,6<br />

-9,9<br />

-10,2<br />

-10,8<br />

-8,0<br />

-8,5<br />

-8,9<br />

-9,1<br />

-7,0<br />

-7,1<br />

-7,7<br />

-6,4<br />

-4,3<br />

-4,4<br />

-5,0<br />

-5,3<br />

-3,1<br />

-3,5<br />

-1,3<br />

-1,9<br />

-2,2<br />

-2,3<br />

-0,2<br />

-0,8<br />

-1,1<br />

-30 -20 -100 10 20 30<br />

0,8<br />

0,7<br />

0,5<br />

0,0<br />

2,8<br />

2,0<br />

2,0<br />

2,0<br />

1,9<br />

3,2<br />

5,0<br />

4,9<br />

4,3<br />

4,2<br />

5,3<br />

6,8<br />

8,0<br />

13,4<br />

wachsend<br />

stagnierend<br />

schrumpfend<br />

Abbildung 5: Typisierung der Städte anhand der Bevölkerungsvorausberechnung<br />

bis 2020<br />

Quelle: DST-Umfrage 2005, Eigene Berechnung<br />

32


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Abbildung 6: Lebenserwartung bei der Geburt, 1964/66–1998/2000 (in Jahren)<br />

Quelle: Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung, 2004<br />

Abbildung 7: Entwicklung des Medianalters der deutschen Bevölkerung von 1950<br />

bis 2050 (in Jahren)<br />

Quelle: Lenk 2005 nach United Nations Population Division (2005)<br />

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33


über 60<br />

(über 80)<br />

unter 20<br />

Abbildung 8: Alterung in Deutschland<br />

Abbildung 9: Single-Haushalte 1999 in West- und Ostdeutschland nach Regionsund<br />

Kreistypen (in Prozent)<br />

Quelle: Eigene Darstellung nach BBR, INKAR 2002<br />

34<br />

2000<br />

absolut Index<br />

20 Mio. 100<br />

(3 Mio.) (100)<br />

17 Mio. 100<br />

2050<br />

absolut Index<br />

27 Mio. 135<br />

(7 Mio.) (233)<br />

12 Mio. 70


Abbildung 10: Ausländische Bevölkerung 2002 in West- und Ostdeutschland nach<br />

Regions- und Kreistypen (Anteil in Prozent)<br />

Quelle: Eigene Darstellung nach: BBR, INKAR 2004<br />

35


Abbildung 11: Aktuelle Bevölkerungsentwicklung. Positive oder ausgeglichene Salden<br />

in den alten Bundesländern und in Berlin; negative Bilanz in<br />

Ostdeutschland<br />

Quelle: BBR Bonn 2004<br />

36


Abbildung 12: Szenario A: Trend – Bevölkerungswachstum 2020–2050<br />

Quelle: BBR Bonn 2001<br />

37


Abbildung 13: Demographische Prozesse und kommunale Reaktionen<br />

Tabelle 1: Demographische Prozesse als Herausforderungen<br />

Alterung<br />

und<br />

Vereinzelung<br />

Schrumpfung<br />

Heterogeni -<br />

sierung<br />

38<br />

Stadt als<br />

Wirtschafts-/<br />

Lebensraum<br />

Belastung des Gesundheitssystems<br />

Vergesellschaftung von<br />

Dienstleistungen<br />

Nachfragerückgang<br />

Arbeitskräfterückgang<br />

Disparität<br />

Desintegration<br />

Gebaute Stadt Politische Stadt<br />

Nachfrage nach altersgerechten<br />

Angeboten<br />

Wachsende<br />

Wohnfläche/Kopf<br />

Leerstände<br />

Neue Prioritäten<br />

Sinkende politische<br />

Beteiligung<br />

Sinkende Finanzkraft<br />

Weite Wege<br />

„Misserfolg“<br />

Steigende Kosten<br />

Segregation Sinkende politische<br />

Beteiligung<br />

Polarisierung


Schwierigkeiten der Beurteilung der Herausforderungen<br />

durch den demographischen Wandel<br />

1. Unsicherheit über die Wirkungsrichtung<br />

(Beispiel: Alterung ➞ Produktiviät)<br />

2. Unsicherheit über den Beitrag der demographischen Ursache<br />

(Beispiel: Gewicht der Alterung zur Erklärung<br />

der Produktivitätsentwicklung)<br />

3. Politische Überformung<br />

(Beispiel: Förderpolitik und Leerstand)<br />

4. Bewertung der Herausforderung<br />

(Beispiel: Segregation aus der Sicht der<br />

Zugewanderten/Einheimischen)<br />

Professor Dr. Heinrich Mäding<br />

Deutsches Institut für Urbanistik (difu), Berlin<br />

39


Hinweise der Lebensstilforschung für die Debatten<br />

um Virtualisierung und Reurbanisierung<br />

Annette Spellerberg<br />

Einleitung<br />

In Anbetracht der zunehmenden sozialen Ungleichheit in Deutschland, d. h. der<br />

Zunahme von Bevölkerungsanteilen an den beiden Enden der sozialen Hierarchie<br />

und des Abschmelzens der Mittelschichten, schient auf den ersten Blick das Lebensstilthema<br />

in den Hintergrund zu treten. In den Medien wird das Lebensstilthema seltener<br />

aufgegriffen, und in der sozialwissenschaftlichen Diskussion haben Ungleichheitsthemen<br />

Konjunktur, wie z. B. Bildungschancen und soziale Schichten. Werden<br />

jedoch die Anteile von klassen- und schichtspezifischen Artikeln mit Beiträgen zu<br />

Lebensstilen verglichen, so zeigt sich ein konstanter Anteil in den letzten 15 Jahren<br />

im deutschsprachigen Raum (Rössel 2006).<br />

In diesem Beitrag sollen Aspekte des Lebensstilthemas behandelt werden, die einerseits<br />

Hintergrundinformationen zum Stand der Lebensstilforschung liefern (1.<br />

Abschnitt) und andererseits für die Themen städtisches Leben und Virtualisierung<br />

relevant sind. Im zweiten Teil steht die Frage nach den Chancen einer Reurbanisierung<br />

durch IT-Beschäftigte im Mittelpunkt und im dritten Teil wird Technik im Alter<br />

diskutiert. Die Ausführungen werden anhand eigener empirischer Studien illustriert.<br />

4.1 Lebensstile und ihre Dynamik<br />

Dass trotz der zunehmenden sozio-ökonomischen Polarisierung der Gesellschaft das<br />

Lebensstilthema nicht ad acta gelegt wird, liegt in der Bedeutung von Lebensstilen<br />

im Alltag. Durch einen praktizierten Lebensstil wird die Auswahl von Handlungsalternativen<br />

strukturiert und begrenzt, das heißt Handlungs- und Orientierungsfähigkeit<br />

überhaupt erst erreicht. Mit der Art sich zu kleiden, einzurichten oder die<br />

Freizeit zu verbringen ordnet man sich zu und andere Menschen ein. Im Lebensstil<br />

fließen statusbezogene Elemente (Ehre, Prestige, Reputation) und sozialpsychologische<br />

Elemente (Identität, Zugehörigkeitsgefühl, Abgrenzung) zusammen. Ob Personen<br />

gemeinsame Interessen haben und Erlebniswelten teilen, ob sie freiwillig in Kontakt<br />

miteinander treten und wo soziale Grenzen bestehen, ist am ehesten an selbst<br />

41


gewählten Aktivitäten ablesbar. Lebensstile werden auf der Ebene des kulturellen<br />

Geschmacks und der Freizeitaktivitäten symbolisch zum Ausdruck gebracht. Die<br />

Grundhaltungen – oder Lebensphilosophien in den Worten von Gerhard Schulze –<br />

können nach dem Sinus-Institut wie folgt abgebildet werden:<br />

Traditionell<br />

Sicherheits- und Status Quo-orientiert;<br />

Festhalten an traditionellen Werten wie<br />

Pflichterfüllung, Disziplin und Ordnung<br />

Established<br />

Leistungsbereitschaft und Führungs -<br />

ansprüche; Statusbewusstsein und aus -<br />

geprägte Exklusivitätsbedürfnisse<br />

Intellectual<br />

Weltoffenheit und postmaterielle Werte;<br />

ausgeprägte kulturelle und intellektuelle<br />

Interessen; Streben nach Selbstverwirklichung<br />

und Persönlichkeitsentfaltung<br />

Modern Mainstream<br />

Wunsch nach einem angenehmen und<br />

harmonsichen Leben; Streben nach<br />

materieller und sozialer Sicherheit<br />

Consumer Materialistic<br />

Konsum-materialistische Orientierungen;<br />

Anschluss halten die Kosmum-Standards<br />

den Mainstream, aber häufig sozial<br />

Benachteiligte und Entwurzelte<br />

Sensation Orientated<br />

Suche nach Fun & Action, nach neuen<br />

Erfahrungen und intensiven Erlebnissen;<br />

Leben im Hier und Jetzt; Individualismus<br />

und Spontanität; Provokation und<br />

unkonventionelle Stilistik<br />

Modern Performing<br />

Jung, flexibel und sozial Mobile, intensiv<br />

leben im Sinne von Erfolg und Spaß;<br />

hohe Qualifikation und Leistungs -<br />

bereitschaft; Multimedia-Faszination<br />

Abbildung 1: Sinus-Meta-Milieus: Länderübergreifende Grundorientierungen<br />

Quelle: http://www.sinus-sociovision.de<br />

Das Sinus-Institut unterteilt die Bevölkerung nach Schichtzugehörigkeit und Werten<br />

von traditioneller Haltung bis hin zu offenen, experimentierfreudigen Orientierungen.<br />

Die Forschungen der vergangenen zwanzig Jahre zeigen deutliche Verschiebungen<br />

der Größenordnungen einzelner Milieus. Angesichts der gesellschaftlichen<br />

Polarisierung, aber auch kulturellen Differenzierung und der „Öffnung des sozialen<br />

Raums“, wie Pierre Bourdieu (1978) es formuliert, wachsen die modernen Leitmilieus<br />

mit intellektuellen, hedonistischen und vielfältigen aktivitätsbezogenen Grundhaltungen<br />

ebenso wie die so genannten Konsum-Materialisten, die neuerdings gegen-<br />

<strong>42</strong>


über den anderen Milieus ein wachsendes Ressentiment aufweisen. Die traditionell<br />

Etablierten und Kleinbürgermilieus nehmen ab bzw. passen sich modernisierten kulturellen<br />

Formen an.<br />

Wird statt der Orientierungen die Verhaltensebene betrachtet, so zeigen sich über elf<br />

Jahre hinweg (Daten aus den repräsentativen Bevölkerungsumfragen Wohlfahrtssurvey<br />

1993 bis zum Allbus 2004) kaum Veränderungen bei den Freizeitaktivitäten.<br />

Entsprechend des technischen Fortschritts ist allerdings eine deutliche Zunahme der<br />

Computerbeschäftigungen festzustellen: 46 % der Erwachsenen bedienten 2004 mindestens<br />

ein Mal pro Woche in der Freizeit den PC. Nach wie vor sind jüngere auf diesem<br />

Gebiet deutlich aktiver als ältere Menschen (vgl. Tabelle 1).<br />

Tabelle 1: Computerbeschäftigungen nach Alter<br />

Alter West Ost<br />

Datenbasis: Allbus 2004; eigene Berechnungen<br />

Soziale Lage und Lebensstil<br />

mindestens 1 x pro Woche, in %<br />

18–29 73 77<br />

30–44 59 57<br />

45–59 50 47<br />

60–74 30 33<br />

Von den sozialstrukturellen Merkmalen diskriminieren Alter und Bildung deutlich<br />

stärker als das Merkmal Einkommen bei der Unterscheidung von Lebensstilgruppen<br />

(Schulze 1992; Georg 1998; Spellerberg 1996). Angesichts der in Deutschland fehlenden<br />

Bildungsdurchlässigkeit nach oben und der starken schichtspezifischen Bildungsverläufe<br />

besteht ein Problem darin, dass Veränderungen des Lebensstils enge<br />

Grenzen gesetzt sind. Da die Bildungsabschlüsse im Lebensverlauf bislang kaum<br />

modifiziert werden, besteht die Gefahr sozialer Schließung bei mangelnder Qualifizierung.<br />

Überdurchschnittlich häufig ausgeübte Freizeittätigkeiten der Personen bis 50 Jahre<br />

mit maximal Hauptschulabschluss sind beispielsweise Besuche bei Freunden,<br />

Beschäftigungen mit der Familie und Videos schauen. Im sportlichen und kulturel-<br />

43


len Bereich, aber auch bei den Computerbeschäftigungen sind sie weniger aktiv.<br />

Während Personen mit Hauptschulabschluss in dieser Altersgruppe etwa drei Stunden<br />

am Tag fernsehen, sind es bei denjenigen mit Abitur etwa zwei Stunden. Die<br />

Interessen bei den Personen mit geringerer Bildung richten sich auf Serien, Action-,<br />

Heimatfilme und Shows, während diejenigen mit Abitur vielschichtige Geschmacksrichtungen<br />

bekunden1 . Die gut Gebildeten werden in der amerikanischen Lebensstildiskussion<br />

entsprechend auch „omnivores“ genannt, d. h. ‚Allesfresser’, weil sie<br />

sich in den unterschiedlichsten Bereichen betätigen und die verschiedensten Interessen<br />

ausleben – von Kitsch über Spannungskultur bis hin zur Hochkultur. Während<br />

die „Bildungsarmen“ auf bestimmte Sparten des Kultur- und Freizeitangebots verwiesen<br />

sind, haben die besser Gebildeten Zugang zu nahezu allen Bereichen. In<br />

Anbetracht des Wertewandels und des Aufbrechens sozialer Normen ist auch die statusbezogene<br />

Grenze „es schickt sich nicht“ für die Freizeitaktivitäten vor allem der<br />

jüngeren Bevölkerungsgruppen nicht länger relevant.<br />

Lebensstile, Lebensphasen und Haushaltsformen<br />

Im Unterschied zu den invariaten Bildungsabschlüssen ist das Altern ein stetiger<br />

Prozess. Mit dem Durchlaufen verschiedener Lebensphasen ist nach den empirischen<br />

Ergebnissen auch eine Veränderung in den Lebensstiläußerungen zu erwarten<br />

(vgl. Georg 1998; Schulze 1992; Spellerberg 1996; Zapf et al. 1987). Mit unterschiedlichen<br />

Lebensphasen sind verschiedene Anforderungen, Verpflichtungen und<br />

Handlungsmöglichkeiten verbunden. Nicht nur die materiellen Spielräume variieren,<br />

sondern auch der Umfang an disponibler Zeit und die Gestaltung der Freizeit ist von<br />

der Phase im Lebenslauf abhängig.<br />

In der folgenden Abbildung 2 werden typische Haushaltszusammensetzungen mit<br />

Lebensstilen kombiniert betrachtet. Die dargestellten Haushalts- und Familienformen<br />

sollen zum einen die wichtigsten Haushaltskonstellationen und zum anderen in idealisierter<br />

Anordnung den Lebenszyklus der Menschen abbilden: Von der Phase des Alleinlebens<br />

in jüngeren Jahren, über die Partnerschaft, die Familienphase(n), bis zur Phase<br />

des „empty nest“ und des Alleinlebens im Alter. Da die Verteilung der Lebensstile nach<br />

der Haushalts- bzw. Familienform naturgemäß sehr stark mit dem Alter kovariiert,<br />

1 Ergebnisse auf Basis eigener Auswertungen des Allbus 2004, die Allgemeine Bevölkerungsumfrage der<br />

Sozialwissenschaften, die im zweijährigen Abstand repräsentativ in West- und Ostdeutschland durchgeführt<br />

wird. Sie enthält jeweils Schwerpunktthemen, die als schriftlicher drop-off-Fragebogen in split-Versionen<br />

erhoben werden. In 2004 waren dies die Themen ‚digital divide’ und Gesundheitsverhalten.<br />

44


werden in der Abbildung die Lebensstile dem Lebenszyklus insofern angepasst, als sie<br />

ebenfalls in eine aufsteigende Folge gebracht werden: von jüngeren zu älteren alltagskulturellen<br />

Äußerungsformen: von dem actionorientierten Spannungsschema, das in jüngeren<br />

Jahren erwartet werden kann, über die berufsorientierten pragmatischen und<br />

familienorientierten Stile (in den mittleren Altersgruppen), bis zum Hoch- bzw. Trivialschema,<br />

die in den mittleren und höheren Altersgruppen verbreitet sind.<br />

Lebensphase Alleinlebend<br />

≤ 40 J.<br />

Paar ohne Junge<br />

Kind Familie<br />

≤ 40 J. ≤ 40 J.<br />

Familie<br />

41-59 J.<br />

Lebensstiltypen Spaltenprozente<br />

8 Zurückgezogener Typ<br />

7 Politisch-engagierter Typ<br />

2 Häuslicher Harmonietyp<br />

5 Aufgeschl. Integrationstyp<br />

4 Hochkultur-Niveautyp<br />

1 Gesellschaftl.-distanz. Typ<br />

6 Mod. Selbstverwirkl.typ<br />

3 Erlebnis-Unterhaltungstyp<br />

Lebensphase Alleinlebend<br />

≤ 40 J.<br />

Abbildung 2: Verteilung der Lebensstile nach Lebensphasen<br />

Paar ohne Allein-<br />

Kind lebend<br />

> 40 J. 41-59 J.<br />

Allein-<br />

lebend<br />

≥ 60 J.<br />

Paar ohne Junge Familie Paar ohne Allein-<br />

Kind Familie 41–59 J. Kind lebend<br />

≤ 40 J. ≤ 40 J.<br />

> 40 J. 41-59 J.<br />

N 285 178 650 367 911 193 415<br />

12 – 20 % 21 – 30 % 31 – 40 %<br />

Allein-<br />

lebend<br />

≥ 60 J.<br />

Quelle: ALLBUS 1998, N = 3.183, Ost-West gewichtete Daten.<br />

Die Rubrik „Sonstige“ (N = 184) ebenso wie Zellenbesetzungen von N ≤ 30 sind nicht<br />

ausgewiesen. Des Weiteren bleiben Verteilungen unter 12 % unberücksichtigt, da bei acht<br />

Lebensstilen eine Zufallsverteilung (p = 0,125) eine Größenordnung von 12 % erreicht<br />

(ausführlich vgl. Klocke et al. 2001).<br />

Für die grafische Darstellung wurden drei Kategorien gebildet, die Anteile zwischen<br />

12 % und 40 % der Lebensstile in den Lebensphasen anzeigen. Die Verteilung der einzelnen<br />

Lebensstile selbst entspricht den Erwartungen: In den jüngeren Lebensabschnitten<br />

finden sich am häufigsten die Lebensstiltypen der erlebnis- und unterhaltungsmotivierten,<br />

der vielseitig kulturell interessierten Menschen (Typ 3, 6), aber<br />

auch der distanzierte Typ (Typ 1). In der mittleren, familialen Lebensphase bleiben<br />

diese Lebensstile weiterhin bedeutsam, sie werden jedoch durch stärker familienbezogene<br />

Lebensstile (Typ 4, 5, 8) ergänzt. Von den Paaren ohne Kinder (über 40 Jahre)<br />

45


gehört der größte Anteil dem „Aufgeschlossenen Integrationstyp“ (Typ 5) an. Bei<br />

den Alleinlebenden zwischen 40 und 60 Jahren wiederholt sich im Wesentlichen das<br />

Muster aus der mittleren Lebensphase, jedoch sind hier, ebenso wie in der Gruppe der<br />

Paare ohne Kinder unter 40 Jahren, nur zwei Lebensstilgruppen dominant (Typ 4, 5).<br />

In der ältesten Gruppe, bei den Alleinlebenden über 60 Jahre, dominiert der traditionelle<br />

und häusliche Typ (Typ 2) klar, die weiteren zwei Lebensstile (Typ 5 und 8)<br />

stützen das zurückgezogene Lebensmuster dieser Altersgruppe.<br />

Ein heterogenes Bild zeigt sich damit insbesondere in den mittleren Altersgruppen,<br />

d. h. in der Familienphase: Junge Familien, Familien sowie ältere Paare ohne Kinder,<br />

die zum Teil die Lebensform des „empty nest“ umfassen, zeigen weniger klare<br />

Zuordnungen. Dieses Ergebnis ist insofern beachtenswert, als in der Lebensstildiskussion<br />

ganz überwiegend der Gruppe der jungen Singles das größte Spektrum an<br />

Lebensstilen zugeschrieben wird, was sich in den repräsentativen Daten jedoch nicht<br />

finden lässt. Personen, die eine Familie gründen, geben ihren Lebensstil im Freizeitund<br />

Kulturbereich nicht auf (wie z. B. die Erlebnisorientierung), sondern kombinieren<br />

neue Anforderungen und Möglichkeiten mit den bisher ausgebildeten Formen.<br />

Alleinlebende Frauen; 21%<br />

Alleinlebende Männer; 15%<br />

Nichtehel. Lebensg. ohne Kinder; 4%<br />

Sonstige; 2%<br />

Abbildung 3: Haushaltstyp 2000 nach dem Mikrozensus<br />

Ehepaare mit Kindern; 25%<br />

Nichtehel. Lebensg.<br />

Mit Kindern; 1%<br />

Alleinerziehende; 6%<br />

3 Generationen; 1%<br />

Ehepaare ohne Kinder; 25%<br />

Quelle: Mikrozensus-Daten übernommen von Aßmann, Becker, Ring 2005; eigene Darstellung<br />

46


Verteilung der Haushaltsformen<br />

Die Haushalts- und Wohnformen haben sich darüber hinaus in den vorangegangenen<br />

Jahrzehnten ausdifferenziert und die Haushaltszusammensetzung folgt im biographischen<br />

Verlauf keinem einheitlichen Muster mehr: Allein leben – als Paar<br />

zusammen oder getrennt leben – eine Heirat kann, muss aber nicht zu Kindern führen<br />

– Scheidungen betreffen mindestens 30 % aller Ehen, d. h. sieben von zehn nicht<br />

– Partner können ausziehen – neue Familien werden zusammen gesetzt – ab 60 wird<br />

neu experimentiert, oder man wohnt weitere zwanzig Jahre zu zweit. Neben dem<br />

zeitgleichen Auftreten der verschiedenen Haushaltsformen ist deren Abfolge im individuellen<br />

Lebenslauf zahlreicher geworden und für wachsende Bevölkerungsgruppen<br />

sind sie kaum über lange Zeiträume vorhersehbar. Die aktuelle Verteilung von Haushaltsformen<br />

zeigt, dass sich eine breite Palette etabliert hat (Abb. 3).<br />

– Abgenommen hat vor allem der Anteil Verheirateter mit Kindern auf ein Viertel<br />

aller Haushalte.<br />

– Nichteheliche und gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften haben sich vervielfacht<br />

und sind auf insgesamt 2,4 Millionen Haushalte angewachsen. Auf alle<br />

Paare bezogen, lebt mittlerweile jedes zehnte ohne Trauschein zusammen (Stat.<br />

Bundesamt 2004).<br />

– Während in Westdeutschland noch knapp zwei Drittel der Kinder mit ihren verheirateten<br />

Eltern und Geschwistern aufwachsen, sind es in Ostdeutschland nicht<br />

mal die Hälfte (63 % und 46 %).<br />

– Nichteheliche Paare mit und ohne Kinder haben mittlerweile einen Anteil von 5 %<br />

und Alleinerziehende liegen bei 6 % aller Haushalte.<br />

– Der Anteil Alleinlebender ist stark gewachsen, was vor allem auf die ältere Generation<br />

zurückgeht, aber auch bei den jüngeren Menschen wird diese Wohnform<br />

zunehmend beliebt.<br />

4.2 Lebensstile in der Debatte um Reurbanisierung<br />

Junge Alleinwohnende sind häufiger als andere Haushaltstypen in Städten vorzufinden,<br />

und zwar in den inneren Bezirken, denn sozial und ethnisch gemischte Viertel<br />

sind häufig beliebt. Szenetypische Einrichtungen wie Bioläden, kleine Gemüsehändler,<br />

Spezialitätengeschäfte, Bücherläden oder Schmuckgeschäfte werden genutzt.<br />

Sehr wichtig ist ein vielfältiges Angebot an Gastronomiebetrieben, Kneipen, Cafés,<br />

Biergärten und Restaurants. Die verbreitete soziale und Erlebnisorientierung, Iden-<br />

47


tifikation mit der Wohnung und Wohnumgebung kann unter dem Stichwort „Wohnen<br />

als Selbstverwirklichung“ zusammengefasst werden. Großzügige, nicht normierte<br />

Wohnungen, Gründerzeitbauten, Lofts und Maisonettes kommen für die einkommensstärkere<br />

Gruppe in Betracht, als Wunsch nach individuellem, auch repräsentativem<br />

Wohnen, das die eigene Persönlichkeit zum Ausdruck bringt. Urbanität<br />

spielt für den hoch gebildeten Teil diese Gruppe, die die neuen kreativen Milieus in<br />

der Wissensgesellschaft ausmachen, eine tragende Rolle. Sie möchten zugleich ruhig<br />

wohnen, d. h. ohne Emmissionsbelastungen, die Stadt fußläufig erkunden können<br />

und soziale Heterogenität erleben (Georg 1998; Hallenberg, Pottig 2005; Schmitt et al.<br />

2006; Schneider, Spellerberg 1999).<br />

In der Stadtsoziologie ist ein gewachsenes Interesse am Lebensstilkonzept durch die<br />

Diskussionen um kreative Milieus und Reurbanisierung festzustellen. Die Beziehung<br />

von Wohnen – Arbeiten, Privat- und Berufsleben wird flexibler und Grenzen weichen<br />

auf. Unternehmen siedeln sich wieder in der Innenstadt an, wo die „kreativen Wissensarbeiter“<br />

Gastronomie und Infrastruktur vorfinden, sich austauschen und ihren<br />

Freizeitinteressen nachgehen. (Dangschat 2006; Läpple 2004 und 2005; Landry<br />

2000; Liebmann und Robischon 2003). Werden Kinder geboren, ziehen diese Personengruppen<br />

nicht notwendigerweise ins Stadtumland. Städte bemühen sich vor<br />

allem aus haushalts- und steuerpolitischen Gründen, jüngere Erwerbstätige anzuziehen<br />

und gute Lebensbedingungen auch für familiale Lebensformen zu bieten. Und<br />

um das weitere Ausbluten der Innenstädte durch Suburbanisierung zu vermeiden,<br />

werden in den Kommunen verstärkt Anstrengungen unternommen, attraktiver zu<br />

werden: Grüne Quartiere und innovative Wohnkonzepte (z. B. Loftwohnungen,<br />

Stadthäuser und flexible, modulare Grundrisse) sind dabei zentrale Schlagwörter.<br />

Noller und Ronneberger kommen in ihrer Studie zu Berufsmilieus im Frankfurter<br />

Raum (Noller und Ronneberger 1994, Noller 1999) zu dem Ergebnis, dass es sich<br />

beim EDV-Milieu, das beim Thema Virtualität im Blickpunkt steht, einerseits der<br />

Beruf und andererseits die Merkmale Selbstverwirklichung und Quartiersbezogenheit<br />

wichtig sind (vgl. ausführlich Noller 1999, S. 196ff.). Die Arbeitszeiten sind<br />

überdurchschnittlich lang und flexibel gestaltbar. Arbeit und Freizeit sind bei termingebundener<br />

Projektarbeit nur schwer voneinander zu trennen. Die Freizeit verbringen<br />

diese Arbeitskräfte häufig mit geselligen Aktivitäten und sportlichen Betätigungen<br />

(z. B. Wandern und Radfahren). Im kulturellen Bereich sind sie weniger an<br />

Orten der Hochkultur als in Off-Theatern oder bei Stadtteil- und Straßenfesten zu<br />

48


finden. Rock- und Popmusik sind die bevorzugten Musikrichtungen und auch der<br />

Besuch von Szenekneipen wird überdurchschnittlich angegeben. Abwechslung, Kreativität,<br />

ein naturnahes Leben, auf der Höhe der technischen Entwicklung zu sein und<br />

Zusammensein mit Freunden sind wichtige Lebensziele.<br />

Die hoch qualifizierten Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der IT-Branche sind eine<br />

wichtige Zielgruppe bei der Debatte um innerstädtisches Wohnen und kreative<br />

Milieus. Eigene empirische Erhebungen in Bonn und Kaiserslautern richteten sich an<br />

diesen Personenkreis mit Fragen nach der Wunschlage, dem Wunschhaus, der Wichtigkeit<br />

von Ausstattungsmerkmalen sowie der Beurteilung von Größe und Grundrissen.<br />

Es ist möglich, diese Beschäftigtengruppen aus dem Kern der „Wissens- und<br />

Informationsgesellschaft“ als zukunftsweisend für breitere Bevölkerungsschichten zu<br />

betrachten. Ihre Vorlieben weisen auf gleiche Beweggründe auch anderer Bürger<br />

hin, wieder in die Stadt zu ziehen.<br />

Von den befragten T-Mobile-Beschäftigten in Bonn wohnen 58 % außerhalb von Bonn,<br />

und zwar aus Kostengründen, wegen den gewachsenen sozialen Beziehungen bzw.<br />

wegen der Bevorzugung einer ländlichen oder kleinstädtischen Umgebung. Diejenigen<br />

mit Wohnsitz Bonn leben häufig in den urban geprägten Stadtteilen Bonn (48 %) und<br />

Beuel (34 %). Die Lage war entsprechend der ausschlaggebende Grund für die aktu-<br />

34%<br />

37%<br />

22%<br />

Bonn Umland/Land Andere Stadt Ausland weiß nicht<br />

Abbildung 4: Gewünschter Wohnort der T-Mobile-Befragten aus Bonn<br />

Quelle: Eigene Darstellung. Daten aus Wilbert 2005<br />

9%<br />

6%<br />

49


elle Wohnung (70 %), gefolgt vom Preis (44 %), der Wohnungsausstattung (34 %)<br />

und der sozialen Mischung im Stadtteil/Ort (25 %; Mehrfachnennungen waren möglich).<br />

40 % der Befragten sind Eigentümer ihrer Wohnung und fast 50 % leben im<br />

Eigenheim (freistehend bzw. <strong>Reihe</strong>nhaus).<br />

Aus den Angaben zu ihren Wohnwünschen ließ sich bei den T-Mobile-Befragten<br />

kein eindeutiger Trend in Richtung Stadt ablesen. Klarer wird das Bild, wenn man<br />

die Aussagen derer betrachtet, die bereits jetzt in Bonn leben: Für zwei Drittel von<br />

ihnen ist dies der gewünschte Wohnort, lediglich 12 % würden lieber im Umland<br />

bzw. auf dem Land leben. Immerhin jede/r fünfte Befragte unter denen, die derzeit<br />

im Umland (Rhein-Sieg-Kreis) leben, würde lieber in Bonn wohnen. In Bonn liegen<br />

die innerstädtischen Altbauquartiere sowie <strong>Bad</strong> Godesberg und Beuel als Wunschwohnort<br />

vorn, die sich in direkter Nachbarschaft zum Arbeitsort befinden bzw. gut<br />

erhaltene Altbauwohnungen aufweisen. Die neue Attraktivität von Wohnquartieren<br />

am rechten Rheinufer resultiert auch aus deren großer Nähe zu den neu entstandenen<br />

Arbeitsplätzen der IT- und Kommunikationsbranche.<br />

Von den in Kaiserslautern befragten IT-Beschäftigten leben insgesamt lediglich <strong>42</strong> %<br />

in innerstädtischen Quartieren. Ein ebenso hoher Anteil wohnt in Eigentum. Bemerkenswert<br />

ist allerdings, dass exakt doppelt so viele Befragte (84 %) gern in einem<br />

Haus wohnen würden – die meisten wiederum als Eigentümer und am liebsten im<br />

freistehenden Haus. Nimmt man die am häufigsten geäußerten Ausstattungswünsche<br />

an die Wunschwohnung hinzu – nämlich zusätzliche Räume –, so ist dies für die häufig<br />

auch zu Hause arbeitenden IT-Beschäftigten nicht verwunderlich. Es zeigt aber<br />

auch, dass der Bestand einer Innenstadt wie der von Kaiserslautern mit ihren relativ<br />

bescheidenen Nachkriegswohnungen diese Wünsche kaum befriedigen kann. Beim<br />

Wohnungsangebot bemängeln die Befragten entsprechend die schlechte Altbausubstanz<br />

und die fehlende Individualität und Originalität der Neubauten. Die Wohnbiografien<br />

der Befragten deuten auf eine hohe Unzufriedenheit und einen Umzugswunsch<br />

hin, wie Abb. 5 zeigt.<br />

Abgesehen davon, dass hiernach drei Mal mehr Bürger/innen aus der Innenstadt<br />

fort- als zuziehen möchten, fällt auf, dass immerhin ein Drittel der befragten IT-<br />

Beschäftigten die Region ganz verlassen möchte. Die Tendenzen weisen in Richtung<br />

Wegzug, die Stadt selbst ist für nur einen geringen Teil der Befragten als Wohnstandort<br />

interessant. Die beim Wohnumfeld genannten hohen Präferenzen für einen<br />

guten Naturzugang der Wohnung erklären zum Teil die bevorzugte Wohnlage im<br />

50


In Kaiserslautern bleiben<br />

Nach Kaiserslautern ziehen<br />

Außerhalb von Kaiserslautern bleiben<br />

Aus Kaiserslautern ins Umland ziehen<br />

Ganz wegziehen<br />

Unentschlossen<br />

Abbildung 5: Bevorzugte Wohnorte bzw. Umzugsabsichten von IT-Befragten aus<br />

Kaiserslautern (n=87)<br />

Quelle: Spellerberg, Becker 2004<br />

3<br />

9<br />

Umland von Kaiserslautern. Für die Wahl einer innerstädtischen Wohnlage sind für<br />

die jüngeren IT-Beschäftigten individuelle Haus- und Wohnungstypen, Freizeitangebote<br />

und eine hohe Qualität des Wohnumfeldes entscheidend (vgl. Spellerberg, Bekker<br />

2004).<br />

Der Trend zum urbanen Leben ist alles in allem nur bei einem Teil der Befragten beider<br />

Städte erkennbar. Haushaltsgröße, Alter, Bildung und Geschlecht spielen für die<br />

Stadt-Land-Orientierung der Bonner Befragten keine Rolle. Diese Ergebnisse sprechen<br />

für eine Attraktivität unabhängig von Lebensphasen und Lebensformen. An den<br />

Fallbeispielen zeigt sich auch, dass der Anteil der Befragten in Bonn, die innerstädtisch<br />

wohnen möchten, höher ist als in Kaiserslautern. Denn zentrumsnahe Altbauquartiere<br />

stehen, wenn sie denn vorhanden sind, in der Gunst ganz oben. Vor allem<br />

am Beispiel von Kaiserslautern wird deutlich, dass die umworbenen professionellen<br />

Milieus nicht unbedingt städtisch orientiert sind, wenn das Umland im Unterschied<br />

zur Innenstadt einen besonderen Reiz bietet.<br />

Im Ergebnis heißt das, dass der in der Literatur diskutierte Trend in die Stadt (Brühl<br />

u. a. 2005; Rauterberg 2005; Schellenberg 2004) nicht überall erkennbar und nur auf<br />

bestimmte Quartiere konzentriert ist. Für eher unspektakuläre Städte mit einem Wohnungsangebot<br />

vor allem für Kleinfamilien, einer wenig attraktiven Architektur aus den<br />

1950er bis 1970er Jahren und möglicherweise qualitätsarmen öffentlichen Räumen<br />

ist es schwer, als Wohnstandort in der Konkurrenz zum Umland zu bestehen.<br />

14<br />

18<br />

Anteile in %<br />

24<br />

33<br />

51


4.3 Lebensstile von Älteren und neue Techniken<br />

Ältere Menschen stehen nicht im Mittelpunkt der Lebensstildebatte und auch nicht<br />

im Blickpunkt bei den Anwendern neuer Techniken. Sie gehören den Generationen<br />

an, die teilweise noch ohne elektrische Haushaltstechnik sozialisiert wurden. In den<br />

60er Jahren fand die Technisierung der Haushalte statt, und erst seit etwa fünfzehn<br />

Jahren sind Computer in Privathaushalten verbreitet. Entsprechend der Vertrautheit<br />

mit neuen I- und K-Techniken variieren die Zustimmungen zu der Aussage „Ich<br />

komme bei neuen Medien nicht mehr mit.“ im Allbus 2004, in dem die digitale<br />

Spaltung der Gesellschaft einen Schwerpunkt bildete (vgl. Abbildung 6).<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

KOMME BEI NEUEN MEDIEN NICHT MEHR MIT<br />

STIMME GAR<br />

NICHT ZU 2 3 4 5 6<br />

Abbildung 6: Überforderung von neuen Medien nach Altersgruppen<br />

Quelle: Datenbasis: Allbus 2004; eigene Berechnungen<br />

STIMME<br />

VOLL ZU<br />

18-29 JAHRE 30-44 JAHRE 45-59 JAHRE 60-74 JAHRE 75-89 JAHRE<br />

In Deutschland leben mehr als 90 % der älteren Menschen (> 65 Jahre) in herkömmlichen<br />

Privatwohnungen. Erst bei Hochbetagten steigt der Anteil derjenigen,<br />

52


die in Heimen leben, an, er erreicht aber auch bei den über 90-jährigen nicht mehr<br />

als ein Drittel. Es erscheint daher notwendig und sinnvoll, soziale und technische<br />

Innovationen zu entwickeln, die das selbständige und würdevolle Leben im Alter<br />

ermöglichen bzw. erleichtern. Eine moderne Ausstattung und Anpassungsmaßnahmen<br />

helfen bereits, Kompetenzeinbußen bei Älteren auszugleichen (größere<br />

Schalter, Rampen, Lifte, Handläufe, etc.). Eine weiter gehende technische Infrastruktur,<br />

wie sie derzeit entwickelt wird (vgl. Berliner Institut für Sozialforschung<br />

2003; <strong>Graue</strong>l, Spellerberg 2006), erscheint aufgrund der technischen Neuerungen<br />

im Medien- und IT-Bereich deutlich realistischer als noch vor zehn Jahren. Darüber<br />

hinaus wächst die Vertrautheit mit technischen Artefakten, so dass auch bei Älteren<br />

eine zunehmende Akzeptanz technischer Unterstützungssysteme erwartet werden<br />

kann. Erste Ergebnisse einer Umfrage von älteren Mietern und Mieterinnen<br />

(60+ Jahre) des Wohnungsunternehmens „Wohnbau-Mainz“ zeigen, dass Computer-<br />

und Internetkompetenz bei einer Gruppe der Älteren bereits heute vorhanden<br />

ist 2 .<br />

Auf Basis von 25 Items zur Freizeitbeschäftigung konnten unterschiedliche Lebensstiltypen<br />

bei den befragten älteren Menschen identifiziert werden (vgl. Abb. 7). Eine<br />

Gruppe kann „Computernutzer“, genannt werden, denn diese Gruppe hebt sich<br />

sehr deutlich durch ihre zumindest wöchentliche oder gar tägliche Computer- und<br />

Internetnutzung ab, während die Personen in den anderen Gruppen diese Medien fast<br />

gar nicht verwenden. Die aktiven Computernutzer sind mit durchschnittlich 67 Jahren<br />

die jüngste Gruppe der hier Befragten, sie verfügen über eine deutlich höhere Bildung<br />

und ein entsprechend höheres Einkommen. Sie sind zu 63 % männlich und stellen<br />

einen Anteil von 13 % der Befragten.<br />

Bei einem Teil der älteren Menschen ist der Umgang mit dem Computer und mit dem<br />

Internet damit eine Selbstverständlichkeit. Wie anhand der repräsentativen und<br />

bevölkerungsweiten Allbus-Daten ausgeführt, nutzt insgesamt sogar ein Drittel der<br />

Älteren regelmäßig den Computer. Im Hinblick auf ganz neue Techniken der<br />

„ambient intelligence“ (z. B. Bewegungsmelder in der Wohnung, intelligente Haus-<br />

2 In einem Forschungsprojekt des Lehrgebiets Stadtsoziologie und des Lehrstuhls Automatisierungstechnik<br />

der TU Kaiserslautern wird an vier Standorten untersucht, ob der Einsatz von technischen Geräten<br />

gewünscht und genutzt wird, und unter welchen Bedingungen die Wohnzufriedenheit steigt und Geräte<br />

im Alltag weiterhelfen (Projektlaufzeit Stadtsoziologie: 03/2006–2/2008; finanziert großteils vom<br />

Finanzministerium Rheinland-Pfalz und zum kleineren Teil von den vier beteiligten Wohnungsunternehmen).<br />

53


haltsgeräte, Transponder zum Türöffnen, Notsignale über Funk, etc.) zeigt sich,<br />

dass von den Befragten in Mainz immerhin ein Viertel diese Techniken in Anspruch<br />

nehmen würde, um selbständig wohnen zu können (35 % würden sich von Angehörigen<br />

helfen lassen und 24 % durch professionelle Dienste). Je nach Anwendungsgebiet<br />

schwankt die Akzeptanz technischer Geräte (vom Sturzarmband bis<br />

hin zu Gedächtnistraining am Bildschirm), von einer breiten Ablehnungsfront der<br />

Älteren ist nicht länger auszugehen.<br />

Fazit<br />

Vielseitig, öffentlich: Kultur,<br />

Sport, Ehrenamt<br />

Basteln, Garten, Handwerk<br />

Computernutzung<br />

Passiv<br />

Leichte Tätigkeiten<br />

10%<br />

11%<br />

13%<br />

33%<br />

34%<br />

Abbildung 7: Freizeittypen bei über 60jährigen Mietern und Mieterinnen in<br />

Mainz (n=333)<br />

Das Lebensstilkonzept ist für die Untersuchung moderner Lebenswelten von Bedeutung<br />

und zeigt Differenzierungen, die über die klassischen sozialstrukturellen Merkmale<br />

hinausgehen. Für die Analyse von Potentialen auch im Hinblick auf Standorte,<br />

Wohnungen und Wohnungsausstattungen sind Lebensstile ein wichtiges Konzept,<br />

das Anpassungslücken und Handlungsbedarf aufdecken kann.<br />

Veränderungen in den Anteilen von Lebensstilgruppen in der Gesellschaft beruhen<br />

eher auf den großen sozialen (Individualisierung), demographischen (Alterung) und<br />

ökonomischen (Polarisierung) als auf technischen Trends. Neue Techniken breiten<br />

sich aus und verändern Alltagsabläufe, sie führen offensichtlich jedoch nicht zur<br />

Reduktion bisheriger Tätigkeiten. Die Nutzung von IT betrifft vor allem unspekta-<br />

54


kuläre und alltägliche Routinen, wie z. B. Erledigung von Formalitäten, und entlastet<br />

damit den Alltag. Sie kommt als Ursache für die Bildung neuer Lebensstilgruppen<br />

mehrheitlich nicht in Betracht.<br />

In der Gruppe der älteren Menschen konnten Intensivnutzer von Computer und<br />

Internet identifiziert werden, die sich von den übrigen Lebensstilgruppen in dieser<br />

Altersgruppe deutlich unterscheiden. Während der große Teil der Älteren sich überhaupt<br />

nicht mit neuen Medien befasst, gibt es eine Gruppe, die sich hier deutlich von<br />

den anderen abhebt. Die allgemeine Aussage in der Diskussion um die digitale Spaltung<br />

der Gesellschaft, nach der Ältere zu den Nichtnutzern zählen, lässt sich somit<br />

nicht aufrecht erhalten. Mit zunehmender Bildung und zunehmender Vertrautheit<br />

sind Computer und neue Medien Haushaltsgeräte wie jedes andere auch.<br />

Die vom sozio-ökonomischen und technischen Wandel besonders betroffenen Berufsgruppen<br />

zeigen keine ausgeprägte Neigung zum städtischen Wohnen. Die These<br />

einer breiten Reurbanisierung aufgrund lebensstilspezifischer Vorlieben kann in<br />

Zweifel gezogen werden. Bei jüngeren, gut qualifizierten Beschäftigten im IT-Bereich<br />

ist eher ein fortgesetzter Trend zur Suburbanisierung zu erkennen, der stärker<br />

erscheint als der Wunsch nach innerstädtischen Wohnstandorten.<br />

Jun.-Professorin Dr. Annette Spellerberg<br />

Fachgebiet für Stadtsoziologie an der Technischen Universität Kaiserslautern<br />

Literatur<br />

Aßmann H, Becker R, Ring R (2005) Wahlverwandtschaften – Wohnprojekte von und für Frauen.<br />

Vortrag zum Internationalen Frauentag. Universität Dortmund. www.raumplanung.unidortmund.de/fwr/fwrpage/downloads<br />

Berliner Institut für Sozialforschung (Hg.) (2003) Smart Home – Smart Aging. Akzeptanz und<br />

Anforderungen der Generation 50+. Vierter Smart Home Survey des BIS. Berlin<br />

Bourdieu P (1987) Die feinen Unterschiede. Frankfurt<br />

Brühl H, Hechter C-P, Frölich von Bodelschwingh F, Jekel G (2005) Wohnen in der Innenstadt<br />

– eine Renaissance? Difu Berichte 1/2 2005. Berlin: Deutsches Institut für Urbanistik<br />

Dangschat J (2006) „Creative Capital“ – Selbstorganisation zwischen zivilgesellschaftlichen<br />

Erfindungen und der Instrumentalisierung als Standortfaktor. In: Rehberg KH (Hg.) Soziale<br />

Ungleichheit, Kulturelle Unterschiede. 32. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Soziologie.<br />

München<br />

Eichener V (2005) Zukunft des Wohnens. Konsequenzen des demographischen Wandels für den<br />

Immobilienmarkt. www.inwis.de/htm/aktuelles/KS-Eichener.pdf<br />

Georg W (1998) Soziale Lage und Lebensstil. Eine Typologie. Opladen: Leske + Budrich<br />

55


<strong>Graue</strong>l J, Spellerberg A (2006) Akzeptanz neuer Wohntechniken für ein selbständiges Leben im<br />

Alter. unveröffentl. Manuskript; eingereicht bei der KZfSS<br />

Hallenberg B, Poddig B (2005) Wissen, wer wo wohnt – Das Beratungsangebot WohnWissen.<br />

vhw FW 4 7-9:212–218<br />

Klocke A, Lück D, Spellerberg A (2001) Lebensstile im Haushalts- und Familienkontext. Zeitschrift<br />

für Familienforschung 14. Jg., Heft 1, 2002:70–87, Bamberg<br />

Landry C (2000) The creative city: a toolkit for urban innovators. London<br />

Läpple D (2004) Das Internet und die Stadt – Virtualisierung oder Revitalisierung städtischer<br />

Arbeits- und Lebensverhältnisse? In: Siebel W (Hg.) Die europäische Stadt. Frankfurt, S. 406–<br />

<strong>42</strong>1<br />

Läpple D (2005) Phönix aus der Asche: Die Neuerfindung der Stadt. In: Berking H, Löw M<br />

(Hg.) Die Wirklichkeit der Städte. Soziale Welt. Sonderband 16 der Sozialen Welt, <strong>Bad</strong>en-<br />

<strong>Bad</strong>en, S. 397–413<br />

Liebmann H, Robischon T (2003) Städtische Kreativität – Potenzial für den Stadtumbau.<br />

Schriftenreihe: Praxis + Theorie. Institut für Regionalentwicklung und Strukturplanung e.V.,<br />

Schader-Stiftung. Darmstadt<br />

Noller P, Ronneberger K (1994) Neue Technologien, Technikleitbilder, Lebensstile und Urbanität.<br />

unveröffentl. Forschungsbericht. Frankfurt/Main<br />

Noller P (1999) Globalisierung, Stadträume und Lebensstile. Opladen<br />

Rauterberg H (2005) Neue Heimat Stadt. Ein Epochenwechsel kündigt sich an: Die Deutschen<br />

entdecken das urbane Leben wieder. DIE ZEIT vom 18. August 2005, S. 33<br />

Rössel J (2006) Kostenstruktur und Ästhetisierung. Zur Erklärungskraft von Lebensstilen.<br />

Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie. Jg. 58(3):<strong>42</strong>3ff.<br />

Schellenberg J (2004) Wohnwünsche in Lebensperspektive. Eine Grundlagenstudie zur Abschätzung<br />

des künftigen Immobilienbedarfs im Auftrag von DB-Immobilien. www.geog.uni-heidelberg.de/anthropo/forschung/wohnwuensche.pdf,<br />

Stand 30.1.2005<br />

Schmitt J et al. (2006) Einfamilienhaus oder City? Wohnorientierungen im Vergleich. Opladen,<br />

VS-Verlag<br />

Schneider N, Spellerberg A (1999) Lebensstile, Wohnbedürfnisse und räumliche Mobilität.<br />

Opladen, Leske+Budrich<br />

Schulze G (1992) Die Erlebnisgesellschaft. Frankfurt, Campus<br />

Spellerberg A (1996) Soziale Differenzierung durch Lebensstile. Eine empirische Untersuchung<br />

zur Lebensqualität in West- und Ostdeutschland. Berlin, Edition sigma<br />

Spellerberg A, Becker U (2004) Lebensstile und Raumansprüche hoch qualifizierter IKT-<br />

Beschäftigter. Forschungsbericht Kaiserslautern<br />

Wilbert K (2005) Mismatch auf dem Wohnungsmarkt – Ansatzpunkt: Zielgruppenorientiertes<br />

Wohnraumangebot am Beispiel Bonn. Diplomarbeit an der Technischen Universität Kaiserslautern<br />

Zapf W et al. (1987) Individualisierung und Sicherheit. München: Beck<br />

56


Recodierung des urbanen Raums<br />

durch das Internet?<br />

Dieter Hassenpflug<br />

Kernaussage<br />

Durch die neue IT findet eine fundamentale Recodierung des Raumes statt: Der<br />

funktionale Raum wird gegenüber dem ästhetischen Raum entwertet. Die Zweckrationalität<br />

wandert in den virtuellen Raum.<br />

Vermittelt wird dieser Prozess über fünf Prozesse (Mitchell 1999), welche die Grundlage<br />

der „intelligenten Stadt“ bilden („smart city“)<br />

– Dematerialisierung<br />

So wie der Fernseher das Wohnzimmer zum teil-öffentlichen Raum machte, so<br />

macht das Internet das Arbeitszimmer zur Einkaufsstraße.<br />

– Demobilisierung<br />

Physische Mobilität wird substituiert durch Online-Operationen.<br />

– „kleine Serie“<br />

Individualisierung der Massenproduktion („mass customisation“)<br />

– Roboterisierung<br />

Multipel sensorisch-interaktive Technik<br />

– Reduktion von räumlichen Transformationskosten<br />

Verringerung der quantitativen räumlichen Wirkungen wissenschaftlich-technischer<br />

Evolution.<br />

Der Online-Shopper und die Stadt<br />

– Online-Shopper sind jung, mobil und nutzen alle Räume für ihren dynamischen<br />

und flexiblen Lebensstil (vgl. „emulator“oder „proteic man“).<br />

– Die physische Stadt ist für den Online-Shopper sehr wichtig. Er nutzt ihre Zentrumskompetenz,<br />

Atmosphären (narrative und ästhetische Potenziale) und Begegnungsangebote.<br />

57


– Der Online-Shopper nutzt auch die „Zwischenstadt“. Er schätzt z.B. die Anneh-<br />

michkeiten der 24-h Tankstelle. Diese empfiehlt sich daher als „Pick-Point“.<br />

40,00%<br />

35,00%<br />

30,00%<br />

25,00%<br />

20,00%<br />

25,00%<br />

10,00%<br />

5,00%<br />

Einkauf in der Innenstadt<br />

50,00%<br />

40,00%<br />

30,00%<br />

20,00%<br />

10,00%<br />

0<br />

0<br />

Online-Shopper<br />

16-20 21-25 26-35 36-45<br />

46-55 56-65 66-75<br />

Abbildung 1: Altersverteilung Online-Shopper<br />

58<br />

Online-Shopper (N)online-Shopper Gesamt<br />

sehr häufig häufig<br />

selten nie<br />

Abbildung 2: Einkauf in der Innenstadt (Hannover)


Grund: „Die Atmosphäre ist mir wichtig“<br />

60,00%<br />

50,00%<br />

40,00%<br />

30,00%<br />

20,00%<br />

10,00%<br />

0<br />

Online-Shopper (N)online-Shopper<br />

stimme zu weder noch<br />

lehne ab nie<br />

Abbildung 3: „Atmosphäre der Innenstadt ist mir wichtig“ (Hannover)<br />

70,00%<br />

60,00%<br />

50,00%<br />

40,00%<br />

30,00%<br />

20,00%<br />

10,00%<br />

0<br />

Online-Shopper (N)online-Shopper<br />

stimme zu weder noch<br />

lehne ab nie<br />

Abbildung 4: „Atmosphäre der Innenstadt ist mir wichtig“ (Leipzig)<br />

59


Einzelhandel<br />

Der städtische Einzelhandel wird dann gestärkt,<br />

– wenn das städtische Umfeld im Sinne des Erlebniskonsums aufgewertet wird<br />

(Stichworte: Zentralität, Funktionsmischung, Citytainment);<br />

– wenn der Einzelhandel sich in der Binnen- und Außenpräsentation an die neue<br />

Situation anpasst durch Thematisierung (Galeria-Konzept) des Kaufhauses<br />

(Urban Entertainment Centre etc.) und durch Individualisierung („kleine Serie“)<br />

z.B. des Auftritts von Filialisten.<br />

In Europa hat das Stadtzentrum gegenüber dem peripheren Einzelhandel die bessere<br />

Ausgangsbedingung für den Wettbewerb um den Online-Shopper als Erlebniseinkäufer.<br />

Die Aufwertung des städtischen Raums erfolgt entlang der Transformation vom<br />

„was nützt mir“ zum „was gefällt mir“. Das „Benötigen“ wird vom E-Commerce<br />

erledigt, das „Gefallen“ bietet die „gute Stadt“.<br />

60<br />

70,00%<br />

60,00%<br />

50,00%<br />

40,00%<br />

30,00%<br />

20,00%<br />

10,00%<br />

0<br />

Online-Shopper (N)online-Shopper<br />

kaufe dort ein kaufe dort nie ein<br />

Abbildung 5: Mobilität: Einkauf an Tankstellen-Shops (Leipzig)


80,00%<br />

70,00%<br />

60,00%<br />

50,00%<br />

40,00%<br />

30,00%<br />

20,00%<br />

10,00%<br />

0<br />

Online-Shopper (N)online-Shopper<br />

Online-Shopper (Internet-User) und Raum<br />

– Antagonismus der „letzten Meile“: Online-Shopper sind viel unterwegs und leben<br />

oft allein bzw. mit ebenfalls mobilen Partnern. Probleme der „letzten Meile“ sind<br />

damit programmiert.<br />

– Online-Shopper stellen hohe Anforderungen an den städtischen Raum als Emotionsraum<br />

(Kultur, Begegnung, Flair,...). In diesem Anspruch verbinden sich die-<br />

Wertschätzung für sinnliche „face-to-face“- und „face-to-place“-Kontakte.<br />

– Berufsbedingte Raumbindung: Als „young urban professionals“ oder „white collar<br />

workers“ beanspruchen Online-Shopper die Möglichkeit von persönlichen<br />

(„face-to-face“) Kontakten als Produktionsbedingung (Vertrauen, Diskretion<br />

etc.).<br />

– Das Internet erweitert die Möglichkeiten raumenthobener Interaktion extrem.<br />

Wer sich im virtuellen Raum kennenlernt, will sich jedoch im physischen Raum<br />

auch „face-to-face“ treffen.<br />

Fragen zu: „Funktionale Spezialisierung“<br />

kaufe dort ein kaufe dort nie ein<br />

Abbildung 6: Mobilität: Einkauf an Tankstellen-Shops (Hannover)<br />

– Wie verhält sich funktionale Spezialisierung (Bereiche: Management, Administration,<br />

Marketing etc.) zu IT-gestützten Formen des „Human Resource Management“?<br />

61


– Ist der „white collar worker“ von heute überhaupt noch mit dem von gestern ver-<br />

gleichbar? Ist er nicht bereits ein „Spezialist für Zusammenhänge“?<br />

– Funktionale Spezialisierung scheint „immer noch ein urbanes Phänomen“ zu sein.<br />

Wie aber steht es mit der Dynamik von Intersystem-Berufen?<br />

– Wie verhält sich die in Stadtzentren steigende funktionale Spezialisierung zur sin-<br />

kenden räumlichen Spezialisierung?<br />

Die „Klassen“ in der Erlebnis- und Konsumgesellschaft<br />

– Achiever = der hart arbeitende, materialistisch orientierte, gut informierte, erfolgreiche<br />

Typus, der dezenten Luxus liebt<br />

– Emulator = („Nacheiferer“) der junge, extrovertierte, statusbewusste und konkurrenzorientierte<br />

Aufsteiger<br />

– Belonger = der konservative, konformistische Konsument mit niedrigem bis mittlerem<br />

Einkommen<br />

– Sustainer = der arme, marginalisierte Loser, der um seine bloße Existenz kämpfen<br />

muss<br />

Die „Emulator- and Achiever-Society“<br />

– Urbane Internetinfrastruktur: Internetcafés (als Lockangebot, in Bestellung inbegriffen<br />

o.ä., Hotels mit schnellem Internetanschluss (im Preis inbegriffen)<br />

– Englische Sprachkenntnisse speziell im Dienstleistungsbereich<br />

– „Offene Gesellschaft“; Zuwanderung; kulturelle Identität (statt „Leitkultur“),<br />

nationale Identität verliert an Bedeutung bzw. Sinnhaftigkeit<br />

– Unterricht muss sich an der Ubiquität von Informationen orientieren: Lernfähigkeit<br />

& Kreativität<br />

62<br />

Professor Dr. Dieter Hassenpflug<br />

Lehrstuhl für Soziologie und Sozialgeschichte der Stadt<br />

an der Bauhaus-Universität Weimar


Räumliche Trends in der<br />

Telekommunikationslandschaft Europas –<br />

Analyse ausgewählter ESPON-Ergebnisse<br />

Erich Dallhammer<br />

1 Ausgangslage<br />

Die neuen, virtuellen Kommunikationstechnologien wie Internet, E-Mail, Videokonferenzen,<br />

etc., beflügelten in ihrer Pionierphase die Phantasien der Wissenschaft<br />

hinsichtlich der Neuorganisation der Lebens- und Arbeitswelt. Die Idee einer Technologie,<br />

welche überall gleich verfügbar sein könnte und alle Lebensbereiche verändern<br />

würde, faszinierte. Die Vorstellung von Telearbeit in der eigenen Wohnung,<br />

Teleshopping ohne Einkaufswege und Freizeitgestaltung in virtuellen Welten prägte<br />

Diskussionen über gesellschaftliche Entwicklungen. Der Diskurs um deren territoriale<br />

Auswirkungen war dominiert von der These, dass virtuelle Kommunikation Verkehrsströme<br />

ersetzen könne. Aufgrund der theoretisch ubiquitären Verfügbarkeit<br />

dieser Technologien wurde vermutet, dass sich die Unterschiede zwischen Zentrum<br />

und Peripherie, zwischen Stadt und Land angleichen und auflösen würden. 1<br />

Diese in den Anfängen der Telekommunikationstechnologie entwickelte These der<br />

räumlichen Entgrenzung durch Telekommunikation wird im folgenden Text europaweit<br />

zur Verfügung stehenden Daten gegenüber gestellt, um nach Indizien einer<br />

Verifizierung zu suchen. Die verwendeten Daten basieren maßgeblich auf der Studie<br />

„ESPON project 1.2.2 Telecommunication Services and Networks: Territorial Trends<br />

and Basic Supply of Infrastructure for Territorial Cohesion“ (ESPON 122, 2006),<br />

welche im Rahmen des ESPON-Programmes 2 erstellt wurde.<br />

1 Den Grundstein in dieser Diskussion setzte McLuhan bereits in den 1960er Jahren mit der Metapher des<br />

„globalen Dorfes“. Er beschreibt eine Welt, die durch die elektronischen Massenmedien ihre räumlichen<br />

und zeitlichen Barrieren in der menschlichen Kommunikation verliert und somit zu einem „Dorf“ zusammenwächst<br />

(McLuhan 1962). Einige räumliche Überlegungen zu dieser Diskussion finden sich u.a. zusammengefasst<br />

bei Dallhammer 1997.<br />

2 ESPON, das „European Spatial Planning Observation Network“ zielt im Rahmen von INTERREG III mit<br />

einer Vielzahl von Studien u.a. darauf ab, Daten aufzubereiten, um die räumliche Dynamik und vorhandene<br />

Disparitäten in Europa auf regionaler Ebene mittels Indikatoren und Karten darzustellen. Die Analysen<br />

decken das Territorium der EU 25 einschließlich der neuen Mitglieder Rumänien und Bulgarien (=<br />

EU 27) sowie Norwegens und der Schweiz ab (www.espon.eu).<br />

63


1.1 Zu Zentrum und Peripherie in Europa<br />

Die Verbreitung von Telekommunikation in Europa und deren Auswirkung auf die<br />

räumliche Entwicklung, insbesondere im Spannungsverhältnis Stärkung von Zentren<br />

versus Aufholen der Peripherie, ist vor dem Hintergrund räumlicher, ökonomischer<br />

und verkehrlicher Randbedingungen in Europa zu sehen.<br />

Zentrale Region Europas ist nach dem <strong>Europäische</strong>n Raumentwicklungskonzept das<br />

sogenannte „Pentagon“ mit den Eckpunkten London, Paris, Mailand, München und<br />

Hamburg verstanden (vgl. <strong>Europäische</strong> Kommission 1999). Es umfasst 14 % des Territoriums<br />

der 27 EU-Mitgliedsstaaten (= EU 27), in dem 32 % der EU-Bevölkerung<br />

leben, 46,5 % des BIP erwirtschaftet werden (Schindegger et al. 2006:67) und das sich<br />

aus gesamteuropäischer Sicht durch eine überdurchschnittlich gute verkehrliche<br />

Erreichbarkeit (ESPON 2<strong>42</strong>, 2006:98) auszeichnet. Die Regionen und Länder im Norden,<br />

Süden, Westen und Osten bilden aus gesamteuropäischer Sicht die Peripherie.<br />

Abbildung 1: Regional Classification of Europe (RCE) – Ergebnisse für die Performance<br />

der Regionen der EU 27 im Bereich der Erreichbarkeit<br />

Quelle: ESPON 2<strong>42</strong>, 2006:98<br />

64


1.2 Regionalökonomischer Rahmen<br />

Zwischen der ökonomischen Performance einer Region und ihrer Erreichbarkeit<br />

besteht ein Zusammenhang. In der Regel weisen ökonomisch erfolgreiche Regionen<br />

auch eine ausgezeichnete Erreichbarkeit auf. Dies trifft auf viele Regionen innerhalb<br />

des Pentagons zu (z.B. Westdeutschland, Großbritannien, Benelux-Staaten). Dem<br />

gegenüber existieren peripher gelegene Regionen mit unterdurchschnittlichem Bruttoregionalprodukt<br />

(BRP), wie z.B. die meisten Mittelmeerregionen (mit Ausnahme<br />

der industrialisierten Regionen Norditaliens und Spaniens) sowie die meisten Regionen<br />

der neuen Mitgliedsländer. Daneben gibt es jedoch auch Regionen, welche trotz<br />

ihrer peripheren Lage überdurchschnittlich ökonomisch erfolgreich sind, wie viele<br />

Regionen in Irland, Schottland und den nordischen Ländern (Finnland, Dänemark,<br />

Schweden, Norwegen). Schließlich bestehen auch unter den gut erreichbaren Regionen<br />

solche, die nur ein unterdurchschnittliches BRP ausweisen. Dabei handelt es<br />

Abbildung 2: Regionaler Vergleich Bruttoregionalprodukt zur Marktpreisen,<br />

Kaufkraftparitäten je Einwohner<br />

Quelle: Eurostat 2007<br />

65


sich insbesondere um alte Industrieregionen mit überalterter Infrastruktur in Zentraleuropa,<br />

sowie einige gut erreichbare Regionen in den neuen Mitgliedsländern<br />

(vor allem in Tschechien und Ungarn), welche gegenüber den alten Mitgliedsländern<br />

(= EU 15) noch einen ökonomischen Aufholprozess vor sich haben (ESPON 121,<br />

2006:395f.).<br />

2 Die Schnittstellen zum Endverbraucher<br />

2.1 Telefon (Mobil und Festnetz)<br />

Das Telefon ist die älteste und am weitesten verbreitete Kommunikationstechnologie.<br />

Die Entwicklung der Mobiltelefonie hat dieser „alten“ Technologie einen technologischen<br />

Schub gebracht: Telefonieren wurde weitgehend von räumlichen<br />

Beschränkungen einer leitungsgebundenen Infrastruktur losgelöst, da Funkmasten<br />

die Versorgung zum Endverbraucher sicher stellen.<br />

Hinsichtlich der Verbreitung der Mobiltelefonie weisen von den alten EU 15-Mitgliedsstaaten<br />

einschließlich Norwegen und Schweiz vor allem eher peripher gelegene<br />

Länder überdurchschnittlich hohe Teilnehmerquoten (ITU 2002) 3 auf. Da dies<br />

sowohl ökonomisch stärkere (Schweden, Finnland) als auch ökonomisch weniger<br />

starke Länder (Italien, Spanien, Portugal) betrifft, lässt sich kein eindeutiger Zusammenhang<br />

zwischen Wirtschaftskraft und Verbreitung des Mobiltelefons nachweisen<br />

(ESPON 122, 2006:61ff.).<br />

In Ländern, die gemeinhin als europäischer „Kern“ gesehen werden, wie Deutschland,<br />

Frankreich, Belgien und die Niederlande, sind Mobiltelefone nur unterdurchschnittlich<br />

verbreitet, jedoch haben diese Staaten eine überdurchschnittlich hohe<br />

Dichte an Festnetzanschlüssen pro 100 Einwohner. Hier scheinen sich Festnetz und<br />

Mobilnetz komplementär zu verhalten. Anders ist die Situation in den ökonomisch<br />

starken, peripherer gelegenen Länder Schweden und Norwegen, in denen sowohl<br />

Mobiltelefon als auch Festnetz weit verbreitet sind (ESPON 122, 2006:43ff;61ff.).<br />

Auch auf regionaler Ebene lässt sich eine Festnetz-Mobilnetz-Komplementarität<br />

erkennen. 4 Die meisten Regionen mit der höchsten Anzahl an Mobiltelefonverträgen<br />

pro Haushalt liegen außerhalb des Pentagons und gehören zu den am<br />

3 Gemessen in Zahl der Teilnehmer pro 100 Einwohner.<br />

4 Daten liegen hier für die „alten“ Mitgliedstaaten der EU 15 vor, basierend auf einer Haushaltsbefragung<br />

aus dem Jahr 2002 (INRA 2002).<br />

66


120<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

Belgien<br />

Deutschland<br />

Frankreich<br />

Luxemburg<br />

Niederlande<br />

Schweiz<br />

Alte"<br />

Mitgliedsstaaten+<br />

N+<br />

CH<br />

"<br />

- Pentagon<br />

Großbritannien<br />

Dänemark<br />

Finnland<br />

Griechenland<br />

Irland<br />

Italien<br />

Norwegen<br />

Österreich<br />

Alte"<br />

Mitgliedsstaaten<br />

+ N + CH<br />

"<br />

- Peripherie<br />

Portugal<br />

dünnsten besiedelten und z.T. auch zu den ökonomisch schwächeren Regionen.<br />

Insbesondere in Regionen von Griechenland (u.a. Kreta), Süd- und Mittelitalien,<br />

Spanien, Irland, Wales, Schweden und Finnland ist das Mobiltelefon weit verbreitet<br />

(INRA 2002:92; ESPON 122, 2006:69ff.). Dem gegenüber ist der Prozentsatz<br />

von Haushalten mit Festnetzanschlüssen in den am dichtest besiedelten<br />

Regionen überdurchschnittlich hoch, insbesondere in den Regionen mit den großen<br />

Städten Deutschlands und Großbritanniens. Ausnahmen bilden einige sehr<br />

dünn besiedelte Regionen vor allem in Griechenland und Schweden mit einer ebenfalls<br />

überdurchschnittlich hohen Verbreitung des Festnetztelefons (INRA 2002:86).<br />

In den 10+2 neuen EU-Mitgliedsstaaten sind die Anschlussquoten im Festnetz<br />

sowie bei Mobiltelefonen im Vergleich zu den alten Mitgliedsländern unterdurchschnittlich.<br />

Ausnahmen bilden Malta und Zypern (Festnetz) sowie Slowenien und<br />

Tschechien (Mobiltelefon). Allerdings findet in diesen Ländern ein Aufholprozess<br />

statt, der sowohl die technische Aufwertung des Festnetzes (Digitalisierung) als<br />

auch die Verbreitung des Mobilnetzes betrifft (IBM 2003).<br />

Im Stadt-Land-Vergleich auf Mikro-Ebene der EU 15 zeigt sich eine annähernde<br />

Gleichverteilung. Im europäischen Durchschnitt liegt die Zahl der Haushalte mit<br />

Schweden<br />

Spanien<br />

Bulgarien<br />

Mobiltelefonverträge Festnetzanschlüsse<br />

Quelle:<br />

International<br />

Telecommunication<br />

Union<br />

2002<br />

Estland<br />

Lettland<br />

Litauen<br />

Malta<br />

Polen<br />

Rumänien<br />

Slowakei<br />

" Neue"<br />

Mitgliedsstaaten<br />

Abbildung 3: Mobiltelefonverträge / Festnetzanschlüsse je 100 Einwohner in<br />

Europa<br />

Quelle: ESPON data base nach ITU<br />

Slowenien<br />

Tschechien<br />

Ungarn<br />

Zypern<br />

67


einem Mobiltelefonvertrag in den Metropolregionen mit 83 % bzw. in den Stadtregionen<br />

mit 81 % nur gering über jenem in den ländlichen Regionen (80 %). In manchen<br />

Ländern ist die Differenz zwischen Metropolregionen und ländlichen Regionen<br />

größer, wie z.B. in Frankreich (Differenz 10 %-Punkte), Finnland, Irland, Österreich<br />

(Differenz je 7 %-Punkte) oder Griechenland (5 %-Punkte). Im Vereinigten Königreich<br />

hingegen ist die Verbreitung der Mobiltelefone in den Haushalten am Land um<br />

4 %-Punkte höher als in den Metropolregionen (INRA 2004:44). 5 All diese regionalen<br />

Interpretationen werden maßgeblich von den nationalen Eigenheiten der einzelnen<br />

Länder überprägt (siehe Abbildung 4) (ESPON 122, 2006:72).<br />

Abbildung 4: Der „nationale Effekt“ der Verbreitung des Mobiltelefons in den<br />

Regionen der EU 15 (Jeder Punkt entspricht einer Region)<br />

Quelle: ESPON 122, 2006:72; Daten aus INRA 2004<br />

2.2 PC-Besitz<br />

Zentrales Werkzeug zum Einstieg in die digitale Welt ist der Personal Computer<br />

(PC). Hinsichtlich seiner Verbreitung (gemessen in PCs/100 Einwohner) herrscht in<br />

Europa eine Zweiteilung: Die im Norden und im Zentrum Europas gelegenen, öko-<br />

5 Die Definition von Metropolregion, Stadtregion und ländlicher Region variiert von Land zu Land.<br />

68


nomisch stärkeren Länder weisen eine überdurchschnittlich hohe PC-Dichte auf<br />

(Ausnahme: Belgien), während in den südlichen und östlichen Ländern unterdurchschnittlich<br />

viele PCs pro 100 Einwohner zu finden sind (Ausnahme: Slowenien)<br />

(ESPON 112, 2006:76f.). 6<br />

Auf regionaler Ebene ist der PC tendenziell in jenen Regionen stärker verbreitet, welche<br />

zentral liegen und eine höhere Siedlungsdichte aufweisen. Eine Ausnahme bildet<br />

Schweden, wo auch in peripheren Regionen überdurchschnittlich viele Haushalte<br />

über einen PC verfügen. 7<br />

Ferner besteht ein Zusammenhang zwischen PC-Besitz und regionaler Wirtschaftskraft:<br />

In wirtschaftsstärkeren Regionen ist die PC-Verbreitung höher als in wirtschaftsschwächeren<br />

(z.B. in Griechenland, Spanien und Portugal) (ESPON 122,<br />

2006:83).<br />

Innerhalb der Regionen lässt sich ein Stadt-Land-Gefälle erkennen. Während im<br />

Durchschnitt im Jahr 2004 in den Städten der alten EU-Mitgliedsstaaten 56 % der<br />

Haushalte einen PC besaßen, waren es in den ländlichen Regionen um 6 %-Punkte<br />

weniger. Gegenüber 2002 hat sich diese Schere zwischen Metropoleregionen und<br />

ländlichen Regionen um 2 %-Punkte vergrößert. Ausnahmen von dieser Stadt-Land-<br />

Disparität bilden u.a. Deutschland, Niederlande, Österreich und Schweden (INRA<br />

2004:58; INRA 2002:48).<br />

2.3 Internetanschluss<br />

Voraussetzung für die Teilhabe an der virtuellen Welt ist ein Zugang zum Internet.<br />

Mit über 5.000 Anschlüssen pro 10.000 Einwohner sind europaweit die meisten<br />

Internet-Nutzer in den nordischen Staaten (Dänemark, Finnland, Schweden, Norwegen)<br />

sowie den Niederlanden zu finden. Die geringste Internet-Nutzer-Rate weisen<br />

südeuropäische (Griechenland, Portugal) sowie osteuropäische (Bulgarien,<br />

Rumänien, Ungarn) Staaten auf (ESPON 122, 2006:90).<br />

In ökonomisch stärkeren Regionen verfügen deutlich mehr Haushalte über Internetzugang<br />

als in weniger leistungsstarken Regionen. Die meisten Regionen mit geringer<br />

Internetverbreitung erwirtschaften ein unterdurchschnittliches Bruttoregional-<br />

6 Quelle: International Telecommunication Union (ITU): www.itu.int<br />

7 Daten für EU 15 basierend auf einer Haushaltsbefragung aus 2002 (INRA 2002). Bei der Interpretation<br />

ist zu beachten, dass die regionalen Eigenheiten von den nationalen Randbedingungen maßgeblich überprägt<br />

sind (ESPON 122 S. 80ff.).<br />

69


produkt (insb. spanische, griechische und portugiesische Regionen). Dem gegenüber<br />

liegen die meisten Regionen mit einem hohen Anteil an Haushalten mit Internet im<br />

Pentagon und sind dichter besiedelt. Eine Ausnahme von diesem Muster bilden die<br />

dünn besiedelten, peripher gelegenen schwedischen Regionen mit überdurchschnittlich<br />

vielen Haushalten mit Internet-Anschluss (ESPON 1<strong>42</strong>, 2006:96).<br />

Abbildung 5: Internet-Benutzer je 10.000 Einwohner 2003<br />

Quelle: CURDS nach ESPON Data-Base<br />

Auf Mikro-Ebene besteht ein Stadt-Land-Gefälle: Während in Metropol- sowie Stadtregionen<br />

mehr als die Hälfte der Bevölkerung (56 % bzw. 55 %) Zugang zum Internet<br />

zu Hause oder in der Arbeit/Schule hat, sind es in ländlichen Regionen nur 49 %.<br />

In Deutschland, Irland, Luxemburg, Österreich und dem Vereinigten Königreich ist<br />

der Internetzugang in allen Regionen annähernd gleich verteilt (INRA 2004:66).<br />

70


2.4 Breitband<br />

Erst die durch einen Breitbandanschluss beim Endverbraucher mittels DSL, Kabel<br />

etc. erzielbaren hohen Übertragungsgeschwindigkeiten und Kapazitäten ermöglichen<br />

die effiziente Nutzung des Internets. Generell war diese Technologie 2002 in<br />

Europa gering verbreitet. Einige Länder, wie Bulgarien, Polen, Rumänien und Tschechien<br />

hatten zu diesem Zeitpunkt kaum in die Breitband-Technologie investiert. In<br />

vielen Regionen in den südlichen Ländern (Griechenland, Italien, Spanien und Portugal)<br />

sowie in Irland, in den neuen deutschen Bundesländern und auch in Teilen<br />

Frankreichs lag die Anzahl der Haushalte mit Breitbandzugang klar unter dem<br />

Durchschnitt. Überdurchschnittlich hohe Anteile von Breitbandteilnehmern – wenn<br />

auch mit mehr als sechs Breitbandnutzern pro 100 Einwohner auf geringem Niveau<br />

Abbildung 6: Breitbandanschlüsse je Einwohner in Prozent<br />

Quelle: CURDS nach ESPON Data-Base<br />

71


– wiesen 2002 die nördlichen Länder Dänemark und Schweden, sowie Belgien, Niederlande,<br />

Österreich und die Schweiz auf (ESPON 122, 2006:120ff.). 8 Allerdings<br />

steigt der Anteil der Breitbandanschlüsse an der Gesamtbevölkerung in einzelnen<br />

Ländern sehr rasch. Zwischen 2003 und 2004 lagen die Zuwächse bei bis zu 4 %-<br />

Punkten (ESPON 122, 2006:124).<br />

Im Stadt-Land-Vergleich spiegelt sich die Strategie der Anbieter wider, zuerst in den<br />

Zentren zu investieren, wo hohe Anschlussdichten eine höhere ökonomische Rentabilität<br />

versprechen. Während im Schnitt in Metropolregionen 17 % und in den<br />

Stadtregionen 15 % der Haushalte in den EU 15 einen Breitbandanschluss haben,<br />

sind es in ländlichen Regionen lediglich 8 %. Dieser Unterschied ist in manchen Ländern<br />

erheblich größer, wie z.B. in Finnland (Metropolregionen 29 %/Stadtregionen<br />

14 %/ländliche Regionen 7 %), Frankreich (16 %/6 %/2 %), Österreich (20 %/11 %/<br />

5 %) und Schweden (34 %/26 %/14 %). In anderen Ländern ist dieses Verhältnis<br />

ausgeglichen, oder sogar umgekehrt, wie in Belgien (31 %/30 %/35 %), Deutschland<br />

(6 %/7 %/6 %) und den Niederlanden (33 %/36 %/40 %) (INRA 2004:62).<br />

3 Die Infrastruktur hinter dem World Wide Web<br />

3.1 Das paneuropäische Glasfaserbackbone<br />

Wichtige Voraussetzung zur Übertragung großer Datenmengen im WWW und<br />

damit zu einer raschen Kommunikation ist neben dem Breitbandanschluss für den<br />

Endverbraucher ein leistungsfähiges Glasfasernetzwerk, in der Einführungsphase<br />

vielfach unter dem Titel „Datenhighway“ diskutiert. Diese Datennetze werden in<br />

Europa von privaten, multinationalen Investoren unter weitgehend liberalisierten<br />

Rahmenbedingungen ohne nationale Einschränkungen bereitgestellt und betrieben.<br />

Die räumliche Lage dieser Netze beeinflusst die Entwicklung von Städten und<br />

Regionen. Untersuchungen, vor allem aus den USA, zeigen, dass IT- und Medienunternehmen<br />

jene Standorte suchen, welche hohe Wahlmöglichkeit und hohe Qualität<br />

bei möglichst geringen Kosten im Netzzugang bieten. 9 Regionen, die keinen<br />

Anschluss an dieses Netzwerk haben, sind damit für solche Unternehmen wesentlich<br />

weniger attraktiv.<br />

8 Ein ähnliches Bild zeigen auch die INRA-Daten aus dem Jahr 2004 auf regionaler Ebene.<br />

9 Eine Diskussion darüber siehe Rutherford et al. 2004.<br />

72


Das paneuropäische Fiberglasnetzwerk zeigt eine erhebliche Konzentration im Pentagon<br />

(London, Paris, Mailand, Hamburg, München). Die peripheren Regionen im Süden<br />

(Portugal, Südspanien, Süditalien, Griechenland), im Norden (Norwegen, Finnland,<br />

Schweden, Schottland) und im Osten (faktisch alle neuen EU-Mitgliedsländer) haben nur<br />

wenige Teile dieses Netzwerks und kaum eine Wahlmöglichkeit zwischen unterschiedlichen<br />

Netzen. Innerhalb der Netze sind die urbanen Zentren am besten angebunden,<br />

wie London, Paris, aber auch Madrid, Wien, Mailand, Stockholm und Oslo (ESPON<br />

122, 2006:151). 10 Jene innereuropäischen Regionen, die zwischen den Knoten des Netzwerkes<br />

liegen, werden gequert. Wenn keine Anschlussmöglichkeit besteht, bleiben sie<br />

ebenso unerschlossen, wie die Regionen zwischen den Kanten des Netzwerkes.<br />

Abbildung 7: Paneuropäisches Fiberglasnetzwerk – Bestand und Planung<br />

Quelle: www.kimireserch.com. Zit. nach Rutherford et al. 2004, Copyright bei KMI<br />

10 www.kmiresearch.com<br />

73


3.2 Die Knoten im Netzwerk/Internet Exchange Points (IEPs)<br />

Jene Regionen, in denen sich die meisten Verbindungen des Datenhighwaynetzwerkes<br />

treffen, haben Knotenfunktion, die umso höher ist, je mehr Kanten in einer<br />

Region zusammenlaufen. Die Regionen, in denen sich die meisten Kanten kreuzen,<br />

liegen im europäischen Pentagon (Hamburg, London, Düsseldorf, Île de France,<br />

Nord-Holland, Darmstadt, Brüssel, Oberbayern und Bremen). Daneben besteht ein<br />

„mediterraner Entwicklungskorridor“, der von Katalonien über alle südfranzösischen<br />

Regionen bis Piemont und die Lombardei in Norditalien und die Région Lémanique<br />

und Zürich in der Schweiz reicht. In Ost- und Südosteuropa fehlen solche<br />

Regionen mit einer hohen Knotenfunktion im paneuropäischen Fiberglasnetzwerk<br />

weitgehend (ESPON 122, 2006:155f.).<br />

Die Stellung im WWW spiegelt sich auch in der Zahl der in einer Region vorhandenen<br />

Internet Exchange Points (IEPs) wider. IEPs ermöglichen technisch die Kommunikation<br />

zwischen verschiedenen Glasfasernetzen und stellen so einen zentralen<br />

Baustein in der globalen Internet-Infrastruktur dar. 11 Jene Regionen mit einem<br />

hohen Anteil an IEPs haben aufgrund ihres guten Zugangs zum leistungsfähigen<br />

Glasfasernetz hohe Bedeutung bei der technischen Organisation des WWW und<br />

damit auch eine zentrale Funktion. Die meisten IEPs, unter ihnen viele Provider<br />

sowie Nutzer des paneuropäischen Glasfasernetzwerkes, liegen in den großen Stadtregionen<br />

wie London, Paris, Frankfurt und Amsterdam (ESPON 122, 2006:160).<br />

Das paneuropäische Glasfasernetzwerk verbindet also vor allem die bestehenden<br />

Zentren, wo sich auch die wichtigsten Einrichtungen des Internets befinden, während<br />

die peripheren Regionen schlechteren Zugang zu dieser Technologie haben. Jedoch<br />

haben einige Stadtregionen außerhalb des Pentagons im paneuropäischen Glasfasernetzwerk<br />

zunehmend an regionaler Bedeutung gewonnen (z.B. Frankfurt, Zürich,<br />

Oslo, Stockholm). Manche von ihnen fungieren als „Gateway Cities“ für Breitbandverbindungen,<br />

wo sie als Bindeglied zwischen Zentralraum und Peripherie wirken.<br />

Dazu zählen Kopenhagen für die nordische Region, Berlin für Polen und Wien /<br />

Prag für Südosteuropa. Diese Städte außerhalb des Pentagons mit hoher Bedeutung<br />

im Datenhighway können als „neue Netzwerkstädte“ gesehen werden, welche manche<br />

Stadtregionen mit traditionell hoher Bedeutung in ihrer Zentralitätsfunktion<br />

11 IEPs werden definiert als „services created to facilitate on-site interconnection between independent<br />

or third-party Internet networks [or] neutral meeting grounds for traffic exchange“. (http://www.<br />

telegeography.com)<br />

74


Tabelle 1: Vergleich 15 bevölkerungsreichste Städte und 15 Städte mit den<br />

meisten IEPs<br />

TOP 15 im<br />

Städteranking<br />

Bevölkerung<br />

1. Paris<br />

2. London<br />

3. Berlin<br />

4. Mailand<br />

5. Athen<br />

6. Madrid<br />

7. Rom<br />

8. Manchester<br />

9. Bukarest<br />

10. Budapest<br />

11. Wien<br />

12. Barcelona<br />

13. Warschau<br />

14. Hamburg<br />

15. Turin<br />

Position Ranking<br />

Zahl der IEPs<br />

2<br />

1<br />

19<br />

7<br />

25<br />

18<br />

23<br />

21<br />

24<br />

8<br />

5<br />

26<br />

17<br />

40<br />

nicht unter TOP 50<br />

Quelle: Eurostat 2007; CURDS, zit. nach ESPON 122<br />

überholen können (Rutherford et al. 2004). Diese neuen Knotenfunktionen verstärken<br />

somit tendenziell bestehende räumliche Disparitäten zwischen Stadt und Land.<br />

Innerhalb des Zentralitätsgefüges der europäischen Städte können sie jedoch Verschiebungen<br />

bewirken.<br />

4 Die künftige Entwicklung Europas<br />

TOP 15 im<br />

Städteranking<br />

Zahl der IEPs<br />

1. London<br />

2. Paris<br />

3. Amsterdam<br />

4. Frankfurt<br />

5. Wien<br />

6. Stockholm<br />

7. Mailand<br />

8. Budapest<br />

9. Oslo<br />

10. Brüssel<br />

11. Zürich<br />

12. München<br />

13. Prag<br />

14. Genf<br />

15. Bratislava<br />

Position Ranking<br />

Einwohner<br />

Die Entwicklung Europas in den nächsten Jahrzehnten ist gekennzeichnet von einer<br />

Bevölkerung, deren Zahl aller Voraussicht nach zurückgeht und deren Altersdurchschnitt<br />

steigt, es sei denn, die Einwanderungspolitik wird liberaler und die Grenzen<br />

werden gegenüber künftigen Migrantinnen und Migranten stärker geöffnet. Getragen<br />

von der Wanderung von den ländlichen, peripheren Regionen in die urbanen<br />

Zentren und von den Stadtzentren ins Stadtumland, werden sich sowohl Verstädterungs-,<br />

als auch Suburbanisierungsprozesse fortsetzen (ESPON 3.2, 2006).<br />

Ökonomisch werden die neuen Mitgliedsländer, die derzeit in ihrer Performance<br />

noch deutlich hinter den EU 15 zurückliegen, entsprechend der Entwicklung der<br />

2<br />

1<br />

41<br />

53<br />

11<br />

22<br />

4<br />

10<br />

37<br />

18<br />

29<br />

17<br />

21<br />

39<br />

78<br />

75


letzten Jahre aufholen. Jedoch wird nach wie vor ein Abstand zwischen den „alten“<br />

und „neuen“ Mitgliedsstaaten erhalten bleiben. Ebenso werden die peripheren<br />

Regionen gegenüber den Zentren nicht aufholen können. Das Stadt-Land-Gefälle<br />

wird sich verstärken. Die Metropolregionen werden ökonomisch weiter gewinnen,<br />

während in den peripheren Regionen (z.B. im Süden Europas) trotz finanzieller EU-<br />

Unterstützung das Einkommen auch 2030 noch unter dem EU-Durchschnitt liegen<br />

wird (ESPON 3.2, 2006).<br />

Die ökonomische Leistungsfähigkeit ist an die Erreichbarkeit gekoppelt. Die Entfernungen<br />

in Europa, gemessen an der benötigten Reisezeit zwischen zwei Orten, werden<br />

aufgrund weiterer Investitionen in die verkehrliche Infrastruktur abnehmen.<br />

Europa wird „kleiner“ werden (siehe Abbildung). Insbesondere der Ausbau des<br />

Transeuropäischen Verkehrsnetzes Osteuropas (TEN/TINA) wird massive Verkürzungen<br />

der Reisezeit nach Osten bringen und Zuwächse der Verkehrsleistung in den<br />

Regionen Osteuropas bewirken (ESPON 121, 2006:399).<br />

Abbildung 8: Zeit-Raum-Karte: Reisezeit mit der Bahn 1993 und 2010<br />

Quelle: ESPON 121, 2006:259<br />

76


5 Schlussfolgerungen<br />

Aus der Betrachtung der empirischen, im Rahmen von ESPON aufbereiteten Daten,<br />

zeigt sich, dass sich Entwicklungen der Telekommunikationstechnologie nicht ausschließlich<br />

auf die großen Städte beschränken, jedoch markante Zentrums-Peripherie-Disparitäten<br />

hervorrufen.<br />

Bei der Verteilung von Internetanschlüssen, Zugang zum Breitbandnetz und PC-<br />

Besitz ist ein deutliches Zentrum-Peripherie-Gefälle zu erkennen, das neben nationalen<br />

Aspekten vor allem von der ökonomischen Performance einer Region abhängt.<br />

Dieses Gefälle besteht im gesamteuropäischen Vergleich zwischen Pentagon und<br />

Peripherie ebenso wie innerhalb der Regionen im Vergleich zwischen Metropol- und<br />

Stadtregionen einerseits und Regionen im ländlichen Raum andererseits.<br />

Ebenso konzentrieren sich die Knoten und Schnittstellen im europäischen Glasfasernetzwerk<br />

vorwiegend in den Stadtregionen innerhalb des Pentagons wie London,<br />

Paris, Frankfurt und Amsterdam. Außerhalb des Pentagons haben sich einige weitere<br />

europäische Metropolregionen als wichtige Knoten (z.B. Stockholm, Oslo) etabliert.<br />

Einige von ihnen wirken als „gateway cities“ zwischen Zentralraum und Peripherie<br />

(Kopenhagen für die nordische Region, Berlin für Polen und Wien/Prag für<br />

Südosteuropa). Einige von ihnen haben im Vergleich zu ihrer Bevölkerung eine überproportional<br />

hohe Bedeutung als Knoten im Internet erreicht.<br />

Entgegen dem Trend der Stärkung der ökonomisch starken Regionen und der Zentren<br />

hat sich die Mobiltelefonie in den periphereren Ländern und Regionen – z.T.<br />

mit unterdurchschnittlicher Wirtschaftskraft und geringer Siedlungsdichte – tendenziell<br />

stärker verbreitet als in den zentral gelegenen Regionen des Pentagons,<br />

welche allerdings eine höhere Festnetzdichte aufweisen. Zwischen Festnetz- und<br />

Mobiltelefonie ist eine Art komplementäres Verhältnis zu erkennen. Die Mobiltelefonie<br />

bietet kaum Dienste an, welche nicht auch über ein Festnetztelefon abdeckbar<br />

sind (z.B. GPS). Die größere räumliche Unabhängigkeit der Technologie für<br />

Mobiltelefone scheint dazu gedient haben, in jenen Regionen, wo die Einführung<br />

des Festnetzes kostenintensiver ist, den Zugang zum Telefon und die daran geknüpften<br />

Technologien, wie Sprach- und Schriftübermittlung und Zugang zum WWW, zu<br />

erleichtern.<br />

Vor dem Hintergrund dieses empirischen Befundes kann die aus der Metapher des<br />

globalen Dorfes abgeleitete These der gleichzeitigen und unbegrenzten Verfügbar-<br />

77


keit der neuen Kommunikationstechnologien unter zwei Aspekten gesehen werden:<br />

Die Einführung von Spitzentechnologie (Glasfaserkabel und Breitband) konzentriert<br />

sich in den ökonomisch am profitabelsten Regionen – und damit auf<br />

gesamteuropäischer Ebene im Pentagon und auf regionaler Ebene in den Metropolund<br />

Stadtregionen. Auch für diese Technologien werden potenziell hohe Anschlussdichten<br />

für eine optimale Nutzung der Netze und damit der eingesetzten Mittel<br />

gesucht. Die daran geknüpfte Steigerung der Nutzungsoptionen in den Zentren<br />

bewirkt eine weitere Stärkung der Funktion und Position der Zentren gegenüber der<br />

Peripherie.<br />

Die Etablierung der Mobiltelefonie hingegen führte zur Erhöhung der Telefondichte<br />

in peripheren Regionen. Das über die Mobiltelefonie einfacher verbreitbare Angebot<br />

von bekannten „Alltagsdiensten“ hat offenbar ein Aufholen der Peripherie gegenüber<br />

dem Zentrum in diesem Segment bewirkt. Auslagerbar von der Stadt in die Peripherie<br />

scheinen daher solche Dienste zu sein, welche nicht Spitzen- sondern<br />

„Basis-Technologie“ benötigen und „Alltags-Dienste“ anbieten.<br />

Die Einführung von Spitzentechnologie und die daran geknüpften Nutzungs- und<br />

Erwerbsmöglichkeiten bleiben offensichtlich auch in der Telekommunikationstechnik<br />

aufgrund der höheren (Anschluss-)Dichte der Städte und damit verbundenen<br />

höheren Rentabilitätschancen den urbanen Zentren vorbehalten.<br />

78<br />

Dr.-Ing. Erich Dallhammer<br />

Institut für Raumplanung und ländliche Neuordnung,<br />

Universität für Bodenkultur, Wien


Literatur<br />

Dallhammer E (1997) Telearbeit, Teleshopping und virtueller Raum, eine Herausforderung für<br />

die Raumplanung, Bericht zur Tagung Computergestützte Raumplanung (CORP) 1997,<br />

Institut für EDV-gestütze Methoden in Architektur und Raumplanung der TU Wien<br />

ESPON 121 (2006) ESPON Project 1.2.1 Transport Services and Networks: Territorial Trends<br />

and Basic Supply of Infrastructure for Territorial Cohesion<br />

ESPON 122 (2006) ESPON project 1.2.2 Telecommunication Services and Networks: Territorial<br />

Trends and Basic Supply of Infrastructure for Territorial Cohesion<br />

ESPON 2<strong>42</strong> (2006) ESPON Project 2.4.2 Integrated Analysis of Transnational and National<br />

Territories Based on ESPON Results, Bonn<br />

ESPON 3.2 (2006) ESPON Project 3.2 Spatial scenarios and orientations in relation to the<br />

ESDP and EU cohesion policy<br />

<strong>Europäische</strong> Kommission (1999) EUREK – <strong>Europäische</strong>s Raumentwicklungskonzept. Auf dem<br />

Wege zu einer räumlich ausgewogenen und nachhaltigen Entwicklung der <strong>Europäische</strong>n<br />

Union, Luxemburg<br />

IBM (2003) 4 th Report on Monitoring of EU Candidate Countries (Telecommunication Services<br />

Sector)<br />

Eurostat (2004) Statistics in Focus Theme 4, 16/2004<br />

INRA (2002) Telecoms services indicators 2002, produced for the European Commission, DG<br />

Information Society<br />

INRA (2004) EU Telecoms services indicators 2004, produced for the European Commission,<br />

DG Information Society<br />

International Telecommunication Union [ITU] (2002) Yearbook of Statistics: Telecommunications<br />

Services Chronological Time Series 1992–2001, Genf<br />

McLuhan M (1962) Gutenberg Galaxy<br />

Rutherford J, Gillespie A, Richardson R (2004) The Territoriality of Pan-European Telecommunications<br />

Backbone Networks, Journal of Urban Technology, 2004(11):1–34<br />

Schindegger F, Schuh B, Tatzberger G (2006) Raumbeobachtung für Europa. Eine Reflexion zu<br />

ESPON und dessen bisherigen Ergebnissen aus österreichischer Sicht, Studie des Österreichischen<br />

Instituts für Raumplanung, Wien<br />

www.espon.eu (15.12.2006)<br />

www.telegeography.com (4.1.2007)<br />

www.kmiresearch.com (15.12.2006)<br />

79


Wie sicher ist die Stadt? Wie urban kann<br />

Sicherheit sein?<br />

Mögliche Folgen des Megatrends „Sicherheit“<br />

für die Virtualisierung urbaner Lebenswelten<br />

Holger Floeting<br />

1 Veränderte Rahmenbedingungen<br />

Sicherheitsfragen von Städten werden in der Öffentlichkeit seit den terroristischen<br />

Anschlägen in New York, London und Madrid stärker diskutiert. Auch in Deutschland<br />

hat das Thema nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Durchführung von Großveranstaltungen<br />

(etwa der Fußballweltmeisterschaft) und vereitelten Anschlägen auf<br />

Züge in der öffentlichen Diskussion an Bedeutung gewonnen.<br />

Der Zuschnitt staatlicher Sicherheitspolitik in Deutschland hat sich nach dem Jahr<br />

2001 erheblich verändert. Dies zeigt sich in der Entwicklung integrierter Konzepte<br />

zur Gefahrenabwehr, der Erarbeitung von Risikoanalysen und Krisenabwehrplanungen<br />

genauso wie an der Erstellung von Gefährdungskatastern. Die nationale<br />

und internationale Zusammenarbeit soll verbessert werden. Dies schließt beispielsweise<br />

die Entwicklung von Kooperationsmodellen zwischen Bund, Feuerwehren und<br />

Hilfsorganisationen ein. Auch die Diskussion um eine verstärkte zivil-militärische<br />

Zusammenarbeit muss in diesem Kontext gesehen werden.<br />

Schutzkonzepte – nicht nur vor terroristischen Bedrohungen – konzentrieren sich vor<br />

allem auf die sogenannten kritischen Infrastrukturen. Sie werden in Deutschland<br />

nach folgenden Bereichen gegliedert: Energieversorgung, Versorgung mit Trinkwasser,<br />

Ernährung, Gesundheitsleistungen usw., Telekommunikation und Informationstechnik,<br />

Transport- und Verkehrswesen, Umgang mit Gefahrenstoffen, Finanz-,<br />

Geld- und Versicherungswesen, Behörden und öffentliche Verwaltung und sonstige<br />

Bereiche wie der Schutz von Kulturgut, symbolträchtigen Bauwerken, Großforschungseinrichtungen,<br />

Medien usw. Vor allem die wechselseitige Abhängigkeit dieser<br />

Infrastrukturen untereinander kann im Schadensfall mit erheblichen Folgewirkungen<br />

für alle Bereiche des Lebens verbunden sein – das Beispiel einer Störung der<br />

Stromversorgung macht dies besonders deutlich. Strukturelle Veränderungen der<br />

81


letzten Jahre wie die fortschreitende internationale Vernetzung (z.B. im Energie- und<br />

Telekommunikationsbereich), die Privatisierung und Aufteilung ehemals staatlicher<br />

Infrastrukturen (z.B. im Transport- und Verkehrswesen) und die zunehmende Abhängigkeit<br />

von Informationstechnik machen die Einbeziehung neuer Akteure und insgesamt<br />

eine Neuformulierung von Schutzkonzepten nötig.<br />

Obwohl Risiken und Bedrohungen sich natürlich lokal auswirken und Unsicherheitsgefühle<br />

vor allem lokal wahrgenommen werden („Kriminalitätsschwerpunkte“,<br />

„kritische Infrastrukturen“, „No-Go-Areas“ sind nur drei Begriffe, die die örtliche<br />

Verankerung von Sicherheitsfragen deutlich machen), gibt es bisher keine<br />

umfassende kommunale Sicherheitspolitik.<br />

Sicherheitstechnik kann die Gefahrenabwehr und Maßnahmen zur Herstellung von<br />

Sicherheit und Ordnung in allen Phasen unterstützen. Dabei geht es nicht nur um terroristische<br />

Bedrohungen, sondern auch um alltägliche Kriminalität. Der komplexen<br />

Aufgabe entsprechend bietet die Industrie eine breite Palette von sicherheitstechnischen<br />

Produkten, die im kommunalen Bereich bereits Anwendung finden oder<br />

zukünftig in Anwendung kommen könnten. Die Zuverlässigkeit des Funktionierens<br />

der Technik wird dabei ebenso als Vorteil angeführt wie deren Effizienz, die Innovationspotenziale<br />

ebenso wie die Kosten-Nutzen-Effizienz von Technik. Demgegenüber<br />

stehen Befürchtungen hinsichtlich allgegenwärtiger technischer Überwachung<br />

und Ausgrenzung und Skepsis gegenüber Sicherheitsversprechen. Zudem ist die ökonomische<br />

Bedeutung der „Sicherheitsindustrie“ nicht zu unterschätzen. Sicherheit ist<br />

ein wachsender Markt.<br />

2 Neue Techniken und Anwendungsfelder<br />

Sicherheitstechnik wird in unterschiedlichen Anwendungsfeldern eingesetzt (vgl.<br />

Floeting 2006). Dazu zählen Informationssysteme für Akteure und Bürger und<br />

Expertensysteme zur Entscheidungsunterstützung ebenso wie Vorgangsbearbeitungssysteme<br />

zur Kooperation bei extrem heterogener Akteursstruktur und Messnetze<br />

zur Informationsgewinnung und Alarmierung. Geodaten-basierte Anwendungen<br />

zur räumlichen Analyse und Prognose potenzieller und tatsächlicher Schadensereignisse<br />

und die mobile Bereitstellung solcher Analysen im Rahmen von<br />

„Augmented Reality“-Anwendungen illustrieren die immer enger werdende Verknüpfung<br />

zwischen virtuellem und materiellem Raum.<br />

82


Eine Vielzahl von Anwendungsmöglichkeiten von Sicherheitstechnik in den Städten<br />

ist denkbar. Gerade die Kombination unterschiedlicher Sicherheitstechniken ermöglicht<br />

die Entwicklung komplexer Identifikations-, Zugangskontroll- und Überwachungssysteme,<br />

die zur Regelung der Zugänglichkeit bestimmter Stadtbereiche eingesetzt<br />

werden können und die eine Überwachung größerer Stadtbereiche und deren<br />

individuelle Nutzung ermöglichen. Schon heute werden derartige konvergente Technologien<br />

genutzt. Neben der technischen Konvergenz spielt die organisatorische<br />

Konvergenz eine besondere Rolle. Mit der zunehmenden Vermischung von Aufgaben<br />

der Gefahrenabwehr der inneren und der äußeren Sicherheit und dem Wunsch<br />

einer möglichst umfassenden informationsbasierten Lagebeurteilung kann die Verknüpfung<br />

von Einzelinformationen verbunden sein, die sich zu einem umfassenden<br />

individuellen Datenprofil verdichten lassen. Ohne gleich das monströse Bild des<br />

„gläsernen Menschen“ zu zeichnen, entsteht doch durch die technischen und organisatorischen<br />

Konvergenzprozesse eine neue Möglichkeit, umfassende Informationen<br />

über den einzelnen zu gewinnen.<br />

3 Urbane Lebenswelten unter neuen Sicherheitsregimes<br />

Mit einer veränderten Gefahrensituation, der Zunahme des Einsatzes von Sicherheitstechnik<br />

in bestimmten Räumen der Städte und dem Bedeutungsgewinn von<br />

Sicherheitsfragen für das Leben in den Städten sind eine <strong>Reihe</strong> möglicher Entwicklungen<br />

verbunden (vgl. Floeting 2006). Zu erwarten sind sowohl grundsätzliche<br />

Veränderungen von Einstellungen gegenüber Städten, langfristige Veränderungen<br />

der baulich-räumlichen Strukturen als auch Veränderungen in der Nutzung von<br />

Stadträumen.<br />

An dieser Stelle können mögliche Zukunftspfade nur unvollständig beschrieben werden.<br />

Im Folgenden sollen Ansätze dafür benannt werden, in welche „Richtung“ sich<br />

urbane Lebenswelten unter veränderten Sicherheitsregimes verändern könnten:<br />

Städte könnten zunehmend als unsichere Orte wahrgenommen werden. Die zunehmende<br />

oder lang anhaltende Bedrohung könnte mit einer verstärkten „Aufrüstung“<br />

mit Sicherheitsmaßnahmen, -technologien und -architekturen verbunden sein. Vermeintliche<br />

„Archipele der Sicherheit“ wie Shopping Malls, Bahnhöfe, innerstädtische<br />

Plätze, Business Improvement Districts, Gated Communities könnten entstehen.<br />

Stadträume könnten nach ihrem Sicherheitsstatus unterschiedlich bewertet werden.<br />

Folge wäre eine Polarisierung in sichere und unsichere Räume, wobei gerade die in<br />

83


Zukunft z. B. aufgrund der demographischen Entwicklung und des fortschreitenden<br />

technologisch-ökonomischen Strukturwandels zunehmenden Zwischennutzungen<br />

auf „ungeordneten Flächen“ als unsichere Flächen wahrgenommen werden könnten.<br />

Neue Sicherheitsregimes könnten Auswirkungen auf die Infrastrukturplanung haben,<br />

z. B. könnte es für notwendig angesehen werden, die Gestaltung von Zugangsbereichen<br />

der Verkehrsinfrastruktur zu verändern und Einschränkungen bei der Verknüpfung<br />

von Verkehrsträgern vorzunehmen. Die städtebauliche Gestaltung könnte<br />

erheblich von den Sicherheitsüberlegungen – zumindest an exponierten Standorten<br />

– geprägt werden, mit erheblichen Auswirkungen auf die Stadtgestalt in Zentren,<br />

in denen sich derartige Standorte konzentrieren. Umfassende stadträumliche Sicherheitskonzepte<br />

könnten implementiert werden.<br />

Veränderte Sicherheitsbedingungen haben auch Auswirkungen auf die Umsetzbarkeit<br />

von Großereignissen, die zu einem gern eingesetzten Instrument neuerer Stadtentwicklungspolitik<br />

im Rahmen der Inszenierung von Räumen geworden sind. So führen<br />

erhöhte Sicherheitsanforderungen dazu, dass der Einlass zu Großveranstaltungen<br />

in zunehmendem Maß nur mit personalisierten Tickets möglich ist, was zu<br />

erheblichen Unbequemlichkeiten für Ticketinhaber führen kann. Umfangreiche<br />

Sicherheitsmaßnahmen (Straßensperrungen, Sperrungen des Luftraums usw.) können<br />

darüber hinaus große Teile der Stadt beeinträchtigen.<br />

4 Auswirkungen auf die Virtualisierung urbaner Lebenswelten<br />

Ein verändertes Sicherheitsregime kann im Zusammenhang mit den erwartbaren<br />

technologischen Veränderungen die Art und Weise, wie wir in Städten leben – und<br />

damit auch wie materieller und virtueller Lebensraum zusammenhängen –, erheblich<br />

beeinflussen. Die möglichen Auswirkungen auf die Virtualisierung urbaner Lebenswelten<br />

lassen sich beispielhaft an einigen Veränderungen erläutern.<br />

Personenbezogene und personenbeziehbare Datenströme<br />

Die Anzahl und der Umfang der erhobenen personenbezogenen und personenbeziehbaren<br />

Daten werden zukünftig vermutlich weiter zunehmen. Besonders betroffen<br />

sind beispielsweise Bewegungs- und Kommunikationsdaten, aber auch andere<br />

Massendaten, die sich zur Rasterung oder Profilbildung eignen.<br />

84


Vorratsdatenspeicherung und ex post-Nutzungsautorisierung<br />

Ökonomische (z.B. Preisverfall für Speicherplatz) und technologische Veränderungen<br />

(z.B. leistungsfähigere Speichermedien) erleichtern die Vorratsdatenspeicherung.<br />

Das Bedürfnis (besonders in Sicherheitskreisen) zur anlassunabhängigen und nichtaufgabenbezogenen<br />

Speicherung von Daten wächst. Auch in der Bevölkerung wächst<br />

scheinbar – bestärkt durch die damit verbundenen Sicherheitsversprechen – die<br />

Bereitschaft, derartige Nutzungen zuzulassen. Im Zusammenhang damit ist das<br />

Bestreben zu beobachten, eine verstärkte ex post-Autorisierung zur Nutzung von<br />

Daten, die ursprünglich für andere Zwecke gespeichert wurden, zu ermöglichen.<br />

Die Diskussion um die Nutzung von Mautdaten zur Kriminalitäts- und Terrorbekämpfung<br />

illustriert diese Entwicklungslinie sehr gut. Die sukzessive nachträgliche<br />

Ausweitung der Datennutzung für ursprünglich nicht intendierte Zwecke ist gleichzeitig<br />

ein Hauptgrund für das Misstrauen gegenüber jeder Form von Datenspeicherung.<br />

Verhältnis zwischen „Space of flows“ und materiellem Raum<br />

Der „space of flows“ (Castells 1989) vergrößert sich. Zum Teil unbemerkt werden<br />

Daten bei alltäglichen Tätigkeiten erzeugt, ausgelesen und gespeichert. Insgesamt entstehen<br />

zahlreiche neue Verknüpfungen zwischen dem erweiterten „space of flows“<br />

und dem materiellen Raum. Ein Beispiel dafür ist die Zunahme datengestützter<br />

Zugangskontrollen zu Veranstaltungen (mit personalisierten Tickets), im grenzüberschreitenden<br />

Verkehr (mit maschinenlesbaren Personaldokumenten, die biometrische<br />

Merkmale automatisiert auslesbar machen), zu Sicherheitsbereichen (in<br />

öffentlichen und privaten Gebäuden) und weit darüber hinaus (eine der größten<br />

Convenience-Anwendungen, die biometrische Merkmale nutzt, ist die Jahreskarte für<br />

den Zoo Hannover). Der dahinter stehende technologische Entwicklungspfad führt<br />

von Einzelanwendungen über Insellösungen bis hin zur langfristigen vollständigen<br />

Vernetzung. Die technologischen Visionen werden unter den Stichworten „Augmented<br />

Reality“, „Ubiquitous Computing“, „Pervasive Computing“, „Ambient<br />

Intelligence“ diskutiert.<br />

Polarisierungs-, Marginalisierungsprozesse und „software-sorted geographies“<br />

Die Verbreitung von Software-gestützten Profilbildungs-, Raster- und Scoring-Verfahren<br />

nimmt zu. Der Wunsch, bestimmte Nutzer anzusprechen bzw. auszugrenzen<br />

gewinnt unter dem Sicherheitsaspekt zusätzlich an Bedeutung. Damit können Pola-<br />

85


isierungs- und Marginalisierungsprozesse vorangetrieben werden, die sowohl die virtuellen<br />

als auch die materiellen Lebenswelten betreffen. So ist beispielsweise „ethnic<br />

profiling“ eines der Sicherheitsinstrumente zur Prävention von Anschlägen, – besonders,<br />

wenn vorhergehende Anschläge bestimmten ethnischen Gruppen zugeordnet<br />

werden konnten (Savitch 2005). Damit geraten Wohnquartiere spezifischer ethnischer<br />

Gruppen in das sicherheitspolitische Visier. Auch die Diskussion um die Bedrohung<br />

durch vermeintliche Parallelgesellschaften, die bei einer engen räumlichen Konzentration<br />

einzelner ethnischer Gruppen in den Städten entstünden, und Instrumente<br />

wie kleinräumige Zuzugssperren bekämen unter sicherheitspolitischen<br />

Erwägungen einen verschärften Zungenschlag. Individuelle Scoring-Verfahren werden<br />

heute schon im Geschäftsleben eingesetzt, um Bonitätsprüfungen zu ergänzen.<br />

Anwendbar sind solche Verfahren natürlich auch auf Sicherheitsaspekte. Die Einbindung<br />

geobasierter Verfahren ermöglicht schließlich raumbezogene Aussagen.<br />

Letztendlich könnten sich neue „software-sorted geographies“ (Graham 2005) ausbilden:<br />

Raumnutzungsmuster mit individuellen Software gesteuerten Zugangs- und<br />

Nutzungsrechten.<br />

Substitutionsprozesse zwischen räumlicher und virtueller Mobilität<br />

In letzter Konsequenz könnte das subjektive Unsicherheitsgefühl oder die Erschwerung<br />

oder Verhinderung des Zugangs in der materiellen Welt zumindest mit einer<br />

kurzfristigen Verlagerung von Aktivitäten in den virtuellen Raum verbunden sein. So<br />

wurde nach den Terroranschlägen in den USA von einer verstärkten Nutzung des<br />

Online-Shoppings berichtet. Vermeintlich unsichere öffentliche Verkehrsmittel könnten<br />

durch die Nutzung des Individualverkehrs oder durch virtuelle Mobilität ersetzt<br />

werden. Aus Sicherheitsgründen gesperrte Orte könnten virtuell zugänglich bleiben.<br />

Man wäre zur virtuellen Mobilität mangels Alternative gezwungen.<br />

5 Fazit<br />

Die geschilderten Entwicklungen sind mögliche Zukunftspfade, die gestaltbar sind.<br />

Zunächst muss es darum gehen, den Zusammenhang zwischen virtuellen und materiellen<br />

Lebenswelten in den Städten unter veränderten Sicherheitsregimes systematisch<br />

zu analysieren (umfassender als dies in diesem kurzen Beitrag möglich war) und<br />

Interventions- und Gestaltungsmöglichkeiten zu identifizieren. Die Diskussion um<br />

technologische Möglichkeiten zur Verbesserung der Sicherheit in den Städten wird<br />

86


isher viel zu stark polarisiert geführt: Die einen versprechen die universelle Lösung<br />

der Sicherheitsprobleme durch Technik, die anderen befürchten die „totale Überwachung“.<br />

Die nüchterne Bewertung der technologischen Potenziale fehlt bisher<br />

weitgehend. Auch das Zusammenwirken unterschiedlicher Insellösungen wird bisher<br />

kaum thematisiert. Dies hängt auch damit zusammen, dass man bisher kaum von<br />

einer integrierten städtischen Sicherheitspolitik sprechen kann. Zunächst muss jedoch<br />

vor allem die Frage diskutiert werden, welches Maß an Sicherheit man sich in den<br />

Städten leisten will und kann.<br />

Dipl.-Geogr. Holger Floeting<br />

Deutsches Institut für Urbanistik (difu), Berlin<br />

Literatur<br />

Castells M (1989) The Informational City, Information Technology, Information Restructuring<br />

and the Urban Regional Process. Oxford/Cambridge MA<br />

Floeting H (2006) Sicherheitstechnologien und neue urbane Sicherheitsregimes. ITA manuscript,<br />

Österreichische <strong>Akademie</strong> der Wissenschaften, Wien<br />

Graham S (2005) Software-sorted geographies. Progress in Human Geography 29, Oktober:562–580<br />

Savitch HV (2005) An Anatomy of Urban Terror: Lessons from Jerusalem and Elsewhere.<br />

Urban Studies <strong>42</strong>(3):361–395<br />

87


Gesellschaftliche Randbedingungen der<br />

Virtualisierung von Lebenswelten und ihre Folgen<br />

Synopsis und Fazit<br />

Stephan Lingner<br />

Menschliche Lebenswelten verdichten sich in urbanen Räumen; sie sind hier<br />

besonders sensibel für Veränderungen. Andererseits sind die gesellschaftlichen<br />

Randbedingungen für die weitere Entwicklung städtischer Räume selbst einem<br />

erheblichen Wandel unterworfen. Nicht zuletzt das Vordringen moderner Informations-<br />

und Kommunikationstechnik (IKT)-Anwendungen in die urbane Alltagswelt<br />

und ihre sozialen Folgen stellen eine angemessene Stadtplanung vor<br />

besondere Herausforderungen. Entsprechend sind zentrale Herausforderungen<br />

durch Veränderungen in Gesellschaft, Wirtschaft und Technik zusammenzufassen<br />

und zu beurteilen.<br />

Demographischer Wandel<br />

Der demographische Wandel ist unmittelbar relevant für die Stadtplanung, da absehbare<br />

Veränderungen von Bevölkerungszahl und -struktur einen entsprechenden<br />

Bedarf im Gebäudebestand sowie in seiner technischen Ausstattung erwarten lassen<br />

(siehe hierzu Beitrag von H. Mäding in diesem Band).<br />

Seit 1970 ist in Deutschland eine negative Bevölkerungsentwicklung zu verzeichnen.<br />

Diese Entwicklung wurde lange Zeit durch einen positiven Einwanderungssaldo per<br />

Zuzug von Ausländern bzw. Aussiedlern maskiert, der den Fortzug Einheimischer<br />

zumeist überkompensierte. Langfristig wird dies den Bevölkerungsrückgang hierzulande<br />

nicht aufhalten können, da die Zuwanderer zumeist älter sind und sich daher<br />

im Lande nur unterproportional reproduzieren. Allerdings ergibt sich bei zeitlich und<br />

regional dis aggregierter Sicht ein differenziertes Bild: Durch die anhaltende Binnenwanderung<br />

von Ost- nach Westdeutschland wird es im Osten zu extrem hohen<br />

Bevölkerungsrückgängen kommen, wohingegen im Westen die entsprechenden Kompensationseffekte<br />

die Bevölkerungszahlen stabilisieren oder gar stärken werden.<br />

89


Diese Effekte werden sich aber in absehbarer Zeit erschöpfen, weswegen auch hier<br />

langfristig mit Schrumpfungen zu rechnen ist, mit Ausnahme einzelner attraktiver<br />

Städte mit „Magnetfunktion“ und ihrer jeweiligen Peripherie. Diese regionalspezifischen<br />

Veränderungen im Bevölkerungsbestand gilt es auf raumplanerischer Seite zu<br />

berücksichtigen.<br />

Mit der „Alterung der Gesellschaft“ ist seit 1970 ein Prozess steigender individueller<br />

Lebenserwartung zu beobachten, der das mittlere Alter von ursprünglich 35 Jahren<br />

auf 50 Jahre im Jahre 2050 anheben wird. Die Zahl der über 80-Jährigen wird<br />

sich in dieser Zeit mindestens verdoppelt haben. Dieser Alterungsprozess stellt die<br />

Gesellschaft und speziell die Stadtplanung vor weitere Herausforderungen, da Maßnahmen<br />

und Infrastrukturen zu entwickeln sind, die z.B. dem gestiegenen Bedarf für<br />

die Gesunderhaltung und Pflege alter Menschen gerecht werden.<br />

Tabelle 1: Mögliche Konsequenzen demographischer Prozesse für Wirtschaft,<br />

Gesellschaft, Stadtplanung und Kommunalpolitik (aus Mäding, in diesem<br />

Band)<br />

Alterung<br />

und<br />

Vereinzelung<br />

Schrumpfung<br />

Heterogeni -<br />

sierung<br />

Ein weiteres Kennzeichen des demographischen Wandels sind Heterogenisierung<br />

und Vereinzelung gesellschaftlicher Gruppen: Derzeit haben 20% der Bevölkerung<br />

90<br />

Stadt als<br />

Wirtschafts-/<br />

Lebensraum<br />

Belastung des Gesundheitssystems<br />

Vergesellschaftung von<br />

Dienstleistungen<br />

Nachfragerückgang<br />

Arbeitskräfterückgang<br />

Disparität<br />

Desintegration<br />

gebaute Stadt politische Stadt<br />

Nachfrage nach altersgerechten<br />

Angeboten<br />

wachsende<br />

Wohnfläche/Kopf<br />

Leerstände<br />

neue Prioritäten<br />

sinkende politische<br />

Beteiligung<br />

sinkende Finanzkraft<br />

weite Wege<br />

„Misserfolg“<br />

steigende Kosten<br />

Segregation sinkende politische<br />

Beteiligung<br />

Polarisierung


einen Migrationshintergrund. Angehörige dieser Gruppe leben meist in städtischen<br />

Regionen, was hier besonderer sozialer und technischer Anstrengungen bedarf, um<br />

diese angemessen zu integrieren und am gesellschaftlichen Leben zu beteiligen1 .<br />

Die Konsequenzen, die der demographische Wandel für das urbane Leben, die Stadtplanung<br />

und die kommunalpolitische Ebene haben kann, fasst Tabelle 1 zusammen.<br />

Es sei abschließend bemerkt, dass es für die Beurteilung der Folgen des demographischen<br />

Wandels wegen der Überlagerung mit anderen Faktoren vielfach unsicher<br />

ist, welche integrale Wirkung dieser Wandel für die Entwicklung in anderen Bereichen<br />

haben kann bzw. welchen Beitrag seine Ursache hierzu leistet. Insbesondere ist<br />

fraglich, ob Risiken des demographischen Wandels pauschal festzustellen sind. Es ist<br />

zumindest denkbar, dass demographisch bedingte Schrumpfungsprozesse in ihren<br />

Folgen für das städtische Leben durch geeignete politische Maßnahmen gemildert<br />

werden können.<br />

Wandel von Lebensstilen<br />

Die Beurteilung urbaner Lebenswelten hängt mit Fragen der Entwicklung von<br />

Lebensstilen direkt zusammen. Allerdings speisen sich entsprechende Zusammenhänge<br />

aus Trends der Individualisierung, Alterung und ökonomischen Polarisierung<br />

ihrer „Protagonisten“ und weniger aus technischen Trends (Beitrag A. Spellerberg in<br />

diesem Band). Bei näherer Betrachtung ergibt sich folgendes Bild: Die beobachtbare<br />

Vielfalt von Lebensstilen erlaubt durch ihr enges Nebeneinander in urbanen Regionen<br />

einen gewissen Austausch, der die o.g. Polarisierungstendenzen abmildern kann. 2<br />

Weiterhin ist festzustellen, dass individuelle Lebensphasen oftmals durch charakteristische<br />

Lebensstile gekennzeichnet sind, die in jeder Biographie durchlaufen werden<br />

und damit planerisch zugänglich sind. Der faktischen Pluralität der Lebensstile<br />

steht daher auch eine gewisse Konstanz ihrer überindividuellen Entwicklung gegenüber.<br />

Eine andere Dynamik zeigt sich im Anstieg der IKT-Nutzung der Bürger, die mit einer<br />

breiten Akzeptanz in dieser Techniksparte einhergeht. Dabei ist eine Unterscheidung<br />

1 Die Notwendigkeit der Integration wird gleichwohl von den Betroffenen sehr unterschiedlich wahrgenommen.<br />

2 Grundsätzlich ist dabei zu beachten, dass „extreme“ Lebenstile eher wahrgenommen werden, was zu verzerrten<br />

Bildern und falschen Prognosen führen kann.<br />

91


des Nutzerverhaltens nach Bildung feststellbar, was die These der IT-getragenen<br />

Polarisierung unterschiedlich gebildeter Schichten nährt. Andere denkbare Einflussgrößen,<br />

wie Alter, Geschlecht und Einkommen scheinen hier nicht signifikant zu<br />

sein. Moderne IKT-Techniken werden gemeinhin für Besorgungen des täglichen<br />

Lebens eingesetzt und auch alte Menschen zeigen sich gegenüber neuen Techniken<br />

aufgeschlossen, wenn diese ihnen ein selbstbestimmtes Leben ermöglichen. Entsprechende<br />

technische Lösungen sollen offenbar gewohnte Lebensstile erhalten oder<br />

auch bereichern. Ein Ersatz von gelebter Realität durch Virtualität wird vom „Mainstream“<br />

dagegen nicht angestrebt. Dies schließt den Ersatz virtueller Teilsphären<br />

untereinander nicht aus, indem z. B. das Telefonieren teilweise vom „Chatten“ abgelöst<br />

wird. Zur Herausbildung neuer Lebensstile führt dies aber ebenso wenig wie zu<br />

einer altersbedingten digitalen Spaltung der Gesellschaft.<br />

Die Frage, ob moderne „kreative Milieus“ eine Re-Urbanisierung begünstigen können,<br />

muss überwiegend negativ beantwortet werden, auch wenn sich aufgrund der<br />

Erlebnisorientierung von „Singles“ ein konstant hoher Bedarf an Wohnfläche in<br />

attraktiven städtischen Lagen feststellen lässt. Angesichts des faktischen Wohnverhaltens<br />

vom technischen Wandel besonders betroffener Berufsgruppen lässt sich die<br />

Re-Urbanisierungsthese nicht belegen. Vielmehr fördern die von ihnen geäußerten<br />

Präferenzen für ein Freizeitleben „im Grünen“ die Fortsetzung des gegenwärtigen<br />

Suburbanisierungstrends.<br />

Trends zur Informationsgesellschaft und ökonomischer Strukturwandel<br />

Recodierung urbaner Räume durch das Internet<br />

Der Wandel hin zu einer Wissens- bzw. Informationsgesellschaft sowie ihre Folgen<br />

für städtische Räume umschreibt D. Hassenpflug (in diesem Band) mit dem Stichwort<br />

„reflexiver Urbanismus“. Der Terminus begründet die These der Re-codierung<br />

urbaner Räume durch das Internet u.a. mit den Konsequenzen charakteristischer Prozesse,<br />

die für IT-möblierte „smart cities“ typisch sind. Hierzu zählt die Tendenz zur<br />

Dematerialisierung und Demobilisierung von Gütern und Dienstleistungen, die ehemals<br />

typische städtische Funktionsbereiche zunehmend virtualisiert. 3 Eine konventionell<br />

ausgerichtete Stadtplanung wird sich entsprechend umstellen müssen, wobei<br />

3 Gleichwohl taucht z. B. beim e-shopping das Problem der „letzten Meile“ auf, die Verkehrsdienstleistungen<br />

in jedem Falle nötig macht.<br />

92


zweckrationale Orientierungen zugunsten ästhetisierender Motive in den Hintergrund<br />

rücken werden. Die ästhetischen Potentiale von Städten als Kulturräume und<br />

Begegnungsstätten werden voraussichtlich auch von Nutzerseite künftig stärker<br />

nachgefragt. Umfragen unter „online-shoppers“ ergaben, dass diese keineswegs dem<br />

städtischen Raum den Rücken kehren. Etwaige Entortungen ihrer Lebenswelten<br />

beschränken sich lediglich auf die Besorgungen des „Nötigen“ im Internet oder in der<br />

„Zwischenstadt“. Dies schafft Freiräume für urbane Erlebniswelten, die von den Bürgern<br />

auch zunehmend wahrgenommen werden („citytainment“). Insofern unterscheiden<br />

sich die Präferenzen von „online-shoppers“ und „nonline-shoppers“ bemerkenswert<br />

wenig. Die physische Stadt wird daher auch in Zeiten der Virtualisierung<br />

ihre Bedeutung behalten – wenn auch mit Akzentverschiebungen in den „atmosphärischen“<br />

Bereich (Orientierungen „face-to-face“; „face-to-place“). Die Thematisierung<br />

von Einkaufswelten z. B. durch Galeria-Konzepte und durch Individualisierung<br />

des Angebots entspricht diesem Trend und ermöglicht sinnlich-emotionale<br />

Erfahrungen bei Stärkung des städtischen Einzelhandels. Diese Situation stellt sich<br />

auch allgemeiner für den „E-Business“ dar und wird insgesamt eine sinkende Spezialisierung<br />

im Raum nach sich ziehen, die den Rückgang urbaner Monotonie erwarten<br />

lässt.<br />

Ökonomisch relevante Trends<br />

Die beschriebenen Trends sind naturgemäß auch von der vor Ort verfügbaren bzw.<br />

geplanten IKT-Infrastruktur abhängig. Die vergleichende Betrachtung relevanter<br />

Daten des <strong>Europäische</strong>n Raumbeobachtungsnetzwerks (ESPON) (vgl. Dallhammer<br />

in diesem Band) ergab, dass nur ein kleiner Bruchteil deutscher Bürger an das Breitbandnetz<br />

angeschlossen ist. Es ist zwar ein moderater Zuwachs dieser Anschlüsse in<br />

Europa zu verzeichnen, die aber die Situation in Deutschland kurzfristig nicht<br />

wesentlich verbessern wird. Aus technischen Gründen kann somit von einer signifikanten<br />

Präsenz der privaten Nachfrageseite auf Online-Märkten nicht gesprochen<br />

werden. 4 Aus diesem Grunde ist die zu erwartende, IKT-getragene Nivellierung des<br />

Gefälles der Wirtschaftsleistung von städtischen zu ländlichen Regionen derzeit noch<br />

nicht beobachtbar. Dagegen ist die Internet-Präsenz im gewerblichen Bereich bereits<br />

jetzt erheblich höher. Längerfristig wird sich das Bild im Bereich der Haushalte<br />

wahrscheinlich an die gewerbliche Entwicklung angleichen. Die Emergenz von IKT<br />

ist dabei – wie der Vergleich peripherer Regionen in Skandinavien zeigt – nicht allein<br />

4 Hierbei sind Nutzer von Internet-Cafés und Internet-Handys nicht berücksichtigt.<br />

93


nachfrageseitig zu erklären. So sind ländliche Gegenden Finnlands erheblich geringer<br />

breitbandig vernetzt als vergleichbare in Schweden. Hier werden Effekte nationaler<br />

IKT-Politiken sichtbar, die im Einzelfall wünschbar, gleichwohl in planerischen<br />

Zusammenhängen nicht vorhersehbar sind.<br />

Mögliche ökonomische Folgen des IKT-Einsatzes werden im Übrigen durch andere<br />

Faktoren, wie der physischen Erreichbarkeit von Marktteilnehmern überlagert,<br />

wobei sich nach den aktuellen ESPON-Daten eine etwaige Substitution von Verkehrs-<br />

durch IKT-Leistungen derzeit empirisch nicht nachweisen lässt. Entsprechend<br />

hat zum Wachstum des Brutto-Inlandsprodukts osteuropäischer Länder auch der<br />

Ausbau transeuropäischer Verkehrsnetze (TEN) maßgeblich beigetragen.<br />

Veränderung der Sicherheitslage<br />

Vor dem Hintergrund der aktuellen Risikolage vollzieht sich nach Floeting (in diesem<br />

Band) in Deutschland derzeit eine Neuorientierung der inneren Sicherheit hin zu<br />

verbesserter Risikoanalyse, Gefahrenabwehr und Prävention. Vom verstärkten Einsatz<br />

moderner Sicherheitstechnik verspricht man sich u.a. Vorteile ihrer Automatisierbarkeit,<br />

ihrer Omnipräsenz und ihrer ökonomischen Effizienz im Einsatz. Sicherheitstechnik<br />

kann in entsprechende Informations-, Warn- und Entscheidungssysteme<br />

für Bürger und/oder Akteure einbezogen werden. Dabei können Datenprofile<br />

unterschiedlicher Komplexität bzw. Vernetzungsgrade entstehen, je nachdem welche<br />

Grade der Konvergenz zwischen verschiedenen technischen Systemen und organisatorischen<br />

Strukturen zugelassen werden.<br />

Abgesehen von datenschutzrechtlichen Problemen könnten diese Entwicklungen<br />

scheinbar paradoxerweise dazu führen, dass städtische Räume künftig als unsicherere<br />

Orte empfunden und gemieden würden. Merkmale wären sicherheitstechnische<br />

„Befestigung“ von Städten, Ausbildung von Inseln der Sicherheit (Bahnhöfe)<br />

und in der Konsequenz eine Polarisierung urbaner Räume. Diesem Trend<br />

könnten ggf. integrierte städteplanerische Sicherheitskonzepte und -architekturen<br />

entgegenwirken. Das angestrebte Sicherheitsniveau sollte dabei ein „unbeschwertes“<br />

urbanes Leben in dem Maße erhalten, das z.B. Großveranstaltungen weiterhin<br />

zuließe.<br />

Gesellschaftlich relevante Konsequenzen einer „Sicherheitsaufrüstung“ von Städten<br />

umfasst (a) die Zunahme personenbeziehbarer Ströme von Bewegungsdaten,<br />

94


(b) zunehmende Vorratsdatenspeicherung (IKT-Verbindungsdaten), (c) nachträgliche<br />

Nutzungsautorisierung dieser Daten (z. B. Mautdaten) und (d) die Bindung der<br />

Datenflüsse an die individuelle Zugänglichkeit materieller Räume. In kritischen Fällen<br />

kann dies den Ersatz von räumlicher durch virtuelle Mobilität erzwingen.<br />

Die technische Überwachung öffentlicher Räume könnte sich zu Ungunsten der<br />

sozialen Kontrolle entwickeln, was wiederum weiteren Bedarf an einer sicherheitstechnischen<br />

Möblierung der Städte und entsprechenden Restriktionen nach sich ziehen<br />

würde. Diese Befürchtungen sowie auch erkennbare Defizite in der angemessenen<br />

Antwort auf neue Sicherheitsrisiken sollten einen rationalen Risikodialog initiieren,<br />

der sich auch der Fragmentierung deutscher Sicherheitsstrukturen sowie den<br />

nicht-technischen Präventionsmöglichkeiten annimmt. Hierzu gehören indirekte<br />

Sicherheitsmaßnahmen wie kommunale Sicherheitspartnerschaften, verstärkte Förderung<br />

sozialer Einrichtungen und geeignete räumliche Planungen zur Vermeidung<br />

sozialer Brennpunkte unter Berücksichtigung demographischer und kultureller<br />

Aspekte.<br />

Konsequenzen für die Stadtplanung<br />

Die Virtualisierung urbaner Lebenswelten stellt eine Herausforderung für eine adäquate<br />

und zukunftsgerechte (Um-)Gestaltung urbaner Räume dar. Eine vorausschauende<br />

Stadtplanung sollte dabei auch nicht-technische Entwicklungen in den<br />

Blick nehmen, die die Dynamik im Wandel städtischen Lebens maßgeblich mitbestimmen.<br />

Für die Stadtplanung besonders bedeutsam scheint der prognostizierte Funktionswandel<br />

im urbanen Raum durch die Emergenz internet-basierter IKT-Dienstleistungen<br />

zu sein, auch wenn sich entsprechende gesamtwirtschaftliche Effekte noch nicht<br />

nachweisen lassen. Dabei wird der Aufbau vernetzter IKT-Infrastrukturen maßgeblich<br />

durch nationale IKT-Politiken bestimmt und könnte damit die Geschwindigkeit<br />

des urbanen Funktionswandels bestimmen. Dieser Wandel wird zu einer zunehmenden<br />

Virtualisierung und/oder Auslagerung von Kaufvorgängen für Dinge des täglichen<br />

Bedarfs führen, was eine „Recodierung“ des städtischen Raums zugunsten seiner<br />

lokalen Differenzierung und Ästhetisierung ermöglichen könnte (Stadt als Erlebniswelt<br />

und Treffpunkt). Die damit postulierte Attraktivitätszunahme städtischer<br />

Zentren wird allerdings durch die Folgen einer demographisch prognostizierbaren<br />

95


Heterogenisierung und gesellschaftlichen Polarisierung der Stadtbevölkerung tangiert,<br />

die hier letztlich zu Sicherheitsproblemen führen könnten. Von der Wahl entsprechender<br />

Sicherheitskonzepte wird nun abhängen, inwieweit die Recodierung<br />

des urbanen Raums sich tatsächlich in wünschbarer Weise vollzieht: Es wird befürchtet,<br />

dass rein technische Problemlösungen an Brennpunkten oder auch in der Fläche<br />

soziale Polarisierungstendenzen verstärken könnte und damit weitere sicherheitstechnische<br />

Maßnahmen nach sich ziehen würde. Dies könnte – wahrnehmungsbedingt<br />

– das allgemeine Unsicherheitsempfinden der Bevölkerung verstärken. Diese<br />

Entwicklung wäre im Sinne der o. g. Recodierung urbaner Räume kontraproduktiv,<br />

weswegen hier integrierte Sicherheitskonzepte unter Einbezug von sozialer Kontrolle<br />

und anderer nicht-technischer Maßnahmen vorgeschlagen werden. Gleichwohl<br />

wäre im Interesse der öffentlichen Sicherheit die Zugänglichkeit sensibler urbaner<br />

Räume einzuschränken; hier wären entsprechende Infrastrukturen vorzusehen, die<br />

virtuelle Optionen für den Ersatz räumlicher Mobilität vorsehen.<br />

Die mögliche Attraktivitätszunahme recodierter urbaner Räume wird voraussichtlich<br />

– von wenigen Ausnahmen abgesehen – keine allgemeine Re-Urbanisierung einleiten.<br />

Lebensstilbeobachtungen und Prognosen ihres Wandels lassen vielmehr mittelfristig<br />

eine weitere Verstetigung der Suburbanisierung erwarten. Umgekehrt werden die<br />

erwartbaren Lebensstile der Bevölkerung – mit Ausnahme schlecht gebildeter Schichten<br />

– die Entwicklung einer Informationsgesellschaft auf breiter Front mittragen<br />

und damit eine mögliche Recodierung städtischer Räume.<br />

Darüber hinaus wird sich die Stadtplanung mit den bekannten Herausforderungen<br />

des demographischen Wandels (Leerstände, altersgerechte Wohnungen, …) auseinandersetzen<br />

müssen, die nicht unmittelbar Gegenstand der Virtualisierungsproblematik<br />

sind.<br />

96


Bisher erschienene Bände der <strong>Graue</strong>n <strong>Reihe</strong>:<br />

1 Carl Friedrich Gethmann, Armin Grunwald,<br />

Technikfolgenabschätzung: Konzeptionen<br />

im Überblick, 9/96, 2. Aufl.<br />

7/98<br />

2 Carl Friedrich Gethmann, Umweltprobleme<br />

und globaler Wandel als Thema<br />

der Ethik in Deutschland, 9/96, 2. Aufl.<br />

10/98<br />

3 Armin Grunwald, Sozialverträgliche<br />

Technikgestaltung: Kritik des deskriptivistischen<br />

Verständnisses, 10/96<br />

4 Arbeitsgruppe Neue Materialien, Technikfolgenbeurteilung<br />

der Erforschung<br />

und Entwicklung neuer Materialien. Perspektiven<br />

in der Verkehrstechnik. Endbericht<br />

zum Vorprojekt, 1/97<br />

5 Mathias Gutmann, Peter Janich, Zur<br />

Wissenschaftstheorie der Genetik. Materialien<br />

zum Genbegriff, 4/97<br />

6 Stephan Lingner, Carl Friedrich Gethmann,<br />

Klimavorhersage und -vorsorge,<br />

7/97<br />

7 Jan P. Beckmann, Xenotransplantation.<br />

Ethische Fragen und Probleme, 7/97<br />

8 Michael Decker, Perspektiven der Robotik.<br />

Überlegungen zur Ersetzbarkeit des<br />

Menschen, 11/97<br />

9 Carl Friedrich Gethmann, Nikolaj Plotnikov,<br />

Philosophie in Rußland. Tendenzen<br />

und Perspektiven, 5/98<br />

10 Gerhard Banse (Hrsg.), Technikfolgenbeurteilung<br />

in Ländern Mittel- und Osteuropas,<br />

6/98<br />

11 Mathias Gutmann, Wilhelm Barthlott<br />

(Hrsg.), Biodiversitätsforschung in Deutschland.<br />

Potentiale und Perspektiven, 11/98,<br />

2. Aufl. 4/00<br />

12 Thorsten Galert, Biodiversität als Problem<br />

der Naturethik. Literaturreview und<br />

Bibliographie, 12/98<br />

13 Gerhard Banse, Christian J. Langenbach<br />

(Hrsg.), Geistiges Eigentum und Copyright<br />

im multimedialen Zeitalter. Positionen,<br />

Probleme, Perspektiven, 2/99<br />

14 Karl-Michael Nigge, Materials Science in<br />

Europe, 3/99<br />

15 Meinhard Schröder, Stephan Lingner (eds.),<br />

Modelling Climate Change and its Economic<br />

Consequences. A review, 6/99<br />

16 Michael Decker (Hrsg.), Robotik. Einführung<br />

in eine interdisziplinäre Diskussion,<br />

9/99<br />

17 Otto Ulrich, „Protection Profile“ – Ein<br />

industriepolitischer Ansatz zur Förderung<br />

des „neuen Datenschutzes“, 11/99<br />

18 Ulrich Müller-Herold, Martin Scheringer,<br />

Zur Umweltgefährdungsbewertung von<br />

Schadstoffen und Schadstoffkombinationen<br />

durch Reichweiten- und Persistenzanalyse,<br />

12/99<br />

19 Christian Streffer et al., Environmental<br />

Standards. Combined Exposures and<br />

their Effects on Human Beings and their<br />

Environment (Summary), 1/00<br />

20 Felix Thiele (Hrsg.), Genetische Diagnostik<br />

und Versicherungsschutz. Die Situation<br />

in Deutschland, 1/00, 2. Aufl. 2/01<br />

21 Michael Weingarten, Entwicklung und<br />

Innovation, 4/00<br />

22 Ramon Rosselló-Mora, Rudolf Amann,<br />

The Species Concepts in Prokaryotic Taxonomy,<br />

8/00<br />

23 Stephan Lingner, Erik Borg, Präventiver<br />

Bodenschutz. Problemdimensionen und<br />

normative Grundlagen, 9/00<br />

24 Minou Bernadette Friele (Hrsg.), Embryo<br />

Experimentation in Europe, 2/01<br />

25 Felix Thiele (Hrsg.), Tierschutz als Staatsziel?<br />

Naturwissenschaftliche, rechtliche<br />

und ethische Aspekte, 2/01<br />

99


26 Vitaly G. Gorokhov, Technikphilosophie<br />

und Technikfolgenforschung in Russland,<br />

2/01<br />

27 Chris W. Backes, Klimaschutz in den Niederlanden,<br />

3/01<br />

28 G. Hanekamp, U. Steger (Hrsg.), Nachhaltige<br />

Entwicklung und Innovation im<br />

Energiebereich, 7/01<br />

29 Thomas Christaller, Michael Decker<br />

(Hrsg.), Robotik. Perspektiven für menschliches<br />

Handeln in der zukünftigen Gesellschaft.<br />

Materialienband, 11/01<br />

30 Michael J. Selgelid, Societal Decision<br />

Making and the New Eugenics, 4/02<br />

31 Bernhard Irrgang, Humangenetik auf<br />

dem Weg in eine neue Eugenik von<br />

unten?, 2/02<br />

32 Meinhard Schröder et al., Climate Prediction<br />

and Climate Precautions, 6/02<br />

33 Ulrich Steger et al., Sustainable Development<br />

and Innovation in the Energy Sector.<br />

Executive Summary, 2/03<br />

34 Carl Friedrich Gethmann, Stephan Lingner,<br />

Zukünftige Klimaänderungen als<br />

Herausforderung für die deutsche Wirtschaft,<br />

7/03<br />

35 Günter Schmid et al., Small Dimensions<br />

and Material Properties. A Definition of<br />

Nanotechnology, 11/03<br />

100<br />

36 Jorge Guerra González (ed.), Environmental<br />

Noise. Main Focus: Aircraft<br />

Noise, 3/04<br />

37 Konrad Ott, Gernot Klepper, Stephan Lingner,<br />

Achim Schäfer, Jürgen Scheffran, Detlef<br />

Sprinz (mit einem Beitrag von Meinhard<br />

Schröder), Konkretisierungsstrategien für<br />

Art. 2 der UN-Klimarahmenkonvention,<br />

7/04<br />

38 Annemarie Gethmann-Siefert, Stefan<br />

Huster (Hrsg.), Recht und Ethik in der<br />

Präimplantationsdiagnostik, 7/05<br />

39 Friedrich Breyer, Margret Engelhard<br />

(Hrsg.), Anreize zur Organspende, 11/06<br />

40 Carl Friedrich Gethmann, Nicola Rohner,<br />

Kai-Uwe Schrogl (Hrsg.), Die Zukunft der<br />

Raumfahrt. Ihr Nutzen und ihr Wert, 1/07<br />

41 Michael Decker, Angewandte interdisziplinäre<br />

Forschung in der Technikfolgenabschätzung,<br />

1/07<br />

<strong>42</strong> Stephan Lingner, Simone Allin, Gerhard<br />

Steinebach (Hrsg.), Gesellschaftliche Randbedingungen<br />

der Virtualisierung urbaner<br />

Lebenswelten, 5/07

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