Nr. 2 / April 2009 - Erlebnisbank.ch
Nr. 2 / April 2009 - Erlebnisbank.ch
Nr. 2 / April 2009 - Erlebnisbank.ch
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
RAiFFEiSEN<br />
Zur Serie: Frauen in der Wirts<strong>ch</strong>aft<br />
In der S<strong>ch</strong>weizer Wirts<strong>ch</strong>aft sitzen immer mehr Frauen in wi<strong>ch</strong>tigen<br />
und ents<strong>ch</strong>eidenden Positionen. Ni<strong>ch</strong>t weniger erfolgrei<strong>ch</strong> als Männer<br />
führen sie in leitender Funktion Unternehmen von unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>er<br />
Grösse. In einer Serie besu<strong>ch</strong>t Raiffeisen «Panorama» in diesem<br />
Jahr se<strong>ch</strong>s Frauen aus der Wirts<strong>ch</strong>aft und will von ihnen<br />
Zahlrei<strong>ch</strong>e Handwerker in blauen Über-<br />
gwändli und ein paar Hobbybastler, auss<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong><br />
Männer, betreten an diesem<br />
Morgen im Aarauer Telli das Service Center der<br />
Firma Heizmann AG und su<strong>ch</strong>en na<strong>ch</strong> S<strong>ch</strong>läu<strong>ch</strong>en,<br />
einem Kugellager oder Geräten, die sie irgendwo<br />
auf einer Baustelle, in der Werkstatt oder<br />
zu Hause dringend benötigen. Für Karin Streit-<br />
Heizmann (44) ein längst vertrauter Anblick. Sie<br />
weiss seit Kindsbeinen an, mit wem sie und ihre<br />
Firma es zu tun haben.<br />
Dazu kommen bei dieser Frau eine grosse<br />
Portion Offenheit und eine gesunde Neugier. «I<strong>ch</strong><br />
kann ohne Probleme auf mir fremde Mens<strong>ch</strong>en<br />
zugehen», sagt sie. Mögen diese au<strong>ch</strong> ganz anders<br />
denken oder in einem Metier tätig sein, das<br />
ihr fern liegt. Nur immer den geraden Weg eins<strong>ch</strong>lagen,<br />
keine Risiken eingehen und in gema<strong>ch</strong>te<br />
Betten liegen, das ist ni<strong>ch</strong>t ihr Ding. Genau so<br />
ist Karin Streit zu ihrer Aufgabe in der Wirts<strong>ch</strong>aft<br />
gekommen.<br />
Wolleladen in Genf<br />
Na<strong>ch</strong> der Matura an der Kantonss<strong>ch</strong>ule Aarau<br />
zog es die junge Frau weg aus dem engen Pro-<br />
erfahren, wie sie zu ihrer Aufgabe gekommen sind, wie sie ihr Unternehmen<br />
führen und wie si<strong>ch</strong> ihre Führung allenfalls von einem Mann<br />
in ähnli<strong>ch</strong>er Position unters<strong>ch</strong>eidet. Und wie sie Familie und Beruf<br />
unter einen Hut bringen. Eine Frage notabene, die fast immer nur<br />
Frauen gestellt wird.<br />
in einer männerdomäne<br />
Normalerweise sind es ni<strong>ch</strong>t S<strong>ch</strong>läu<strong>ch</strong>e, Wälzlager und Zylinder,<br />
mit denen si<strong>ch</strong> Frauen bes<strong>ch</strong>äftigen. Karin Streit-Heizmann hatte<br />
nie Berührungsängste mit diesen Produkten. Es war ihr Glück.<br />
Seit fünf Jahren führt sie mit Erfolg die Heizmann AG in Aarau.<br />
vinzstädt<strong>ch</strong>en. Sie su<strong>ch</strong>te na<strong>ch</strong> einem anderen<br />
Leben in der Grossstadt. In Genf und Züri<strong>ch</strong><br />
arbeitete sie bei Banken, später absolvierte<br />
die dank der aus England stammenden Mutter<br />
zweispra<strong>ch</strong>ig aufgewa<strong>ch</strong>sene Frau eine Dolmets<strong>ch</strong>ers<strong>ch</strong>ule.<br />
Und dazwis<strong>ch</strong>en führte sie in Genf<br />
einen kleinen Wolleladen. «Bis i<strong>ch</strong> merkte, dass<br />
mein Leben ni<strong>ch</strong>t darin bestehen kann, mit<br />
werdenden Müttern über wollene Kinderkleid<strong>ch</strong>en<br />
zu plaudern.» Als Mitte der 90er-Jahre<br />
die Telekommunikationsbran<strong>ch</strong>e boomte, fand<br />
die damals 30-jährige Frau als Sa<strong>ch</strong>bearbeiterin<br />
ein ganz anderes, interessantes Arbeitsfeld. «Und<br />
wieder habe i<strong>ch</strong> viel Neues für meine spätere<br />
berufli<strong>ch</strong>e Tätigkeit kennengelernt», sagt sie<br />
heute.<br />
Denn s<strong>ch</strong>on damals wusste Karin Streit-Heizmann,<br />
dass ihr heute 70-jähriger Vater, Sven<br />
Heizmann, mit dem Pensionsalter die operative<br />
Leitung des Familienunternehmens abgeben<br />
würde. Im glei<strong>ch</strong>en Jahr verliess der Onkel<br />
aus Altersgründen die Ges<strong>ch</strong>äftsleitung. Vorher<br />
mussten bei Heizmanns die Wei<strong>ch</strong>en für die Zukunft<br />
gestellt und ents<strong>ch</strong>eidende Fragen beantwortet<br />
werden: Das Ges<strong>ch</strong>äft verkaufen, einen<br />
externen Ges<strong>ch</strong>äftsführer einstellen oder die vierte<br />
Generation einsteigen lassen?<br />
Ein letztes Mal stellte der Vater seine To<strong>ch</strong>ter<br />
vor die Wahl: Einsteigen oder draussen bleiben?<br />
Lange musste Karin Streit ni<strong>ch</strong>t überlegen. 1996<br />
wurde die Na<strong>ch</strong>folge familienintern geregelt –<br />
a<strong>ch</strong>t Jahre bevor die To<strong>ch</strong>ter bei der Heizmann<br />
AG operativ eingestiegen ist. «So wussten alle<br />
s<strong>ch</strong>on lange vorher, wer die Na<strong>ch</strong>folge meines<br />
Vaters antreten würde. Die Belegs<strong>ch</strong>aft war<br />
orientiert und sah dies als deutli<strong>ch</strong>es Zei<strong>ch</strong>en für<br />
ein Weiterma<strong>ch</strong>en und eine Vorwärtsstrategie.»<br />
Hausmann und zwei Kinder<br />
Diese Frau weiss, was sie will und wozu sie fähig<br />
ist – und wie sie si<strong>ch</strong> organisieren muss. 1996 war<br />
ni<strong>ch</strong>t nur das Jahr der Ents<strong>ch</strong>eidung zugunsten<br />
des Familienunternehmens, es war au<strong>ch</strong> das Jahr<br />
ihrer zweiten Heirat und die Geburt ihres ersten<br />
Kindes. Ihr Ehemann, Buda Streit, ein erfolgrei<strong>ch</strong>er<br />
Pianist und S<strong>ch</strong>lagzeuger mit eigenem Mu-<br />
Karin Streit-Heizmann steht ansonsten mit<br />
beiden Beinen auf dem Boden.<br />
32 Panorama raiffeisen 2/09<br />
Fotos: Daniel Ammann