Bericht
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Haiti‐<br />
Doktor Anke Brügmann hilft<br />
Ein <strong>Bericht</strong> von Leonie Riegger, Klasse 7a, Sankt‐Meinrad‐Gymnasium Rottenburg am Neckar
Liebe Anke Brügmann,<br />
ich möchte mich bei dir für dein soziales Engagement herzlich bedanken, denn ich<br />
bin noch niemals in meinem Leben einem Menschen wie dir begegnet, der so viel<br />
Gutes für hilfsbedürftige Kinder und Jugendliche macht, wie du.<br />
Es ist einfach bewundernswert, wie du und dein Verein Pwoje men kontre armen<br />
Straßenkindern und kranken Menschen auf Haiti helft. Anfangs habt ihr nur Patenkinder<br />
dort gehabt, dann habt ihr nach und nach im Zeitraum von 1989 – 2010 die<br />
folgenden Projekte ins Leben gerufen;<br />
das Waisenhaus Beaumont, die Schule , das Klinikmobil und die Notlagenhilfe.<br />
Ankes Lebenslauf :<br />
Du bist am 26.Juli 1961 in Oberkassel geboren. Mit drei Geschwistern bist du in Rottenburg-Wurmlingen<br />
aufgewachsen und warst am Eugen-Bolz-Gymnasium in Rottenburg<br />
(genau wie meine Mama; daher kenne ich dich, denn ihr habt immer noch<br />
regelmäßig Kontakt und trefft euch, sofern du Zeit hast).<br />
1981 nach dem Abitur hast du mit dem Medizinstudium angefangen, denn dein<br />
Traumberuf war und ist Ärztin. Bevor du über „ Ärzte ohne Grenzen“ unter anderem<br />
nach Haiti kamst, hast du als Chirurgin gearbeitet und deinen Wohnsitz nach Wolfach<br />
im Schwarzwald verlegt. Dort ist deshalb auch der Sitz eures Vereines. Da du<br />
im Laufe der Jahre immer öfters nach Haiti geflogen bist, um vor Ort eure Projekte<br />
auszubauen und zu betreuen, hast du deine Stelle als Chirurgin gegen flexible Einsätze<br />
als Notärztin, Flugrettung bis hin zu Nachtdiensten in einer Kurklinik eingetauscht.<br />
Du wolltest, wann immer es notwendig war, nach Haiti fliegen können.
Der Verein Pwoje men kontre :<br />
Ihr habt den Verein Pwoje men kontre genannt, weil dieser Name viele Dinge, die ihr<br />
macht, treffend beschreibt:<br />
1. Euer Ziel ist Hilfe für die Bevölkerung Haitis.<br />
2. „Pwoje“ ist creolisch – eine Sprache Haitis- und bedeutet Projekt.<br />
3. „men kontre“ – ist ebenfalls creolisch – und heißt zusammen arbeitende Hände.<br />
Im übertragenen Sinne bedeutet dies partnerschaftliches Handeln.<br />
Ich kann mir jetzt auch erklären, warum du immer sagst, dass du alleine ohne deinen<br />
Verein nur wenig erreichen würdest. Nur mit Hilfe des Vereines und der kräftigen Unterstützung<br />
vieler Menschen kannst du deine Projekte ermöglichen.<br />
Ihr sammelt Gelder und Kleider, um in Haiti den Kindern ein Zuhause, Bildung und<br />
Erziehung sowie medizinische Versorgung zukommen zu lassen.<br />
Jeder, der sich für die Ziele des Vereines engagieren möchte, kann jederzeit Mitglied<br />
werden.<br />
Du bist die erste Vorsitzende des Vereines, daneben gibt es noch zwei weitere Vorsitzende,<br />
einen Kassenbeauftragten und so weiter.<br />
Jedes Jahr am ersten Montag im Februar findet die Mitgliedsversammlung im Gemeindehaus<br />
in Wolfach statt.
Projekt 1 : Das Waisenhaus<br />
Deine Projekte finde ich ganz toll, vor allem das Waisenhaus.<br />
Im Mai 2002 hast du mit dem Verein ein Gelände außerhalb von Beaumont mit vielen<br />
reparaturbedürftigen Gebäuden und landwirtschaftlicher Nutzfläche gekauft.<br />
Nach ersten Renovierungsarbeiten konnten die ersten zehn Kinder im Alter von 3 –<br />
13 Jahren schon zum ersten Juli 2002 einziehen. Die meisten Kinder, die ihr aufgenommen<br />
habt, waren krank – von Parasiten befallen, unterernährt, stark entwicklungsverzögert<br />
oder apathisch. Einige lebten auf der Straße.<br />
Durch dich, liebe Anke haben sie sehr zugenommen, sind fröhlich und lernen mit Begeisterung<br />
für die Schule. Kein Kind würde sein jetziges Leben für sein früheres eintauschen,<br />
denn sie wissen, wie gut sie es bei dir haben. Du dachtest, dass es maximal<br />
20 Kinder sein dürfen im Waisenhaus. Da es aber immer mehr Kinder wurden,<br />
hast du ein zweites Waisenhaus errichtet. Dieses Jahr hast du insgesamt 64 Kinder<br />
in beiden Waisenhäusern gezählt.
Im Sommer 2009 haben deine ersten Waisenkinder die Primarschule – Klasse 1-6 –<br />
abgeschlossen. Damit diese die Sekundarschule besuchen können, die weit von<br />
Beaumont entfernt liegt, habt ihr dort ein Haus gekauft und ein Schülerwohnheim<br />
eingerichtet.
Projekt 2 : Die Schule<br />
Dein zweites Projekt, das du ermöglicht hast, ist eine Schule, die 2005 eröffnet wurde.<br />
Sie besteht aus vier schönen Schulgebäuden. Es gibt zwei Vorschulklassen<br />
sowie die Klassen 1 – 5 mit derzeit 186 Kindern. Da viele der Kinder von weit her<br />
kommen, hast du für drei Tage die Woche ein warmes Mittagessen arrangiert.<br />
Besonders wichtig ist es dir, für deine Kinder gute Lehrer zu bekommen, da Beaumont<br />
abgelegen ist. Aus diesem Grund bezahlst du die Ausbildung der einheimischen<br />
Lehrerstudenten.
Projekt 3 : Notlagenhilfe<br />
Dein drittes Projekt ist die Notlagenhilfe. Kurz vor dem schlimmen Erdbeben im Januar<br />
dieses Jahres hast du für sechs Familien, die ihre Häuser verloren hatten, ein<br />
Notlager errichtet. Darüber hinaus hast du auch medizinische Hilfe geleistet. Nach<br />
dem Erdbeben hast du in Port – au – Prince ein Auffanglager betreut. Diese<br />
ca.10.000 Menschen wurden mit Nahrung versorgt.<br />
Auch in Beaumont versorgt ihr Flüchtlinge und wollt eine Schule für die Flüchtlingskinder<br />
einrichten.<br />
Projekt 4 : Klinikmobil<br />
Da in Haiti die arme Landbevölkerung so gut wie keine medizinische Versorgung hat<br />
und die Medikamente für die Menschen zu teuer sind, hast du im Jahre 2001 in einem<br />
abgelegenen Dorf eine kleine Krankenstation aufgebaut, in der einmal in der<br />
Woche eine medizinische Behandlung stattfindet. Für diese Arbeit konntest du Dr.<br />
Philippe gewinnen, eine Facharzt, den du seit vielen Jahren persönlich kennst.<br />
Da der Großteil der Patienten die Medikamente nicht selbst bezahlen kann bzw. einen<br />
kleinen Betrag davon, übernimmst du die Kosten. Auch Dr. Philippe erhält keinen<br />
Gehalt. An diesem Tag kommen etwa 30 Patienten.
Interview mit Dr. Anke Brügmann am 23.10.2010 :<br />
Leonie: Wie bist du nach Haiti gekommen?<br />
Anke: Ich habe für Hilfsorganisationen – u.a. Ärzte ohne Grenzen – als angestellte<br />
Ärztin auf Haiti gearbeitet. Bei einem Besuch auf Haiti baten mich<br />
Einheimische, die ich durch meine Arbeit als Ärztin kennengelernt hatte,<br />
um meine Mithilfe bei der Errichtung eines Waisenhauses. Dies war im<br />
November 2001. Wie du weißt, blieb es dann nicht bei dem Waisenhaus<br />
allein, sondern es kamen die anderen Projekte hinzu.<br />
Leonie: Wie kamst du auf die Idee einen Verein zu gründen und woher kommen<br />
die Mitglieder?<br />
Anke: Ich habe mit Freunden und Bekannten über das Waisenhaus und die Lage<br />
auf Haiti gesprochen. Dabei boten einige ihre Hilfe an. Wir kamen auf die<br />
Idee, bei einer öffentlichen Veranstaltung im Gemeindehaus in Wolfach<br />
über die Lage Haitis und dem Waisenhaus zu berichten.<br />
Allein nach dieser Veranstaltung kamen 20 neue Leute dazu. Dies war der<br />
Anfang unseres Vereines. Daher kommen die meisten Mitglieder aus Wolfach<br />
und Umgebung. Darüber hinaus habe ich in der Zeit vor dem Erdbeben<br />
auf Einladung von Schulen, Vereinen etc. Informationsveranstaltungen<br />
abgehalten und so auch außerhalb z.B. in Rottenburg Mitglieder gewonnen.<br />
Leonie: Wie oft warst du vor dem Erdbeben pro Jahr auf Haiti und wie hast du das<br />
mit deinem Beruf dann geregelt?<br />
Anke: Ich war pro Jahr dreimal auf Haiti und habe meine sichere Stelle gegen<br />
flexible Einsätze als Notärztin eingetauscht. Seit Januar dieses Jahres war<br />
ich ständig auf Haiti, da es dort sehr viel zu tun gab. Seither habe ich kein<br />
eigenes Einkommen mehr.<br />
Leonie: Können alle Kinder auf eure Schule gehen?<br />
Anke: Auf unsere Schule können alle Kinder, die sich keine Schule leisten können,<br />
gehen.<br />
Leonie: Woher kommen die Lehrer, Mitarbeiter im Waisenhaus etc. ?
Anke: Es sind Einheimische. Ich bezahle z.B. jungen Leuten die Ausbildung zu<br />
guten Lehrern. Alle übrigen Mitarbeiter – wie z.B. auch unsere Köche<br />
/innen werden ausgewählt und auf ihre Jobs vorbereitet. Bei Reparaturarbeiten<br />
unserer Häuser helfen auch Vereinsmitglieder, die ihren Urlaub dafür<br />
einsetzen.<br />
Leonie: Wie veränderte sich die Situation nach dem Erdbeben?<br />
Anke: (lacht) Wir kochen täglich für 300 Leute und das Alter der Kinder im Waisenhaus<br />
liegt zwischen 1-21 Jahren. Es werden immer mehr Leute.<br />
Leonie: Wann fliegst du wieder nach Haiti ?<br />
Anke: Am Sonntag, den 31.10.10, weil ich mit Silvens, einem 15 jährigen Jungen<br />
zu seiner vierten Operation nach Kuba fliegen werde<br />
Mit Silvens war ich im Januar auch auf dem Weg zum Flughafen in Portau-Prince<br />
als wir vom Erdbeben überrascht wurden. Silvens ist ein Junge,<br />
der mir sehr ans Herz gewachsen ist und dem ich mit den Operationen<br />
schon sehr helfen konnte.<br />
Leonie: Gibt es schon Pläne für ein nächstes Projekt?<br />
Anke: Oh ja, die gibt es. Wir wollen eigene Ressourcen nutzen.<br />
Leonie: Hä?!?! Was sind Ressourcen?<br />
Anke: Wir haben bei unseren Häusern viele landwirtschaftlichen Flächen mit<br />
z.B. Früchten. Diese könnten zur Herstellung von Marmelade und Fruchtsaft<br />
für die eigene Ernährung genutzt werden. Und es würde Arbeitsplätze<br />
für unsere Kinder, die mit der Schule fertig sind, schaffen. Wir könnten<br />
damit zwei Bereiche – Schaffung von Arbeitsplätzen und Unabhängigkeit<br />
bei der Nahrungsversorgung – sinnvoll miteinander verknüpfen.<br />
Leonie: Es gibt bestimmt noch sehr viel zu fragen, aber ich denke, dass du mir mit<br />
diesem Interview einen Einblick in deine bisherige und zukünftige Arbeit<br />
gegeben hast. Ich wünsche dir weiterhin viel Kraft bei deiner Arbeit und<br />
bewundere dich für deinen Einsatz.<br />
Ein <strong>Bericht</strong> von Leonie Riegger, Sankt-Meinrad-Gymnasium Rottenburg<br />
Quellenangabe: Anke Brügmann persönlich, http://www.menkontre.de/