Jahresbericht 2011 - Arbeitsgemeinschaft
Jahresbericht 2011 - Arbeitsgemeinschaft
Jahresbericht 2011 - Arbeitsgemeinschaft
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
�� ASS gGmbH – <strong>Jahresbericht</strong> <strong>2011</strong> �� Schuldnerberatung 9<br />
Angenommen, die Beratung beginnt<br />
nach der 4. Ratenzahlung à 50 € und ein<br />
außergerichtlicher Einigungsversuch wird<br />
gestartet (Exkurs: Der außergerichtliche<br />
Einigungsversuch ist bei einer Verbraucherinsolvenz<br />
zwingend vorgeschrieben).<br />
Erfolgt keine weitere Ratenzahlung, ruht<br />
das gesamte außergerichtliche Verfahren<br />
bzw. die Antragstellung auf Eröffnung des<br />
Verbraucherinsolvenzverfahrens verzögert<br />
sich erheblich mit negativen Folgen, denn<br />
beispielsweise Zwangsvollstreckungsmaßnahmen<br />
(Lohnpfändung, Kontopfändung)<br />
der Gläubiger sind weiterhin möglich. Das<br />
schuldnerberaterische Ziel, Zwangsvollstreckungsmaßnahmen<br />
zu vermeiden,<br />
stellt uns vor die Problematik des entweder<br />
schnellen Handelns (sofortiger Antrag auf<br />
Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beim<br />
Amtsgericht) und ggf. auf die restliche<br />
Begleichung der Rechnung zu verzichten<br />
oder des Abwartens auf weitere Zahlungen,<br />
während ein Gläubiger inzwischen<br />
den Lohn pfändet. Tritt dies ein, wird möglicherweise<br />
aus dem unpfändbaren Einkommen<br />
keinerlei Zahlung mehr zu erwarten<br />
sein.<br />
In diesem Zusammenhang stellt sich<br />
für die Beratungsstellen die Frage, ob sie<br />
sich wie Gläubiger verhalten, Beitreibungsmaßnahmen<br />
durchführen und letztlich<br />
selbst zu Insolvenzgläubigern werden. Die<br />
ASS verzichtet auf ein solch verwaltungsintensives<br />
Inkassowesen und berät damit<br />
den betreffenden Personenkreis – schon<br />
angesichts der Kostenbeteiligung von lediglich<br />
535 € – nicht kostendeckend.<br />
Im Jahr <strong>2011</strong> hat die ASS 78 Personen als „Selbstzahler“ aufgenommen.<br />
35 Personen wurden beraten und haben entweder mit<br />
Einmalzahlung oder mit Raten bezahlt oder es wurde unsererseits aufgrund<br />
der besonderen finanziellen und familiären Rahmenbedingungen<br />
auf die Eigenbeteiligung gänzlich verzichtet. In 33 Fällen (darunter<br />
auch Personen, die eine oder zwei Raten bezahlt und sich dann nicht<br />
mehr gemeldet haben) wurde die Rechnung storniert bzw. die Beratung<br />
beendet. Bei 10 Personen läuft die Beratung noch. In einigen<br />
Fällen wurde die Beratung zeitweise wegen des Ausbleibens der Ratenzahlung<br />
unterbrochen, später jedoch fortgeführt.<br />
Fazit<br />
Schuldnerberatungsstellen, die eine Eigenbeteiligung von ihren<br />
Klienten verlangen, sehen sich dem Vorwurf ausgesetzt, dass sie ihre<br />
Glaubwürdigkeit unterminieren und die Existenzsicherung ihrer Klienten<br />
konterkarieren. Denn einerseits wird den Ratsuchenden empfohlen,<br />
aus dem unpfändbaren Einkommen keine Raten an Gläubiger zu<br />
leisten, andererseits sollen sie stattdessen Ratenzahlungen für ihre<br />
Schuldnerberatung aufbringen. Seit die Stadt Mannheim den kostenfreien<br />
Zugang zur sozialen Schuldnerberatung für Erwerbstätige,<br />
Rentner, Studierende, Auszubildende, ALG-I-Bezieher/-innen und<br />
aktuell auch Selbstständige versperrt hat, stehen die Schuldnerberatungsstellen<br />
in Mannheim in diesem Dilemma. Nach unserer Auffassung<br />
sollte weiterhin das Sozialstaatsprinzip gelten. Zu diesem gehört,<br />
dass Menschen in Notlagen kostenloser Zugang zu sozialer Beratung<br />
gewährt wird. Insbesondere die Überwindung Existenz gefährdender<br />
Notlagen muss jedem Mitglied der Gesellschaft unentgeltlich zur Verfügung<br />
stehen.<br />
Ein weiterer Ausweg aus dem Dilemma könnte auch eine gesetzgeberische<br />
Regelung sein, mit der die Kosten einer Schuldnerberatung,<br />
analog den Kosten des Insolvenzverwalters bei einer gewerblichen Insolvenz,<br />
aus der „Insolvenzmasse“ vorrangig bedient werden müssen.