Webdesign ohne Programmierung? - Publisher
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22<br />
<strong>Publisher</strong> 5 ·2001<br />
DAVID LEE Freeway versteht sich<br />
als eine Art QuarkXPress für Webseiten.<br />
Das Konzept besteht darin, dem Benutzer<br />
komfortable Gestaltungsmittel zur<br />
Verfügung zu stellen, die keinerlei Verwandtschaft<br />
mit HTML-Elementen aufweisen<br />
müssen. Die Übersetzung des<br />
Seitenlayouts in HTML wird vom Programm<br />
vorgenommen.<br />
Beim Erstellen eines neuen Dokuments<br />
erinnert schon der Dialog an ein Layoutprogramm,<br />
denn bevor es losgeht,<br />
will Freeway zuerst die Seitengrösse<br />
wissen. Das Dokumentenfenster ist mit<br />
Linealen versehen, aus denen sich Hilfslinien<br />
ziehen lassen, und man kann<br />
sich auch an einem Raster orientieren.<br />
Die Werkzeugpalette beinhaltet die<br />
aus Quark bekannten Verkettungs- und<br />
Entkettungswerkzeuge nebst Werkzeugen<br />
zur Erstellung von Rahmen und<br />
Bezierformen. Viele aus XPress bekannten<br />
Tastaturkürzel funktionieren auch<br />
in Freeway.<br />
Wird ein Rechteck oder Oval aufgezogen,<br />
kann darin nun Text geschrieben<br />
oder ein Bild importiert werden.<br />
Dasselbe gilt auch für freie, mit dem<br />
Bezierwerkzeug erstellte Formen. Der<br />
Bildimport beschränkt sich nicht auf<br />
die internettauglichen Formate. Photoshop-<br />
oder Illustratordateien konvertiert<br />
Freeway für die Site-Erzeugung<br />
selbstständig in ein GIF-, JPG- oder<br />
PNG-Format, wobei der Anwender die<br />
verschiedenen Optionen wie Anzahl<br />
Farben oder Komprimierungsrate festlegen<br />
kann.<br />
Web-Publishing<br />
Das Webgestaltungswerkzeug Freeway 3.1<br />
<strong>Webdesign</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Programmierung</strong>?<br />
Die Idee tönt viel versprechend: Mit Freeway soll eine Webseite mit demselben Komfort<br />
entworfen werden wie ein Druckerzeugnis in einem DTP-Layoutprogramm. Ob das<br />
funktioniert? Ja, sogar erstaunlich gut.<br />
Die Dokumenteinstellungen erlauben neben der<br />
Angabe zu Seitengrösse und Kompatibilität auch<br />
Servereinstellungen. Der intelligente FTP-Upload<br />
lädt jeweils nur die neu veränderten Teile auf den<br />
Server.<br />
Weniger Wechsel zwischen<br />
Programmen erforderlich<br />
Die Grafikmöglichkeiten von Freeway<br />
sind zwar nicht berauschend, erlaubt<br />
doch das Programm nicht einmal das<br />
Gruppieren von Objekten. Aber trotzdem<br />
liegt genau in den Grafikmöglichkeiten<br />
eine der Stärken des Programms.<br />
Denn in GoLive oder Dreamweaver<br />
müssen Sie, selbst wenn Sie bloss das<br />
allereinfachste Grafikelement erstellen<br />
wollen (etwa eine schräge Linie oder<br />
einen Kreis), dafür extra in ein Grafikprogramm<br />
wechseln, die Linie<br />
zeichnen, richtig exportieren,<br />
dann wieder importieren und<br />
mühsam platzieren. Zu allem<br />
Überfluss darf man bei einer<br />
kleinen Änderung das ganze<br />
Prozedere wiederholen. Unter<br />
diesen Umständen kann mit<br />
Farben und Formen nicht<br />
experimentiert werden. Man<br />
muss schon, bevor man<br />
GoLive startet, genau wissen,<br />
wie die Seite aussehen soll,<br />
man muss sie auf Papier entwerfen.<br />
Im Übrigen ist es meiner Meinung<br />
nach gar nicht besonders<br />
erstrebenswert, den<br />
Bildschirm mit «Feuerwerk»<br />
zu füllen. Screendesigns mit<br />
schlichten, aber gut aufgeteilten<br />
Elementen wirken häufig<br />
elegant und originell, sind<br />
schnell geladen und vermögen<br />
den Inhalt klarer zu vermitteln.<br />
In Freeway entstehen<br />
solche Seiten praktisch von selbst, weil<br />
man gar keine Möglichkeit für knallige<br />
Effekte hat, dagegen die Seitenaufteilung<br />
und die Formgestaltung sehr<br />
präzis und intuititv vornehmen kann.<br />
Keine Einschränkungen<br />
bei der Textgestaltung<br />
Die Textbearbeitungsmöglichkeiten<br />
sind in Freeway fast so reichhaltig wie in<br />
einem DTP-Programm. Hier kann alles,<br />
was CSS kann, auch festgelegt werden,<br />
neben Grösse, Schriftart, Ausrichtung<br />
und Stil auch Laufweite, Zeilenabstand,<br />
Einrückung, Grundlinienabstand etc.<br />
Freeway kann aber noch mehr als CSS.<br />
Mit dem Pfadwerkzeug platziert man<br />
Text auch in frei gezeichnete Formen.<br />
Bei Ovalen und freien Formen wird<br />
das Ganze einfach als GIF exportiert.<br />
Dieser Trick ermöglicht es, Text beliebig<br />
zu gestalten: verzerren, drehen, glätten<br />
mit Antialiasing, aber auch mit jedem<br />
beliebigen Font und Stil zu versehen.<br />
Viele Bestandteile von professioneller<br />
Textbearbeitung werden ja von HTML<br />
und auch von CSS nicht unterstützt,<br />
zum Beispiel automatische Silbentrennung.<br />
Mit Freeway, das verbundene<br />
Textrahmen und Silbentrennung<br />
erlaubt, wird es in Kombination mit der<br />
GIF-Methode endlich möglich, gut aussehende<br />
Webseiten mit mehrspaltigem<br />
Text zu produzieren.<br />
Alle Textauszeichnungen lassen sich in<br />
Formatvorlagen sammeln und wiederverwenden.<br />
Masterseiten allzu frei<br />
Ein Freeway-Dokument kann wie ein<br />
XPress-Dokument mehrere Seiten enthalten,<br />
mehr noch, es kann eine ganze<br />
Website inklusive Unterordner verwaltet<br />
werden. Vorlageseiten sind hier<br />
natürlich sehr willkommen. So ganz wie<br />
ein richtiges DTP-Programm funktionieren<br />
aber diese Masterseiten nicht.<br />
Auf der normalen Seite lassen sich<br />
nämlich auch die Elemente verändern<br />
und löschen, die von der Masterseite<br />
Über die Programmoptionen kann man auch die HTML-Ausgabe beeinflussen.<br />
übernommen wurden. Zwar gibt es<br />
den Befehl «An Masterseite anpassen»,<br />
doch wenn man beispielsweise den<br />
Textrahmen verschoben hat, wird der<br />
nicht an die alte Position zurückgebracht,<br />
sondern an der Originalstelle<br />
derjenige der Masterseite zusätzlich<br />
eingefügt. Wird auf der Masterseite<br />
etwas geändert, passen sich die ihr<br />
zugewiesenen Seiten auch nicht automatisch<br />
an.<br />
Diese unerfreulichen «Verhaltensstörungen»<br />
der Masterseiten sind unverständlich.<br />
Es wäre genau so gut<br />
möglich, HTML zu generieren, wenn<br />
die aus der Masterseite kopierten Elemente<br />
in der normalen Seite gesperrt<br />
wären.<br />
Hochwertiger Code<br />
Nun fragt man sich, wie es möglich<br />
ist, derart frei gestaltete Layouts in<br />
HTML zu übersetzen, sodass die Seiten<br />
auch wirklich auf allen Browsern ziemlich<br />
genau dem entsprechen, was man<br />
wollte. Der langjährige Webprogrammierer<br />
mag nicht glauben, dass dies<br />
überhaupt gelingen kann. Doch weit<br />
gefehlt! Freeway erzeugt sehr robusten<br />
und kompakten Code, der das Aussehen,<br />
soweit das in HTML überhaupt<br />
möglich ist, auf allen Browsern ziemlich<br />
originalgetreu wiedergibt.<br />
Die Erklärung: In Freeway wird HTML-<br />
Code nur bei einer Vorschau oder beim<br />
Publizieren erzeugt. Da der Code nicht<br />
Freeway 3.1<br />
Hersteller:<br />
Softpress Systems<br />
www.softpress.com<br />
Vertrieb<br />
Application Systems Heidelberg.<br />
Eine Demoversion für 30 Tage<br />
(ca. 5,6 MB) kann bei<br />
www.application-systems.de<br />
heruntergeladen werden.<br />
Systemvoraussetzungen<br />
Macintosh mit PowerPC-Prozessor;<br />
Mac OS 8.1 oder neuer.<br />
Kosten<br />
Vollversion: DM 499.–<br />
Schüler/Studenten: DM 299.–<br />
LE-Version: DM 99.–<br />
Für WIndows ist Freeway noch<br />
nicht erhältlich, aber geplant.<br />
Laut Angabe des Herstellers<br />
befindet sich die Windows-Version<br />
erst in einem frühen<br />
Entwicklungsstadium.
jederzeit zur Verfügung stehen muss,<br />
wie etwa in Dreamweaver oder GoLive,<br />
kann er besser optimiert werden. HTML<br />
fungiert hier also als Endformat, ähnlich<br />
wie Postscript oder PDF im Druckbereich.<br />
Dass es nicht möglich ist, in Freeway<br />
selbst HTML zu editieren, ist der Nachteil<br />
an der Sache. Doch vielleicht entstehen<br />
auf diese Weise sogar die besseren<br />
Websites, weil die Aufmerksamkeit voll<br />
und ganz auf das Gestalten gerichtet ist<br />
und man sich dabei nicht von programmiertechnischen<br />
Fragen leiten lässt.<br />
Die Gestaltung von Websites sollte<br />
sowieso von Grafikern und nicht von<br />
Informatikern übernommen werden –<br />
und Erstere werden kaum selbst HTML<br />
editieren. Für Notfälle gibt es aber<br />
trotzdem die Möglichkeit, HTML einzufügen<br />
oder Tags mit speziellen Attibuten<br />
zu versehen.<br />
HTML-Kenntnisse helfen<br />
beim Verständnis<br />
Natürlich ist auch Freeway nicht ganz<br />
unabhängig von programmiertechnischen<br />
Restriktionen, und wer sie nicht<br />
kennt, ärgert sich, dass sein Vorhaben<br />
«aus unerfindlichen Gründen» nicht<br />
funktioniert. Die Gestaltungsmöglichkeiten<br />
werden massiv eingeschränkt,<br />
wenn man im HTML-3.2-kompatiblen<br />
Modus arbeitet, besonders, wenn CSS<br />
auch deaktiviert ist. In der Werkzeugpalette<br />
kann der Einsatz von Ebenen ein-<br />
oder ausgeschaltet werden. Gemeint<br />
sind die Layers in HTML 4.0. Diese<br />
Layers dienen dazu, ganze HTML-Teile<br />
an einer genau definierten Stelle zu<br />
platzieren, was in früheren HTML-Versionen<br />
nicht möglich war. Unter HTML<br />
3.2 müssen übereinander liegende<br />
Elemente mit komplizierten Tabellenverschachtelungen<br />
simuliert werden.<br />
Freeway übernimmt diese Arbeit und<br />
lässt den Benutzer die Rahmen frei<br />
positionieren. So weit, so gut. Allerdings<br />
hat diese Methode ihre Grenzen,<br />
gewisse Elemente können nicht<br />
übereinander gelegt werden. Wenn der<br />
Designer nun die Idee hat, einen Bildrahmen<br />
in die Mitte eines Tabellenfelds<br />
zu platzieren, wird die ganze Tabelle<br />
deaktiviert, will heissen im Browser<br />
unsichtbar. Er muss den Rahmen ausschneiden,<br />
im Tabellenfeld einsetzen,<br />
die Textausrichtung auf zentriert stellen<br />
und die Ausrichtung der Zelle auf<br />
mittig. Um das zu wissen, braucht er<br />
aber genaue Kenntnisse, was nur in<br />
HTML 4.0 erlaubt ist und wie man das<br />
in HTML 3.2 realisiert.<br />
Diese Restriktionen sind aber nötig, um<br />
verlässlichen HTML-Code generieren zu<br />
können, und man kann Freeway loben,<br />
dass es einem überhaupt die Wahl zwischen<br />
HTML 3.2 und 4.0 gibt.<br />
Actions – dynamische<br />
Elemente<br />
Trotz des DTP-lastigen Konzepts haben<br />
die Programmierer von Freeway keinesfalls<br />
vergessen, dass der Bildschirm<br />
im Gegensatz zum Papier Möglichkeiten<br />
zu Animation und Interaktion<br />
bietet. Dynamische Elemente sind Freeway<br />
nicht fremd. Flash und Quicktime<br />
lassen sich problemlos in die Seiten<br />
einbinden, und vor allem haben sich<br />
die Hersteller mit den so genannten<br />
Actions ein ziemlich elegantes Konzept<br />
einfallen lassen, um häufig gebrauchte<br />
HTML- und JavaScript-Elemente über<br />
ein ganz einfaches Interface beliebig<br />
oft einzusetzen.<br />
Actions sind Zusatzmodule, welche<br />
auch selbst erstellt oder vom Netz geladen<br />
werden können. Zum Beispiel sorgt<br />
ein einfaches mitgeliefertes Action<br />
dafür, dass im Text das heutige Datum<br />
eingefügt wird. Für ein solches Action-<br />
Objekt wird einfach ein Rahmen aufgezogen<br />
und platziert. In der Palette<br />
können dann die spezifischen Optionen<br />
angegeben werden, im Beispiel mit<br />
dem Datum, ob der Wochentag dazugehören<br />
soll oder nicht. Mit diesem<br />
Konzept können beliebig komplexe<br />
Web-Publishing<br />
Plugins erstellt werden, die der Benutzer<br />
dennoch relativ einfach managen<br />
kann. Diese Lösung ist insofern genial,<br />
als sie erlaubt, das Gestalten auch<br />
im Bereich von JavaScript vom Pro-<br />
grammieren zu trennen. In GoLive und<br />
Konsorten ist es ja nur in fixen Ausnahmefällen<br />
möglich, die Funktionen, die<br />
JavaScript bietet, zu nutzen, <strong>ohne</strong> die<br />
Programmiersprache zu beherrschen.<br />
Fazit<br />
Die Idee, ein Programm zur Erstellung<br />
von Webseiten als gestalterfreundli-<br />
<strong>Publisher</strong> 5 ·2001 23<br />
Auf der Arbeitsoberfläche von Freeway finden sich Grafiker und Layouter schnell zurecht. Die Ähnlichkeit der verschiedenen<br />
Paletten mit denen von XPress ist gewollt. In der Werkzeugpalette befinden sich auch Bezier- und Rahmenverkettungswerkzeuge.<br />
Bei den Stilen handelt es sich um Textformate.<br />
Das Prinzip der Actions ist eine geniale<br />
Idee. Der Anwender braucht nur ein<br />
paar Parameter anzugeben, während<br />
das komplexe Script diskret im Hintergrund<br />
bleibt.<br />
ches Layoutprogramm zu realisieren,<br />
ist sehr zweckmässig und eigentlich<br />
nahe liegend. Die Designqualität von<br />
Webseiten steigt bestimmt enorm,<br />
wenn man sich voll und ganz aufs<br />
Gestalten konzentrieren kann, denn<br />
erstens braucht man nicht mehr ein<br />
programmiertechnisch und gestalterisches<br />
Doppelgenie zu sein, und zweitens<br />
bieten die Freeway-Tools mehr<br />
Möglichkeiten und sparen überdies<br />
auch noch Zeit.<br />
Erstaunlicherweise ist Freeway, obwohl<br />
schon seit Mitte der Neunzigerjahre<br />
auf dem Markt, bisher die einzige<br />
Anwendung mit diesem Konzept. Die<br />
Umsetzung der Idee ist in der aktuellen<br />
Version 3.1 sehr gut gelungen. Die<br />
Bedienung ist viel einfacher und intuitiver<br />
als bei der Konkurrenz der klassischen<br />
HTML-Editoren, weswegen das<br />
Programm aber keineswegs weniger zu<br />
leisten vermag.<br />
Wer nicht in HTML und JavaScript<br />
träumt, ist mit diesem Programm klar<br />
am besten bedient. Aber auch die klassischen<br />
Programmier-Cracks kommen<br />
auf ihre Kosten, wenn sie neuartige<br />
Actions programmieren und veröffentlichen.